Die Irrlehre des Arius und seine Bekämpfung

Die Irrlehre des Arius und seine Bekämpfung: Bischof Nikolaus von Myra ohrfeigt Arius auf dem Konzil in Nicäa

Die Irrlehre des Arius und seine Bekämpfung durch die Kirche

Arius, ein Presbyter zu Alexandrien, war, wie schon erwähnt, in der Schule Lucians von Antiochien gebildet und hatte dort von seinem unter dem Einfluss des Paul von Samosata stehenden Lehrer die Überzeugung in sich aufgenommen, dass Christus dem Vater nicht gleich wesentlich, sondern untergeordnet sei. Diesen Irrtum, der damals von vielen geteilt wurde, führte er logisch weiter in dem Gedanken: Wenn Christus nicht wesensgleich mit dem Vater ist, dann ist er überhaupt nicht wesenhaft Gott, sondern ein in der Zeit entstandenes Gebilde des Vaters, das dieser als vornehmstes und zeitlich erstes aller Geschöpfe ins Dasein rief, um sich seiner bei der Erschaffung der materiellen Welt zu bedienen.

Seit dem Jahr 315 trug Arius diese Irrlehre in Wort und Schrift vor. 313 schloss der Bischof Alexander von Alexandrien aus der Kirchengemeinschaft aus. Arius, aus der Heimat vertrieben, begab sich zu seinem Freund, dem Bischof Eusebius von Nikomedien, auch einem Schüler des Lucian von Antiochien. Der einflussreiche Eusebius gewährte dem Arius nicht nur Unterkunft, sondern warb für seine Ideen durch Briefe, auch bei anderen Bischöfen. So wuchs der Anhang des Arius. Auch der Vater der Kirchengeschichte, der Begründer der eigentlich wissenschaftlichen Apologetik, der Bischof Eusebius von Cäsarea in Palästina, wurde für Arius gewonnen.

Konzil von Nicäa, mit Arius dargestellt unter den Füßen Kaiser Konstantins und der Bischöfe

Im Jahre 324 wurde Konstantin d. Gr. Alleinherrscher im römischen Reich. Er beschloss, die zerstörte kirchliche Einheit durch den Entscheid eines Reichskonzil wieder herzustellen. Dieses Konzil, die erste allgemeine Kirchenversammlung, fand von Mai bis Juli 325 zu Nicäa in Bithynien (Kleinasien) im Sommerpalast des Kaisers statt und wurde von rund dreihundert Bischöfen aus den verschiedensten Ländern der Kirche besucht. Der auf dem Konzil anwesende Eusebius v. Cäsarea gibt darüber folgende Schilderung:

„Von allen Kirchen, die Europa, Afrika und Asien bedecken, waren die vornehmsten Diener Gottes versammelt: Syrer und Kilikier, Phönikier, Araber und Palästiner, Ägypter, Thebäer und Libyer sowie solche aus Mesopotamien. Sogar ein Bischof aus Persien nahm an der Synode teil, desgleichen ein Skythe. Pontus und Galatien, Kappadozien und Asien, Phrygien und Pamphylien boten die Auslese der ihren. Auch Thraker und Mazedonier, Achäer und Epiroten und Männer, die noch über diese hinaus wohnen, waren herbei gekommen. Selbst von Spanien war jener weit berühmte Mann (Bischof Hosius von Cordoba) einer der Teilnehmer der Versammlung.

Von der Kaiserstadt jedoch (Rom) war der Bischof wegen seines Alters nicht gekommen. Priester aber erschienen von ihm, seine Stelle zu vertreten. (1) Einen solchen Kranz umwunden mit dem Band des Friedens, weihte seit Menschengedenken einzig Kaiser Konstantin Christo, seinem Retter, ein Abbild der Apostelschar in unserer Zeit. Unter diesen Dienern Gottes ragten manche durch Weisheit und Redebegabung, andere durch die Strenge ihres Lebens und Standhaftigkeit im Glauben hervor. Zum Teil waren sie ehrwürdig durch ihr hohes Alter; andere zeichneten sich aus durch Jugend und Geistesfrische.“ (2)

Einige von ihnen trugen die Spuren des in der diokletianischen Verfolgung überstandenen Martyriums an ihrem Körper. So erschien der Bischof Paulus von Neocäsarea mit verstümmelten Händen; der greise Paphnutius, Bischof der oberen Thebais, hatte nur ein Auge, da ihm das andere in der Verfolgung ausgerissen war.

Eusebius bezeichnet diese ehrwürdige Versammlung poetisch schön als einen „Kranz, umwunden mit dem Band des Friedens“. Es ging aber oft außerordentlich heftig und scharf auf diesem Konzil her; denn es waren keine Puppen, sondern Männer, die für das, was sie glaubten, gewohnt waren zu kämpfen und selbst ihr Blut hinzugeben.

An theologischer Gelehrsamkeit ragten neben dem hoch betagten und dem Kaiser befreundeten spanischen Bischof Hosius von Cordoba, der den Vorsitz führte, besonders Alexander von Alexandrien, Eusthatius von Aniochien, Marcellus von Ancyra und vor allem der Sekretär des Bischofs Alexander von Alexandrien, der junge Diakon Athanasius, hervor. Der Kaiser hielt selber die Eröffnungsrede und nahm an den Versammlungen teil. Arius wurde von siebzehn Bischöfen unterstützt.

Nach langen Verhandlungen fiel am 19. Juli 325 der bedeutendste dogmatische Entscheid. Das Apostolische Glaubensbekenntnis wurde durch folgenden Zusatz erweitert:

„Wir glauben an einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, den einzigen aus dem Vater Gezeugten, d. i. aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahren Gott aus wahrem Gott, erzeugt, nicht erschaffen, eines Wesens mit dem Vater, durch den alles gemacht ist, was im Himmel und auf Erden ist, der unseres Heiles wegen herab stieg, Fleisch annahm, Mensch wurde und gelitten hat.“

Die Schriften des Arius wurden verbrannt; auf ihren heimlichen Besitz wurde vom Kaiser die Todesstrafe gelegt. Arius und die ihm bis zum Schluss ergebenen Bischöfe Sekundus von Ptolemais und Theonas von Marmarica wurden exkommuniziert und vom Kaiser nach Illyrien verbannt. Drei Monate später traf die Strafe der Verbannung auch die Bischöfe Eusebius von Nikomedien und Theognis von Nicäas, weil sie ihre Beziehungen zu den Arianern nicht aufgaben.

Alle Ehre des Sohnes Gottes fällt auch auf seine heilige Mutter. So ist es zu verstehen, dass in den Jahrzehnten nach dem Konzil von Nicaea ein Wort erklingt, dass im Anschluss an die Verheißung im Paradies und an das Wort der Verkündigung des Engels als Ahnung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis erscheint, das Wort Ephräms des Syrers († 373): „Du allein und deine Mutter, ihr seid über alles schön. Kein Makel ist an dir, o Herr, und kein Fehler an deiner Mutter.“ (3)

Trotz der scharfen Maßnahmen und des klaren dogmatischen Entscheides, gelang es der arianischen Gruppe unter Führung des Bischofs Eusebius von Nikomedien durch Unterstützung gewisser Hofkreise nicht nur wieder hoch zu kommen, sondern auch ihre bedeutendsten Gegner, die Bischöfe Eustathius von Antiochien, Marcellus von Ancyra und den seit 323 dem Alexander von Alexandrien als Bischof nachgefolgten Athanasius von ihren Sitzen zu verdrängen und den Kaiser, dem eine tiefere dogmatische Schulung fehlte, ganz in ihren Bann zu ziehen.

Es ist bezeichnend, dass sich Konstantin vor seinem Tod (22. Mai 337) von dem Führer der Arianer, Eusebius von Nikomedien, taufen ließ. Unter Konstantins Nachfolger, dem Kaiser Konstantius (337 bis 361), breitete sich die arianische Irrlehre in ungeheurem Maße aus. Zeitweise war sogar zu befürchten, dass der Kaiser die Häresie zur Staatsreligion erheben würde.

Es waren schwere Zeiten für die Katholische Kirche. 361 folgte Julian Apostata als Kaiser, der Renegat, der, vom Christentum abgefallen, mit Aufbietung aller Mittel die Wiederherstellung des Heidentums betrieb. Sein Nachfolger im Osten, Kaiser Valens (364 bis 378) , war fanatischer Arianer. Aber Gott erweckte in seiner Kirche machtvolle Schützer und Verteidiger der Wahrheit: vor allem den schwer verfolgten, großen Athanasius, den Führer der neu-alexandrinischen Schule, dessen literarische Arbeiten methodisch wie inhaltlich vorbildlich wurden für die Zukunft. (4)

Auf ihm bauten auf: Basilius d. Gr., Bischof von Nazianz, von 379 bis 381 Reorganisator der Kirche von Konstantinopel (5), und Gregor von Nyssa, der das innere Abhängigkeits-Verhältnis der frei göttlichen Personen klarer noch als seine Vorgänger bestimmte. (6) Diese drei sogenannten Großen Kappadozier haben die trinitarische Wahrheit von der einen göttlichen Wesenheit in drei göttlichen Personen in wissenschaftlichen Ausdrücken formuliert, die maßgebend wurden in der kirchlichen Theologie. (7)

So erreichte den Arianismus bald das Schicksal jeder von der Einheit der wahren Kirche getrennten Gruppe. Er begann sich innerlich zu zersetzen und in einander bekämpfende Richtungen zu spalten. (8) Im Jahr 379 kam Theodosius d. Gr. zur Regierung (379 bis 395). Er wurde der Begründer der katholischen Reichskirche. Schon im zweiten Jahr seiner Regierung ließ er zur Überwindung der Irrlehren und zur Klärung und Festigung der Wahrheit eine große Kirchenversammlung in Konstantinopel veranstalten.

In dieser Stadt war während der Zeit der Hochblüte des Arianismus seit 342 der Arianer Macedonius Bischof. (9) Im Jahre 360 wurde er als Semiarianer von der Hofpartei der Akazianer abgesetzt und starb 364. Da im Jahr 360 auch der Kampf um die Gottheit des Heiligen Geistes einsetzte, so knüpfte sich einige Jahrzehnte danach die Behauptung von der Urheberschaft dieser neuen Irrlehre an seinen Namen, obwohl sie als folgerichtige Weiterentwicklung des Arianismus wohl kaum einen besonderen Urheber hatte und Macedonius nach seiner wegen der Zugehörigkeit zum Arianismus erfolgten Absetzung keinen Einfluss mehr ausübte.

Jedenfalls rechnete das von hundertvierzig bis hundertfünfzig orientalischen Bischöfen besuchte Konzil von Konstantinopel im Jahre 381, die zweite allgemeine Kirchenversammlung, mit den Vertretern aller Irrlehren über die Trinität, sowohl mit den verschiedenen Gruppen der Arianer wie mit dem später so genannten Macedonianern, endgültig ab.

Unter den Bischöfen des Konzils waren eine Anzahl, die die Kirche als Heilige verehrt, wie Malezius von Antiochien, der zunächst den Vorsitz führte, aber während des Konzils starb, Gregor von Nazianz, der nach Malezius eine Zeitlang Vorsitzender war, Gregor von Nyssa und dessen Bruder Petrus von Sebaste, Pelagius von Laodizea, Eulogius von Edessa, Cyrillus von Jerusalem und Helladius von Caesarea in Kappadozien.

Das Konzil übernahm das von Epiphanius, dem Bischof von Konstantia, dem alten Salamis auf Zypern, ausgearbeitete und seit 374 in seiner Kirche eingeführte Taufsymbol als Glaubensbekenntnis für die Gesamtkirche.

(1) Es waren die beiden römischen Priester Viktor und Vinzentius. Außer Hosius waren aus dem Abendland erschienen die Bischöfe von Kalabrien, Karthago, Dijon und Stridon.

(2) Eus., Vita Const. III 7 und 9.

(3) Ephr. Nis., Hymn. 27, 8.

(4) Als dogmatische Schriften des Athanasius kommen besonders in Betracht: De incarnatione Verbi, die allerdings schon vor der arianischen Irrlehre verfaßt ist, Orationes contra Arianos, um 357 in der dritten Verbannung geschrieben, De incarnatione Dei Verbi et contra Arianos, die bereits den Ausdruck …, im Sinne von Person enthält, die Expositio fidei.

(5) Für die Bekämpfung der arianischen Irrlehre waren wichtig die Orationes 27-31 über die Trinität, einige Briefe und die poemata theologica, sect. 1.

(6) 12 Bücher Contra Eunomium, Oratio catechetica magna, vier kleinere Abhandlungen über die Trinität und dogmatischen Reden.

(7) Betr. des Ausganges der dritten göttlichen Person lehrten sie, dass der Heilige Geist vom Vater durch den Sohn ausgeht.

(8) Es handelte sich besonders um die beiden Hauptrichtungen der Anhomöer, die den Sohn als dem Vater unähnlich und der Homöer, die den Sohn als dem Vater ähnlich bezeichneten. Soweit letztere diese Ähnlichkeit nicht nur auf den Willen und das Wirken, sondern auch auf das Wesen bezogen, nannte man sie Homöusianer (= wesensähnlich) oder auch Semiarianer. Die Kirche lehrte, dass der Sohn dem Vater nicht wesensähnlich, sondern wesensgleich ist.

(9) Er gehörte zur semiarianischen Gruppe; ursprünglich war er Brokatweber von Beruf. –
aus: Konrad Algermissen, Konfessionskunde, 1939, S. 223 – S. 227

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