Palästina in christlicher Zeit bis 1933

Palästina in christlicher Zeit

Die Christen in Palästina in altchristlicher Zeit

… bis zum 4. Jahrhundert erreichte das Christentum keine Bedeutung. Die schweren Kämpfe, welche die Römer unter Vespasian und Hadrian gegen das Judentum zu führen hatten, beweisen, dass das Land noch jüdisch war. Wie Jesus wurden auch seine Jünger verfolgt und in andere Länder getrieben. Nachdem Petrus nach Rom gezogen war, hatte das Hl. Land seine Mission für das Werden des Christentums beendet. Obwohl seine Heimat, ist es in seiner Gesamtheit niemals christlich gewesen.

Der Dauerkampf zwischen Juden, Christen und Heiden brachte eine Schwächung und geistige Isolierung, die durch den Jüdischen Krieg, die Auswanderung nach Pella und die Zerstörung Jerusalems, besonders aber durch den Bar-Kochba-Aufstand und die Gründung der heidnisch-römischen Aelia Capitolina verschärft wurden. Auf dem Land gab es fast nur Juden.

Eusebius (Onom. 26, 13; 108, 1 / 4) erwähnt nur 2 christliche Dörfer, …, beide in Süd-Judäa. In den kleineren Städten wie Tiberias, Kapharnaum, Nazareth, wie überhaupt in ganz Galiläa, dem „Kreis der Heiden“, fehlten die Christen bis Konstantin fast vollständig (vgl. Epiphanius, Adv. Haer. 30, 11f). Nicht einmal Jesu Grab war in ihren Händen. In den griech.-röm. Städten, wie Cäsarea und Pella waren sie zahlreicher, stießen aber auf heidnische Ablehnung. Noch um 400 hatte die Großstadt Gaza nur 127 Christen.

Wohl gab es auch Märtyrer, deren das römische Martyrologium 96 mit Namen, 1651 ohne Namen aufzählt; dazu 55 andere Heilige, außer den biblischen. Aber ihre geringe Zahl in der diokletianischen Verfolgung lässt auf kein rühmliches Verhalten der Christen schließen. Erst in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts blühten mit dem Sieg Konstantins das christliche Leben und die kirchliche Baukunst auf, wie nachher nie wieder.

Ganz Palästina wurde mit über 1000 Heiligtümern übersät, um die sich christliche Siedlungen gruppierten. Die neu zuwandernden Christen mit verschiedenen Sprachen verdrängten teilweise die ursprünglich syrische Kirche, besonders nachdem der größte Teil der Syrer das Chalcedonense verworfen und die Sekte der Syro-Jakobiten gebildet hatte. Die Teilung der griechischen Kirche im 5. Jahrhundert in die monophysitische, nestorianische und orthodoxe hat auch in Palästina heftigste Kämpfe ausgelöst, … Aus der Ablehnung des Chalcedonense entstand ferner die armenische Kirche, in Palästina seit dem 5. Jahrhundert vertreten.

Schirmherrn der Christen waren Theodosius II. (408 bis 450) und Justinian I. (527 bis 565). Palästina hatte damals über 70 Bischofssitze. Jerusalem allein zählte 375 Kultbauten und Klöster. Sein Patriarch spielte mit den Bischöfen der Weltstädte Alexandrien, Antiochien, Konstantinopel und Rom eine erste Rolle.

Der Kampf gegen das Heidentum wurde immer schärfer, der Kultus immer reicher ausgestaltet. Hilarion und Epiphanius verpflanzten das ägyptische Mönchtum nach Palästina, und unter Euthymius, Theodosius und Sabas bevölkerten die Wüste Juda mehr als 10.000 Eremiten und Koinobiten. Die sog. latein. Klöster in Jerusalem und auf dem Ölberg vermittelten östliche Frömmigkeit und Literatur an das Abendland (Hieronymus und Rufinus).

Der Einbruch der Perser und die arabische Invasion

In den Lauren und Koinobien tobten die monophysitischen Streitigkeiten. Patriarch Martyrius († 486) nahm das Henotilum an. Im Kampf gegen die Häresie förderten besonders die Sabas-Lauren die Orthodoxie, bis 534 Origenes verurteilt und 555 die radikale Säuberung der Klöster von allen Origenes-Anhängern durchgeführt war. Der Mönch Sophronius erhob eindrucksvoll Widerspruch gegen das Edikt Kaiser Justinians und wurde 634 Patriarch v. Jerusalem. Er hatte 614 mörderischen Einbruch der Perser erlebt und musste 638 bei der arabischen Invasion die Hochburg des Christentums den Sarazenen übergeben. Mehr als 300 Kirchen, Köster und Hospize hatten die Perser in Asche gelegt. Etwa 90.000 Juden und 100.000 Christen wurden hingeschlachtet; Jerusalem allein zählte 139.196 Tote.

Wohl entriss Heraklius (610 bis 641) nochmals Palästina den Ungläubigen; aber mit der Eroberung durch die Araber war sein Schicksal wieder auf 400 Jahre besiegelt. Allerdings blieb es auch jetzt noch das Ziel frommer Pilger aus Europa (Arkulfus 670; Willibald 726; Bernhard 865 u.a.) und Karl d. Gr. förderte durch seine Freundschaft mit dem Kalifen Harûn el-Raschid das Pilgerwesen wie das Christentum überhaupt. Die einheimischen Christen, Juden und Samaritaner waren geduldet… 969 schlug der tolle Kalif Hâkim Biamrillâh fast alle christlichen Kultstätten in Trümmer. Sowohl Christen wie Juden, die ihren Glauben nicht verleugneten und mohammedanisch wurden oder auswanderten, wurden gebrandmarkt. 1077 wurde Palästina ein Raub der türkischen Seldschuken.

Die Christen in Palästina in Mittelalter und Neuzeit

Vor Ankunft der Kreuzfahrer hatte Palästina eine kirchliche Verfassung, die griechisch-syrisch war und sich immer noch auf der alten Verwaltungs-Einteilung des röm.-byzantinischen Reiches aufbaute. Nach diesem System zählte das kleine Land nicht weniger als 102 Bischöfe. Die Kreuzfahrer verringerten sie auf 4 Erzbischöfe mit 8 Suffraganen und 13 lateinischen Patriarchen unterstehenden Bistümern und 25 Abteien. Dazu bauten sie während des nur 88-jährigen Bestehens des Königreichs Jerusalem eine erstaunliche Fülle von Kirchen, Klöstern und Hospizen, von denen heute noch viele, meist ruinenhaft, erhalten sind. Es war eine 2. Blüteperiode für das christliche Palästina, noch glänzender scheinbar als die erste; aber es fehlte der überragende Führer.

Die wundersamen Gebilde des Johanniter- und Templer-Ordens zeigten die Zwitterhaftigkeit des neuen Reiches. Die lateinische Herrschaft mit ihren wirtschaftlichen, sozialen und kirchlichen Ideen und Formen blieb dem semitischen Orient ein Fremdkörper.

Der fanatische Hass der einheimischen Christen gegen die römische Kirche, von der sie sich schon im 5. Jahrhundert getrennt hatten, die sittliche Verwahrlosung mancher Fürsten, Barone, Ritter und Prälaten, die verheerenden Krankheiten des orientalischen Klimas, Malaria, Cholera und Pest, besonders aber unaufhörliche Angriffe der muslimischen Heere führten den Ruin herbei. 1187 fiel das Land zum 2. Mal dem Islam anheim und wurde bis heute (trotz Zionismus und britischer Mandats-Regierung) nicht wieder davon frei. War schon bisher das Land zum größten Teil von Muslimen bewohnt, so schmolz jetzt die christliche Bevölkerung noch weiter zusammen.

Die Franziskaner hüteten unter schwersten Opfern an Blut und Gut die wenigen heiligen Stätten, die den Christen verblieben waren. Als gar noch 1517 die Türken das Land eroberten, war es einer neuen 400-jährigen religiösen und kulturellen Verwahrlosung ausgeliefert. Von ihr beginnt es sich erst seit dem Weltkrieg zu erholen. Dafür aber hat die jüdische Einwanderung und die Errichtung einer jüdisch-nationalen Heimstätte durch den Zionismus eine nationale Gärung des arabischen Volkes herbeigeführt, die sich immer wieder in blutigen Zusammenstößen auswirkt (zuletzt 1929 u. 1933) und auch das Gedeihen der christlichen Religion gefährdet, zumal England (…) nicht einmal den unerträglich gewordenen Status quo der heiligen Stätten geändert hat. –
aus: Michael Buchberger, Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VII, 1935, Sp. 884 – Sp. 887

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