Heiligenkalender
29. November
Heiliger Saturninus von Toulouse Märtyrer
Noch war in dieser Stadt das Heidentum nicht ganz vom Kreuze Christi überwunden, noch hatten die Götzen ihre Tempel und noch immer floß das Blut der Opfertiere zur Freude der bösen Geister. Aber der heilige Bischof, voll Schmerz über diese Verblendung ließ nicht nach im Gebet zu Gott um Vertilgung dieser Gräuel. Und siehe, sein Flehen fand Erhörung. Wenn der Heilige zu einer kleinen von ihm erbauten Kirche sich begeben wollte, war er gezwungen, vor dem Haupttempel der Heiden vorüber zu gehen, der zwischen der Kirche und seiner Wohnung lag. Die bösen Geister, welche im Tempel hausten, und durch ihre Wahrsager-Künste das arme Volk betrogen, fingen plötzlich an zu verstummen. Die Götzenpriester, entsetzt über dies Stillschweigen, hielten Rat, was denn wohl Ursache dieses Schweigens sei. Da trat ein grimmiger Feind der Christen in ihre Mitte und sprach: „Eine neue Religion sei aufgetaucht, welche den Göttern den Untergang geschworen, das Haupt dieser Religion sei ein gewisser Saturninus; er gehe oft am Tempel vorüber. Ohne Zweifel sei es seine Gegenwart, die den Mund der Götter verschließe, und sein Tod würde ihn gewiß wieder öffnen.“ Auf diese Anklage hin versammelte sich dasVolk. Man will die Götter versöhnen und schleppt einen auserwählten Stier herbei. Während dies geschieht, geht Saturninus wieder vorüber, um in seiner kleinen Kirche ein feierliches Amt zu halten. Einer aus der Menge erkannte ihn und schrie: „Das ist der Fahnenträger des neuen Gottes! Seht, dieser predigt überall, man müsse unsere Tempel zerstören; unsere Götter seien nichts als Teufel. Er hat den Mund unserer Orakel verschlossen. Die Götter liefern uns ihn selbst aus! Er opfere oder sterbe!“ Bei diesem gotteslästerlichen Geschrei läuft das Volk um den heiligen Bischof zusammen und umringt ihn. Ein Priester und zwei Diakone, welche ihn begleiten, ergreifen die Flucht. Der Bischof wird ergriffen und in den Tempel geschleppt; dort dringt man in ihn, den Göttern zu opfern, aber er ruft: „Ich kenne nur den Einen und wahren Gott! Ihm Opfer, Dank und Anbetung zu bringen, bin ichbereit! Eure Opfer sind nur Sinnbilder von der Schlachtung eurer Seelen, welche dem ewigen Tode verfallen! Wie könnt ihr verlangen, daß ich eure Götter anbete und fürchte, nachdem ihr selbst gesteht, daß sie vor mir zittern!“ – Bei diesen Worten des unerschrockenen Bischofs heult das Volk vor Wut. Man führt den Opferstier herbei und bindet den Heiligen der Länge nach mit knotigen Riemen auf dessen Rücken. Nun wurde das wilde Tier bis zur Wut gestachelt und über die Höhe des Tempels hinab gejagt. Beim ersten Sprung zerschellte das Haupt des heiligen Bischofs; sein Gehirn rötete die Erde, sein geist aber schwang sich in den Himmel empor.
Der Stier schleppte indes noch immer den Leichnam, bis der Riemen zerriß und den Leib auf den Boden liegen ließ. Dort wurde er auch begraben. Zwei Frauen schlichen sich herbei, erhoben den heiligen Leichnam, legten ihn in eine Truhe und versenkten ihn dann in eine tiefe Grube, um ihn vor der Entweihung der Heiden zu bewahren. Der heilige Hilarius ließ später eine kleine hölzerne Kapelle darüber bauen und der heilige Bischof Erupius verwandelte sie endlich in eine prachtvolle Kirche.
aus: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Bd. 2, 1904, S. 2344-2345