Wir sind Kinder und Erben Gottes

Wir sind Kinder Gottes und Miterben Christi

Betrachtung zum 24. März

„Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, daß wir Kinder Gottes sind; wenn aber Kinder, auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir anders mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm verherrlicht werden.“ (Röm. 16, 17)

1. Betrachte, welches das Zeugnis sei, daß uns der heilige Geist über unsere Kindschaft Gottes gibt. Es ist kein äußeres, wie jenes, das Christus am Jordan erhielt, sondern ein inneres. Deshalb heißt es, daß er es dem Geist gibt, nicht den Augen durch Erscheinungen, nicht den Ohren durch Worte, sondern dem Geist.
Worin besteht also dieses Zeugnis? Es besteht in jenem innersten Gefühle kindlicher Liebe, die er uns gegen Gott eingibt, daß wir die Sünde nur deshalb verabscheuen, weil sie Gott beleidigt, daß wir gerne von Gott reden, und viel für Gott arbeiten, aber Alles nur in der Absicht, Gottes Ehre dadurch zu vermehren. Selig, wer in seinem Herzen diese reine Liebe besitzt! Er hat das sicherste Kennzeichen, das man (eine besondere Offenbarung ausgenommen) hier auf Erden haben kann, ein Kind Gottes zu sein, denn das ist wahrhaft kindlich, nicht auch Furcht, sondern aus Liebe zu handeln.

2. Betrachte die köstliche Frucht, welche die Kindschaft Gottes bringt: nämlich daß wir auch Erben Gottes sind. Geschenke (zeitliche, irdische Güter nämlich) gibt man den Dienern; weshalb auch Ismael nur Geschenke erhielt; die Erbschaft gebührt den Kindern, wie sie Isaak zu Teil wurde.
Doch ist allerdings zwischen Kindern der Menschen und Kindern Gottes ein ungeheurer Unterschied. Die Kinder der Menschen können die Erbschaft erst nach dem Tode des Vaters antreten; anders ist es aber bei den Kindern Gottes. Ihre Erbschaft ist der Vater selbst: „Mein Erbteil ist der Herr, sprach meine Seele.“ (Thren. 3, 24) Denn ihr Vater besitzt keine schätze außer sich, er enthält sie alle in sich selbst, weil er Gott, das unermeßliche, unendliche Gut ist; und deshalb gibt er zur nämlichen Zeit, wo er seiner Herrlichkeit genießt, sich selbst zum Genuss: und dies nicht bloß dem einen und andern, sondern Allen, so viele ihrer sind, ohne daß die Zahl der neuen Erben, die nach und nach in dies herrliche Erbe eintreten, je einem andern den mindesten Teil davon entziehen kann. Wo wirst du je auf Erden eine ähnliche Erbschaft finden? Und doch kümmerst du dich nicht um sie?

3. Betrachte eine weitere köstliche Frucht dieser Kindschaft Gottes: daß wir nämlich als Erben Gottes auch Miterben Christi sind. Christus ist Gottes Sohn von Natur, wir durch Annahme an Kindesstatt; aber auch wir haben als angenommene Kinder mit dem wirklichen Sohn Teil an derselben Erbschaft. Wer ist im Stande, auszusprechen, welch hohe Ehre uns dadurch zu teil ward! Wir wären nie dazu gelangt, wenn uns nicht Christus dieselbe durch sein Gebet, seine Leiden, seinen Schweiß, ja mit all seinem heiligsten Blut erworben hätte.
Und ist nicht dies ein zweites noch größeres Wunder? Ein wirklicher Sohn auf Erden hat nie gesucht, daß sein Vater einen Fremdling an Kindesstatt annehme; im Gegenteil hat Mancher, aus Begierde nach der Alleinherrschaft, sogar seine eigenen leiblichen Brüder ermordet, wie jener Abimelech tat, der siebenzig seiner Brüder mit eigener Hand auf einem Stein tötete. (Jud. 9, 5) Christus hat Niemanden getötet, sondern sich töten lassen, um nicht allein herrschen zu müssen. So groß war seine Liebe.

4. Betrachte, daß dich das Wort „Erbschaft“ nicht verleiten darf, zu glauben, daß du zur ewigen Seligkeit ohne Anstrengung gelangen könnest; denn die ewige Seligkeit ist nicht einer irdischen Erbschaft gleich, zu der man oft ohne Verdienst, ohne daran zu denken, ja selbst im Schlaf kommen kann. Sie muss erworben werden.
Christus ist der wirkliche Sohn Gottes, und doch hatte er, wie du weißt, so viel zu leiden, um sie zu erwerben; und du, der angenommene Sohn, willst sie umsonst? Willst du mit Christus herrschen, so musst du auch mit ihm leiden. Das ist die ausdrückliche Bedingung: „Wenn wir anders mit ihm leiden.“ Wann wirst du aber gleichwohl nur den kleinsten Teil dessen leiden müssen, was Christus gelitten hat? Du darfst nur mit Christus leiden; wirst aber nie wie Christus leiden. –
aus: Paul Segneri S.J., Manna oder Himmelsbrod der Seele, 1853, Bd. I, S. 233 – S. 235

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