Antiphone und Hymnen zu Ehren U. L. Frau

Ein Engel mit einem Lilienzweig in der Hand steht auf einer Wolke

Die Antiphonen und Hymnen zu Ehren U. L. Frau

Die kirchlichen Tagzeiten, welche die gesamte Geistlichkeit sowohl in als außer dem Ordensstand, und die gottgeweihten Jungfrauen in den Klöstern auf der ganzen Welt täglich beten, und die wie ein Opfer des süßesten Wohlgeruchs zum Thron Gottes täglich empor steigen, – die kirchlichen Tagzeiten werden alle Abend geendet mit dem Kompletorium oder dem Schlussgebet; denn damit schließt das kirchliche Tagesgebet ab und weist hin auf den Abschluss und die Vollendung aller Tage und Jahre, aller Zeiten, – in der Ewigkeit! An dem letzten Segensspruch der Komplet reiht sich auf’s Engste an die Antiphon oder der „Wechselgesang“ U. L. Frau, die, wie sie der Anfang alles Segens für das Menschengeschlecht geworden, so auch am Ende des kirchlichen Tages als eine Vermittlerin aller Segnungen durch Christus erscheinen soll.

In früheren Jahrhunderten war es Sitte, daß die Gläubigen am Abend jeden Tages in die Kirche gingen und dort dem Gesang der marianischen Antiphonen und Hymnen am Schluss des Kompletoriums beiwohnten, um auf diese Weise der Gottesmutter den Abendgruß darzubringen und ihren mütterlichen Segen zur Nachtruhe zu empfangen. In mehreren Gegenden, besonders wo Klöster sich befinden, kommen fromme Gläubige auch heutzutage noch in dieser Absicht am Abend in die Kirche, absonderlich aber an den Samstagen.

Es wird aber nicht immer die nämliche Antiphon und der nämliche Hymnus gesungen, sondern dieselben sind nach den verschiedenen Zeiten des kirchlichen Jahres verschieden. Denn wie die verschiedenen Feste in der Kirche die verschiedenen Taten der Erlösung im Jahre darstellen, so wird durch die verschiedenen Antiphonen die Teilnahme der Gottesmutter an den Taten der Erlösung ausgedrückt.

Die längste Zeit des Jahres, nämlich vom Dreifaltigkeits-Sonntag bis Advent wird das Salve Regina gesungen, im Advent das Alma Redemptoris Mater, von Mariä Lichtmess bis Ostern das Ave Regina Coelorum, und zur österlichen Zeit das Regina coeli laetare.

Das Salve Regina

hat, wie allgemein geglaubt wird, den berühmten gottseligen Benediktinermönch Hermann Contractus zum Verfasser, welcher bei seinem Leibesgebrechen, worunter er lebenslänglich seufzte, wundersam von Maria getröstet wurde. Der heilige Bernard setzte die Wort: o clemens, o pia, o dulcis Virgo Maria! „o milde, o gütige, o süße Jungfrau Maria“, hinzu.

In freier Übersetzung lautet diese Antiphon also:

Sei, o Königin“ gegrüßet, * Die das Leben uns versüßet, * Uns’re Hoffnung, uns’re Freud‘ * Mutter der Barmherzigkeit!
Evas arme Kinder rufen * Auf zu deines Thrones Stufen, * Seufzen nach dir allzumal, * Weinend hier im Jammertal.
Ach Fürsprecherin am Throne * Bei dem eingebornen Sohne, * Holde Mutter, liebe Frau, * Mit Erbarmen auf uns schau!
Zeig‘ nach diesen Leidenstagen * Uns die Frucht, die du getragen, * Jesum hoch gebenedeit * Und geliebt in Ewigkeit, * O milde, o gütige, o süße Jungfrau Maria!

Wie viel des Schönen, Erhabenen und Tröstlichen liegt nicht für uns arme Erdenkinder im obigen Salve Regina! Wir nennen darin Maria eine Königin und Mutter der Barmherzigkeit, unser Leben, unsere Süßigkeit und unsere Hoffnung, denn sie hat uns ja Christum, die wesentliche Barmherzigkeit, das wahre Leben, unseren süßesten Tröster, unsere einzige Hoffnung geboren, und was sie ist, das ist sie durch ihn, mit ihm und in ihm. Wir nennen sie unsere Hoffnung durch die Kraft ihrer Verdienste und ihrer Fürbitte, wir nennen sie unsere Süßigkeit, d. h. unsere Freude und unsere Ergötzung, weil sie eine gar so schöne, reine, liebe, gütige und mächtige Mutter ist. O wer sollte an dieser Mutter nicht seine Freude haben, wer sie nicht begrüßen, da Jesus selbst sie als seine Mutter mit der zärtlichsten Liebe eines Kindes geliebt hat!!?

(siehe auch: Warum die Heiligen das Salve Regina beten)

Das Alma Redemptoris Mater

soll ebenfalls der gottselige Hermann Contractus verfaßt haben und wird vom Advent an bis Mariä Lichtmess gesungen.

In freier Übersetzung lautet es also:

Erhab’ne Mutter unsers Herrn, * Du Himmelspforte, Meeresstern! * Hilf deinem Volke, welches fiel, * Und gern vom Fall erstehen will.
Du bist’s, o staunt! Die den gebar, * Der dein und Aller Schöpfer war, * Du durftest auch als Mutter sein, * Was stets du warst: jungfräulich, rein.
Die du die Gnadenvolle bist, * Wie Gabriel dich einst gegrüßt, * Erwirk uns, Mutter! Gottes Huld * und Nachlass unser Sündenschuld!

Durch diesen schönen Lobgesang weist uns die heilige Kirche hin, wie sehr Maria durch die Menschwerdung und Geburt ihres göttlichen Sohnes zu unserem Heil mitgewirkt hat, und wie sehr wir sie daher loben und preisen sollen. –

Das Ave Regina coelorum

Wer diese Antiphon verfaßt hat, ist nicht bekannt, gewiß aber ein frommer, treuer Diener der Gottesmutter, dessen Name im Buch des Lebens steht. – Es lautet aber dieser Lobgesang frei übersetzt also:

Maria, du des Himmels Königin! * Sei uns gegrüßt, der Engel Herrscherin! * O Mutter Jesu, sei gegrüßt, * Aus der das Heil der Welt entsprießt.
Erfreue dich, denn du bist ehrenreich, * Und keine ist die dir an Schönheit gleich: * Versöhne uns mit deinem Sohne, * O Schönste, daß er uns verschone.

Obiger Lobgesang wird von Mariä Lichtmess bis zum grünen Donnerstag in der Kirche gesungen und wir preisen darin Maria, welche der in Finsternis und im Schatten des Todes liegenden Menschheit, das wahre Licht gebracht, das jeden erleuchtet, der in die Welt kommt, – Jesum Christum unsern Herrn!

Das Regina Coeli laetare

verdankt seinen Ursprung den heiligen Engeln, wie im Leben des heiligen Papstes Gregor des Großen erzählt wird. – siehe: Papst Gregor der Große Bußprozession gegen die Pest

Dieser Lobgesang lautet übersetzt also:

Freue dich, du Himmelskönigin, Alleluja! * Den du verdient hast zu tragen, Alleluja! * Der ist wieder auferstanden, wie er gesagt hat, Alleluja! * Bitt‘ Gott für uns, Maria, Alleluja!

Dieser Lobgesang wird von Karsamstag an bis zum Vorabend vor dem Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit gesungen, und die heilige Kirche will damit alle ihre Kinder ermahnen, sich mit der Gottesmutter über die Auferstehung ihres göttlichen Sohnes zu freuen.

Eine schöne, trostreiche Antiphon,

welche gewöhnlich mit dem Salve Regina und der lauretanischen Litanei verbunden wird, und welche auch fromme Diener der heiligen Jungfrau vor dem Schlafengehen beten, heißt in treuer Übersetzung:

Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, o heilige Gottesgebärerin! Verschmähe doch nicht unser Gebet in unseren Nöten, sondern erlöse uns alle Zeit von allen Gefahren, o du glorwürdige und gebenedeite Jungfrau, unsere Frau, unsere Mittlerin, unsere Fürsprecherin! Versöhne uns mit deinem Sohne, empfiehl uns deinem Sohne, stelle uns vor deinem Sohne!

Ein Schlussgesang,

welcher an vielen Orten der lauretanischen Litanei angefügt wird, und dem Triumphlied der Heldenwitwe Judith (Jud. 15, 10) nachgebildet ist, ist folgender:

V. Ganz schön bist du, Maria!
R. Ganz schön bist du, Maria!
V. Und die Makel der Erbsünde ist nicht an dir!
R. Und die Makel der Erbsünde ist nicht an dir!
V. Du bist die Herrlichkeit Jerusalems!
R. Du die Freude Israels!
V. du die Ehre unseres Volkes1
R. Du die Vermittlerin der Sünder!
V. O Maria!
R. O Maria!
V. Allerweiseste Jungfrau!
R. Allermildeste Jungfrau!
V. Bitt für uns!
R. Sie unsere Fürsprecherin bei dem Herrn Jesus Christus!

Einer der schönsten, erhabensten Lobgesänge von Unserer Liebe Frau, der täglich von tausend Zungen zum Himmel erschallt, und den der heilige Bernard verfaßt haben soll, ist

Das Ave Maris stella, „Sei gegrüßt du Meeresstern“

In keinem Lied ist die Würde und die Macht der Gottesmutter und das kindliche Vertrauen zu ihr besser ausgedrückt, als in diesem. –
Unter den Seufzern zu ihr, der Königin des Himmels, ist keiner zärtlicher, inniger, rührender als die vierte Strophe: Monstra te esse matrem etc. Erzeige dich als unsere Mutter etc. An vielen Orten stehen Geistlichkeit und Volk bei diesen Worten auf, die dann dreimal wiederholt werden.

O mögest du, lieber Leser, diesen Lobgesang und alle die schönen Antiphonen, welche die heilige Kirche zum Lob und Preis der gebenedeiten Mutter unseres Heilandes das Jahr hindurch singt, recht oft mit herz und Mund beten. O wie oft sind wohl diese rührenden Gesänge schon von den Lippen der Heiligen geflossen, wie viele Gnaden sind schon denen aus dem Schoß der göttlichen Mutter zugekommen, welche mit wahrer Andacht diese Lieder gesprochen, ihren Inhalt betrachtet haben!!

Zum Schluss soll noch ein wunderschönes Lied hier Platz finden, welches die sizilianischen Schiffer auf stürmischem Meer erschallen lassen, und das so oft in den Stürmen dieses Lebens zum Himmel erschallt:

O du heiligste,
O du gütigste
Süße Jungfrau Maria!
Mutter, geliebte
Unbefleckte!
Bitte für uns!

aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Zweiter Teil, 1869, Sp. 1629 – Sp. 1633

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