Heiligenkalender
11. Mai
Heiliger Franziskus von Hieronymo, Jesuit
Der heilige Franziskus, den im Jahr 1839 der heilige Vater Gregor XVI. in das Verzeichnis der Heiligen eingetragen hat, und den die jungfräuliche Gottesmutter selbst ihren Diener nannte, wurde im Jahr 1642 zu Grottaglie im Königreich Neapel geboren. Seine Eltern, schlichte, fromme Bürgerleute, erzogen ihn in heiliger Gottesfurcht. Als Knabe zeigte er schon eine ungemeine Barmherzigkeit gegen die Dürftigen. Was immer im Haus von Geld, Brot und anderen Dingen in seine Hände kam, verteilte er unter die Armen, und ganz trostlos ward immer sein Herz, wenn er einen Armen unbeschenkt gehen lassen musste. Nachdem er zu seiner größten Wonne die heilige Kommunion zum ersten Mal empfangen hatte, ward er von dem glühendsten Eifer für die Ehre Gottes und das Heil der Seelen ergriffen. Noch nicht zehn Jahre alt gab er schon den Kindern Unterricht in der christlichen Lehre. Dadurch kamen seine Eltern auf den Gedanken, ihn dem Priestertum zu weihen. Fromme Priester nahmen den guten Knaben in ihre Versammlung auf und gaben ihm den nötigen Unterricht. – Nachdem er sich in den nötigen Wissenschaften genugsam ausgebildet hatte, wurde er zum Priester geweiht, und übernahm dann in dem adeligen Jesuitenkollegium zu Neapel die Aufsicht über die dortigen Zöglinge. Dort gab er ein so schönes Beispiel, daß ihn die Zöglinge nur den heiligen Priester nannten. –
Da er im genannten Kollegium die Einrichtung und Lebensweise des Jesuitenordens kennen gelernt hatte, bat er um Aufnahme in diesen Orden und erhielt sie. Als Novize wurden ihm schwere Proben auferlegt. Wo es immer eine harte Verrichtung im Haus gab, ward sie ihm übertragen. Die mühsamsten, niedrigsten und demütigendsten Arbeiten wurden ihm alle zu teil, und er mochte tun was er wolle, und so gut er konnte, es war nie recht getan; er bekam immer Verweise. Am schmerzlichsten fiel ihm, daß er nur dreimal in der Woche die heilige Messe lesen durfte. Dennoch leistete er blinden Gehorsam, und seine Demut, seine Sanftmut und sein verlangen, für Christus Alles zu leiden, leuchtete immer mehr und mehr an ihm hervor. Endlich wurde er zur Ablegung der Ordensgelübde zugelassen, und ihm von seinen Oberen wegen seiner ausgezeichneten Rednergabe das Amt eines Missionars in Neapel übertragen. Dieses Amt bestand nun darin, die Gläubigen alle Monate zur allgemeinen Kommunion einzuladen und vorzubereiten.
In jedem Monat verwendete er dazu neun oder zehn Tage. Da zog er von einer Gasse zur andern, hielt überall eine kurze feurige Anrede und schloss mit den Worten: „Kommt Kinder, zum Brot der Engel!“ Bei diesen Worten vergaß er nie die Herrlichkeit der allerseligsten Jungfrau z preisen, und auf ihre Güte, Macht und Barmherzigkeit hinzuweisen. Er versammelte die Kinder um sich, wies sie hin zur gebenedeiten Mutter des Herrn, mahnte sie mit glühenden Worten, sie zu ehren und zu leiben und stellte sie unter ihren Schutz. –
War nun der Tag der allgemeinen Kommunion gekommen, nahten sich die Scharen der Gläubigen, oft fünfzehn bis zwanzigtausend, unter heiligen Lobgesängen auf Jesus und Maria, der Kirche der Jesuiten, dann eilte er ihnen entgegen, empfing sie an der Pforte mit innigster Freude und wies jeder Schar ihren bestimmten Platz an. Bei der großen Mühe, die er dabei hatte, fand er seinen süßen Trost im Anblick der Kinder, die mit Blumenkränzen auf dem Haupt daher zogen, und diese Kränze dann mit tiefster Ehrfurcht dem göttlichen Kind Jesu und seiner gebenedeiten Mutter zu Füßen legten. Dabei weinte er oft vor Freude! Waren nun die Versammlungen in Ordnung, dann warf er sich in der Mitte der Kirche auf die Knie, betete ihnen aus seinem gotterfüllten Herzen glühende Gebete vor und ermahnte sie, mit größter Ehrfurcht den heiligen Geheimnissen zu nahen und den süßen Gast der Seele würdig zu empfangen. War die Andacht zu Ende, so sorgte er, daß alle wieder in der schönen Ordnung weg zogen, wie sie gekommen waren, und dies tat er alle Monate, vierzig volle Jahre hindurch. –
Nebst dem musste er alle Sonn- und Festtage auf den öffentlichen Plätzen, wie dies in Italien üblich ist, als Prediger auftreten. Überdies hielt er, um die Verehrung der Gottesmutter überallhin zu verbreiten und zu befestigen, alle Dienstage durch 22 Jahre in der Kirche U. L. Frau, die Konstantinopolitanische genannt, eine Lobpredigt zu Ehren der Himmelskönigin, worin er nur allein von ihren Tugenden und den Wohltaten redete, die auf ihre Fürbitte ihren andächtigen Pflegekindern zu Teil werden. Um sich die Gunst und das Wohlgefallen der Lieben Frau zu sichern, brachte er alle Samstage des Jahres und alle Vorabende ihrer Feste mit fasten bei Wasser und Brot zu. Bei jeder Gelegenheit, sowohl in seinen Predigten als im Privatumgang, rühmte er ihre erhabenen Vorzüge, und zeigte durch Beispiele, wie viel sie bei Gott vermöge. Alle Tage betete er auch ihr zu Ehren den heiligen Rosenkranz.
Bei seinen Predigten vergaß er aber nie, die Gläubigen zu belehren, daß der kein Freund und Diener Mariens sei, der nicht aufhört, ein Feind ihres göttlichen Sohnes zu sein, d. h. der sich nicht von der Sünde enthält. Um diese recht anschaulich zu machen, ließ er nebst dem Kreuz auch eine Fahne mit dem Bildnis der unbefleckten Jungfrau bei allen Missions-Predigten aufstellen. Auch pflegte er beständig zu sagen, daß schwerlich Jemand selig werde, der nicht Maria treulich verehrt haben würde. Bei Maria suchte er Rat in seinen Zweifeln, Trost in seinem Leiden, Zuflucht in allen Gefahren. Durch diese seine Liebe und sein Vertrauen zur Lieben Frau zog er sich den reichsten Segen auf seine Predigten und im Beichtstuhl herab.
Die Mutter der Barmherzigkeit führte ihm selbst die Sünder zu. Ein in schweren Sünden versunkener Mensch hatte schon fünfundzwanzig Jahre nicht gebeichtet, weil er glaubte, es würde ihn kein Priester mehr lossprechen. Maria, die so großes Mitleid mit den Sündern trägt, mahnte ihn zweimal im Schlaf, er solle sein Leben ändern. Er versprach es wohl, konnte sich aber nie entschließen, sein Versprechen zu halten. Maria erschien ihm zum dritten Mal: „Geh` hin und säume nicht und beichte“, so sprach sie, „denn ich habe dir von meinem Sohn Verzeihung deiner Sünden erhalten, weil du meine Bildnisse im Vorübergehen mit einem Gruß verehrt hast.“ – „Ach“, antwortete er, „ich werde keinen Priester finden, der mich losspreche!“ „Gehe hin“, erwiderte die seligste Jungfrau, „in die Kirche des Professhauses der Gesellschaft Jesu, dort suche meinen Diener Franziskus von Hieronymo, und fürchte dich nicht. Sobald er von dir hören wird, du hättest schon so lange nicht mehr gebeichtet, wird er dich mit großer Liebe umfangen und dir alle Hilfe leisten, damit du aus dem Elend der Sünde heraus kommst.“ Der arme Sünder faßte Mut und warf sich Tags darauf dem Heiligen zu Füßen. Als nun dieser hörte, daß es bereits fünfundzwanzig Jahre wären, daß er nicht gebeichtet hätte, umarmte und küßte er ihn, und gab ihm unzählige Beweise der zärtlichsten Liebe, versöhnte ihn mit Gott und bildete ihn zu einem Muster für alle Büßer.
Der heilige Franziskus war auch ein überaus großer Freund der Kranken und Sterbenden. Am Sterbebett setzte er besonders sein Vertrauen auf den Beistand und die Fürbitte der Gottesmutter für die scheidende Seele. Dabei betete er gerne den Lobgesang der heiligen Jungfrau, das „Magnifikat“. Philipp Reviglione, ein blühender Jüngling von 21 Jahren, lag an der Auszehrung danieder. Als sein Ende heran nahte, wollte er noch zuvor dem heiligen Pater Franziskus beichten. Der Pater hörte seine Beichte und sprach ihn los. Alsdann kehrte er sich voll Freude zu dem Kranken und sagte zu ihm: „Siehst du nicht, daß das heiligste Fest der Lieben Frau zu Ende geht?“ Es war aber eine Stunde nach Sonnenuntergang am Tage der unbefleckten Empfängnis. „Willst du denn bei einem solchen Fest im Himmel entfernt sein? Fort, hinauf! Eile!“ Gleich darauf stimmte der Heilige das Magnifikat an und als er am Schluss das Ehre sei Gott betete, entschlief der glückliche Jüngling ganz sanft im Herrn.
Wenn der Heilige an einem Ort eine Mission hielt, dann war sein erster Gang in die Kirche, dort hielt er eine kurze, feurige Vorbereitungsrede und lud alle ein, bei den heiligen Verrichtungen am folgenden Tag mit heilsbegierigen Herzen zu erscheinen. Am Schluss wendete er sich dann mit heißer Inbrunst an Maria, die göttliche Mutter, und bat sie mit glühenden Worten um ihre Fürbitte, damit Alles im Frieden geschehen und zum Heil Aller gedeihen möge. Es übersteigt alle Begriffe, wie viel Großes dieser apostolische Mann unter dem Schutz Mariä wirkte, wie viele Seelen er dem Himmel gewann. Die Verherrlichung Gottes war das einzige Ziel aller seiner Arbeiten. Kurz vor seinem Hinscheiden befahl ihm der Obere seines Hauses, er solle zur Erbauung seiner Mitbrüder die vorzüglichsten Gnaden bekannt machen, die ihm Gott während seines Lebens erwiesen habe. Beschämt und mit Tränen in den Augen gab er zur Antwort: „Die größte Gnade, die mir Gott gegeben, ist meines Erachtens diese, daß ich mein ganzes Leben hindurch allein die Ehre Gottes gesucht habe, ohne je etwas für mich zu verlangen.“ –
Seine Sterbestunde war ihm bekannt. Als er gerade im Konvikt der adeligen geistliche Übungen gab, befiel ihn plötzlich ein heftiges Fieber, so daß man ihn schnell heim bringen musste. Zu diesem Übel kam eine Brustkrankheit, welche mit jedem Tag sich verschlimmerte. Der Mann Gottes nahm alles als ein köstliches Geschenk aus der Hand seines lieben Herrn an, der ihm einen Teil des Kreuzes zukommen ließ, das er getragen. Ununterbrochen Tag und Nacht währten seine Leiden; dennoch sah man ihn nicht traurig, nie hörte man einen Klagelaut. Immer näher rückte der Tod. Mit dem Brot der Engel gestärkt, empfing er am Abend des neunten Mais die letzte Ölung und brachte die ganze Nacht im Gebet zu. Das Kruzifix in der Hand, dankte er dem Herrn für alle seine Erbarmungen und Gnaden, für alle seine weisen liebevollen Führungen und forderte alle Geschöpfe zu seinem Lob, zu seiner Verherrlichung auf; dann heftete er seinen Blick auf ein Marienbild und seufzte: „O Maria, o meine liebe Mutter! Du hast dich allzeit gegen mich als eine liebevolle Mutter erzeigt, ob ich gleich dein unwürdiger Sohn war. Erhalte mir jetzt die Liebe deines Sohnes und vollende so an mir das Werk deiner Erbarmungen.“ In seinen letzten Lebensstunden hatte er die heftigsten Versuchungen vom Geist der Finsternis zu erdulden. Er wurde äußerst beunruhigt, so daß selbst die Umstehenden dadurch in Furcht gerieten. Sein Gemüt war in heftiger Aufregung, und mit Angst rief er um Hilfe zum ewigen Vater, zu Jesus und Maria und zu allen Heiligen im Himmel. Als man ihn um die Ursache befragte, sprach er: „Ich streite, betet für mich, damit ich nicht unterliege und zu Grunde gehe.“ Endlich heiterte sich sein Angesicht auf, er wurde wieder ruhig und sprach: „ Nun steht es gut!“ stimmte dann den Lobgesang Mariens, das Magnifikat, und hierauf das Te Deum an, und gab unter den Tränen und dem Gebet seiner geliebten Mitbrüder seinen Geist auf am 11. Mai 1716. (Leben des Heiligen von Simon Bagnati.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 1168 – Sp. 1172