Die göttliche Sendung des heiligen Paulus
Die apostolische Wirksamkeit des heiligen Paulus
Der Apostel beruft sich zum Beweis seiner göttlichen Sendung auf seine apostolische Wirksamkeit wie auf Brief und Siegel, von Seiten Christi, des Herrn, selbst; denn er schreibt an die Korinther: „Bedürfen wir etwa (wie einige) der Empfehlungsbriefe an euch, oder von euch? Unser Brief seid ihr, geschrieben in unsere Herzen, erkannt, und gelesen von allen Menschen. Ihr seid ein offen daliegender Brief Christi, gefertigt von uns, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern in fleischerne Tafeln des Herzens.“ (2. Kor. 3, 1. 2. 3) Aus der Umwandlung der heidnischen und lasterhaften Korinther in heilige Christen durch seine Predigt, wie dies der ganzen Welt bekannt war, zieht er den Schluß auf seine wahre apostolische Sendung von Gott: „Der uns auch tüchtig gemacht hat, Diener des neuen Bundes, nicht dem Buchstaben, sondern dem Geiste nach zu sein.“ (ebd. Vers 6)
Über seine Wirksamkeit unter den Thessalonichern schreibt er an diese selbst: „Ihr seid Zeugen und Gott, wie heilig und gerecht und tadellos wir uns bei euch erwiesen haben, die ihr gläubig geworden seid; wie ihr denn wisset, daß wir Jeden von euch (wie ein Vater seine Kinder) gebeten, getröstet und beschworen haben, daß ihr würdig wandeln möget Gottes, der euch zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit berufen hat. Darum danken auch wir Gott ohne Unterlaß, daß ihr die Verkündigung des Wortes Gottes, welches ihr von uns vernahmt, aufgenommen habt, nicht als Wort von Menschen, sondern (wie es wahrhaft ist) als Wort Gottes, der in euch wirkt, die ihr gläubig geworden seid.“ (1. Thess. 2, 10-14) Der Apostel freut sich über den mit Gottes Gnade bewirkten Erfolg seiner apostolischen Tätigkeit, und beruft sich auf deren Anerkennung vor dem Richterstuhl Christi: „Denn wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Ehrenkrone? Seid es nicht ihr vor unserm Jesu Christo bei seiner Ankunft? Ja, ihr seid unsere Ehre und unsere Freude.“ (ebd. 19-20) Er freut sich, wie ein Legat, der nach glücklich vollendeter Sendung froh vor seinen Fürsten hintritt, um über den Erfolg derselben Rechenschaft zu geben.
Paulus hat nicht bloß auf schon bebautem Grund gepflanzt, und Völkern gepredigt, welche schon bekehrt waren; sondern als Heidenapostel noch ganz unbearbeitete Felder urbar gemacht, aus Heiden Christen, aus Ungläubigen Gläubige, aus Sündern Heilige heran gezogen, wie er selbst an die Römer schreibt: „Ich habe es so gehalten, daß ich dieses Evangelium nicht da gepredigt habe, wo der Name Christi bekannt war, damit ich nicht auf fremdem Grund baute, sondern wie geschrieben steht: Welchen davon nichts verkündigt worden, die werden es sehen; und die es nicht gehört haben, die werden es verstehen.“ (Röm. 15, 20)
Sein Wirkungskreis
Wie weit er aber seinen Wirkungskreis über die heidnischen Länder ausgedehnt habe, bezeugt er in demselben Brief an die Römer, indem er zuerst Alles der Gnade Christi zuschreibt, und sagt: „Kraft der mir verliehenen Gnade, Diener Jesu Christi bei den Heiden zu sein, und den heiligen Dienst zu verrichten am Evangelium Gottes, damit die Darbringung den Heiden angenehm sei, geheiligt durch den heiligen geist“ (ebd. 15. 16); und dann hinzu fügt: „Und so kann ich mich rühmen in Christo Jesu, was Gott betrifft. Denn ich vermesse mich nicht, etwas zu reden, was Christus nicht gewirkt hat durch mich, um die Heiden zum Gehorsam zu bringen durch Wort und Tat, durch die Kraft der Zeichen und Wunder, durch die Kraft des heiligen Geistes, so daß ich von Jerusalem an rings umher bis nach Illyrien Alles mit dem Evangelium Christi erfüllt habe.“ (ebd., 17. 18. 19) Er bezeichnet hier die beiden Endpunkte seines Wirkungskreises: Jerusalem und Illyrien; und sagt, daß er in dieser Strecke ringsum Alles mit dem Evangelium erfüllt habe, nämlich: Arabien, Damaskus, Antiochia, Seleucia, Zypern, Pamphylien, Pisidien, Lycaonien, Syrien, Cilicien, Phrygien, Galatien, Mysien, Troas, Achaia, Epyrus und andere Länder, welche er mit dem Licht des Evangeliums erleuchtet, und zur Erkenntnis und Liebe Christi geführt hat. Von Illyrien hat er seine apostolischen Reisen nach Italien und bis nach Spanien fortgesetzt, wie er dies in demselben Briefman die Römer selbst andeutete: „Ich hoffe, wenn ich nach Spanien reise, auf der Durchreise euch zu sehen, und von euch dorthin geleitet zu werden.“ (ebd., 24) Daß er mit Petrus in Rom gepredigt und die römische Kirche gegründet habe, bezeugt der heilige Irenäus ausdrücklich (Libr. III c. 1), sowie auch der heilige Papst Leo, der zu dieser Stadt von Petrus und Paulus also spricht: „Dies sind die Männer, durch welche dir, o Rom! Das Evangelium Christi erstrahlte, und du aus einer Lehrerin des Irrtums eine Schülerin der Wahrheit geworden bist. Diese sind deine Väter und wahren Hirten, welche dich viel besser und viel glücklicher gegründet haben, um dich den himmlischen Reichen einzuverleiben, als jene, durch deren Bemühung die ersten Fundamente zu deinen Mauern gelegt worden sind.“ (Serm. 1. in Natali SS. Petri et Pauli)
Daß er auch wirklich durch Frankreich bis nach Spanien vorgedrungen sei, ergibt sich aus vielen glaubwürdigen Zeugnissen (Vide Baron. Anno Christi 61); unter andern auch aus dem römischen Martyrologium, in welchem am 23. September zu lesen ist: „Zu Narbonne in Gallien der Geburtstag des Bischofes Paulus, von welchem die Überlieferung sagt, daß er jener Prokonsul Sergius Paulus gewesen sei, welcher von dem Apostel Paulus getauft, von diesem, als er nach Spanien reiste, zu Narbonne zurück gelassen, und da zur bischöflichen Würde erhoben worden ist, wo er das Predigtamt mit Eifer verwaltet, und, durch Wunder berühmt, in den Himmel eingegangen ist.“ Erstaunt und verwundert darüber ruft der heilige Chrysostomus aus: „Er ist mit solcher Kraft vorgegangen, daß er in einem Zeitraum von kaum dreißig Jahren die Römer und Parther und Meder und Inder und Skythen und Äthiopier und Sauromaten und Sarazenen und das ganze Menschengeschlecht unter das Joch der Wahrheit beugte.“ (Homil. 4. de laudibus S. Pauli) In Bezug auf die Wirkung seiner apostolischen Tätigkeit aber schreibt derselbe Heilige: „Wie schiene dies nicht wunderbar und unerwartet, daß das Wort, von einer irdischen Zunge ausgehend, den Tod verscheucht, die Bande der Sünde löst, die Finsternisse der Blindheit erleuchtet, und in wunderbarer Veränderung die Erde in einen Himmel umwandelt? Darum staune ich über die Kraft Gottes, darum bewundere ich die Geistestätigkeit des Paulus, daß er sich als solchen zu erweisen bemühte, daß er sich fähig machte, eine solche Gnade in sich aufzunehmen.“ (ebd. Homil. 2)
Es verehrt und preist ihn die ganze Kirche als ihren Lehrer und als den Lehrer aller Völker, da er nicht bloß in seinem Leben durch das lebendige Wort, sondern auch nach seiner Vollendung durch seine Schriften der Lehrer der Kirche und aller Völker geworden ist, und es bleibt bis an das Ende der Welt. Daher betet die Kirche immerdar: „O Gott, der du durch die Predigt des heiligen Apostels Paulus die ganze Welt belehrt hast (In Collecta) usw.“ und: „Petrus, der Apostel, und Paulus, der Völkerlehrer, haben uns, o Herr! Dein Gesetz gelehrt.“ (Commemorat. Commun. ad Vesp.)
Die Sendung durch Wunder bestätigt
Endlich hat Gott selbst die Sendung dieses Apostels durch Wunder bestätigt. Der heilige Evangelist Lukas erzählt einige derselben, und deutet viele an, indem er er schreibt: „Auch wirkte Gott nicht geringe Wunder durch die Hand des Paulus, so daß man auch auf die Kranken von seinem Leib die Schweißtücher und Gürtel auflegte, und die Krankheiten von ihnen wichen, und die bösen Geister ausfuhren.“ (Apg. 24, 11. 12.) Er hat auch Tote lebendig gemacht, wie jenen Jüngling Eutychus zu Troas, der während seiner Predigt am Fenster sitzend eingeschlafen, hinunter gestürzt und gestorben war. (Apg. Kap. 20) Der heilige Chrysostomus sagt, daß sein Schatten und seine Kleider nicht nur, wie die Schrift von Petrus bezeugt, Kranke geheilt, sondern auch Tote zum Leben erweckt haben: „Sein Schatten und seine Kleider haben den Tod vertrieben.“ (Homil. 8 in Epist. ad Röm.) Er hat so viele und so große Wunder gewirkt, daß die Lycaonier, darüber erstaunt, ausriefen: „Götter sind Menschen ähnlich geworden, und zu uns herab gekommen.“ (Apg. 14, 10) Auf diese Wunder beruft sich Paulus selbst, indem er an die Thessalonicher schreibt. „Unser Evangelium bei euch bestand nicht bloß in Worten, sondern auch in Kraft und im heiligen Geist und in großer Gnadenfülle“ (1. Thess. 1, 5); und an die Korinther: „Die Kennzeichen meines Apostelamtes sind ja unter euch vorhanden durch jegliche Geduld, durch Zeichen und Wunder und Krafttaten.“ (2. Kor. 12, 12)
Paulus besaß auch die Gabe der Sprachen, deren er als Apostel der Heidenvölker bedurfte, und die darum ebenfalls ein göttliches Zeugnis für seinen Beruf zum Apostelamt ist. Er selbst bezeugt, daß er diese Gabe besessen habe, indem er Gott für dieselbe dankt: „Ich danke meinem Gott, daß ich alle Sprachen rede, die ihr sprechet.“ (1. Kor. 14, 18)
Paulus besaß als göttliches Zeugnis für seinen Beruf auch die Gabe der Weissagung und eines so vertrauten und innigen Umganges mit Christus, daß es den Anschein hatte, als wenn nicht Paulus, sondern Christus durch ihn Alles wirkte. So hat ihn Christus von Troas nach Mazedonien gerufen, was Lukas also erzählt: „Da zeigte sich dem Paulus in der Nacht ein Gesicht. Ein mazedonischer Mann stand da, bat ihn, und sprach: „Ziehe hinüber nach Mazedonien und hilf uns. Als er diese Erscheinung gesehen hatte, suchten wir alsbald nach Mazedonien zu reisen, überzeugt, daß uns Gott berufen, ihnen das Evangelium zu verkünden.“ (Apg. 16, 9. 10) Als er nach Korinth gekommen war, erzählt Lukas folgende Erscheinung: „Der Herr aber sprach des Nachts in einem Gesicht zu Paulus: Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht. Darum, weil ich bei dir bin, wird Niemand sich dir nahen, um dir zu schaden; denn ich habe viel Volk in dieser Stadt“ (ebd. 18, 9. 10); das heißt, Viele, die sich bekehren werden. Christus rettete ihn auch zu Jerusalem aus den Nachstellungen der Juden, was er selbst auf folgende Weise vor den Juden selbst erzählt: „Es geschah aber, als ich wieder nach Jerusalem kam, und im Tempel betete, daß ich im Geiste entrückt ward, und ich sah ihn, und er sprach zu mir: „Eile und mache dich geschwind aus Jerusalem; denn sie werden dein Zeugnis über mich nicht annehmen. – Ziehe hin; denn ich will dich fern unter die Heiden senden.“ (ebd. 22, 17. 18. 21) Auch als Paulus später zu Jerusalem gefangen genommen worden war, „stand in der folgenden Nacht der Herr bei ihm und sprach: Sei guten Mutes! Denn wie du von mir gezeugt in Jerusalem, so mußt du auch in Rom zeugen.“ (ebd. 23, 11) Auf seiner Reise nach Rom rettete der Herr um seinetwillen 276 Personen aus dem Schiffbruch, und zeigte ihm dies vorher in einer Erscheinung an, was Paulus den Mitfahrenden mit folgenden Worten mitteilte: „Man hätte zwar, o Männer! mich hören, von Kreta nicht abfahren und so dieses Ungemach und den schaden vermeiden sollen; aber auch nun rate ich euch, guten Mutes zu sein, denn kein Leben aus euch wird verloren gehen, nur das Schiff. Denn es kam zu mir in dieser Nacht ein Engel Gottes, dessen ich bin, und dem ich diene, und sprach: Fürchte dich nicht, Paulus! Du mußt dem Kaiser vorgestellt werden, und sieh! Gott hat dir Alle geschenkt, die mit dir im Schiff sind. Darum seid guten Mutes, Männer! Denn ich glaube Gott, daß es so geschehen werde, wie mir gesagt worden ist.“ (Apg. 27, 21-26) Eben so stand ihm der Herr bei seinem Verhör zu Rom bei, wie der dies selbst im zweiten Brief an Timotheus bezeugt: „Bei meiner ersten Verantwortung ist mir Niemand beigestanden, sondern Alle haben mich verlassen; möge es ihnen nicht zugerechnet werden! Der Herr aber stand mir bei, und stärkte mich, daß durch mich die Verkündigung vollzogen werde, und alle Heiden sie hören; und ich ward aus dem Rachen des Löwen gerettet“ (nämlich aus der Todesgefahr, oder aus den Händen des Kaisers Nero). „Der Herr hat mich gerettet von allem Bösen, das im Werk war, und wird mir in sein himmlisches Reich verhelfen, er, welchem Ehre sei in alle Ewigkeit. Amen.“ (2. Tim. 4, 16. 17. 18)
Damit ist nun die göttliche Auserwählung und Berufung des Paulus zum Apostolat durch göttliche Zeugnisse erwiesen und klar gestellt. –
aus: Georg Patiss SJ, Paulus in seinen apostolischen Tugenden, 1881, S. 38 – S. 44
siehe auch den Beitrag: Der heilige Paulus der Völkerapostel