Unterricht für den vierten Sonntag nach Ostern, „Cantate“
Wir alle bedürfen auf der gefährlichen Wanderschaft durch diese Welt zum Himmel eines treuen Führers. Auch hierfür hat der gute Hirte Jesus Christus gesorgt, indem Er uns den hl. Geist versprochen und gesandt hat. Dies verkündet die heilige Kirche heute im Eingang zur heiligen Messe und fordert uns zum Lobe Gottes auf: „Singet dem Herrn ein neues Lied, Alleluja! denn Er hat Wunder getan, Alleluja! Im Angesicht der Völker hat er geoffenbart seine Gerechtigkeit, Alleluja“ Es hat Ihm geholfen seine Rechte und sein heiliger Arm, Alleluja!“ (Ps. 97, 1-2)
Gebet der Kirche.
O Gott! der Du die Herzen der Gläubigen zu einem Willen vereinigst, gib deinem Volk, daß es nur das liebe, was Du gebietest, und nur nach dem verlange, was Du verheißest, damit beim Wechsel der irdischen Dinge unser herz dorthin gerichtet bleibe, wo wahre Freuden uns bereitet sind; durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.
Lesung aus dem Brief des hl. Apostels Jakobus. Kap. 1, Vers 17-21.
siehe: Jak. 1, 17-21
Erklärung und Anwendung.
Mit diesen Worten des heiligen Jakobus lehrt uns die Kirche, daß von Gott alles gute und nur Gutes komme; die edelste Gabe aber sei die, daß Gott aus Gnade durch die Lehren und Anstalten des Christentums uns zu neuen Menschen und zu Kindern Gottes umgeschaffen und zu Erben des Himmelreiches gemacht habe. Hätte uns Gott wohl etwas Größeres und Vortrefflicheres geben können? – Deswegen ermahnt uns die heilige Kirche ferner, daß wir dieser Gnade würdig d. h. als neue Menschen, als Kinder Gottes wandeln, daher Gott als unsern Vater lieben, sein Wort willig hören und alle Unlauterkeit, allen Zorn, alle Geschwätzigkeit vermeiden sollen, da diese nie ohne Sünde abgehen. (Sprichw. 10, 19)
Welches sind die kräftigsten Mittel wider den Zorn?
1) Soll man sich die Sanftmut und Geduld Jesu Christi vorstellen;
2) Ihn um Gnade bitten, diese Tugend üben zu können;
3) ist es auch sehr nützlich, alle Gelegenheiten vorzusehen, die uns zur Ungeduld bewegen könnten, und mit der Gnade Gottes einen festen Vorsatz zu machen, geduldig und sanftmütig zu sein.
Gebet um Sanftmut.
O allersanftmütigster Jesus! Der Du mir durch dein bitteres Leiden die Gnade verdient hast, dem Zorn Widerstand zu leisten; ich bitte dich durch deine große Geduld und Sanftmut um die Gnade, daß ich in aller Widerwärtigkeit geduldig und sanftmütig sein könne. Setze, o Herr, eine Wache an meinen Mund und eine Tür an meine Lippen ringsum (Ps. 140, 3), damit meine Zunge mich nicht ins Verderben stürze. (Sir. 22, 33) Amen.
Evangelium nach dem hl. Johannes. Kap. 16, Vers 5-14.
siehe: Joh. 16, 5-14
Warum sagt Jesus: „Ich gehe zum Vater etc.?“
Um den Jüngern einen zarten Vorwurf zu machen, daß sie sich zu sehr der Traurigkeit über seine Entfernung überließen, da doch gerade diese dazu dienen musste, ihre Tugend zu läutern und zu stärken und das Werk der Erlösung an ihnen und der Welt zu vollenden. – Lerne daraus, dich nie zu großer Traurigkeit wegen der Trübsale zu überlassen.
Wie ist Christus zu seinem Vater gegangen?
Durch sein Leiden und Sterben. Dadurch gibt Er uns die trostreiche Lehre, daß wir durch den zeitlichen Tod in die himmlischen Freuden eingehen werden, wenn wir fromm gelebt haben. Obwohl wir täglich einer höchst glückseligen oder einer höchst unglückseligen Ewigkeit uns nähern, so gibt es doch leider wenige, die sich fragen: Wo gehe ich hin? Ach, daß sich doch ein jeder des Morgens fragte: Wo gehe ich heute hin? Vielleicht gehe ich schon heute durch mein gottloses Leben zur Hölle? Oder kann das Leben, das ich führe, und meine geringe Frömmigkeit mich zum Himmel bringen?
Warum konnte der Tröster nicht vor der Himmelfahrt Jesu kommen?
Weil vorerst das Werk der Erlösung vollbracht, Christus also zuerst sterben, verklärt werden und die Menschen mit Gott aussöhnen musste, ehe der Geist der Wahrheit, des Trostes und der Kindschaft Gottes bei denselben einkehren konnte. – Daraus mögen wir lernen, daß wir, wenn wir die Gnadenfülle des heiligen Geistes empfangen wollen, zuerst unsere Herzen reinigen und mit Gott aussöhnen müssen.
Wie hat der hl. Geist die Welt von der Sünde, von der Gerechtigkeit und von dem Gericht überzeugt?
Er hat sie überzeugt
1) von der Sünde, indem Er die Juden zur Erkenntnis und Verabscheuung des ungeheuren Verbrechens, welches sie an Christus begangen, führte, besonders am Pfingstfest;
2) von der Gerechtigkeit, indem Er die Unschuld und Heiligkeit Jesu und die Ihm dafür beim Vater gewordene Verherrlichung offenbarte und die Menschen Ihn als wahren Gott anbeten lehrte;
3) von dem Gericht, indem der Fürst der Finsternis überall überwunden, sein Reich vernichtet, die Tempel der Abgötterei zerstört und an deren Stelle das Reich der Wahrheit und Tugend durch anscheinend schwache Mittel gegründet worden. –
Bitten wir Gott, auch uns den hl. Geist zu senden damit wir die Schwere unserer Sünden erkennen, die Macht des Bösen brechen, Jesum als unsern Gott und Herrn anbeten und durch unser Leben verherrlichen mögen.
Warum sagte Jesus den Jüngern nicht alles, was Er ihnen zu sagen hatte?
Weil sie wegen ihrer Vorurteile noch nicht alles verstanden und behalten hätten, wie es sogar mit dem geschah, was Er sie wirklich gelehrt hatte. In die Erkenntnis aller Wahrheit sollte sie erst der hl. Geist einführen. – Daraus können wir lernen, wie viel uns an der Erleuchtung des hl Geistes liegen muss, da wir ohne dieselbe die Wahrheiten des Christentums zu verstehen nicht im Stande sind.
Wie lehrt der hl. Geist alle Wahrheit?
Indem Er die Hirten und Lehrer der Kirche vor allen Irrtümern in der Glaubens- und Sittenlehre bewahrt und auch die einzelnen Glieder der Kirche in den Heilswahrheiten unterrichtet.
Übung.
Frage dich oft: Wohin gehe ich?… Wird wohl mein Leben mich zu Gott führen?
Gebet.
Leite doch, mein Herr und mein Gott! meine Füße auf den Wegen deiner Gebote und bewahre mein Herz rein von Sünden, damit der hl. Geist nichts Strafbares an mir finde, mich alle Wahrheit lehre und sicher zu Dir, der Du die ewige Wahrheit bist, hinführe. Amen. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 281 – S. 284