Heiligenkalender
13. März
Heiliger Nicephorus, Patriarch von Konstantinopel
(Christliche Bilder)
Der hl. Gregor, von welchem du gestern gelesen hast, erfuhr einmal, daß der Bischof von Marseille in unbesonnenem Eifer Bilder aus der Kirche geworfen habe aus Besorgnis, sie könnten angebetet werden. Darüber schrieb ihm der hl. Gregor: „Du hättest nicht zerbrechen sollen, was nicht zu Anbetung, sondern bloß zur Belehrung der Unwissenden in den Kirchen aufgestellt worden war. Ein Anderes ist es ein Bild anbeten, und ein Anderes, aus der durch ein Bild dargestellten Geschichte kennen lernen, was man anzubeten habe.“
Es ist desgleichen von den ältesten Zeiten her Lehre und Gebrauch der katholischen Kirche gewesen, daß man Bilder hatte, welche an Christus und an die Heiligen erinnerten. Den wie durch ein religiöses Buch an Gott und heilige Personen und Dinge erinnert wird, so kann auch durch Bilder daran erinnert werden. Wenn aber der Christ die hl. Schrift oder sein Gebetbuch in Ehren hält, weil er daraus religiöse Gedanken schöpft, und wenn jeder vernünftige Mensch das Bildnis werter und geachteter Personen auch wert schätzt: so lehrt die katholische Kirche etwas ganz Vernünftiges und Christliches, wenn sie begehrt, wir sollen die Bildnisse, auf welchen der Herr oder seine Freunde, die Heiligen, dargestellt sind, in Ehren halten.
Der Heilige des heutigen Tages war gleichsam ein Märtyrer für diese Lehre, indem er sein Leben lang dafür zu streiten und zu leiden hatte. Siebenhundert Jahre nach Christus kamen zu Konstantinopel Kaiser auf den Thron, welche ohne die Bischöfe zu fragen eine Verordnung machten, es müssten alle Bilder in den Kirchen, auf den Straßen und in den Häusern zerstört werden. Mit roher Gewalt wurde auf ihren Befehl nicht nur gegen die Bilder, sondern auch gegen die Verehrer der Bilder gewütet. Diese Bilderstürmerei währte über hundert Jahre lang. In dieser Zeit lebte der hl. Nicephor. Sein Vater Theodorus war Geheimschreiber des Kaisers Kopronymus, welcher ein heftiger Bilderfeind war. Als der Kaiser erfuhr, daß Theodorus Bilder des Erlösers und der seligsten Jungfrau habe, stellte er ihn darüber zur Rede. Theodorus bekannte freimütig seine Verehrung dafür, worauf ihn der Kaiser schlagen ließ und in die Verbannung schickte.
Sein Sohn Nicephor zeichnete sich so sehr durch Tugend und Wissenschaft aus, daß ein späterer Kaiser, der wieder dem rechten Glauben anhing, dem Nicephor dasselbe hohe Amt anvertraute, welches dessen Vater früher gehabt hatte. Aber wie Nicephorus im Amt seinem Vater nachfolgte, so folgte er ihm auch in der Treue nach, mit welcher dieser an der Verehrung der christlichen Bilder festgehalten hatte.
Nach einiger Zeit bekam Nicephorus mehr und mehr das Verlangen, der Welt und ihrem Treiben zu entsagen. Er legte sein hohes Amt nieder, und richtete mit andern gleich gesinnten Männern in der Einöde ein Kloster ein, wo er sich dem Gebet, dem Forschen in heiligen Schriften und andern frommen Übungen hingab. Nicephorus machte hier sehr große Fortschritte in der Wissenschaft und jeder Tugend und bereitete sich dadurch, ohne daß er es wußte, zu einer neuen höchst wichtigen Laufbahn vor.
Der Patriarch von Konstantinopel, damals nach dem Papst der höchste Bischof in der Christenheit, war gestorben; an dessen Stelle wurde nun einstimmig Nicephorus gewählt, welches Amt er aber erst nach langem Weigern übernahm. Nachdem er als Patriarch durch Wort und Beispiel mit großem Eifer das Reich Gottes zu fördern gesucht hatte, kam ein anderer Kaiser auf den Thron, Namens Leo. Dieser war ein heftiger Feind der christlichen Bilder, und suchte ihre Verehrung mit List und Gewalt auszurotten. Er dachte wohl, daß ihm dieses misslingen werde, wenn er nicht den hoch geachteten Kirchenvorsteher Nicephorus auf seine Seite brächte. Der Kaiser bemühte sich daher zuerst den hl. Nicephorus zu bereden, daß der wahre Glaube verbiete die Bilder zu verehren. Nicephorus zeigte ihm nun, daß der Gebrauch der Bilder dem Zeugnis der hl. Schrift und den ältesten Gewohnheiten der Kirche gemäß sei. Das Kreuz und das Evangelienbuch seien nicht Christus selbst, sondern nur Zeichen der Erinnerung an Christus; dennoch werde das Kreuz und das Evangelium ohne Bedenken von allen Christen, selbst von den Bilderfeinden verehrt; desgleichen müsse es auch gestattet sein, die Bilder der Heiligen zu verehren, da sie auch an verehrungswürdige Personen erinnern. –
Der Kaiser antwortete: „Hat Moses nicht auch das Wort Gottes gelehrt? Und hat Moses nicht vorgeschrieben, daß man kein Bildnis eines Menschen oder sonst eines Dieners machen solle?“ Der Patriarch sagte darauf: „Die Juden kamen aus Ägypten, wo man Tier- und Menschen-Gestalten als Götter anbetete; um die Juden von diesem Götzendienst fern zu halten, wurde ihnen Bilder zu machen verboten in der Absicht sie anzubeten, wie ausdrücklich hinzu gesetzt ist. Denn Bilder überhaupt zu haben, wenn man sie nicht anbetete, war selbst im Judentum nicht verboten. So lesen wir, daß Salomo vor dem Tempel das Bildnis von Ochsen, an seinem Thron die Figuren von Löwen verfertigen ließ. Ja, Moses selbst ließ über der Bundeslade goldene Cherubim anbringen, und verfertigte auf Befehl Gottes eine eherne Schlange, als im Lager giftige Schlangen den Tod verbreiteten, damit Jeder, der die eherne Schlange anblicke, gerettet werde. Da hingegen die Juden ein goldenes Kalb machten und dasselbe anbeteten, wurde ihnen dieses zur schweren Sünde angerechnet, nämlich nicht das Bild an sich, sondern weil sie das Bild für Gott anbeteten. Daher sündigten auch wir Christen nicht, wenn wir Bildnisse der Märtyrer und Heiligen verfertigen; denn wir beten sie nicht an und halten sie nicht für Götter.“
Alle Verteidigung des rechten Glaubens nützte jedoch bei dem Kaiser nichts, sondern da er den hl. Nicephorus nicht mit Gründen widerlegen konnte, wollte er ihn durch Verfolgungen zwingen. Er verhinderte den Patriarchen ferner zu predigen und die Kirchengefäße zum Gottesdienst zu gebrauchen. Gegen alles Recht und kirchliche Ordnung ließ der Kaiser mehrere Bischöfe, die auch Gegner der Bilderverehrung waren, zusammen kommen und machte sie zu Richtern über den Patriarchen, dessen Amt und Würde viel höher war. Sie forderten ihn feierlich auf, er solle seine Ansicht ändern und das Nämliche lehren wie sie, nämlich daß man die Bilder zerstören und ihre Verehrung unterdrücken solle, sonst werde er in Strafe verfallen. Da Nicephorus ihnen ihr Unrecht vorhielt, so sprachen sie den Bann über ihn aus. Sie setzten ihn ab, und verboten, ihn noch ferner Patriarch zu nennen; ja sie machten ernstliche Anschläge, wie sie ihn heimlich töten könnten. Da der Patriarch, ohnedies krank, sich um Schutz an den Kaiser wandte, so befahl dieser, daß man ihn gewaltsam in die Verbannung führe. Und so wurde Nicephorus wegen der Treue, mit welcher er an der kirchlichen Bilderverehrung festhielt, in ein fernes Kloster über dem Meer fortgeschleppt.
Der Kaiser machte nun einen schlechten Mann zum Patriarchen, der in Allem nicht nach Gottes Willen, sondern nur nach dem Willen des Kaisers fragte. Die Geistlichen, welche die Bilder nicht verwerfen wollten, wurden nun allgemein verfolgt, teils ins Gefängnis geworfen, teils geschlagen, ja selbst getötet. In den Kirchen aber wurden die Wände, auf welchen biblische Geschichten oder die Taten und Leiden der Märtyrer abgemalt waren, mit Kalk überstrichen; andere wurden mit Kot beschmiert, andere mit der Axt zerhauen.
Die Strafe Gottes zeigte sich aber nach dieser Ruchlosigkeit sehr deutlich. Es kamen Erdbeben, wodurch ganze Städte zu Grunde gingen; es kam solche Hungersnot, daß man nicht mit der Sichel erntete, sondern jeden einzelnen Fruchthalm mit der Hand abbrach; es kam Bürgerkrieg, und der Kaiser Leo wurde auf den Christtag im Tempel von seinen eigenen Soldaten ergriffen und getötet.
Aber auch der Nachfolger des Leo, der Kaiser Michael, war feindlich gegen die Verehrung der Heiligenbilder; er bot dem hl. Nicephorus die Rückkehr unter der Bedingung an, daß er überhaupt gänzlich über die Bilderverehrung schweige. Allei dieser nahm solches nicht an, und blieb lieber in der Verbannung, wo er auch vierzehn Jahre nach seiner Vertreibung starb.
Es gibt nicht eine einzige Lehre der katholischen Kirche, welche ohne Nutzen wäre, wenn man sie recht versteht, glaubt und darnach tut. Eine solche Lehre ist es auch, daß es heilsam sei, Bilder heiliger Personen und Geschichten zu haben. Der hl. Nicephorus hat lange und schwere Verfolgung dafür ausgestanden, um nicht von der rechten Lehre der Kirche in diesem Betreff abzulassen. Du hingegen kannst ungestört und ohne Gefahr Bilder heiliger Personen haben und verehren. Mache dir dieses auch wahrhaft zu Nutzen. Sieh`, es zieht den Menschen fortwährend abwärts; wenn du aus einer Predigt kommst, oder in Andacht versunken warst, so braucht es keine Stunde und dein Geist ist wieder ganz in die Welt ausgegossen. Und wenn du dir auch vorgenommen hast, du wollest gesammelt bleiben, so kommen gleich darauf die irdischen Sorgen, Geschäfte und Zerstreuungen, und du liegst wieder tief unten im Erdenstaub. Ist des da nicht gut, wenn das Kruzifix am Weg, ein Heiligenbild and er Wand, die heilige Jungfrau auf der Medaille dir in die Augen fällt? – Sieh`, ein einziger Blick dahin ist oft eine stille innige Predigt, und führt die Seele zurück in Alles, was sie gehört, gelesen, gedacht und gebetet hat. Und wie mancher Christ hat schon vielen, vielen Trost in schwerer Krankheit und im Todeskampf bekommen, wenn seinem Bett gegenüber ein Kruzifix hing, und dessen Anblick der geplagten Seele ein Ruheort war, und Blick und Geist darein sich versenkte!
Danke Gott, du Christ, daß er auch dieses sinnliche Mittel der Bilderverehrung durch die Kirche dir zur Erbauung darbietet; und danke dem hl. Nicephorus und seines Gleichen, daß sie durch ihre treue Standhaftigkeit diese Lehre und Übung der Kirche bewahrt haben. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 1 Januar bis März, 1872, S. 370 – S. 375