Heiligenkalender
25. Januar
Die Bekehrung des heiligen Apostels Paulus
Jesus Christus ist unser Herr. Wenn Er will, daß die Hirten kommen und Ihm – dem armen Christkindlein – huldigen, ladet Er sie durch seinen Engel ein, und sie eilen voll Freude zur Krippe; wenn Er wünscht, daß die Fürsten der heidnischen Welt Ihn anbeten, so winkt Er ihnen durch einen Stern am Himmel zu, und sie bringen Ihm ihre geheimnisreichen Gaben; wenn Er Arbeiter begehrt für seinen Weinberg, so schreitet Er zum Ufer des See`s Tiberias und gebietet den Fischern: „Folget Mir“, und sie verlassen sogleich ihre Netze; wenn Er den Heiden einen „großen“ Lehrer geben will, so zerschmettert Er das jüdische Herz des jungen Saulus und gibt ihm ein neues, das Herz eines Apostels, und dieser frohlockt: „Ich lebe, doch nicht ich, sondern Christus lebt in mir!“ (Gal. 2)
Saulus, zu Tarsus in Cilicien geboren, dem jüdischen Stamm Benjamin angehörig und zugleich römischer Bürger, besaß hervorragende Geistesanlagen, ein für Großes empfängliches Gemüt und eine unbeugsame Willenskraft. Nachdem er den vorbereitenden Unterricht in der Vaterstadt genossen, kam er nach Jerusalem, um bei dem berühmten Lehrer Gamaliel die heiligen Schriften zu studieren, während Jesus in Palästina das Evangelium predigte und oft im Tempel lehrte. Saulus erregte Aufsehen durch die Entfaltung seiner herrlichen Talente, durch seinen glühenden Eifer für das Gesetz Moses und die Überlieferungen der Väter und durch seine schroffe Parteinahme für die Pharisäer. Die wunderbar schnelle Vermehrung der Anhänger des gekreuzigten Jesus aus Nazareth, welche er für treulose Verächter Gottes und des Moses ansah, entzündete seinen pharisäischen Eifer zur hellen Flamme des Hasses wider sie. Wie ein reißender Wolf lechzte er nach dem Blut der Christen und hütete die Kleider der Mörder, welche den heiligen Stephanus steinigten, um selbst, wie der heilige Augustin sich ausdrückt, durch die Hände derselben ihn zu töten; aber der heilige Diakon Christi rächte sich an dem jungen Pharisäer dadurch, daß er für ihn zu Gott um die Gnade der Bekehrung flehte.
Aufgehetzt durch die Hohenpriester stürmte Saulus in die Häuser und Versammlungen der Christen und schleppte sie vor Gericht, um sie mit der Folter entweder zum Abfall vom Glauben an Jesus zu zwingen, oder zu töten. Er bekennt es aufrichtig: „Viele von den Heiligen ließ ich ins Gefängnis werfen und freute mich, wenn sie getötet wurden; in allen Synagogen zog ich sie zur Strafe, ließ sie züchtigen und zwang sie, Jesum zu lästern; und noch mehr wütete ich wider sie und verfolgte sie in fremde Städte.“ (Apg. 26)
Hierüber erzählt der heilige Lukas Folgendes:
„Saulus schnaubte Drohung und Mord wider die Jünger des Herrn, ging zum Hohenpriester und erbat sich von ihm Briefe an die Synagogen in Damaskus, damit er, wenn er Einige, die dieses Weges wären, Männer und Weiber fände, sie gebunden nach Jerusalem brächte. Als er nun auf dem Weg war und es geschah, daß er Damaskus nahe kam, umleuchtete ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. Und er fiel auf die Erde und hörte eine Stimme: Saulus, Saulus, warum verfolgst du Mich? Er sprach: Wer bist du, Herr? Und dieser (antwortete): Ich bin Jesus, den du verfolgst: hart wird es dir, wider den Stachel auszuschlagen. Da sprach er mit Zittern und Staunen: Herr, was willst Du, daß ich tun soll? Und der Herr sprach zu ihm: Geh` in die Stadt, da wird dir gesagt werden, was du tun sollst. Aber die Männer, welche mit ihm reisten, standen betäubt, hörten die Stimme, sahen aber Niemanden. Saulus stand nun auf von der Erde; als er aber die Augen öffnete, sah er nichts. Da nahmen sie ihn bei der Hand und führten ihn nach Damaskus. Und er war daselbst drei Tage, ohne zu sehen: und er aß nicht und trank nicht. Es war aber zu Damaskus ein gewisser Jünger, mit Namen Ananias. Zu diesem sprach der Herr in einem Gesicht: „Ananias!“ Er aber sprach: „“Siehe, hier bin ich, Herr!“ Und der Herr sprach zu ihm: „Steh` auf und geh` in die Straße, welche die „gerade“ heißt, und frage im Hause des Judas nach Einem mit Namen Saulus aus Tarsus; denn sieh`, er betet (Und Saul sah den Ananias eintreten und sich die Hände auflegen, damit er wieder sehend würde.) Ananias aber antwortete: „Herr, ich habe von Vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem getan hat. Und auch hier hat er Macht von den Hohenpriester, Alle, die deinen Namen anrufen, zu fesseln.“ Der Herr aber sprach: „Geh` hin; denn dieser ist Mir ein auserwähltes Werkzeug, meinen Namen vor Heiden und Könige und Kinder Israels zu bringen: denn Ich will ihm zeigen, wie viel er um meines Namens willen leiden muss.“ Da ging Ananias hin und kam in das Haus, legte ihm die Hände auf und sprach: „Bruder Saul, der Herr Jesus, der dir auf dem Weg, worauf du kamst, erschienen ist, hat mich zu dir gesandt, damit du sehend werdest und voll des heiligen Geistes:“ Und sogleich fiel es von seinen Augen wie Schuppen, und er ward wieder sehend, stand auf und wurde getauft. Nun nahm er Speise und kam zu Kräften. Er hielt sich aber bei den Jüngern, die zu Damaskus waren, einige Tage auf. Und sogleich predigte er in den Synagogen Jesum, daß Er der Sohn Gottes sei. Es staunten aber Alle, die es hörten und sprachen: „Ist das nicht der, welcher in Jerusalem die verfolgte, welche diesen Namen anriefen, der dazu hierher gekommen ist, damit er sie gebunden zu den Hohenpriestern führe? Saul aber erstarkte immer mehr und beschämte die Juden, welche zu Damaskus wohnten, indem er dartat, daß dieser der Christus (der verheißene Messias) sei.“ (Apg. 9)
Diese wunderbare Umwandlung des verfolgungssüchtigen Juden in einen so großen Apostel war der herrliche Triumph der Barmherzigkeit und Gnade Jesu zum Wohl seiner Kirche.
Saulus suchte voll Haß die Christen auf, um sie von Christus loszureißen, und er fand auf dem Weg Christum selbst und lernte Ihn kennen, um nun voll Liebe alle Völker Ihm zuzuführen. Saulus hatte von Anderen Briefe empfangen zur Zerstörung der Kirche. Erkennend die Schwere seiner Sünden und die Huld seines Erlösers, weihte er von jetzt an die ganze Größe seines Geistes, die volle Glut seines Herzens und die eiserne Kraft seines Willens – veredelt und gehoben durch die Gnade des heiligen Geistes – der Verherrlichung Jesu. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 59 – S. 61