Die hl Franziska von Rom sieht die Hölle

Von den Peinen der Hölle: Pein der Sinne: Bild von Carl Ludwig Beutler (ca. 1669)

Die hl Franziska von Rom sieht die Hölle

Da der liebe Gott Franziska zu großen Dingen bestimmt hatte, indem sie die sündige Menschheit aus ihrer Lauheit herausreißen, und ihr die furchtbaren, von der göttlichen Gerechtigkeit vorbehaltenen Strafgerichte verkündigen sollte, so wollte er auch, dass sie Kenntnis bekäme von dem, was sie der Welt androhen sollte.

Der hl. Erzengel Raphael zeigt ihr die Hölle

Eines Tages erschien ihr der Erzengel Raphael und befiehlt ihr, ihm zu folgen. Sie durchschreiten miteinander eine trostlose, unfruchtbare Gegend und stehen plötzlich vor dem gähnenden Abgrund der Hölle. Sie liest über dem Eingang die Worte: „Hier ist die Hölle, die Hoffnung und die Ruhe finden sich hier nie, Tränen und Schmerzen aber hier immer.“ Der Engel sprach nun zu Franziska:

„Der Allerhöchste hat mir befohlen, dir den Ort der Qual zu zeigen, ohne dass dir selbst etwas Übles begegne. Unter verschiedenen Sinnbildern und körperlichen Erscheinungen wirst du Zeuge sein eines Teiles der Leiden, welche die verworfenen Seelen erdulden. Die Teufel haben keine Körper, und die Verdammten werden ihre Leiber erst am Tage des Gerichtes erhalten; doch wirst du die Seelen körperlich gestraft sehen; aber fürchte dich nicht, denn in dir findet sich kein Flecken, der solche Strafe verdiene.“ Nachdem er diese Worte gesprochen, stieg er mit Franziska in den höllischen Abgrund. –

Die hl Franziska von Rom sieht die Hölle: Hochmittelalterliche Darstellung der Hölle im Hortus-Deliciarum-Manuskript (um 1180)

Die Pein der Sinne bei den Verdammten

Die Ohren der Heiligen vernehmen düsteres und furchtbares Schreien, nur unterbrochen von Gotteslästerungen und Schimpfreden. Ihre Blicke senken sich in einen furchtbaren Schlund, der in drei Regionen abgeteilt ist, welche düstere, weite Räume voneinander trennen. In der letzten Region befinden sich die allerschlechtesten und unreinsten Verbrecher. Aus dem Schlund erhebt sich ein unerhörtes Feuer, welches ewig brennt, ohne sich zu verzehren oder Nahrung zu bedürfen; es dringt in alle Teile der Hölle; überall hin bringt es Schmerz und Grauen. Seine Flamme, alles verzehrend, ist alles Glanzes und Lichtes beraubt, sein fahler, blasser Schein lässt nur einige Gegenstände des Schreckens wahrnehmen; aber ein dicker Qualm steigt unaufhörlich daraus empor; und diese Finsternis vermehrt noch die Qual der Verdammten.

Sie sind aufgehäuft in diesem brennenden Kerker und eine zahllose Menge Teufel üben in diesem trostlosen Ort das Amt der Vollstrecker der göttlichen Gerechtigkeit, sie quälen sie, und bringen ihnen die sich immer erneuernden Qualen bei, nach dem Verhältnis der Sünden und Verbrechen eines jeden; denn jeder leidet hier nach dem Grade seiner Strafbarkeit. Man hört nur Weinen, Zähneknirschen, Geheul, Wut und Verwünschung; und das ist das Leiden der Verworfenen, mit großem Geschrei Gott zu lästern, so dass sie, wenn sie selbst keine anderen hätten, ihr Schmerz doch unendlich wäre. –

Der Verdammte leidet an seinen Sinnen, an Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack, Gefühl, als ob er schon seinen Leib hätte, noch mehr leidet er an den Kräften seiner Seele.

Ein unaufhörlicher Rauch durchdringt die Augen, verkrustet und trocknet aus, ohne je die Quelle der brennenden Tränen zu löschen, welche die Wut fortwährend auspresst. Er verursacht eine furchtbare, äußerste Finsternis, die aber doch dem Verdammten gestattet, die ihn umgebenden Gegenstände zu sehen. Das Ohr hört ewig Geschrei, Geheul und Gotteslästerungen; der furchtbarste Gestank verletzt ohne Unterlass den Geruch; ein brennender Durst und ein grausamer Hunger zerreißen die Werkzeuge des Geschmacks und bewirken die Leiden des furchtbarsten Todeskampfes; das Gefühl empfindet unaufhörlich die grausamen Schmerzen, wie wenn geschmolzenes Metall über ihre Glieder gegossen würde.

Die Gewissensbisse der Verdammten

Das Gedächtnis ist ewig gepeinigt durch Gewissensbisse; das Urteil der Verdammten steht immer vor ihm geschrieben; er weiß, dass er ohne Ende leiden und alles das leiden muss, was er wirklich erleidet. Der nagende Wurm wiederholt ihm ohne Unterlass, dass er sich freiwillig verdammt hat, um sich elenden Freuden hinzugeben; er führt ihm alle Gnaden Gottes in das Gedächtnis, mit denen er hätte selig werden können; er erinnert ihn an die guten Gedanken und die guten Vorsätze, welche die Gnade ihm einflößte, und denen er untreu gewesen; er ruft ihm fort und fort zu, dass es für ihn kein Heil mehr gebe, dass für ihn die Jahre, die Jahrhunderte, die Jahrtausende vorübergehen, und immer auf derselben Stelle sein werden. –

Der Wille ist durchaus in sich zerrissen, er ist beraubt aller Freude, nach der er sich sehnt. Die Erkenntnis kennt und beweint das höchste Gut, welches sie verloren und töricht gegen nichtswürdige Vergnügungen umgetauscht; Gott und das Paradies, Gegenstände des Verlustes des Verdammten, sind für ihn Gegenstände seines Hasses und ewiger Lästerung, und in diesem Hasse gegen das höchste Gut liegt zugleich ein Schmerz, dessen Unermesslichkeit alle Leiden der Hölle übertrifft.

Die Vereinigung mit dem verpesteten Körper

Es wurde Franziska geoffenbart, dass die Qualen der Verdammten nach dem letzten Weltgericht noch zunehmen werden. An diesem furchtbaren Tage wird keine der verdammten Seelen aus der Hölle treten wollen; aber der furchtbare Schall der Posaunen wird sie zwingen, und mit Schaudern werden sie sich in der Versammlung finden, in welcher die Heiligen und Engel mit großem Glanz und so großer Freude erscheinen werden.

Das wird für sie die furchtbarste Strafe sein, ihre verpesteten und entstellten Körper wieder anzunehmen; aber sie werden gezwungen sein, in diese abscheulichen Leichen einzugehen, welche für sie Feuer-Gefängnisse werden. Die Flammen der Hölle, Körper und Seele zugleich brennend, werden dann das ewige Urteil verdoppeln. Leib und Seele werden sich gegenseitig verfluchen und doch vereint bleiben müssen; gemeinschaftlich werden sie die Strafe der Sünde ertragen, welche sie gemeinschaftlich verübt haben.

Die Notwendigkeit, vor dem Richter zu erscheinen, welchen sie während ihres irdischen Lebens beleidigt haben, wird ihre Wut und ihre Verzweiflung vermehren. Sie werden nicht entfliehen können. Die Furcht, die Schande, die Beschämung vor allen Menschen wird für sie noch eine furchtbarere Strafe sein, als selbst die Hölle. Sie werden dann die Stimme des Sohnes Gottes hören, der sie verfluchen, ihnen ihre Beleidigungen vorhalten wird. Er wird ihnen ins Gedächtnis rufen, dass er sich für sie geopfert habe, dass er für ihre Sünden geschlachtet worden sei; dass er sie mit seinem Fleisch und Blut genährt habe, dass er sich beraubt habe, um sie mit seiner Mildtätigkeit zu bereichern, sie aber mit Undank vergolten hätten.

Dann werden sie schreien: „Berge, stürzet über uns, verberget uns vor den Augen desjenigen, der auf dem Thron sitzt, und vor dem Lamm, das gegen uns erzürnt ist.“ (Offb. Joh. 6,16) Aber die Felsen und Berge werden taub für ihren Ruf sein. Die Seligkeit der Heiligen, deren Zeugen sie einen Augenblick sein werden, wird ihre Wut vermehren, und mit dem höchsten Hass und Neid ihre Seele erfüllen. Die Beschämung, in ihrem bejammernswerten Zustand gesehen worden zu sein, wird sie unaussprechlich quälen.

Der Thron Satans

Franziska drang mit ihrem Engel immer tiefer in den Aufenthalt der endlosen Schmerzen. Sie bemerkte einen furchtbaren Drachen, der die ganze Hölle auszufüllen schien; sein ungeheurer Kopf fand sich in der oberen Region, aus seinem Rachen quoll ein Strom von Feuer und Schmutz, sein Körper breitete sich in der mittleren Region aus und sein Schweif zog sich in gewundenen Ringen in der untersten Schmutzregion hin. Franziska ist in Gefahr zu ersticken; der Engel hält sie aufrecht, ermutigt sie und führt sie weiter.

Sie geht vorwärts und sieht den Thron Satans, einen ungeheuren brennenden Balken. Dort sitzt er mit seiner abscheulichen, furchtbaren Majestät. Seine Arme sind ausgebreitet; die Hörner seines Kopfes verschlingen sich und bilden eine Art Krone von Flammen; stinkendes Feuer geht aus allen Teilen seines Körpers, Ketten umschlingen eng den Satan und den Drachen; hässliche Dämonen erfüllen von allen Seiten den Raum unter der Gestalt abscheulicher Ungeheuer. Ihr schrillendes Pfeifen beherrscht selbst das Geheul der Verdammten.

In diesem Augenblick erschütterte ein ungeheures lang anhaltendes Geschrei den ganzen Höllenraum. –

Franziska schrickt zusammen, und sieht eine große Schar Verdammter vorübergehen, welche die bösen Geister in die Tiefe des Abgrundes ziehen. Zwei Dämonen sind an jede dieser unglücklichen Seelen gekettet und peinigen sie furchtbar. Der Satan verkündet darauf über sie in törichtem Stolz seinen Richterspruch, ehe er sie in den Ort ihrer Qual hinabstürzt. –

Die Missetaten eines jeden Verdammten sind auf seine Stirn unauslöschlich eingegraben, und die Peinen entsprechen immer ihren Graden und Arten. So werden die Liebhaber der Welt und ihrer Freuden, die Trägen und Unkeuschen mit kochendem Gewürm und Unrat gespeist, was nie ihren Hunger stillt. Schlangen zerreißen sie unaufhörlich.

Die Weichlinge, die nicht Gutes getan und sich nicht abgetötet haben, sind an brennendes Feuer gekettet und Dämonen zerfleischen sie. Die Spieler sitzen an brennenden Tafeln; die Meineidigen, die Verräter und Verführer sind in besondere Orte eingeschlossen; ihre geschwollenen Zungen hängen ihnen aus dem Mund heraus, Teufel schneiden sie mit vergifteten Instrumenten und stürzen sie in Schwefelgruben. Diejenigen, welche in Gedanken gesündigt und zu spät bereut; diejenigen, welche ungültige Beichten abgelegt; diejenigen, welche anderen nicht Ersatz leisten wollten, sind verdammt offene Seiten zu haben; Teufel gießen kochendes Öl in die faulenden Wunden, welche eine Menge abscheulicher Würmer erzeugen.

Die Unzüchtigen, Väter und Mütter, welche durch ihr Beispiel zum Fall ihrer Kinder mitgewirkt, die Verführer der Jugend, die Ehebrecher, alle, die das Gelübde der Keuschheit gebrochen, oder in böse Gedanken gewilligt, sind an brennenden Balken gebunden, auf glühende Roste ausgestreckt, in Kessel voll Schwefel und Pech getaucht, entzwei geschnitten, mit feurigem Gewand bekleidet, und Teufeln übergeben, welche unter Gestalten von wütenden Hunden sie zerfleischen, ihnen das Herz ausreißen und es mit ihrem Unflat besudeln …

Doch genug von diesen schauerlichen Dingen, welche die hl. Franziska gesehen und gehört.

Sie scheinen unglaublich zu sein; aber die liebe hl. Franziska, über deren Lippen nie eine Lüge kam, die lieber gestorben wäre, als Unwahres zu sagen, deren heiliges Leben durch so viele Wunder bezeugt ist, die nur der Gehorsam gegen ihren Beichtvater vermochte, solche Offenbarungen zu machen, die so viele Buße getan, um arme Sünder von der Hölle zu retten, – die heilige Franziska hat diese Gesichte und Offenbarungen feierlich der vom heiligen Geist geleiteten Kirche unterworfen, und diese hat nichts darin gefunden, was der geoffenbarten Lehre Jesu darin entgegen wäre.-
aus: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Bd. 1, 1904, S. 357 – S. 364; S. 364 – S. 367

Siehe auch die Beiträge des hl. Alphons Maria von Liguori

Siehe den Beitrag auf katholischglauben.online:

Bildquellen

  • Hortus_Deliciarum_-_Hell: wikimedia
  • Carl_Ludwig_Beutler_(attrib.)_-_Die_Qualen_der_Hölle_(ca.1669): wikimedia

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