Heiligenkalender
16. November
Der heilige Edmund Erzbischof von Canterbury
Der heilige Edmund wurde zu Abington in England geboren. Seine Eltern waren Kaufleute und lehrten ihn von Kindheit an durch Wort und Beispiel Gott fürchten und lieben. Als Edmund erwachsen war, schickte ihn seine fromme Mutter Mabila zuerst nach Oxford, dann nach Paris zum Studieren; voll ängstlicher Sorge für die Unschuld des geliebten Sohnes machte sie ihn auf alle Gefahren aufmerksam, die ihn zu Paris bedrohten, und lehrte ihn die Mittel, in jeder Versuchung zu obsiegen. – So oft sie ihm Wäsche und oder Kleider schickte, legte sie ihm auch einen Bußgürtel (Cilicium) bei mit der Mahnung, er soll sich dessen bisweilen bedienen, damit er durch die Züchtigung seines Leibes desto sicherer seine Unschuld bewahre. Sie ermahnte ihn sorgfältig, die bösen Gesellschaften zu meiden, dem Gebet und Studieren obzuliegen, das Wort Gottes oft anzuhören und sich dem Schutz der seligsten Jungfrau täglich zu empfehlen.
Edmund kam den mütterlichen Ermahnungen nach und ward dadurch für andere ein Muster eines tugendhaften Jünglings. Er machte in den Wissenschaften große Fortschritte und legte zu Paris das Gelübde der Keuschheit ab.
Er wurde bald Lehrer der Philosophie. Als solcher hörte er mit seinen Schülern täglich die heilige Messe. Als er aber die Theologie zu studieren angefangen hatte und Priester geworden war, verdoppelte er die Übungen der Andacht und seine Abtötungen. Er aß des Tages nur einmal. Nach einiger Zeit musste er wieder nach England zurück kehren.
Edmund lebte jetzt nur für den Himmel und das Seelenheil des Nächsten. Er schlug alle angebotenen Würden aus und nahm nur ein Kanonikat und das Schatzmeisteramt an der Kathedrale zu Salisbury an, verwendete aber die Einkünfte dieser Stelle für die Armen. Er bekehrte und befestigte viele durch seine Predigten.
Nachdem der Heilige einige Jahre lang dem Predigtamt mit aller Hingebung und dem segensreichsten Erfolg sich gewidmet hatte, wurde der erzbischöfliche Stuhl zu Canterbury erledigt, und man nötigte den Heiligen durch den Gehorsam gegen den Papst Gregor IX., ihn zu besteigen, 1234. In dieser hohen Würde verhielt er sich so, daß er als ein vollkommenes Beispiel allen geistlichen Vorstehern vorgestellt zu werden verdiente. Er suchte nichts, was zur eigenen Ehre oder Gemächlichkeit dienen könnte, sondern allein die Ehre Gottes, die Zierde der Kirche und das Heil der Seelen. Sein Erzbistum visitierte er öfters, predigte und lehrte an allen Orten, spendete die heiligen Sakramente und leistete alle mögliche Hilfe den armen und Waisen. Gott wollte aber seinen getreuen Diener durch Widerwärtigkeiten prüfen. Es beschützte der Heilige seiner Pflicht gemäß die Freiheit der Kirche mit allem Ernst, und bestrafte die Laster nicht nur des gemeinen Volkes, sondern auch höherer Standespersonen mit apostolischem Freimut. Dadurch fiel er bei dem König Heinrich III. in Ungnade und ward von verschiedenen verleumdet und verfolgt. Edmund erlitt alles mit Geduld, und sprach zu jenen, die ihm ihr Beileid bezeigten: „Die Unbilden, die mir widerfahren, sind zwar bittere, aber in Wirklichkeit selbst heilsame Arzneien; sie gereichen zum Heile meiner Seele.“ Wider seine Feinde und Verfolger zeigte er nie einigen Unwillen, sondern liebte sie von Herzen, indem er sprach: „Wenn sie mir auch meine Augen ausreißen sollten, so wollte ich sie dennoch lieben.“ Allein weil er sah, daß er nun als Bischof nimmer wirken konnte, verließ er England und begab sich nach Frankreich.
In der Nacht, ehe er das Schiff bestieg, erschien ihm der heilige Thomas, welcher auf dem nämlichen erzbischöflichen Stuhle vorher gesessen und sich in Beschützung der geistlichen Freiheiten eben so beharrlich wie Edmund benommen hatte (siehe 29. Dez.). Er tröstete und versicherte ihn, daß er den Lohn für seine Bemühungen bald empfangen werde. In Frankreich erwählte der hl. Edmund die Zisterzienser-Abtei Pontigny zu seinem Aufenthalt, wo vormals der heilige Thomas aus gleicher Ursache seine Einkehr genommen hatte, wurde aber nach seiner Ankunft mit einer Krankheit heimgesucht. Die Ärzte glaubten, man könne ihm durch Veränderung der Luft eine Linderung verschaffen, und ließen ihn in ein anderes, gesünderes Kloster bringen, nämlich zu den regulierten Chorherren von Soissy. Die Geistlichen des Klosters betrübten sich zwar deshalb; der heilige Bischof aber sagte zu ihnen, er würde am Feste des heiligen Königs und Märtyrers Edmund wieder zu ihnen zurückkommen. Dieses ist auch geschehen, aber auf eine ganz andere Weise, als die Mönche verstanden. Denn sobald der Heilige in dem anderen Kloster angekommen war, nahm die Krankheit so zu, daß er selbst verlangte, mit den heiligen Sakramenten versehen zu werden. Als man das Allerheiligste in das Zimmer gebracht hatte, streckte der Heilige beide Arme mit großer Freudenbezeigung aus und rief mit lauter Stimme: „Du bist, o Herr! Mein Zeuge, daß ich nichts in der Welt gesucht, als dich allein. Mache nun mit mir, was dir gefällig ist.“ Nach dem Empfang der hl. Sakramente küßte er die Wunden Jesu am Kruzifix und redete sich selbst beim Küssen des heiligsten Herzens also an: „Nun kannst du bald mit Freuden das Wasser schöpfen aus dem Brunnen des Heilandes.“ Er starb zu Soissy im Kloster der regulierten Chorherren am 16. November im Jahre 1242. Sein heiliger Leib wurde nach Pontigny in das Kloster, wo der heilige Bischof sich zuvor aufgehalten hatte, an dem Feste des heiligen Edmund, Königs und Märtyrers (20. November) übertragen und dort beigesetzt.
Papst Innozenz IV. setzte ihn 1247 in das Verzeichnis der Heiligen. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 922 – S. 923