Heiligenkalender
26. September
Die Heiligen Cyprian und Justina, Märtyrer
Dieser hl. Cyprian, „der Zauberer“, war der Sohn eines Götzenpriesters aus Antiochia, reich an zeitlichen Gütern, wie an geistiger Begabung, und wollte ebenfalls Götzenpriester werden. Zu diesem Zweck lernte er die Geheimnisse des Aberglaubens, der Zauberei und Wahrsagerei in Griechenland, in Ägypten und Indien kennen. Nach Vollendung dieser Studien kam er in die Heimat zurück und erwarb sich einen großen Namen durch seine Zauberkünste.
In dieser Zeit lebte in der gleichen Stadt Justina, eine durch vornehme Geburt, geistigen Adel und körperliche Schönheit ausgezeichnete Jungfrau, im Heidentum erzogen. In der Nähe ihres Hauses wohnte ein katholischer Priester, dem sie oft heimlich zuhörte, wenn er den Katechumenen die heiligen Glaubens-Wahrheiten erklärte. Ihre Neugierde begnadigte Gott mit dem übernatürlichen Licht des Glaubens, und sie empfing die heilige Taufe. Nun betete und fastete sie und bot mit weiser Klugheit alle Kräfte auf, auch den teuren Eltern das Glück der christlichen Religion durch Gottes Gnade zuzuwenden. Ihre Liebe erlangte diese selige Freude, und zum Dank dafür gelobte sie dem gütigsten Erlöser ewige Jungfräulichkeit. Bald darauf wurde ihr Gelöbnis auf eine furchtbare Probe gestellt. So sehr sich Justina der Öffentlichkeit entzog und in stillem Wohltun verborgen zu bleiben wünschte, dennoch entbrannte ein heidnischer Jüngling – Aglaides – in Liebe zu ihr und bewarb sich eifrigst um ihre Hand. Justina wies jeden näheren Verkehr mit ihm ab; aber desto mächtiger wurde seine Leidenschaft, desto kühner verfolgte er sein Ziel, doch alle Pläne von List und Gewalt schlugen fehl. In der Verzweiflung nahm er seine Zuflucht zum Zauberer Cyprian, der für dieses Fach berühmt war.
Cyprian beschwor die bösen Geister, in dieser die Männer spröde verachtenden Jungfrau die Sinnlichkeit aufzustacheln; aber nicht um diese Tochter dem Aglaides zuzuführen, sondern um sie für sich selbst zu erobern. Wirklich soll Justina von den Vorstellungen und Anreizungen der höllischen Geister in furchtbarer Weise bestürmt worden sein; aber ihre gläubige Seele flüchtete sich weinend und zagend unter den Mutterschutz Mariä und in die offene Seitenwunde ihres geliebten Bräutigams Jesu, sie gebrauchte die unwiderstehliche Macht des heiligen Kreuzzeichens und – blieb die unverwundete, ja triumphierende Siegerin in allen Stürmen.
Cyprian ergrimmte über die Unwirksamkeit des angewendeten Zaubers und warf den dienstbaren Geistern der Hölle ihre Ohnmacht vor: diese gestanden ihm, daß sie wider Justina nichts vermöchten; denn diese sei eine Christin, mache beständig das Kreuz wieder sie, und gegen dieses furchtbare Zeichen seien alle ihre Anstrengungen gänzlich ohnmächtig.
Da sich Cyprian durch das Kreuz der Christen, über das er bisher als über die unsinnigste Torheit gespottet hatte, besiegt sah und gerade in der ihn besonders interessierenden Angelegenheit sich überzeugte, daß der Gott der Christen mächtiger sei als seine Götter, so entschloss er sich, diesen Gott kennen zu lernen und mit ihm in Verbindung zu treten, anfangs vielleicht im dunklen Wahn, seine Zauberkunst dadurch zu vervollkommnen. Die bösen Geister, ergrimmt darüber, daß Cyprian, der ihnen im Betören der Menschen so ausgezeichnete Dienste geleistet hatte und noch ferner leisten konnte, sich dem ihnen über Alles verhaßten Christengott anzuschließen gedenke, fielen ihn mit allen Schreckmitteln der höllischen Macht an und stürzten ihn in Schwermut und Verzweiflung.
Die Gnade der ewigen Barmherzigkeit rettete ihn. In seiner unbeschreiblichen Schwermut ging er zu dem ihm wohl bekannten Priester der Christen, Eusebius, der ihn auch freundlich aufnahm, voll Mitleid tröstete und, da er drei Tage weder Speise noch Trank genossen hatte, gastlich bewirtete. Des andern Tages führte er ihn in die Versammlung der Christen, deren Ehrfurcht und Andacht vor ihrem Gott, deren demütige Liebe gegen einander sein verzweifelndes Gemüt so erquickte und aufrichtete, daß er sich unter die Engel versetzt dünkte. Inbrünstig bat er um den Unterricht im Christentum und um Aufnahme in ihre Gemeinschaft. Bevor er die Taufe empfing, brachte er alle seine Zauberbücher dem Bischof Anthimus zum Verbrennen, und sein ganzes Vermögen, damit es unter die Armen verteilt werde, und bewog auch den Aglaides zur Annahme des christlichen Glaubens.
Der Tag seiner Taufe war ein großes Freudenfest für die Christen. Justina verteilte ihr reiches Erbe an die Bedürftigen, schnitt sich die Haare ab und nahm den geweihten Schleier. Der überglückliche Cyprian erbat sich die Zulassung zur niedrigsten kirchlichen Weihe des Ostiariats, und besorgte das demütige Amt des Türhüters. Glänzend bewährte er die Aufrichtigkeit seiner Bekehrung und die Gediegenheit seines Eifers. Mit kluger Umsicht verwertete er seine großen Talente im Dienst Gottes; deshalb wurde er bald zum Priester geweiht und soll später Bischof von Antiochia geworden sein.
In der Verfolgung der Christen durch Diokletian wurden Cyprian und Justina als die hervorragendsten in Antiochia zuerst vor Gericht gestellt. Cyprian erzählte ganz freimütig dem Richter die Geschichte seiner Bekehrung und redete ihm zu, den unsinnigen Götzendienst zu verlassen. Der Richter, durch diese Zumutung gereizt, befahl, ihm mit glühenden Zangen das Fleisch vom Leibe zu reißen und die Justina, die ebenso freimütig sich weigerte, den Göttern zu opfern, durch Hiebe mit Ochsensehnen nachgiebig zu machen. Beide Märtyrer priesen Gott in ihren Qualen. Nun ließ er sie vor einen gewaltigen Kessel führen, der angefüllt war mit siedendem Fett. Sie wurden gefragt, ob sie den Göttern opfern oder in diesem Kessel sterben wollten. Cyprian steig freiwillig in den Kessel, Justina zauderte ein wenig. Cyprian belebte ihren Mut, sie machte das heilige Kreuz und stieg auch in das gräßliche Bad. Gottes Hand schützte Beide, sie blieben unversehrt und sangen jubelnd heilige Psalmen. Ein anwesender Götzenpriester schrieb dieses Wunder der Zauberkunst Cyprian`s zu, und wollte zur Beschämung des Christengottes dasselbe Wunder an sich selbst zeigen; er sprach seine Zauberformel und stieg auch in den Kessel; aber er büßte seinen Frevel durch qualvolles Verbrennen.
Hierauf schickte der Richter die zwei Heiligen zum Kaiser selbst nach Nikomedia, der sie zum Tode durch das Schwert verurteilte. Auf dem Richtplatz knieten sie nieder und beteten zu Gott um die Wohlfahrt der heiligen Kirche und um die Gnade der Beharrlichkeit. Dann stellte Cyprian seine Leidensgefährtin Justina vor sich hin, damit sie zuerst das Opfer ihres Lebens vollende, aus Besorgnis, die zarte Jungfrau möchte, wenn sie sein Blut fließen sähe, erschüttert werden; nach ihr empfing auch er den ersehnten Todesstreich. Ihre heiligen Leichen wurden von den Christen gerettet und nach Rom gebracht, wo sie in der berühmten Kirche vom Lateran eine sehr ehrenvolle Ruhestätte fanden. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 713 – S. 714