Unterricht für das Fest der Beschneidung Jesu Christi
(Neujahrstag)
Dieses Fest bildet die Oktave des heiligen Weihnachtsfestes und offenbart uns eine neue Tat im Werk der Erlösung. Jesus muss leidend unsere Erlösung vollbringen. Beginnen wir im Blut Jesu Christi das Werk unserer Erlösung an demselben Tag, da Christus den Namen des Erlösers, Jesus, vom Himmel erhält!
(Der Eingang zur heiligen Messe ist der nämliche, wie in der dritten Messe am heiligen Weihnachtsfest.)
Gebet der Kirche.
O Gott, der Du durch die fruchtbare Jungfräulichkeit Mariä dem Menschengeschlecht die Gnaden des ewigen Heiles verliehen hast, wir bitten Dich, laß uns die Fürbitte derjenigen erfahren, durch die wir gewürdigt worden, den Urheber des Lebens zu erhalten, unseren Herrn Jesum Christum, deinen Sohn. Amen.
Lesung
ist dieselbe wie in der ersten Messe am Weihnachtsfest
Evangelium nach dem hl. Lukas 2,21
Zu derselben Zeit, als acht Tage um waren und der Knabe beschnitten werden sollte, ward sein Name Jesus genannt, wie Ihn schon vor seiner Empfängnis im Mutterleib der Engel genannt hatte.
Warum wollte Christus am achten Tage nach seiner Geburt sich der Beschneidung unterwerfen?
Als der eingeborene Sohn Gottes und die unendliche Heiligkeit selbst, bedurfte in keiner Weise der Beschneidung. Er wollte sich aber der blutigen und schmerzhaften Zeremonie unterwerfen:
1) Um das Gesetz des alten Bundes ausdrücklich als heilig und von Gott gegeben anzuerkennen, es feierlich zur vollkommensten Erfüllung an unserer Statt auf sich zu nehmen, damit Er uns von dem Joch der Sünde befreie, und um anzudeuten, daß Er, wenn auch vollkommen sündenlos, doch in der Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde zu uns kommen wollte, um für uns leiden und sterben zu können.
2) Um gleich im Anfang seines irdischen Lebens sein Blut für uns zu vergießen, zu zeigen, um welchen Preis Er den Namen Jesus erkaufe und unser Erlöser werde, und schon damals das Unterpfand zu geben, daß Er all sein Blut für uns vergießen wolle.
3) Um uns das Beispiel der Demut und des Gehorsams zu geben, uns an die Notwendigkeit der geistigen Beschneidung, der Abtötung der Sinnlichkeit und der fleischlichen Lüste zu mahnen.
4) Um den Juden kein Ärgernis zu geben, um sich als Nachkommen Abraham`s zu beweisen und durch die Annahme dieses Bundeszeichen den Bund Gottes mit den Vätern und die daran geknüpften Verheißungen zu bestätigen.
5) Um die Wahrheit seiner Menschheit zu beweisen, gegen jene Irrlehrer, welche behaupten Er habe nur einen Scheinleib gehabt.
Was war und bedeutete die Beschneidung?
Sie war ein äußerliches Zeichen des alten Bundes, vermöge dessen die Menschen damaliger Zeit dem auserwählten Volk zugezählt wurden, wie wir jetzt durch die heilige Taufe in die Kirche Jesu Christi eingehen. Die Beschneidung wurde zuerst dem Abraham zu Teil, und zwar als Zeichen des Bundes, den Gott mit ihm und seinen Nachkommen errichtet hat (1. Mos. 17,10), als immer währende Erinnerung an die dadurch eingegangene Verpflichtung genauer Befolgung seines Willens und an die damit gegebenen Verheißungen; endlich als ein Vorbild der Taufe, welche Jesus als geheimnisvolles Zeichen des neuen Bundes an Stelle der Beschneidung eingesetzt hat (Matth. 28,19) und durch welche nun die Herzen beschnitten, d. h. von der Sünde gereinigt werden.
Warum ist Er „Jesus“ genannt worden?
Der Name Jesus, welcher Erlöser oder Heiland bedeutet, ward von Gott selbst Ihm beigelegt (Matth. 1,21; Luk. 1,31), weil Er dazu gekommen war, die Welt zu erlösen und die Menschen selig zu machen. Deswegen ist es jener heilige, ehrwürdige und kräftige Name, in dem allein wir selig werden können (Apg. 4,12).
Warum wird dieser Tag auch Neujahrstag genannt?
Weil mit demselben das bürgerliche Jahr anfängt, wie das Kirchenjahr am ersten Sonntag des Advents seinen Anfang genommen hat.
Was soll der Christ an diesem Tage tun?
1) Im heiligsten Namen Jesu das neue Jahr beginnen und es durch Jesus Gott aufopfern.
2) Im heiligsten Namen Jesu, im Vertrauen auf die Kraft dieses heiligsten Namens, das große Werk seines Seelenheiles fortsetzen oder neu beginnen.
3) Im heiligsten Namen Jesu auch alle weltlichen Arbeiten und Werke zu verrichten sich entschließen.
4) Im heiligsten Namen Jesu um alles von Herzen bitten, was uns und anderen für Leib und Seele nötig ist.
Wie soll man dem Nächsten ein „glückliches neues Jahr“ wünschen?
Nicht aus bloßer Gewohnheit oder Höflichkeit, bloß mit dem Mund oder der Feder, sondern aus aufrichtigem christlichen Geist, entschlossen, dem Nächsten durch die Tat zum wahren Glück zu verhelfen und Unglück von ihm abzuwehren. Eltern sollen den Neujahrswunsch der Kinder zu liebreich-ernsten Ermahnungen benützen.
Anmerkung:
Die Heiden feierten den ersten Januar mit allen möglichen Ausschweifungen. Leider scheinen diese heidnischen Mißbräuche bei uns Christen wieder eingeführt zu werden.
Was muss man von jenen Christen halten, die das alte Jahr in Schwelgereien, unsinnigen Tänzen und Lastern aller Art beendigen und das neue so beginnen? Wahrlich, sie sind ärger als die Heiden, und wird ihnen auch ein schreckliches Los zu Teil werden.
Gebet am Neujahrstag.
Allmächtiger, ewiger Gott, himmlischer Vater, der Du bist ein Vater der Barmherzigkeit und ein Gott des Trostes, wir danken Dir, daß Du uns vom Mutterleib an so wunderbar erhalten und bis zu diesem neuen Jahr in so vielen Gefahren des Leibes und der Seele so väterlich beschützt hast, und bitten Dich durch deinen lieben Sohn und durch sein teures Blut, das Er bei seiner Beschneidung zum ersten Mal für uns vergossen, Du wollest nicht die Menge unserer Sünden ansehen, sondern nach der Größe deiner Barmherzigkeit uns die Übertretungen deiner heiligen Gebote verzeihen, durch die wir im verflossenen Jahr und unser Leben hindurch Dich beleidigt, deine Ungnade und deinen gerechten Zorn erweckt haben. Wir bereuen sie von Herzen und geloben Dir heute durch Jesus, unseren Herrn, deine Gebote künftig treu zu erfüllen. Stärke unsere Schwäche; vermehre in uns den Glauben, die Hoffnung und die Liebe; bewahre uns vor der Sünde, den Gefahren und Versuchungen, vor allem Unglück des Leibes und der Seele; verleihe, daß wir alle unsere Gedanken, Worte und Werke nach deinem heiligen Willen richten, alles Böse siegreich bekämpfen, alles Gute standhaft ausüben; gib, daß wir, im wahren Glauben lebend und sterbend, endlich in deinem Reich ein ewig dauerndes, freudenreiches neues Jahr, d. h. die ewige Seligkeit genießen und Dich mit deinen Engeln und Heiligen ohne Ende preisen mögen. Amen. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 76 – S. 78