Von der Schändung der Fastnachtszeit

Von der Schändung der Fastnachtszeit durch unchristliches Verhalten

Wie unbillig diejenigen handeln, welche die Fastnachtszeit schänden

Quid hic statis tota die otiosi? (Matth. 20,7)
Warum steht ihr hier den ganzen Tag müßig?

Wenn jemals Tage im Jahr sind, in denen von dem größten Haufen der Menschen ein müßiges – Stille, was sage ich? – ein unchristliches, sündliches Leben geführt wird, so sind es die gegenwärtigen Tage, so daß man sehr vielen Christen mit heiligem Unwillen jene Frage vorhalten könnte: Warum steht ihr hier den ganzen Tag müßig? Ja, was schwärmt ihr jetzt ganze Tage und Nächte hindurch so unchristlich und zügellos herum? Welche Tage, meine Andächtigen, sind die gegenwärtigen? Es sind Fastnachtstage, und zwar, es nimmt, ehe der rechte Fastenabend heran kommt, wie es, leider Gottes, heut zu Tage der verkehrte Brauch mit sich bringt, die Fastnachtszeit beinahe schon vom Christtage an ihren Anfang. So sind es denn Fastnachtstage, das ist schon genug gesagt. In großen Städten pflegt zur Zeit der öffentlichen Jahrmärkte für alle sonst des Landes verwiesenen Schelme und Diebe die Freiheit verkündet zu werden, daß sie ohne Scheu und Gefahr herein kommen dürfen. Ebenso bilden sich, wie es scheint, viele ein, es sei die Fastnachtszeit ein solcher Jahrmarkt, wo das christliche Gesetz gleichsam aufgehoben, dagegen die Ausgelassenheit, dem Mutwillen und verschiedenen Lastern völlige Freiheit verstattet ist. Geschieht etwas, das nicht recht ist, ei, heißt es, das hat nichts zu bedeuten, es geht mit der Fastnacht hin, man muss sich jetzt lustig machen etc. Diesen irrigen, falschen, unchristlichen Wahn suche ich heute allen zu benehmen.

Die Fastnachtstage gehören eben sowohl Gott, dem Herrn, als alle übrigen Tage des Jahres: folglich ist es eben so wenig erlaubt, in denselben zu sündigen, als sonst. Dies werde ich im ersten Teil behaupten. Die Fastnachtstage müssen billiger Weise Gott mehr geheiligt werden, als die übrigen: folglich ziemt es sich weniger, jetzt zu sündigen, als sonst. Dies werde ich im anderen Teil dartun. Das erstere in der Form eines Streites mit dem Teufel und seinem Anhang, das andere zur Aufmunterung aller frommen Kinder Gottes. O lieber Herr! Möchte ich nur eine einzige Sünde im Laufe dieser Tage verhindern, wie gut wäre dann meine Arbeit bezahlt. Aber mit all meinem Reden kann ich nicht so viel bezwecken; du nur kannst es, allmächtiger Gebieter der Herzen: dich bitte ich denn demütig um Beistand um der Verdienste deiner Mutter Maria und unserer heiligen Schutzengel willen.

Teil 1 Auszug

Die Sonne hat so viele Tausendmal den Erdball umlaufen, doch hat sie niemals einen einzigen Tag oder eine Stunde mitgebracht, in welcher die Sünde erlaubt gewesen wäre. Auch in den Fastnachts-Tagen ist und bleibt sie unter der Strafe der ewigen Verdammnis verboten; auch in den Fastnachts-Tagen sind Unzucht und Trunkenheit viehische Laster; auch in den Fastnachts-Tagen stinken die unehrbaren Reden und unkeuschen Gebärden nach dem abscheulichen Unflat der Hölle; auch in den Fastnachtstagen sind die Verkleidungen und nächtlichen Zusammenkünfte von beiderlei Geschlecht, so ehrbar man diese auch immer schildern mag, nächste Gefahren zu vielen Sünden und Missetaten, welche notwendig daraus entstehen müssen, folglich niemals erlaubt. Fastnacht hin, Fastnacht her, schwarz bleibt allezeit schwarz, Sünde bleibt immer Sünde und eine Beleidigung Gottes.

Bei den Babyloniern war, wie Berosius schreibt, der Brauch, daß vom siebzehnten bis zum zwanzigsten August die Herren Knechte, und die Knechte Herren sein mussten: will etwa Gott auf gleiche Weise mit uns Menschen verfahren, daß er in den Fastnachts-Tagen sein Regiment niederlege, und uns zu freien Herren mache, daß wir alles tun und lassen können, was unserem Mutwillen und unserer Begierde anständig ist und gefällt? Wo steht das geschrieben? O gewiß nicht, wir bleiben allezeit, wer wir sind, nämlich untertänigste Knechte, welche sich des Gehorsams nimmermehr entschlagen können; Gott bleibt allezeit, wer er ist, nämlich der rechtmäßige, gebietende Herr über alles, was im Himmel und auf Erden ist, den wir unter keinem Vorwand, uns zu belustigen, beleidigen dürfen. Was dünkt euch, ihr Eheherren; einer von euch wird gewahr, daß sein Weib gegen die eheliche Treue und Liebe einen Ehebruch begangen habe. Was hat es zu bedeuten, sagt das Weib geradezu zu ihrer Entschuldigung, es war ja Fastnacht, da ich solches tat; ich habe mich ja auch lustig machen müssen; das geht mit dem Fastnachtsabend hin. Was? Wirst du mit gerechtem Grimm antworten: du ehrlose Metze, hast du mir nicht Treue bis in den Tod versprochen? Wie kann dich denn die Fastnacht entschuldigen? Warum soll ich dir zu dieser Zeit gestatten, was ich in keiner Zeit jemals erlauben kann? Lasse ferner einen Bösewicht und Dieb mit der Entschuldigung zum Richter kommen: ich habe geraubt, ich habe gestohlen, ich habe gemordet; aber es ist in der Fastnachtszeit geschehen, in welcher allen Menschen mehr erlaubt ist. Ja, würde es heißen, ich will dich mit der Fastnacht entschuldigen: am Galgen, auf dem Rad sollst du die Fasten halten. Wenn nun aber die Menschen nicht gestatten wollen, daß man in verbotenen Dingen einen Unterschied zwischen den Zeiten des Jahres mache, wie wird dann der aller gerechteste und heiligste Gott solches zugeben und erlauben?

Jesus Christus, spricht der Apostel in seinem Sendschreiben an die Hebräer (13,8), ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. Was er gestern gewesen ist, das ist er noch heute; was er gestern unter Androhung der höllischen Pein verboten hat, das verbietet er noch heute eben so hoch und teuer, und wird es zu allen Zeiten verbieten.

So bleibt es denn bei dem Wort des weisen Mannes: Der Tor scherzt mit der Sünde; aber die Gnade wird weilen unter den Gerechten (Sprichw. 14,9). Töricht und unsinnig ist derjenige, welcher nur einmal mit der Beleidigung Gottes Scherz treibt, und zu sagen oder zu denken wagt: jetzt ist uns die Sünde erlaubt; es ist Fastnacht, also dürfen wir schon etwas mehr wagen und unsere Lust büßen. Folglich wird der höllische Feind samt all seinen Anhängern der Lüge und augenscheinlichen Ungerechtigkeit überwiesen, da er diese Tage für sich und seinen Dienst anmaßt. Doch, ich will mit ihm kapitulieren und einen Vertrag abschließen, wenn er nur zwei Bedingungen eingehen und mir versprechen will, daß er die reine Wahrheit rede. So höre denn, unglückseliger Geist! Kannst du uns alle versichern, daß keiner in diesen Fastnachts-Tagen sterben und von der Welt abscheiden könne, oder, wenn er auch ohne Buße hinstürbe, dennoch nicht in die Hölle zu dir geworfen werde? Das ist das Eine.

Zweitens, kannst du uns versichern, daß diejenigen Sünden, welche in dieser Zeit geschehen, von dem Auge Gottes nicht gesehen werden, oder, wenn sie gesehen, von diesem Gott doch nicht übel genommen, noch in jenes große Rechenbuch gezeichnet werden, um einst dafür bis zum letzten Heller zu bezahlen? Antworte, kannst du uns versprechen, daß wir uns sicher darauf verlassen können? Dann mag es noch hingehen, daß du dir die Fastnachtstage zueignest; weil du aber dies nicht zusagen kannst, so packe dich fort mit deinem Anspruch und deiner Anforderung! Diese Tage gehören eben sowohl zum Dienst Gottes, zur Förderung des Heils unserer Seelen, wie alle übrigen Tage im ganzen Jahr, und kein ordentlicher Christ wird dir eine Stunde, ja auch nur einen einzigen Augenblick davon schenken. Aber ach! Ich habe meine Rechnung ohne den Wirt gemacht: diesen Geist wird mein Widerspruch wenig kümmern, da er ohnedies gegen jedweden Widerspruch, gegen alle Einreden doch Anhänger und Genossen genug findet, welche ihm diese Tage, sie mögen Gott, dem Herrn, zugehören oder nicht, boshaft aufopfern. Auch unter den katholischen Christen sind viele, welche, wie der heilige Petrus Damianus sagt, dem Glauben nach katholisch, den Sitten nach gut heidnisch leben. Leider, daß dem so ist! Gott sei es geklagt! Deswegen wende ich mich an euch, fromme Christen, und suche bei euch in der so zu sagen, verlorenen Sache Gottes um Hilfe und Beistand nach. Ihr müßt die Fastnachtstage billig desto mehr eurem Gott und Herrn heiligen, und, wie immer, so auch jetzt, selbst die aller geringfügigste Sünde aufs sorgfältigste meiden: vernehmt die Ursache davon im anderen Teil.

Teil 2 Auszug

Andächtige Christen! Wenn es wahr ist, was der heilige Apostel Paulus an die Hebräer schreibt (6,6): Da sie, ein Jeder für sich, den Sohn Gottes auf ein Neues kreuzigen und verspotten; wenn es, sage ich, wahr ist, daß die Menschen, so oft sie eine schwere Sünde begehen, so viel an ihnen ist, Jesum Christum, ihren Heiland, wieder aufs Neue an das Kreuz schlagen, und ihn verspotten: so ist es gewiß, wie ich im Eingang schon gemeldet habe, unter allen Zeiten des Jahres die gegenwärtige Fastnachtszeit, in welcher Jesus Christus die meisten Nöten und Drangsale ausstehen muss, und dieselben in der Tat empfinden würde, wenn er in seiner Herrlichkeit eines Leidens fähig wäre; und zwar nicht allein von Heiden und Ungläubigen (denn das ist kein Wunder), sondern sogar von seinen eigenen, angenommenen Brüdern, Kindern und erwählten Miterben seines ewigen Himmelreiches. Gibt es deren nicht viele auch unter denjenigen Christen, welche sich sonst das ganze Jahr über von absichtlichen, schweren Vergehungen zu enthalten pflegen, die aber gleichwohl in dieser Zeit, unter dem Vorwand eines geziemenden Vergnügens, sich von ihrem gewohnten Tugendwege ablenken lassen, und den allergütigsten, liebenswürdigsten Gott durch treulose Missetaten verlassen und beleidigen? Jetzt gibt es nicht einen Absalom, sondern tausende, welche ihren liebevollen, himmlischen Vater mit allerlei Sünden verfolgen. Es sind diejenigen Tage, auf welche billig jener Ausspruch des heiligen Apostels Paulus bezogen werden kann: So seht zu, Brüder, wie ihr vorsichtig wandelt: nicht wie Unweise, sondern wie Weise, und benützt die Zeit; denn die Tage sind böse. (Eph. 5, 15-16) Es sind jene Tage, über welche sich der Herr selbst bei dem Psalmisten David (94,9) beklagt: Wie bei der Reizung am Tage der Versuchung in der Wüste, wo mich versuchten eure Väter, nämlich eure Vorfahren, die alten Heiden, von welchen die Festtage der Fastnacht herrühren. Jetzt pflegt der Teufel die menschliche Bosheit aufs höchste zu treiben: da sonst die Marterwoche der Beschluss des Leidens Christi sein sollte, fängt er mit seinen Anhängern, den bösen Christen, noch vor der Fasten die Marter an, und vollbringt alles wirklich, was da gesagt ist von des Menschen Sohn durch die Propheten, wie der heilige Evangelist schreibt: Denn er wird den Heiden überliefert, mißhandelt, gegeißelt und angespien werden, und nachdem sie ihn werden gegeißelt haben, werden sie ihn töten. (Luk. 18,32-33)

Geschieht nun aber nicht dieses alles in den Fastnachtstagen, …, auch in christkatholischen Städten? Wird nicht Christus den Heiden überliefert, da die heidnischen Missbräuche und Lustbarkeiten wieder hervor gesucht werden? Treibt man nicht sein Gespött mit ihm auf den Tanzplätzen, bei den nächtlichen Zusammenkünften, in den unreinen Komödien? Werden ihm nicht zum Gelächter die Augen durch die Larven und lächerliche, unehrbare Verkleidungen verbunden, da die Männer in weiblichen, die Weiber in männlichen Kleidern erscheinen und einher gehen? Dies ist, nach der allgemeinen Lehre der hohen Schule, wenn es ohne Not geschieht, unerlaubt: ja, es ist eine schwere Sünde, wenn es in einer bösen Absicht, wenigstens eine läßliche Sünde, wenn es ohne Ärgernis, aus eitler, üppiger, leichtfertiger Tändelei geschieht.

Wird er nicht gegeißelt und mit Dornen gekrönt durch die absichtliche Trunkenheit, durch die zweideutigen, ehrenrührigen Gespräche und andere unzüchtige Possen? Wird er nicht endlich, so viel an uns ist, durch so mancherlei andere Sünden, welche in den gefährlichen Gesellschaften aus dem Schwärmen und Saufen in der Nacht zu entstehen pflegen, wieder aufs Neue ans Kreuz genagelt und ermordet?

Kinder Gottes! Könnt ihr dies über euer Herz bringen und ohne schmerzliches Mitleiden mit eurem teuersten himmlischen Vater, wenn ihr ihn nur noch etwas liebt, ansehen? Freunde Gottes, könnt ihr solches an einem so getreuen Freund dulden, welcher all sein Blut und Leben für euch gegeben hat? Sollte unter euch noch jemand gefunden werden, der sich jener gottlosen Rotte in diesen Tagen beigesellen und dem so ungerecht verfolgten Herrn eine neue Betrübnis und Unbild zufügen könnte? …

O andächtige Zuhörer! Ich denke so etwas von keinem von euch. Seht demnach zu, wie ihr diese Tage vor allen anderen eurem Gott und Herrn am meisten heiligen, und in der Zeit seiner Not und Trübsal eure Liebe und Treue unverbrüchlich halten, den guten Werken und Andachts-Übungen mit mehr Fleiß und Eifer, als sonst, abliegen möget. Da die Welt da und dort im Feuer steht, sollte ich ja auch nicht Holz, sondern Wasser zutragen, um den Brand zu löschen; da mein Gott und Herr in dieser Zeit fast an allen Orten der Welt mit so großem Mutwillen beleidigt wird, sollte ich ja nicht auch mit sündigen, sondern durch Beten, Seufzen und Weinen den gerechten Zorn zu besänftigen suchen…

Wohlan denn, andächtige Zuhörer, haltet Stand, und zeigt jetzt, daß ihr beständige Freunde und liebende Kinder Gottes seid, welche ihren geliebten Vater zu keiner Zeit die Treue brechen, sondern ihn um so inbrünstiger lieben und fortfahren ihm anzuhangen, je mehr er von anderen erdulden muss. Fromm sein, wenn alle anderen Menschen fromm sind, ist nichts Ungewöhnliches; aber fromm sein und Gott treu bleiben mitten unter den Gottlosen, wie ein Tobias in Ninive, ein Daniel zu Babylon, ein Joseph am Hofe des Königs Pharao, ein Abraham unter den Chaldäern, das ist ein wahres Zeichen einer wahren, beständig treuen Liebe. So wird sich einst Jesus Christus auf dieselbe Weise eurer rühmen können, wie er sich seiner Jünger rühmte, da er zu ihnen sagte: Ihr aber seid es, die ihr mit mir in meinen Versuchungen ausgehalten habt (Luk. 22,28); ihr seid meine lieben Getreuen, die ihr in meinen Verfolgungen bei mir geblieben seid…
aus: Franz Hunolt SJ, Christliche Sittenlehre der evangelischen Wahrheiten, dem christlichen Volk in sonn- und festtäglichen Predigten vorgetragen, Bd. 4, Siebenter Teil, 1844, S. 218 – S. 221

Gesamte Predigt: Wie unbillig diejenigen handeln, welche die Fastnachtszeit schänden

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