Heiliger Thomas Becket Märtyrer

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

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29. Dezember

Der heilige Thomas Becket Märtyrer

Dieser glorreiche Märtyrer hat sein Blut nicht für den heiligen Glauben vergossen, hat nicht vor dem Richterstuhl der Heiden gestanden; ein katholischer König hat sein Todesurteil gefällt. Die Mehrzahl seiner Mitbrüder hat ihn verraten, christliche Hände haben ihn gemordet – im eigenen Vaterlande, er ist gemartert worden für die Freiheit der heiligen Kirche.

Thomas, zu London im Jahre 1117 von bürgerlichen Eltern geboren, an Leib und Seele mit den reichsten Gaben ausgerüstet, erhielt seine erste Erziehung zu London und Oxford und seine spätere Ausbildung zu Paris, wo er Gelegenheit fand, seinen weltmännischen Sinn zu entwickeln, der für seine Zukunft von höchster Bedeutung wurde. In die Heimat zurück gekehrt, zog Thomas bald durch seine außerordentliche Gewandtheit in Geschäften, durch seine theologischen Kenntnisse und durch die Zuverlässigkeit seines Charakters die Augen des Erzbischofs Theobald von Canterbury auf sich. Dieser nahm den trefflichen jungen Mann in seine nächste Umgebung auf, ließ zu Bologna das Kirchenrecht studieren, erteilte ihm die niederen Weihen, betraute ihn mit wiederholten Sendungen nach Rom und erhob ihn zum Lohne für seine ausgezeichneten Dienste auf die wichtige Stelle eines Erzdiakons von Canterbury im Jahre 1154. Thomas besaß ein reiches Wissen, einen seltenen Scharfblick und schneidende Beredsamkeit und übte einen mächtigen Zauber aus durch sein sehr gefälliges Äußere und liebenswürdiges Benehmen; sein Ansehen stieg, und sein Ruf breitete sich über weitere Kreise aus. Diese Kunde bewog den jungen König Englands, Heinrich II., den so berühmten Erzdiakon zum obersten Reichskanzler 1157 zu ernennen und mit großen Gütern zu belehnen.

Thomas war nun neben dem Erzbischof der Zweite nach dem König und waltete seines mächtigen Amtes mit voller Kraft und bewunderungswürdiger Klugheit. Mit feiner Berechnung führte er eine entschieden weltliche Lebensweise, ganz der Geschmeidigkeit und Hingebung eines Hofmannes entsprechend, ohne sich durch die Rücksichten auf seine Priesterpflichten beengen zu lassen. Sein Hausstaat war ein Abbild des Hofes: kostbare Einrichtung, zahlreiche Dienerschaft, glänzende Tafel in fast alltäglicher Umgebung der Großen des Reiches, oft durch des Königs Gegenwart verherrlicht. Allein bei aller äußeren Pracht war er persönlich demütig und anspruchslos, gottesfürchtig und wohltätig gegen alle Armen und Bedrängten und bewahrte sorgfältig die Tugend der Keuschheit. Öfters wurden ihm in dieser Hinsicht gefährliche Fallstricke gelegt, aber er entging ihnen. Der König, von dem geistreichen Wesen seines Kanzlers entzückt, beehrte ihn mit der intimsten Freundschaft, übertrag ihm die Aufsicht über die Erziehung des Kronprinzen und ließ ihn fast allein die Zügel der Regierung führen. Thomas ehrte dieses Zutrauen durch die angestrengteste Tätigkeit, mit der die Interessen der Kirche und des Staates, das geistige und zeitliche Wohl des Volkes förderte.

Als 1162 durch Theobald`s Tod der erzbischöfliche Stuhl von Canterbury erledigt wurde, entschloss sich der König zu allgemeinem Erstaunen, nach langer Überlegung, den geliebten Kanzler zu dessen Nachfolger zu ernennen und erklärte ihm: „Es ist mein Wille, daß du Erzbischof werdest.“ Thomas erschrak, weil er den Plan des Königs durchschaute, und antwortete halb im Scherz, halb im Ernst: „Welch frommen Mann willst du auf den heiligen Stuhl, über eine so heilige Schar von Mönchen sehen? Sicherlich weiß ich, wenn dies geschähe, würdest du mir deine Gunst entziehen, die Vertrautheit, die wir jetzt gegen einander hegen, würde sich in den bittersten Haß verwandeln; denn ich sehe es voraus, du würdest auf Vieles in kirchlichen Dingen Anspruch machen, was ich nicht dulden würde. Dann werden auch Neidische zwischen uns sich stellen, welche beständig den Groll von neuem anregen werden.“ Heinrich II. beharrte auf seinen Entschluss; Thomas erwiderte: „Wenn es durchaus dein Wille ist, daß ich die Kirche des Landes leite, so will ich es tun, wie ich es kann und vermag, ohne Scheu vor den Menschen, ohne Furcht auch vor dir“, und empfing die Bischofsweihe.

Mit dem nämlichen Eifer, welchen er in allen seinen bisherigen Ämtern betätigt hatte, verwaltete er von Anfang an sein Hirtenamt. Noch mehr als früher befliß er sich eines heiligen Wandels. Er nahm das Ordenskleid des heiligen Benediktus, welches seine Kapitularen trugen. Den kanonischen Tagzeiten, welche um zwei Uhr Morgens ihren Anfang nahmen, wohnte er in aller Andacht bei. Bei Tages Anbruch wusch er einigen Armen die Füße, gab ihnen Almosen und bat sie um ihr Gebet. Zur Prim ließ er Brot und Fleisch an die Armen verteilen. Nachdem er sodann um neun Uhr die heilige Messe gelesen, spendete er um zehn Uhr abermals Almosen. Der übrige Teil des Tages war den bischöflichen Amtsgeschäften, dem Studium und besonders der Lesung der hl. Schrift gewidmet, die er stets bei sich trug. Auch pflegte er täglich kranke Geistliche oder Mönche zu besuchen und zu trösten. Bei der Aufnahme und Anstellung von Klerikern ging er mit der größten Vorsicht zu Werke. Er widersetzte sich der Unsittlichkeit und der Ungerechtigkeit der Reichen und Mächtigen, und der König gewährte ihm bereitwillige Unterstützung. Im Jahre 1163 wohnte er dem Konzil von Tours bei.

Bald rückte der König mit seinem Plan heraus; er beabsichtigte nichts Geringeres, als die Kirche Englands vom Papst loszureißen und wie die weltliche, so auch die geistliche Obergewalt in seiner Person zu vereinigen. Er berief die geistlichen und weltlichen Stände nach Clarendon und legte der Versammlung „die königlichen Gerechtsame in kirchlichen Dingen“ zur Unterschreibung vor. Die meisten Bischöfe, durch Versprechen und Drohungen eingeschüchtert, fügten sich dem Willen des Königs: nur Thomas mit Wenigen leistete Widerstand. Der König glühte vor Zorn und rasselte mit dem Schwert, aber Thomas blieb fest und ruhig: die Bischöfe baten und beschworen ihn, nachzugeben, sein und ihr Leben zu schonen, den Frieden der Kirche und des Reiches nicht zu stören; da wankte sein Mut, er nahm die Artikel an, jedoch ohne sie zu unterschreiben.

Bald bereute er schmerzlich seinen Fehler, zog Bußkleider an und legte sein Amt nieder in die Hände des Papstes Alexander III. Er nahm es erst wieder auf sich, als dieser ihm verziehen und ihn darum gebeten hatte, und trat nun mit Wort und Tat öffentlich gegen die Anmassungen des Königs auf. Heinrich II., zur Wut gereizt, forderte Thomas vor ein ihm feindliches Gericht; er erschien, hörte die Anklage und erwiderte mit ruhiger Würde: „Man beschuldigt mich des Hochverrates. Weiß man denn nichts mehr von dem Eifer und der Treue, mit der ich dem Staat und König gedient? Wer von euch hat den Mut, mich einer Ungerechtigkeit, einer Pflichtverletzung, eines Verbrechens zu zeihen? Man fordert jetzt genaue Rechnung über Verwendung der Kassen; aber hat man mich denn nicht vor meiner Weihe davon in gesetzlicher Form entbunden? Wie früher dem Staat, so diene ich nun der Kirche – redlich und treu bis in den Tod! Ihr habt kein Recht, über mich zu richten; habe ich gefehlt, so verklagt mich beim apostolischen Stuhl.“ Voll Würde verließ er den Gerichtssaal und begab sich nach Frankreich, wo König Ludwig VII. und Papst Alexander III. ihn freundlich aufnahmen.

An die englischen Bischöfe schrieb er: „Wenn durch Unser Weggehen die Verwirrung allgemein geworden ist, so möge derjenige, der es verursacht hat, sich selbst die Schuld beimessen. Nicht mein Weggehen sondern seine Handlungen tragen die Schuld; er ist der Verfolger, und ich bin lediglich seinen Unbilden aus dem Weg gegangen.“

Thomas sprach über den König und seine Ratgeber den Bann aus, schrieb eindringliche Mahnbriefe an die Bischöfe Englands und arbeitete mit Riesenkraft an der Verteidigung der Kirche. Das ganze katholische Europa interessierte sich sehr für diesen Ringkampf zwischen der geistlichen und weltlichen Gewalt. Gern hätte er, um seinem Vaterlande den Frieden wieder zu geben, auf seine Würde Verzicht geleistet; allein der Papst willigte nicht ein, weil hierdurch der Streit nicht beendigt, sondern nur noch mehr angefacht würde. Daher zog Thomas sich in die Einsamkeit des Zisterzienser-Klosters Pontigny zurück, wo er alle Übungen und Abtötungen der Mönche mitmachte, ja durch seinen Bußeifer Allen voran leuchtete.

Um den Heiligen zur Nachgiebigkeit zu bewegen, bedrängte der König nun seine Verwandten. Vierhundert von seinen Verwandten und Freunden mussten das Land verlassen. Scharenweise kamen diese Verwandten nach Pontigny, so daß der heilige Mann sich der Tränen nicht enthalten konnte. Aber auch das Kloster Pontigny erregte den Zorn des Königs. Er drohte, alle Zisterzienser aus seinem Reich zu jagen und ihre Besitzungen einzuziehen, wenn man in Pontigny den Erzbischof noch länger beherberge. Um den Orden nicht dieser Gefahr auszusetzen, verließ der Heilige seine Zufluchtsstätte. Nun bot ihm der König von Frankreich einen Wohnsitz an und ließ ihm die Wahl frei. Der Erzbischof wählte die vor der Stadt liegende Abtei St. Columba.

Unterdessen arbeitete der Papst mit unverdrossenem Eifer an dem Werk der Versöhnung. Nach sieben Jahren gab der König nach, und Thomas kehrte unter dem lautesten Jubel des Volkes nach Canterbury zurück.

Aber seine Feinde – an ihrer Spitze drei exkommunizierte Bischöfe – ruhten nicht mit ihren Verleumdungen und Verdächtigungen; sie schürten von neuem den Zorn des Königs, so daß dieser einmal in höchster Aufregung sagte: „Wäre ich doch von diesem Manne befreit!“ Vier Ritter deuteten diese Worte als eine Aufforderung, Gewalt zu brauchen; sie eilten nach Canterbury, überfielen den Erzbischof in der Kirche während des Abendgottesdienstes und drohten ihm mit dem Tode, wenn er den Bann der Bischöfe nicht aufhebe. Unerschrocken antwortete Thomas. „Den Bann kann ich nicht lösen, ich bin bereit, zu sterben für die Freiheit und den Frieden der heiligen Kirche.“ Dann kniete er nieder, empfahl sein Bistum, den König und seine ganze getreue Herde dem Schutz der heiligen Mutter Gottes und des hl. Dionysius und ließ, ohne einen Laut des Schmerzes von sich zu geben, sein Leben unter den Streichen der Mörder.

Der König ging nun in sich und tat Buße und Genugtuung für seine Ungerechtigkeit. Im Jahre 1176 machte er eine Wallfahrt zum Grabe des Heiligen und hinterließ daselbst wahrhaft königliche Geschenke.

Der Tod des heiligen Thomas gab auch der Kirche Englands den Frieden und die Freiheit wieder, da der König seine kirchenfeindlichen Gesetze sogleich aufhob. Drei Jahre später erfolgte schon die Heiligsprechung des Erzbischofs. Der Papst erklärte ihn feierlich als einen Märtyrer für die Freiheit der Kirche, das englische Volk verehrte ihn als Heiligen. Tausende wallfahrteten alljährlich zu seinem Grab und legten zum Dank für die erlangten wunderbaren Gaben dort ihre Weihegeschenke nieder. Diese großen Schätze, von der Dankbarkeit und Verehrung über 300 Jahre lang aufgehäuft, reizten den gekrönten Ehebrecher Heinrich VIII., daß er 1538 den heiligen Thomas als Majestäts-Verbrecher erklärte, dessen Gebeine durch Henkershand verbrannte und die ihm geschenkten Kostbarkeiten auf sechsundzwanzig Wagen in seine Wirtschafts-Kammern führte. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 972 – S. 974

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