Heiligenkalender
2. Mai
Heiliger Athanasius der Große Kirchenlehrer
Der heilige Athanasius der Große war über ein halbes Jahrhundert lang der hervorragendste Mann in der katholischen Kirche, ihre festeste Säule, ihr heldenmütigster Streiter wider ihre Feinde. Zu Alexandria um 296 geboren, empfing der viel versprechende Knabe vom hl. Alexander, dem Erzbischof dieser Stadt, eine vortreffliche Erziehung und gelehrte Ausbildung in allen Zweigen der Wissenschaft. Zum Jüngling herangewachsen, ging er in die Wüste zum hl. Antonius, um in vertrautem Umgang mit diesem Vater der Mönche seinen Geist in der Tugend und Frömmigkeit tüchtig zu schulen und sich auf den Priesterstand vorzubereiten.
Heiliger Athanasius – Verteidiger des katholischen Glaubens
Ausgerüstet mit Wissenschaft, wie kein Anderer seiner Zeit, fest im Glauben wie ein Apostel, heldenmütig in der Gottesliebe wie ein Märtyrer, hinreißend in der Beredsamkeit wie ein Völkerlehrer, kehrte Athanasius zu seinem Freunde Alexander zurück, der ihn zum Diakon weihte und zu seinem Kanzler erwählte. Um dieselbe Zeit hatte der stolze Priester Arius seine Ketzerei, daß Christus nur gottähnlich, nur göttlich, nicht Gott sei, in weiten Kreisen verbreitet, viele Priester und Bischöfe für sich gewonnen und eine große Aufregung bewirkt. Zu Nicäa versammelten sich 318 Bischöfe, um diesen Streit zu schlichten. Arius setzte seine Lehre in beredten Worten auseinander. Da trat der junge Athanasius auf und verteidigte den alten katholischen Glauben mit wunderbarer Klarheit und siegreicher Beredsamkeit. Arius mit seinen vornehmsten Anhängern wurde exkommuniziert, seine Lehre als Gotteslästerung verdammt. Nach wenigen Monaten starb Alexander, und unter allgemeinem Jubel wurde der Sieger in Nicäa auf den Patriarchenstuhl von Alexandria erhoben.
Athanasius, erst dreißig Jahre alt, blieb nun der Fahnenträger der katholischen Christenheit, aber auch die Zielscheibe des wütendsten Hasses der Arianer. Da sie ihn ihren Schmeicheleien unzugänglich fanden, griffen sie ihn mit den giftigen Waffen der Verleumdung an und beschuldigten ihn der Kirchenschändung, weil er einen Kelch zerschlagen und heilige Bücher verbrannt; des Mordes, weil er den Bischof Arsenius getötet und dessen abgehauene Hand zur Zauberei gebraucht; der Unzucht, weil er eine Jungfrau entehrt habe. Unter dem Vorwande, den Frieden der Kirche zu ermöglichen, erwirkten sie vom betörten Kaiser die Berufung einer Synode nach Tyrus. Athanasius erschien und reinigte sich glänzend. Bezüglich der Kirchenschändung bewies er, daß an jenem Ort gar keine Kirche und kein Kelch gewesen sei; bezüglich des Mordes führte er den Arsenius lebendig vor und zeigte, daß derselbe noch beide Hände habe: bezüglich der Unzucht fragte ein Begleiter des Athanasius das anwesende Weib: „Bin ich der Verbrecher an dir, kannst du es mit einem Eide beteuern?“ Das Weib erklärte: „Ja du bist es, du bist Athanasius, ich kenne dich ganz genau, du hast mir Gewalt angetan“, und schwor den Eid. Damit war die teuflische Bosheit entlarvt, aber auch das Leben des Athanasius gefährdet – der wieder betörte Kaiser, von den Arianern gegen ihn aufgehetzt, verbannte ihn nach Trier.
Verfolgung und Verbannung
Während Athanasius zu Alexandria seine Herde mit rührender Hingebung wieder ordnete und pflegte, empörte sich Maguentius, Statthalter von Ägypten, wider den Kaiser. Obwohl Konstantius genau wußte, wie treu Athanasius und dessen Volk zu ihm hielt; dennoch hörte er – der giftige Arianer – auf die Verleumdungen der Arianer, daß derselbe ein Beförderer des Aufstandes und sein gefährlichster Feind sei. Aus Furcht vor bewaffnetem Widerstand des Volkes ließ der Kaiser zur Nachtszeit die Kirche, in welcher Athanasius Gottesdienst hielt, von fünftausend Soldaten umzingeln und erstürmen. Der Patriarch wartete ruhig, bis die ganze Gemeinde in Sicherheit war und entkam dann, wunderbar durch Mönche gerettet, in die Wüste. Verfolgt von den Häschern, musste er fliehen von Berg zu Berg, von Wüste zu Wüste, von Höhle zu Höhle; aber in dieser Nacht der Entbehrungen und Gefahren leuchtete in der schönsten Herrlichkeit seine Geistesgröße. Denn mitten in diesen Leiden war er nur um seine verwaisten Kinder bekümmert, schrieb ihnen die rührendsten Trostbriefe und Ermunterungen zur Standhaftigkeit im Glauben und verfaßte zugleich seine kräftigsten Widerlegungen des Arianismus.
Sechs Jahre musste Athanasius in der Verborgenheit bleiben – bis zum Tode des Konstantius, des rohesten Verfolgers der heiligen Kirche. Nach ihm bestieg Julian der Apostat den Thron, der sogar den Plan hatte, dem bereits im Reiche verwesenden Heidentum wieder neues Leben zu geben. Er rief alle Bischöfe und Priester aus der Verbannung zurück und schürte nach Kräften den Streit zwischen den Katholiken und Arianern, damit diese Parteien sich selbst vernichten sollten, und er nur die Freude des Zuschauens hätte. Da er aber vorzüglich an Athanasius seinen Plan scheitern sah, der mit Engels-Milde und Versöhnlichkeit die Verirrten in großer Menge an sich zog, so musste dieser wieder aus Alexandria flüchten und schiffte auf dem Nil nach der Thebais. Die Häscher Julian`s eilten ihm nach, um ihn zu töten. Plötzlich kehrte Athanasius um und ruderte den Verfolgern entgegen. Ihr Hauptmann, der den Heiligen nicht persönlich kannte, fragte gerade ihn, ob er den Athanasius nicht gesehen hätte. Ganz ruhig berichtete dieser: „Er ist gar nicht weit von hier; vor kaum einer Stunde ist es da hinaufgefahren; beeile dich nur, ihn zu erreichen.“ Die Häscher sputeten sich, und Athanasius kam wohlbehalten in Alexandria an.
Der Sieg über den Arianismus
Bald darauf starb Julian mit dem Ausruf: „Galiläer (Jesus), Du hast gesiegt!“ Sein Nachfolger, der edle Jovian, wies die Verleumdungen der Arianer, mit denen sie den Athanasius auch bei ihm anschwärzen wollten, mit Abscheu zurück, lobte in einem Schreiben den Heiligen wegen seines apostolischen Heldenmutes und seiner hohen Verdienste um das ganze Reich und ermunterte ihn zur Standhaftigkeit. Leider starb Jovian schon nach acht Monaten, und sein Nachfolger Valens, wieder ein eingefleischter Arianer, jagte viele katholische Bischöfe in die Verbannung und zum fünften Male musste Athanasius seine Kirche verlassen. Aber jetzt erhob sich ganz Alexandria und forderte mit Ungestüm seinen Patriarchen zurück. Eingeschüchtert durch diese Kundgebung des Volkes, widerrief Valens den Verbannungs-Befehl und ließ den Heiligen in Ruhe, die er mit größtem Eifer benutzte, um im Verein mit seinem hl. Freund Hilarius, Damasus, Gregor von Nazianz und Basilius die Christen im Glauben zu befestigen, das Heil der Seelen zu fördern und die Schliche der Irrgläubigen abzuwehren. Siegreich über alle seine Feinde, hatte er noch vor seinem Tode 373 die Freude, den Arianismus in sich zerfallen zu sehen. Die an seinem Grabe trauernden Freunde haben in beredten Worten die Erhabenheit seiner Tugenden, seiner tiefen Demut, seiner väterlichen Menschen-Freundlichkeit, seiner unerschöpflichen Freigebigkeit, seiner Strenge im Fasten und Innigkeit im Gebet verewigt. Das Erbe seiner gelehrten Schriften hat die katholische Welt in hohen Ehren gehalten bis auf den heutigen Tag. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 332 – S. 335