Heiligenkalender
15. April
Der heilige Petrus Gonzales Dominikaner
An dem Tage, an welchem ihr die Stimme des Herrn hört, verhärtet doch eure Herzen nicht“, mahnt der Psalmist (Ps. 94): und wohl dem, der dem göttlichen Gnadenruf folgt, wie Petrus Gonzales.
Zu Astorga in Spanien 1190 von hochadeligen und reichen Eltern geboren, war Petrus der Liebling seines Oheims, des Bischofs dieser Stadt, weil er durch seine Talente und Fortschritte in den Wissenschaften der ganzen Familie Ehre machte. Er wählte – ohne geistliche Gesinnung – den geistlichen Stand und wurde schnell zur hohen Würde eines Domdekans befördert. Auf dieser Höhe der Ehre wurde dem jugendlichen Emporkömmling schwindelig; er vergaß die Heiligkeit, zu der ihn die priesterliche Würde und Weihe verpflichtete, und stürzte herab in die gemeine eitle Selbstgefälligkeit, womit der Glanz des neuen Amtes ihn bezaubert hatte.
Sturz und Bekehrung
Vom Ehrgeiz gestachelt lud er viele Geistliche, Freunde und Verwandte ein, um den Antritt seines Domdekanats mit möglichster Pracht zu feiern. In hochrotem Seidentalar, den weißen Chorrock mit den feinen Spitzen darüber, das brillante Kreuz auf der Brust, ritt er an der Spitze des Festzuges auf zierlich geschmücktem Rosse durch die Hauptstraße der Stadt, ganz selig über den Beifall, den ihm das schmeichelnde Volk zujubelte. Doch plötzlich, während er nur darauf bedacht war, durch majestätische Haltung eine noch größere Bewunderung seiner Würde sich zu erringen, stolperte das Pferd und warf den Reiter in den Straßenkot. Ein schallendes Gelächter und Gespött der Zuschauer erscholl, als er im Gesicht, an den Händen, am rotseidenen Kleid erbärmlich beschmutzt, vom Boden aufstand. Tief beschämt und deutlich die Strafe Gottes erkennend, sprach Petrus mit tiefem Ernst zu den Spöttern: „Weil die Welt mein Unglück so höhnisch verlacht, will ich heute noch an ihr mich rächen; ich will ihr den Rücken kehren und dann über sie lachen.“ Sogleich verschloß er sich in seine Wohnung, beweinte bitterlich seinen Stolz und die schwere Beleidigung Gottes. Voll Reue seufzte er zum Himmel um Erbarmen und um Gnade der Bekehrung.
Eiligen Schrittes verließ er Astorga, den Ort seiner Sünde, und begab sich nach Valencia, wo er in heißem Gebet und strengem Fasten um die Erkenntnis des göttlichen Willens flehte, dem unter allen Umständen zu gehorchen er bereit war. Die Gnade zog ihn in den Orden des hl. Dominikus. Seine Freunde gaben sich alle Mühe, ihn von diesem, wie sie meinten, törichten Plan abzuhalten; sie klagten ihn des Verbrechens gegen das Vaterland und die Menschheit an, wenn er, ein gebildeter Mann, eine so einflußreiche Ehrenstelle, in der er Ausgezeichnetes leisten würde, verlasse; wenn er seine Manneskraft und Wissenschaft hinter den Mauern eines düsteren Klosters vergrabe. Allein Petrus bedauerte diese zudringlichen Schwätzer, weihte sich vorbehaltlos dem Dienst Gottes, ertötete in riesigem Kampf die letzten Zuckungen der Eigenliebe und leuchtete bald als Muster eines vollkommenen Ordensmannes. Der Obere übertrug ihm das Predigeramt, wozu ihn nebst der tiefen Frömmigkeit und hl. Wissenschaft noch vortreffliche natürliche Anlagen befähigten.
Des Heiligen großes Werk in Cordoba
Nun stand er am rechten Platz im Weinberg des Herrn. Mit glühendem Eifer unterrichtete er das zusammenströmende Volk in den hl. Glaubens-Wahrheiten und im geistlichen Leben den ganzen Tag, und während der Nacht stärkte er sich durch Gebet zu neuer Arbeit. Der Erfolg seiner Tätigkeit war ein wunderbarer: viele Tausende wirkten würdige Frucht der Buße, und die ärgsten Wüstlinge fühlten sich glücklich, ihm mit Tränen der Reue ihre Sünden bekennen zu dürfen.
Die Bekehrung der Höflinge
Als König Ferdinand III., welcher mit den Sarazenen einen gefährlichen Krieg führte, von der gesegneten Geistesmacht dieses Predigers hörte, nötigte er denselben in sein Lager zu kommen, um sich seines Rates und seiner Hilfe bedienen zu können. Petrus brachte wirklich den sichtbaren Segen Gottes. Die Heiligkeit seines Lebens und die Kraft seiner Predigten verscheuchten aus dem Lager die Laster der Höflinge und der Soldaten, förderten Zucht und Ordnung und begeisterten zum mutigen Kampf für die hl. Religion und das Vaterland. Doch einigen Höflingen war dieser freimütige Prediger, der ihrer Liederlichkeit kühn im Wege stand, sehr lästig; ihr Haß sann auf ein Mittel, ihn zu verderben. Eine ebenso liederliche Hofdame bot ihre Hilfe an, den Heiligen zum Fall zu bringen.
Um den teuflischen Plan auszuführen, ging sie zu der Abendstunde, wo Petrus gewöhnlich allein war, in sein Zelt und bat ihn kniefällig mit vielen Tränen, ihre Beichte anzuhören. Petrus beschied sie, für heute sei es zu spät, morgen wolle er ihr diese geistliche Hilfe leisten. Die Dirne schluchzte: „Hl. Vater, deine Tugend ist ja überall genugsam bekannt, und ich weiß, wie sehr du um das Heil der Seelen und die Rettung der Sünder bekümmert bist: erbarme dich doch meiner, ich muss fast verzweifeln in meiner Seelenangst! O wenn die heutige Nacht meine letzte auf Erden wäre, wahrlich du hättest meine Seele zu verantworten, wenn du ihr die Gnade der Versöhnung mit Gott aufschiebst!“ Petrus nahm diese Heuchelei für Wahrheit und hieß sie niederknien. Die Dirne begann mit einem neuen Tränenstrom: „Ich bin namenlos leidend, und Niemand kann mich trösten, als du, mein Teuerster; eine tödliche Wunde quält mein Herz, und nur du allein kannst sie heilen. Wisse, daß ich dich liebe, unaussprechlich liebe und – daß ich mir ein Leid antue, wenn du meine Sehnsucht nicht erwiderst.“
Ohne ein Wort zu sprechen, hüllte sich Petrus in seinen Mantel, zündete außerhalb des Zeltes ein starkes Glutfeuer an, legte sich in dasselbe und betete mit lauter Inbrunst zu Gott um die Rettung dieser Sünderin. Nachdem er längere Zeit im Feuer gelegen, stand er auf, und weder er noch der Mantel war verletzt. Die Hofdame, welche diese fruchtbare Belehrung verstand, ging erschüttert nach Hause und tat aufrichtige Buße. Auch die Hofherren, welche die Neugierde, wie ihr höllisches Kunststück gelingen werde, in die Nähe des Zeltes gelockt hatte, waren unvermutet Augenzeugen dieses Wunders und dadurch so von der Heiligkeit des strengen Predigers überzeugt, daß sie ihr Unrecht bekennend ihm aufrichtige Verehrung und Liebe bewiesen.
Die Bekehrung der Sarazenen
In schönstem Glanz leuchtete des Petrus Geistesgröße in der entscheidenden Schlacht bei Cordoba, der Hauptstadt der Sarazenen. Hatte er vor der Schlacht die Spanier durch seine weisen Ratschläge und begeisterten Reden zu unwiderstehlicher Tapferkeit entflammt, so war er nach der Schlacht ei schützender Engel der besiegten Feinde; er zügelte die Wut der Sieger, bändigte die Ausgelassenheit der Plünderer und erflehte vielen tausende Gefangenen schonende Behandlung. Seiner aufopfernden Liebe und übermenschlichen Anstrengung gelang es, daß die Sarazenen in großer Menge die hl. Taufe empfingen und ihre sechshundert schönen Moscheen in katholische Kirchen umwandelten; die berühmteste von allen in ganz Spanien wurde zur Domkirche erhoben.
Schutzpatron der Schiffsleute
Nachdem Gonzales dieses große Werk in Cordoba vollbracht, verließ er die königliche Armee. Der hl. Geist trieb ihn an, dem Landvolk, welches während der langwierigen Kriege jener Zeit sehr verwildert war, geistige Hilfe zu bringen. Mit bewunderungswürdigem Mut und unverdrossener Anstrengung suchte er in den Diöszesen Tuy und Compostella die Christengemeinden auf, die ihn nicht selten mit Spott und tätlichen Misshandlungen empfingen, aber sein Eifer für die Ehre Jesu Christi und seine Liebe zu den verwahrlosten Seelen war unbesiegbar. Seine Taubeneinfalt und Schlangenklugheit wußte die härtesten Herzen zu gewinnen, und seine besondere Gabe, die Unwissenden zu belehren und ihren eine tätige Liebe für die hl. Sakramente einzuflößen, ward von Gott durch viele Wunder verherrlicht. Ein ganz vorzügliches Erbarmen hatte er gegen die armen Schiffsleute, welche selten die Kirche besuchen und eine Predigt anhören konnten und in lasterhafter Unwissenheit und Lauigkeit dahin lebten. Mit unermüdlicher Ausdauer fand er Mittel und Wege, sie auf den Schiffen zu besuchen, ihr Zutrauen zu gewinnen und sie so liebevoll zu unterrichten und zu religiöser Rechtschaffenheit zu ermuntern, daß sie ihn wie ihren Vater liebten und ehrten und nach seinem seligen Tod, welcher ihn 1246 in die ewige Ruhe einführte, zu ihrem Schutzpatron erwählten. An seinem Grab geschahen sehr viele Wunder an Blinden, Lahmen und Kranken, und vorzüglich die Schiffer erfuhren die Macht seiner Fürbitte in Meeresstürmen und Todesgefahren. Schon nach acht Jahren verkündete Papst Innozenz IV. seine Seligsprechung. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 281 – S. 283