Unterricht für das Fest Epiphanias – Erscheinung des Herrn
Was ist der Gegenstand dieses Festes?
Die Tatsache, daß drei Weise aus dem Morgenland, nach einer uralten Überlieferung Kaspar, Melchior und Balthasar genannt, geleitet von einem Stern, den ihnen Gott hatte erscheinen lassen, nach Bethlehem gekommen sind, daselbst in dem neu geborenen Kind Jesus den Heiland der Welt erkannt, Ihn angebetet und Ihm kostbare Geschenke gebracht haben.
Warum wird dieser Tag auch „Epiphania Domini“ genannt?
Dieser Tag wird Epiphania Domini, d.i. Erscheinung des Herrn, genannt, weil die Kirche an demselben eine dreifache, wunderbare Erscheinung oder Offenbarung des Herrn in unser Gedächtnis zurück ruft, welche einem frommen Glauben zufolge zu verschiedenen Zeiten an diesem Tag stattgefunden hat, nämlich die Offenbarung Jesu an die Weisen und durch sie auch an die Heiden vermittelst des wunderbaren Sterns; die Offenbarung Jesu an die Juden bei seiner Taufe im Jordan, wo Er, um alle Gerechtigkeit zu üben, uns in allem gleich zu werden, um die Wasser, zu reinigen, damit sie künftig Kraft hätten, die Sünden abzuwaschen (Hl. Augustinus), und um ein Vorbild des Taufsakramentes zu geben, von Johannes getauft, von dem Vater für seinen geliebten Sohn erklärt wurde, und der hl. Geist in Gestalt einer Taube auf Ihn sich herabließ (Matth. 3,15-17); endlich die Offenbarung Jesu an seine Jünger bei der Hochzeit zu Kana, wo Er durch die Verwandlung des Wassers in wein ihnen das erste Mal durch ein Wunder seine Gottheit kund gab.
Warum wird am Vorabend oder am Fest selbst in so feierlicher Weise das Dreikönigswasser gesegnet?
Zum Andenken an die Taufe Jesu im Jordan, wodurch Jesus die Gewässer heiligte, und um anzudeuten, daß auch die unvernünftige Natur durch den Erlöser vom Fluch der Sünde befreit wurde.
Dieses Fest wurde von jeher sehr feierlich begangen, weil es gar herrliche und freudige Geheimnisse offenbart. Daher singt die Kirche voll Freude zum Eingang der Messe: „Siehe der Herrscher Herr ist angekommen; das Reich, die Macht und die Herrschaft ist in seiner Hand!“ (Mal. 3) „O Gott, gib dein Gericht dem König und deine Gerechtigkeit dem Sohn des Königs!“ (Ps. 21,2) – Ehre sei dem Vater etc.
Gebet der Kirche.
O Gott, der Du an diesem Tage deinen Eingeborenen durch Leitung eines Sternes den Heiden geoffenbart hast, verleihe uns gnädig, daß wir, die wir im Licht des Glaubens Dich schon erkannt haben, durch Dich selbst dahin geleitet werden, wo wir deine Herrlichkeit von Angesicht zu Angesicht werden schauen können; durch denselben Jesum Christum, unseren Herrn. Amen.
Lesung aus dem Propheten Isaias Kap. 60, Vers 1-6
siehe Is. 60, 1-6
Erklärung und Anwendung.
Der Prophet Isaias sagt in dieser Stelle voraus, daß das Licht der Herrn, welches Christus ist, über Jerusalem, das ein Vorbild der Kirche war, aufgehen werde; daß die Heiden in dem Licht der Erkenntnis des einzig wahren Gottes wandeln, die Völker vom Aufgang bis zum Untergang der Sonne zur Kirche kommen, und durch ihre Vermittlung auch die zerstreuten Kinder Israels in dieselbe eingehen werden. – Diese Weissagung hat heute in den drei Weisen, diesen Erstlingen der Heiden, in Erfüllung zu gehen angefangen. Mit Recht begeht daher die Kirche das heutige Fest auf so feierliche Weise.
Auch wir sind in diesen drei Königen zum wahren Glauben berufen worden. Danken wir Gott für diese unschätzbare Gnade. Sprechen wir mit dem Propheten: „Lobsinget, ihr Himmel, und frohlocke, du Erde; ertönt, ihr Berge, vom Lob! Denn getröstet hat der Herr sein Volk und seiner Armen sich erbarmt.“ (Is. 49,13)
Evangelium aus Matthäus Kap. 2 Vers 1-12
siehe Matth. 2, 1-12
Wer waren die Weisen aus dem Morgenland?
Es waren „Magier“, d.h. Weise aus der chaldäisch-persischen Gelehrten- und Priesterklasse, die sich viel mit Sternkunde abgaben. Die Bedeutung des außerordentlichen Sternes, den sie sahen, lernten sie aus der Weissagung Balaams, der aus jenen Gegenden stammte, und durch innerliche Offenbarung Gottes kennen. Es lebten auch viele Juden in ihrem Land.
Warum wurden sie durch den Stern zuerst nach Jerusalem geleitet?
Gott fügte es so,
1) um ihre Treue zu prüfen und ihnen sodann zu dem himmlischen Zeichen auch noch die Sicherheit eines prophetischen Ausspruches zu geben;
2) um die Geburt Christi und die Erfüllung dieser Prophezeiung den Juden bekannt zu machen;
3) um schon jetzt das Geheimnis der Verwerfung der Juden für ihren selbst verschuldeten Unglauben, sowie die Berufung der Heiden anzudeuten.
Was war das für ein Stern, den die Weisen sahen?
Derselbe wird von den heiligen Vätern verschieden erklärt: einmal als eine Verbindung mehrerer Sterne (Konjunktion), wie eine solche nach den gelehrtesten Sternkundigen um die Zeit stattfand; dann als ein Komet, als ein besonders von Gott geschaffener Stern. Bemerkenswert ist, daß alle heidnischen Völker eine besondere Erscheinung am Himmel, welche die Ankunft des Messias anzeigen sollte, erwarteten. Der Heide Plinius der Ältere (gest. 79 nach Christus) sagt bei der Beschreibung der ihm bekannten Kometen über einen derselben: „Es gibt auch einen hellweißen Kometen mit Silber glänzendem Schweif, so strahlend, daß man ihn kaum ansehen kann, der in menschlicher Gestalt das Bild eines Gottes zeigt.“ …
Was hat die Weisen bewogen, Christus kniefällig anzubeten?
Das Licht der Gnade und des Glaubens, durch welches erleuchtet sie in diesem armen, in Windeln gewickelten Kind den erwarteten Messias, den Gesalbten Gottes und Heiland der Welt erkannten. Deswegen warfen sie sich nach morgenländischer Sitte im Staub vor Ihm nieder, um in tiefster Ehrfurcht Ihn anzubeten. – Wie sehr beschämt der Glaube und die Ehrerbietigkeit dieser heidnischen Könige jene lauen und kalten Christen, welche vor dem heiligen Altarsakrament so unehrerbietig sind, daß sie kaum ein Knie beugen!
Gebet.
Gib mir, o Heiland! den Glauben dieser morgenländischen Weisen. Erleuchte meinen Verstand mit jenem Licht, welches, ihnen geleuchtet hat; bewege mein herz, auf daß ich, wie sie, diesem Licht folge und Dich von nun an aufrichtig suche, und gib, daß ich Dich finden, mit den Weisen im Geist und in der Wahrheit anbeten und Dir Gold, Weihrauch und Myrrhen darbringen möge, meinen Willen nämlich durch einen vollkommenen Gehorsam, meine Güter durch Almosen, mein Herz durch inbrünstiges Gebet und meinen Leib durch die Abtötung, damit ich, nachdem ich Dir hier auf Erden das Opfer meines Glaubens dargebracht habe, Dich dereinst ewig anbeten möge. Amen. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 80 – S. 83