Unterricht für das Fest Christi Himmelfahrt
Dieses hohe Fest ist apostolischen Ursprungs und wird stets am vierzigsten Tage nach Ostern gefeiert, weil Christus vierzig Tage nach seiner Auferstehung auf dem Ölberge in den Himmel aufgefahren ist.
Die Osterkerze, welche seit Ostern bei allen feierlichen Gottesdiensten brannte, wird an diesem Tage nach dem Evangelium ausgelöscht und von da an nicht mehr angezündet. Dies deutet an, daß Christus, der durch die Osterkerze vorgestellt wird, an diesem Tage der Kirche seine sichtbare Gegenwart entzogen hat.
Zum Eingang der Messe singt die Kirche die Worte, mit welchen die Engel, als Jesus gen Himmel aufgefahren, die Apostel angeredet haben: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden, wird ebenso wieder kommen, wie ihr Ihn sahet hingehen in den Himmel, Alleluja! (Apg. 1,11) Klatschet mit Händen, alle Völker; jauchzet zu Gott mit Jubelschall!“ (Ps. 46,2) – Ehre sei dem Vater etc.
Gebet der Kirche.
Wir bitten dich, allmächtiger Gott! Verleihe, daß wir, die wir glauben, daß dein eingeborner Sohn, unser Erlöser, am heutigen Tage in den Himmel aufgefahren ist, mit unserm Sinn und Gemüt, ebenfalls im Himmel wohnen; durch denselben Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.
Lesung aus der Apostelgeschichte. Kap. 1, V. 1-11
s. Apostelgeschichte Kapitel 1, 1-11
Erklärung und Anwendung.
Die Apostelgeschichte, aus welcher uns heute die heilige Kirche die ersten Verse vorlesen läßt, wurde vom heiligen Evangelisten Lukas im Jahre 63 oder 64 nach Christus geschrieben. Sie umfaßt zwei Teile und schildert im ersten Teile (Kap. 1-12) die Begründung der heiligen Kirche durch den hl. Petrus in Jerusalem, Judäa und den Nachbarländern bis zur Befreiung des hl. Petrus aus seiner Gefangenschaft in Jerusalem; im zweiten Teile (Kap. 13-28) die Wirksamkeit und die Schicksale des hl. Paulus in Bekehrung der heidnischen Völker.
Dieser Teil der heiligen Schrift ist von wunderbarer Schönheit und sollte von den Gläubigen oft gelesen und betrachtet werden.
In dem oben angegebenen 1. Kapitel, 1.-11. Vers erzählt der hl. Lukas:
1) Was er in seinem heiligen Evangelium geschrieben habe;
2) daß Jesus nach seinem Leiden vierzig Tage hindurch seinen Jüngern erschienen sei, sich ihnen als lebendig erwiesen durch viele Beweise, sie unterrichtet habe vom Reiche Gottes und ihnen die Geisttaufe verheißen habe;
3) wie die Jünger und Apostel des Herrn immer noch von dem Vorurteil befangen waren, das Reich des Messias sei ein zeitliches, ein irdisches, und wie der Heiland versprochen, daß sie der heilige Geist darüber belehren würde, und daß sie dann für Jesu Gottheit Zeugen sein würden bis an die Grenzen der Erde;
4) wie Jesus in den Himmel auffuhr, und daß zwei Männer den Aposteln erschienen und verkündeten, daß sie Jesus wieder kommen sehen würden, wie sie Ihn hätten in den Himmel auffahren sehen.
Mit welcher Einfachheit erzählt da der hl. Lukas die erhabensten Dinge! Jedes Wort ist in seiner Schlichtheit Zeuge für seine Wahrheit.
Übung.
O freue dich, christliche Seele, über alle diese Dinge, die dir berichtet sind. Betrachte sie recht oft! Belebe dadurch deinen Glauben, stärke deine Hoffnung auf das ewige Leben, entzünde deine Liebe zu dem, der wieder kommen wird, um auch deinen Leib in die ewigen Freuden aufzunehmen.
Bete:
Ich freue mich, o König des Himmels und der Erde! Daß Du heute deine Herrlichkeit und Herrschaft in Besitz genommen hast. – Ihr Völker der Erde, lobsinget unserm Gott; singet das Lob unseres Königs! Denn Er steigt auf zur Höhe und nimmt die Gefangenschaft gefangen. Alleluja!
Evangelium nach dem hl. Markus. Kap. 16, V. 14 – 20
s. Markus Kapitel 16, 14-20
Was bedeuten die Worte Jesu: „Gehet hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium allen Geschöpfen“?
Sie sagen: 1) daß die Apostel allen vernünftigen Geschöpfen d. h. allen Menschen ohne Ausnahme, welchen Standes, Alters und Geschlechtes sie sein mögen, nicht etwa bloß den Juden, sondern allen Völkern das Evangelium predigen sollen; 2) daß die Apostel und ihre rechtmäßigen Nachfolger und niemand anders das Evangelium predigen sollen. Christus hat mit obigen Worten ein besonderes Lehramt eingesetzt. Niemand darf sich deshalb das Lehr- und Predigtamt anmaßen, sondern muss die Sendung dazu von den rechtmäßigen Hirten der Kirche haben, wie die Apostel von Christus: 3) daß die Apostel das Evangelium, d. h. das, was Christus sie gelehrt und ihnen befohlen hat, predigen sollen; 4) daß sie das Evangelium predigen und nicht schreiben sollen. Dies ist der offenbare Beweis, daß nach Christi Willen die mündliche Überlieferung der ordentliche und eigentliche Weg ist, um seine Lehre zum Gemeingut aller Menschen zu machen. 5) Aus obigen Worten folgt auch, daß Gott alle Menschen zum Christentum berufen hat und durch dasselbe alle selig machen will; 6) daß wir die Pflicht haben, die Verkündigung des Evangeliums zu hören, dasselbe mit freiem Willen anzunehmen und zu beobachten.
Danke Gott für die Gnade des Christentums und hilf durch Gebet und Opfer das Evangelium überall verbreiten.
Was bedeuten die Worte: „Wer da glaubt, wird selig werden“?
Das heißt nicht etwa, daß der Glaube allein selig mache, sondern daß der vernünftige Mensch selig werde, wenn er nach dem Glauben lebt. „Nicht ein jeder, der sagt: Herr, Herr! wird in das Himmelreich eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut“, sagt Christus. Wer getauft ist und an Christus glaubt und nicht durch die Werke seinem Glauben widerspricht, der wird selig werden; wer aber freiwillig nicht glauben will, wird verdammt werden. Erkenne daraus die Größe der Sünde des Unglaubens.
Warum ist die Wundergabe heutzutage seltener geworden, als sie in den ersten Zeiten war?
Der hl. Gregor beantwortet diese Frage sehr schön, indem er sagt, daß solche Zeichen vorzüglich im Anfang der Kirche notwendig gewesen seien, damit durch diese unleugbaren Zeugnisse der göttlichen Allmacht die Wahrheit der christlichen Lehre und die göttliche Sendung ihrer Verkünder erkannt und alle bewogen würden, sich zu ihr zu bekehren. Dies geschah auch in späteren Zeiten, wo das Evangelium Heiden verkündet ward, z. B. durch den hl. Franz Xaver. Nun bedürfen die Gläubigen solcher Zeichen weniger. Ihnen hat Gott in der Erfüllung seiner Verheißungen in der Erhaltung seiner Kirche trotz aller Stürme, in der Bewahrung des zerstreuten Judenvolkes Beweise gegeben, die weniger augenfällig, aber nicht weniger wunderbar sind, als jene Zeichen. – Indessen hat in der katholischen Kirche die Wundergabe nie aufgehört. Die Lebensgeschichten aller Heiligen bis auf unsere Tage enthalten eine Menge unleugbarer Wunder, und täglich gehen solche vor sich; denn gewiß ist die Neuschaffung des Geistes ein ebenso großes Wunder, als die Wiederbelebung eines Toten.
Wo und wie ist Christus gen Himmel aufgefahren?
Auf dem Gipfel des Ölberges, an dessen Fuß Er sein heiliges Leiden begonnen hatte, um uns den Zusammenhang zwischen den Leiden dieser Zeit und der ewigen Herrlichkeit recht anschaulich darzustellen. Er erhob sich aus eigener Macht in Gegenwart der Apostel, nachdem Er sie zuvor noch gesegnet, und sitzt nun als ewiger Mittler zur Rechten des Vaters.
So hat Christus, wie es die Propheten besungen (Zach. 9,10; Ps. 67,19), den Himmel geöffnet, nicht nur für sich, sondern für alle Frommen aller Zeiten. Welch ein Triumph, aber auch welch ein freudiger Gedanke für uns Erdenpilger.
Übung.
„Lasset uns denn“, schreibt der hl. Augustinus, „im Herzen mit Christus hinauffahren, damit wir, wenn sein Tag kommt, auch mit dem Leibe Ihm folgen mögen. Doch müssen wir wissen, liebe Brüder, daß mit Christus, dem Herrn, weder die Hoffart, noch der Geiz, noch die Unzucht, noch ein anderes Laster hinaufsteigt; denn mit dem Lehrer der Demut steigt nicht hinauf die Hoffart, noch mit der Quelle der Güte die Bosheit, noch mit dem Sohne der Jungfrau die Unzucht.“ (Serm. II. de Ascens.)
Gebet.
Sei gelobt und gepriesen, o gütigster Jesus! Daß Du durch deine glorreiche Himmelfahrt uns, deinen Kindern, den Weg zum Himmel gezeigt hast; wir bitten Dich, schenke uns deine Gnade, damit unser Sinn und Herz und alle unsere Begierden bei Tag und bei Nacht auf Dich gerichtet seien, bis wir nach diesem mühseligen Leben, von deinen lieben Engeln begleitet, durch deine göttliche göttliche Gnade in das himmlische Jerusalem, unser wahres Vaterland, gelangen. Darum bitten wir Dich in Demut, o Jesus, durch deine glorwürdigste Himmelfahrt! Amen. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 298 – S. 302