Die wunderbaren Wirkungen der heiligen Kommunion
Wird nun von den Gläubigen die hochheilige Kommunion würdig, d. h. im Stande der Gnade Gottes empfangen, so ist nicht möglich, alle die wunderbaren, gnadenvollen Wirkungen aufzuzählen und zu schildern, welche der Genuss des Fleisches und Blutes Jesu Christi in ihren Seelen hervorbringt. –
Innigste Vereinigung mit Jesus
Die erste, vorzüglichste oder Hauptwirkung einer würdigen Kommunion ist die innigste Vereinigung mit Jesus, dem Gottmenschen. –
Dies hat der Heiland selbst mit klaren Worten zu erkennen gegeben, als er sprach: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ (Joh. 6,57) Gleichwie die leibliche Nahrung des Brotes, wenn sie genossen wird, sich mit dem Menschen vereinigt, in seine Wesenheit, sein Fleisch und Blut übergeht, so geht unser Fleisch in das Fleisch Jesu, unser Blut in sein Blut über, unser Fleisch und Blut wird von ihm durchdrungen, er vermischt sich mit uns, wie der hl. Johannes Chrysostomus sagt, wir werden ihm einverleibt, damit wir mit ihm ein Ganzes ausmachen, wir werden mit ihm Ein Fleisch und Ein Leib sein. –
Doch das ist noch nicht alles! Wie die Seele anfängt, die Nahrung zu beleben, welche wir zu uns genommen haben, sobald sie sich mit dem Körper vereinigt hat, ebenso fängt der Geist des Heilandes uns zu beleben und, sobald wir ihm in der heil. Kommunion einverleibt, seine Glieder geworden sind. Er wird die Seele unserer Seele, das Leben unseres Lebens, nicht mehr der Mensch lebt, sondern Christus in ihm, wie der hl. Paulus schreibt: „Ich lebe, aber nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal. 2,20) Ja noch mehr! Christus gießt in den Gläubigen, der ihn würdig empfängt, die Kraft seiner Gottheit, seine Gottheit selbst aus, wie er dies tat, als er in der gebenedeiten Jungfrau die Menschheit annahm, und die Menschheit mit seiner Gottheit vereinigte. Wir werden durch die Vereinigung mit Jesus selbst der göttlichen Natur teilhaftig, alle unsere Handlungen, Gedanken, Worte und Werke, unsere Reden, unsere Gebete, werden sozusagen göttlich, deshalb überaus verdienstvoll und so wohlgefällig vor Gott, als seien sie die Handlungen, Worte und Gedanken seines geliebten Sohnes , da dieser in uns lebt und die Kraft seiner Gottheit in uns ausgegossen hat. Und je öfter und je würdiger der Mensch die hl. Kommunion empfängt, desto reicher und tiefer erhält das Wort Christi seine Erfüllung: „Wer mich ißt, bleibt in mir und ich in ihm.“ „Wer mich ißt, wird leben durch mich.“
Die Vermehrung der heiligmachenden Gnade
Die zweite Wirkung der heil. Kommunion ist die Vermehrung der heiligmachenden Gnade. –
Der Gläubige, welcher das hochheilige Sakrament des Fleisches und Blutes Christi empfangen will, muss im Stande der Gnade Gottes, d. h. im Zustand der Gerechtigkeit und Heiligkeit sein, oder was eines ist, er muss die heiligmachende Gnade besitzen, Jesus muss bereits mit seiner heiligmachenden Gnade Wohnung in ihm genommen haben. Kommt nun aber in der heil. Kommunion Jesus persönlich, mit seinem Fleisch und Blut, mit seiner Gottheit und Menschheit zu ihm, so wird dieses Gnadenleben der Seele nicht bloß erhalten, sondern noch mehr gekräftigt und erhöht, die Vereinigung mit Christus wird noch inniger, die Seele wird vor Gott noch schöner, reiner und wohlgefälliger. Darauf weist das hochheilige Sakrament selbst hin, welches eine Speise ist, und als solche auch die Wirkungen einer Speise haben muss. So wie die irdische Speise die Lebenskräfte des Leibes erhöht, so muss die göttliche Speise des Sakramentes die Kräfte der Seele vermehren und erhöhen. Je kräftiger die irdische Speise ist, desto mehr nährt, stärkt, kräftigt sie den Leib. Wie kräftigend und stärkend muss nun die Seelenspeise sein, in welcher der Heiland, die Quelle der Heiligkeit, selbst, verborgen ist! Wird aber das Gnadenleben der Seele erhöht und vermehrt, wird die Seele immer mehr gottähnlicher, so wird sie auch einen höheren Grand des Lebens der Glorie im Himmel erlangen! –
Schwächung der bösen Neigungen
Eine dritte Wirkung der hocheiligen Kommunion ist, daß sie unsere bösen Neigungen schwächt und uns Lust und Kraft zum Guten gibt. –
Seit dem ersten Sündenfall ist der Mensch zum Bösen geneigt; die angestammten bösen Neigungen erstarken durch Gewohnheit, und die sinnlichen Triebe und bösen Leidenschaften lassen nicht nach, seine Seele zu bestürmen, und sie unter ihre Botmäßigkeit zu bringen. – Ohne höhere Hilfe unterliegt der Mensch im Kampf. – Nun aber kommt Jesus mit seinem Fleisch und Blut zu uns; er duldet keine Unordnung, keine Befleckung neben sich; er dämpft die bösen Leidenschaften; er entflammt das Feuer der heiligen Liebe in uns, und wo die heilige Liebe zunimmt, da muss die unheilige Liebe abnehmen, und so ist die hochheilige Kommunion auch eine Arznei der Seele, ein Heilmittel gegen die Krankheiten derselben, nämlich gegen die unordentlichen bösen Neigungen, Triebe und Leidenschaften. – Als das blutflüssige Weib im Evangelium den Saum des Kleides Jesu vertrauensvoll berührte, wurde sie sogleich geheilt, wie viel mehr wird die innigste Vereinigung mit Jesus in der hochheiligen Kommunion die Gebrechen und Krankheiten der Seele verschwinden machen? –
Als Seelenspeise kräftigt die hl. Kommunion ferner unsere Seele zur Übung der Tugenden und erweckt in ihr die Freude und die Lust zum Guten. Sie hat die besondere Kraft, unseren Geist in den Geist Christi umzuwandeln. Wenn wir natürliches Brot genießen, so verwandeln wir das Brot in unser Wesen, genießen wir aber das Fleisch und Blut Christi, so werden wir in Christus umgewandelt, wie der hl. Augustin so schön sagt, indem er den Heiland also sprechen läßt: „Ich bin die Speise der Großen; wachse und du wirst mich essen: du wirst mich aber nicht wie die Speise deines Leibes in dich umwandeln, sondern du wirst in mich umgewandelt werden.“ Aus dieser geheimnisvollen Umwandlung sprossen dann die lieblichsten Früchte hervor: Sehnsucht nach einem heiligen Leben, innerer Friede, heilige Freude, Demut, Sanftmut, Liebe zur Keuschheit, und besonders Verlangen, Eifer und Starkmut, Alles für Gott zu tun und zu leiden, wie dies im Leben der heiligen Märtyrer ersichtlich ist, welche die Siege und Triumphe über ihre Feinde und alle ihre heldenmütigen Tugenden der hochheiligen Kommunion zuschreiben.
Bewahrung vor Todsünden
Die vierte Wirkung der hochheiligen Kommunion besteht in der Reinigung von läßlichen Sünden und Bewahrung vor Todsünden. –
Wie die Lebenskraft unseres Leibes täglich abnimmt und schwindet, weswegen wir sie durch tägliche Nahrung wieder zu heben und zu ersetzen suchen, so wird auch täglich das Gnadenleben der Seele durch läßliche Sünden geschwächt und gemindert. Als Seelenspeise hat nun die hochheilige Kommunion die Bestimmung, die verlorenen Lebenskräfte der Seele zu ersetzen, mithin die läßlichen Sünden zu tilgen. Dies geschieht durch Vermehrung der Liebesreue, durch Entflammung von größerem Andachtseifer, durch Anregung zur tiefen Verdemütigung und Selbsterniedrigung und anderen Akten der Sühnung. Deshalb lehrt die hl. Kirchenversammlung von Trient, daß die heilige Kommunion ein Gegenmittel sei, wodurch wir von läßlichen Sünden gereinigt und vor Todsünden bewahrt werden, wie der göttliche Heiland selbst mit den Worten sagt: „Wer von diesem Brot ißt, wird nicht sterben.“ (Joh. 6,52) Unsere Seele kann auf zweierlei Weise dem Tode verfallen, d. h. die heiligmachende Gnade verlieren: innerlich durch Schwäche und Verkehrtheit des Willens und durch sündhafte Begierlichkeit, äußerlich durch Angriffe des Satans und der gottentfremdenden Welt. Dagegen schützt nun die hochheilige Kommunion die Seele, indem sie dieselbe stärkt und kräftigt und ihr beisteht, einen guten, siegreichen Kampf gegen ihre Feinde zu kämpfen.
Verleihung von Trost und Stärke
Eine fünfte Wirkung der heiligen Kommunion besteht darin, daß sie uns Trost und Stärke verleiht, die Beschwerden unseres Standes zu ertragen und die Leiden und Trübsale, die uns treffen, von der Hand Gottes geduldig, ja mit Freuden hinzunehmen und zu tragen. Auf diese Wirkung weist schon König David hin, wenn er im Psalm 22 ausruft: „Du hast mir (o Gott) einen Tisch bereitet wider alle, so mich quälen“, und besonders Jesus, wenn er uns zuruft: „Kommet zu mir ihr Mühseligen und Beladenen, und ich will euch erquicken..“ (Matth. 11,28) Nebst dieser freudigen Bereitwilligkeit und übernatürlichen Stärke, alle Beschwerden, Leiden und Trübsale geduldig zu ertragen, teilt die hochheilige Kommunion gottliebenden Seelen gar oft die süßesten Tröstungen und ihrem Leibe wunderbare Stärkung und Sättigung mit, wovon das Leben der Heiligen Zeugnis gibt…
Unterpfand künftiger Auferstehung
Die sechste Wirkung der hochheiligen Kommunion endlich besteht darin, daß sie das Unterpfand unserer künftigen Auferstehung und ewigen Seligkeit ist. Dies verbürgt der göttliche Heiland mit den Worten: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage.“ (Joh. 6,55) Wie Gottes Allmacht in das Weizenkörnlein den Keim des Wiederauflebens gelegt hat, so legt auch Jesus, sobald wir sein heiligstes Fleisch und Blut empfangen, den Keim der Unsterblichkeit in unseren sterblichen Leib, welcher auf seinen Ruf am jüngsten Tag wieder aufleben und herrlich aus dem Grabe hervorgehen wird zum ewigen Leben. Christus kann ja den Leib, der vordem der Träger und Tabernakel seines hochheiligen Leibes gewesen, nicht dem Staube und der Verwesung überlassen. Und wenn, wie wir schon gehört haben, die hochheilige Kommunion die heiligmachenden Gnaden vermehrt und in uns erhält, die Seele vor der Sünde bewahrt und und die Beharrlichekit sichert, so muss sie uns, wenn wir dieser unaussprechlichen Gnadenwirkung kein Hindernis durch freiwillige Versündigung setzen, eben deshalb der ewigen Seligkeit teilhaftig machen.
So ist denn die hochheilige Kommunion jenes himmlische, lebenspendende, jede Süßigkeit enthaltende, beseligende Brot, von dem der gläubige Christ genährt und gestärkt wie einst der Prophet Elias durch die Wüste dieses Lebens trotz aller Versuchungen von Seite des Fleisches, der Welt und des Satans zum Berge Horeb, d. h. zum himmlischen Vaterlande wohlbehalten gelangt, um dort am Herzen Gottes zu ruhen und Ströme ewiger, himmlischer Wonne zu trinken. –
aus: Georg Ott, Eucharisticum, Legende von den lieben Heiligen des glorwürdigsten, wunderbarlichen Sakramentes, 1869, S. 36 – S. 38