Matthäus schrieb das erste Evangelium

Der heilige Matthäus steht mit einem Buch und einer Feder in der Hand, vor ihm kniet ein Engel, der ihm ein aufgeschlagenes Buch hinhält

Das Matthäusevangelium

II. Der hl. Apostel Matthäus schrieb das erste Evangelium

Hierüber berichtet Papias (75-150), Bischof von Hierapolis in Phrygien: „Matthäus schrieb in hebräischer Sprache die Logien des Herrn, die jeder verdolmetschte, so gut er konnte.“ Mit den Ausdruck „Logien des Herrn“ meint Papias nicht bloß eine Spruchsammlung, sondern das Matthäusevangelium. Dieser Ausdruck erschien ihm sehr passend, weil das Matthäusevangelium viele Reden, Streitgespräche mit den Pharisäern, Unterweisungen der Jünger, Gleichnisse und eschatologische Reden enthält. Der hl. Irenäus (gest. 202) sagt: „Matthäus gab unter den Hebräern in deren Sprache eine Evangelienschrift heraus.“ Das gleiche bezeugen Origenes, Eusebius, Hieronymus u.a. Die Überzeugung von dem apostolischen Ursprung unseres Evangeliums war im christlichen Altertum so fest und unleugbar, daß selbst die Häretiker sie nicht zu bestreiten wagten.

Im Evangelium selbst finden sich einige Spuren, die auf die Person des Verfassers schließen lassen. Er ist innig vertraut mit der Heiligen Schrift des Alten Testamentes, mit jüdischen Örtlichkeiten, Einrichtungen und Gebräuchen; er war demnach ein Jude aus Palästina. Auf Matthäus aber führt folgendes Anzeichen: Im ersten Evangelium ist von dem Gastmahl, das Matthäus dem Herrn gab, nur beiläufig die Rede; ganz anders bei Luk. 5,29. Auch ist nur im Apostelverzeichnis des ersten Evangeliums dem Namen Matthäus die demütige Bezeichnung „der Zöllner“ (10,3) beigefügt.

Die Sprache der Abfassung

Die Sprache, in welcher der hl. Matthäus sein Evangelium abfaßte, war nach dem einstimmigen Zeugnis des christlichen Altertums die hebräische. Darunter ist aber nicht das Hebräische im engeren Sinn, die heilige Sprache des Alten Testamentes, zu verstehen, sondern die Volkssprache zur Zeit Jesu, das Aramäische. In dieser Sprache hatte Matthäus das Evangelium gepredigt, und diese wählte er auch zur schriftlichen Aufzeichnung.

Die Übersetzung des Evangeliums ins Griechische muss schon in früher Zeit angefertigt worden sein, da bereits die apostolischen Väter den griechischen Text kennen. Das aramäische Original, das seit Entstehung der griechischen Übersetzung keine große Bedeutung mehr hatte, ist schon früh verloren gegangen.

Zielgruppe waren die Judenchristen

Nach Irenäus, Origenes u.a. war das erste Evangelium für Judenchristen in Palästina berechnet. Damit stimmt seine innere Beschaffenheit überein. Hebräische Ausdrücke, jüdische Örtlichkeiten und Sitten werden als bekannt vorausgesetzt (vgl. z.B. Matth. 4,13 mit Luk. 1,26; 2,4 ; Matth. 27,57 mit Luk. 23,51; Matth. 15,2 mit Mark. 7,2-4). Die Gegenüberstellung des neuen und alten Gesetzes (Bergpredigt) setzt dessen genaue Bekanntschaft bei den Lesern voraus. Die Beweise, daß Jesus der verheißene Messias ist, werden der Heiligen Schrift des Alten Testamentes entnommen.

Der Hauptzweck der Abfassung

Der Hauptzweck des Evangeliums besteht in dem Nachweis, daß in Jesus wirklich der verheißene Messias erschienen ist und das messianische Reich in der von Christus gestifteten Kirche seine Verwirklichung gefunden hat. Dieser Nachweis war notwendig; denn die meisten Juden erwarteten einen Messias, der mit Entfaltung aller weltlichen Macht auftreten, ein neues Judenreich aufrichten, die heidnischen Völker seinem Zepter unterwerfen und eine neue Zeit irdischen Glücks und Glanzes herbeiführen werde. Da nun das irdische Leben Jesu diesen Erwartungen so wenig entsprach und die arme Gemeinde Jesu gar nichts von dem erträumten äußeren Glanz des messianischen Reiches an sich trug, so bestand die Gefahr, daß auch bekehrte Juden mit ernsten Zweifeln zu kämpfen hatten.

Die Abfassungszeit

Die Abfassungszeit des Evangeliums läßt sich nicht genau bestimmen. Die Tradition sagt zunächst, daß der hl. Matthäus zuerst von den vier Evangelisten geschrieben habe (so Klemens von Alexandrien, Origenes, Epiphanius). Eusebius gibt einen genaueren Zeitpunkt an: Matthäus habe sein Evangelium verfaßt, als er im Begriff war, Palästina zu verlassen und bei auswärtigen Völkern das Evangelium zu verkünden, etwa im Jahre 42 n. Chr. Dagegen berichtet der hl. Irenäus, Matthäus habe sein Evangelium herausgegeben, während Petrus und Paulus in Rom predigten und die Kirche gründeten, also anscheinend zwischen 61 und 67. Wahrscheinlich ist unser Evangelium in den fünfziger Jahren in Palästina geschrieben. Auf diese Zeit weisen hin die Bemerkungen Matth. 27,8 und 28,15 sowie die Abfassung des Markus- und Lukasevangelium, die vor das Jahr 62 fällt.

Der Evangelist beginnt seine Schrift mit der Erzählung einiger Züge aus der Kindheit Jesu. Dann übergeht er einen Zeitraum von ungefähr dreißig Jahren und schildert das Auftreten Johannes` des Täufers, der Jesu öffentliches Wirken vorbereitete 1,1-4,11. Hierauf beschreibt er das Wirken des Herrn auf dem Boden von Galiläa 4,12-18,35. Dieser Teil nimmt den breitesten Raum ein, was im Hinblick auf den Verfasser, der aus Galiläa stammte und im Verlauf des öffentlichen Wirkens Jesu daselbst zum Apostel berufen wurde, verständlich ist. Es folgt der Bericht über Jesu Wirken in Judäa und Jerusalem 19,1-25,46. Den Schluß bilden das Leiden, der Tod und die Verherrlichung Jesu 26,1-28,20.

Entscheidung der Bibelkommission vom 19. Juni 1911:

Der Apostel Matthäus hat nach glaubwürdiger Überlieferung als erster ein Evangelium, nicht bloß eine Redesammlung, in der Landessprache von Palästina geschrieben. Dieses aramäische Evangelium ist im wesentlichen dasselbe wie das griechische kanonische Evangelium. Es ist geschichtlich ganz glaubwürdig und nicht erst nach dem Jahre 70 entstanden. – aus: Das Neue Testament, übersetzt und kurz erläutert von P. Konstantin Rösch O.M.Cap., ausgeteilt durch Kriegshilfe Nationale Katholische Wohlfahrts Konferenz New York, 1928, S. 2-4

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