Heiligenkalender
4. September
Selige Katharina von Racconigi, Terziarin
Die selige Katharina wurde im Jahre 1486 zu Racconigi, einer Stadt in Piemont, geboren. Sie war erst fünf Jahre alt, da fühlte sie sich schon mit wunderbar geheimnisvollen Banden zu Jesus hingezogen. Eine wunderbare Liebe zur Keuschheit flammte in ihrem Herzen; aus ihren Augen leuchtete die reinste Unschuld; in ihrem Benehmen zeigte sie die zarteste Schamhaftigkeit. –
Zu dieser außerordentlichen Reinheit des Leibes und der Seele, die den Menschen den Engeln gleich macht, leitete sie die allerreinste Jungfrau und Mutter Gottes Maria. Ihr gefiel die zarte Unschuld des kleinen Mädchens, und um diese schneeweiße Lilie vor jeder Befleckung zu bewahren und sie zur standhaften Bewahrung der Jungfräulichkeit zu ermuntern, erschien sie ihr eines Tages mit ihrem süßesten Kind. Die Königin des Himmels trug ein silberweißes, glänzendes Kleid, und mitten auf ihrer Stirn leuchtete ein Rubin, viel glänzendes als die Sonne. Sie nahte sich freundlich dem holden, staunenden Mädchen, zog einen Ring von ihrem Finger, und gab ihn ihrem Sohn, der in wunderbar schöner Gestalt, als ein Knabe von etwa 5 Jahren, neben ihr sich befand. Die gebenedeite Gottesmutter bat ihren göttlichen Sohn sehr demütig, er möge doch Katharina zu seiner Braut annehmen. „Sehr gerne meine Mutter“, entgegnete der kleine, süße Jesus,, und zugleich nahm der das Mägdlein bei der Hand, steckte den glänzenden Ring an seinen Finger und sprach gar holdselig: „Katharina, ich nehme dich zu meiner Braut im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe.“ Katharinas Herz ward darob mit der süßesten Wonne erfüllt, und als die Erscheinung verschwunden war, konnte sie sich lange nicht von ihrem Staunen erholen.
Seit dieser Zeit führte sie das Leben eines Engels. Zum Gebrauch der Vernunft gekommen, weihte sie Gott und der heiligen Jungfrau durch ein Gelübde ihre jungfräuliche Reinigkeit. Gleich darauf erschien ihr die heilige Katharina von Siena, und gab ihr die Versicherung, daß dieses Gelübde dem göttlichen Heiland und seiner glorwürdigen Mutter sehr wohlgefällig sei. Als sie in das jungfräuliche Alter getreten war, suchte und erhielt sie die Aufnahme in den dritten Orden des heiligen Dominikus. Nun fühlte sie sich von einer solchen Liebe zu ihren Nebenmenschen entflammt, daß sie mit heißester Inbrunst ihren geliebten Bräutigam Jesus bat, er möge alle Strafen, welche die Welt wegen ihrer Sünden verdient habe, ihr auflegen; auch verlangte sie nach dem Martertod, wenn er nur den Sündern Barmherzigkeit und Vergebung angedeihen lassen möchte. Unaufhörlich betete, weinte und büßte sie für die Sünder, und obschon sie der Herr mit der Gabe der Wunder und der Weissagung begnadet hatte, blieb sie doch immer demütig und gehorsam wie ein Kind. Krankheiten peinigten sie oft und schmerzlich, sie aber ertrug sie ohne Klage mit höchster Geduld und Ergebung, bis sie endlich Jesus, ihr geliebter Bräutigam zu sich nahm, am 4. September 1547. (Poiré de Monstier.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Zweiter Teil, 1869, Sp. 1998 – Sp. 1999