Unterricht für den Sonntag Quinquagesima

Der Osterkreis: Ein Band mit Ornamenten: In der Mitte das Lamm Gottes mit der Siegesfahne

Die Vorfastenzeit – Unterricht für den Sonntag Quinquagesima

An diesem Sonntag, an dem sich so viele Christen den weltlichen, gefährlichen Lustbarkeiten blindlings ergeben, stellt uns die Kirche Jesum vor, der mit unendlicher Liebe freiwillig in den Tod geht, um uns von der Blindheit des Geistes zu erlösen, und ruft im Eingang der heiligen Messe mit bedrängtem, aber vertrauensvollem Herzen zu Gott um Hilfe mit den Worten: „Sei mir ein beschirmender Gott und ein Haus der Zuflucht, um mir zu helfen! Denn meine Stärke und meine Zuflucht bist Du; um deines Namens willen wirst Du mich führen und ernähren.“ (Ps. 30, 3 u. 4) – Ehre sei dem Vater etc.

Gebet der Kirche.
Wir bitten Dich, o Herr! Erhöre gnädig unser Gebet, befreie uns von den Banden der Sünden und bewahre uns vor aller Widrigkeit, durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Lesung aus dem ersten Brief des hl. Apostels Paulus an die Korinther. Kap. 13 Vers 1-13.

siehe 1. Kor. 13, 1-13

Was lehrt uns hier der hl. Paulus?

Er lehrt uns kennen:

1) Die Notwendigkeit der christlichen Liebe. Alle natürlichen und übernatürlichen Gaben, alle guten Werke, alle Tugenden und Aufopferungen, selbst der Martertod können den Menschen die Seligkeit nicht verschaffen, wenn sie nicht von der Liebe beseelt sind, wie der Leib von der Seele. Nur durch die Liebe werden wir und alles, was wir tun, Gott wohlgefällig.

2) Die Eigenschaften der christlichen Liebe. Diese sind a) herzliches Wohlwollen ohne Neid, Argwohn, Verstellung und Erbitterung; b) reine Absicht ohne Selbstsucht, Ehrgeiz, Unbescheidenheit und Ungerechtigkeit; c) starkmütige Geduld ohne Übereilung; d) demütige Ergebung an Gott, der dem Liebenden alles ist.

3) Die Vorzüge der christlichen Liebe. Sie bestehen darin, daß die Liebe allem Guten erst Wert verleiht, daß, während alles übrige vergeht, während der Glaube in Schauen, die Hoffnung in Besitz, bruchstückweise Wissenschaft in volle Erkenntnis der ganzen Wahrheit übergeht, sie allein ewig währt, demnach das größte ist. Der Glaube, spricht der hl: Augustinus, legt den Grund zum Haus Gottes, die Hoffnung führt das Gebäude auf, die Liebe vollendet es, indem sie uns reinigt und an Gott unabänderlich kettet.

Was lehrt uns der hl. Paulus noch weiter?

1) Daß der Glaube, und wäre er so groß, daß man Berge versetzen könnte, nichts helfe, ohne den Stand der heiligmachenden Gnade;

2) daß man durch gute Werke nichts verdienen könne, wenn man nicht im Stande der Gnade Gottes ist.

Daher befleiße dich, christliche Seele, daß du stets im Stande der Gnade seiest.

Nützen die Werke, welche dieselben keine Belohnung im Himmel verdient, so belohnt Gott sie doch oft zeitlich; ja sie können dazu verhelfen, daß Gott den Menschen um solcher Werke willen innerlich erleuchtet und zur Buße bewegt, wie an den Hauptmann Kornelius zu sehen ist. (Apg. 10)

Übung.
Trachte, daß alle deine Werke von der Liebe zu Gott und dem Nächsten erzeugt, genährt und vollbracht werden. Erwecke beim Beginn eines jeden Geschäftes die gute Meinung: Alles meinem Gott zuliebe! Bete:

O Gott der Liebe! Gieße den Geist der reinen Liebe in mein Herz, auf daß ich mich nach der Lehre des hl. Paulus befleiße, allzeit im Stand der Gnade zu sein, damit alle meine Werke Dir angenehm und mir verdienstlich werden. Amen.

Evangelium nach dem hl. Lukas. Kap. 18 Vers 31-43.

Warum hat Christus den Jüngern sein Leiden so oft voraus gesagt?

1) Um zu zeigen, wie sehnlich Er für uns zu leiden verlange; denn von dem, wonach man sich sehnt, spricht man gern und oft;

2) damit seine Jünger, wenn sie sehen würden, wie Er als Übeltäter behandelt und gepeinigt werde, nichts Arges von Ihm dächten und sich nicht für betrogen hielten, sondern vielmehr durch Erinnerung an seine Worte im Glauben an Ihn, als den wahrhaften Sohn Gottes und Erlöser der Welt, der sein Leben freiwillig hingeopfert, bestärkt würden.

Verstanden die Jünger gar nichts von dem, was Er ihnen über sein Leiden vorher sagte?

Sie mögen zwar wohl verstanden haben, daß Er leiden würde, da ja der hl. Petrus Ihn sogar davon abhalten wollte (Matth. 16, 22); aber sie konnten seine Worte mit ihren Erwartungen von einem herrlichen Reich des Messias nicht vereinbaren. Sie verstanden die heilige Schrift und die Weissagungen auf den künftigen Messias nicht und konnten daher nicht begreifen, aus welchen Ursachen und zu welchem Ziel und Ende Er leiden, oder Er wieder auferstehen würde. Alles dieses musste ihnen erst, nachdem es geschehen war, der hl. Geist begreiflich machen. (Joh. 14, 26) – So viel ist an der Erleuchtung des hl. Geistes gelegen, indem man ohne sie auch die noch so klar vorgetragenen Glaubens-Wahrheiten nicht verstehen kann.

Warum nennt sich Christus den „Menschensohn“?

Um anzuzeigen, daß Er wahrer Mensch und derjenige sei, von welchem die Propheten vorher gesagt, daß Er die menschliche Natur annehmen und die Menschen erlösen würde, und um uns Demut zu lehren.

Warum nennt der Blinde Christum den Sohn Davids“?

Um anzudeuten, daß Er der aus dem Geschlecht Davids stammende wahre Messias sei.

Warum fragt Christus den Blinden: „Was willst du, daß Ich dir tun soll?“

1) Damit dieser seinen Glauben und seine Hoffnung, das Gesicht durch den Heiland wieder zu erhalten, öffentlich bezeugte, und sein Vertrauen auf dessen Macht und Güte belebt und gestärkt würde;

2) um an den Tag zu legen, wie sehr Er uns Gutes zu tun verlange, und wie angenehm es Ihm sei, wenn wir mit Vertrauen unsere Bedürfnisse Ihm vortragen.

Was können wir aus der Geschichte dieses Blinden lernen?

Wir können daraus lernen:

1) Welch eine große Wohltat die Gabe des Gesichtes sei, und daß man dafür Gott danken und die Augen nicht zur Sünde missbrauchen solle;

2) welch ein unaussprechliches Unglück die Blindheit des Geistes sei, – jener Zustand, in dem man seinen Gott, seinen Erlöser und Seligmacher, den Weg der göttlichen Gebote etc. nicht kennt, nicht einsieht, was dem Heil hinderlich ist, sondern fern von Ihm in der Finsternis der Unwissenheit und Sünde wandelt;

3) wo der Erlöser aus diesem Zustand zu finden sei; es ist Jesus Christus, heilend und erleuchtend durch seine heilige Kirche;

4) mit welch beharrlichem Eifer man Ihn aufsuchen und um Befreiung bitten müsse, ohne sich durch böse Beispiele, Verfolgung oder Spott von Seiten der Weltmenschen irre machen zu lassen; 5, wie inbrünstig man Gott danken, und mit welch unwandelbarer Treue man Ihm anhangen soll, wenn Er uns einmal die Augen der Seele geöffnet und von der geistigen Blindheit der Sünde durch seine Gnade uns befreit hat.

Warum wird dieses Evangelium am heutigen Sonntag gelesen?

Die Kirche will uns an das schmerzliche Leiden und Sterben Christi erinnern, dadurch für die heilige Fastenzeit vorbereiten und von den in diesen Tagen üblichen Fastnachts-Lustbarkeiten abhalten, denen sich die Kinder der Welt hingeben.

Übung.
Bitte Gott oft und inbrünstig um das himmlische Licht, damit du erkennen mögest, wie abscheulich die Sünde ist; insbesondere aber bitte, daß du dich selbst erkennen mögest; denn die Selbsterkenntnis ist die vollkommenste Gerechtigkeit.

Gebet.
O Jesus! Der Du ein so großes Verlangen gehabt hast, für unsere zeitliche und ewige Wohlfahrt zu leiden, gib, daß wir Dir zuliebe die Wollüste hassen, dagegen die Abtötung und Kreuzigung des Fleisches lieben, damit wir dadurch verdienen, von der Blindheit der Seele befreit zu werden, Dich immer besser zu erkennen eifriger zu lieben und endlich ewig zu besitzen. Amen. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 131 – S. 135

Weitere Beiträge zum Kirchenjahr

Heiliger Johannes Therista Einsiedler
Buch mit Kruzifix
Maria Loreto zu Tersat in Kroatien