Wir benötigen den Schutz der Gottesmutter

Die Himmelskönigin Maria schützt unter ihrem Mantel die Geistlichkeit und das fromme Volk. Zwei Engel halten den Schutzmantel.

Benötigung des Schutzes der Gottesmutter

Unter den Schutz und Schirm der heiligen Gottesgebärerin fliehen wir alle. Wir betrachteten Maria vorhin als die Helferin und Schützerin der ganzen Christenheit im allgemeinen, diese zweite Betrachtung aber gilt der Gottesmutter als der Beschützerin jedes einzelnen und soll uns zum Bewusstsein bringen, wie benötigt wir des Schutzes der Gottesmutter sind, wie vorzüglich dieser Schutz ist und wie leicht wir uns seiner versichern können.

Unsere ersten Stammeltern haben uns durch den Sündenfall ein trauriges Erbe von Übeln, Leiden und Drangsalen hinterlassen; jeder Erdgeborene muss seinen Teil antreten und willig  oder unwillig bewältigen. Wer sollte es denken, daß die Erde, auf der wir sind, unter ihrem Zauber von Schönheit und Lebenslust so viel Gefahr, Unheil und Unglück deckt? Aber sie ist nun einmal, so vergnüglich sie uns vorkommen mag, nicht unsere wahre Heimat und das Vaterland, wohin wir gehören, sondern eine Wanderschaft durch die Fremde, ein Ort der Prüfung, der Verbannung und der Gefahren, ja für jeden zur gegebenen Zeit ein Tal der Tränen und endlich das Grab.

Wie viele sind der Übel, mit denen wir hier bedroht sind! Vor allem äußere Übel, bittere Not und Armut, Unglücksfälle, die unsern zeitlichen Glücksstand gefährden, unsere Ehre und das Ansehen des Namens vor der Welt vernichten; Übel des Leibes und der Gesundheit, Siechtum, das einem jungen, geliebten Leben nachstellt, welches die Hoffnung, die Freude, das Glück, ja den Bestand einer ganzen Familie begründet, ein Leben, von dem manchmal das Heil der Seelen, das Wohl einflussreicher gesellschaftlicher Verbindungen, ja von Ländern und Völkern, also die Ehre Gottes in großem Maßstab abhängt, ein Leben, das sich mit dem gewissen vielleicht noch nicht abgefunden hat, und wenn in der Ungnade Gottes beschlossen, mit dem Fluch einer unseligen Ewigkeit besiegelt wird; dann Übel der Seele, Trübungen des Geistes und des Seelenfriedens durch Zweifel, Ungewissheit, Ängsten, Gewissensbisse und Trostlosigkeit oft bis zur Verzweiflung, Unfrieden und Gefahr durch Versuchungen, die nur zu viele verräterische Bundesgenossen an Mitmenschen, an dem bösen Feind und an unsern eigenen Leidenschaften finden; ferner Übel der Sünde, die schlimmsten und eigentlich die einzigen Übel, weil sie uns von der ewigen Glückseligkeit ausschließen und zeitlichem und endlich ewigem Verderben weihen können; ebenso Übel der Strafe, nicht bloß hienieden, sondern drüben in der Ewigkeit, wo mit Maßen gemessen wird, von denen wir hier keinen Begriff haben; endlich das Übel des Todes, dem niemand entgeht, des Todes, der der Inbegriff aller zeitlichen Übel ist und selbst alles ewigen Unheils sein kann, der Tod, dieser für unsere arme Natur so bittere Augenblick der äußersten Schwäche, Verlassenheit und Hilflosigkeit, wo niemand uns helfen kann als Gott und seine barmherzige Güte.

Also Übel, viele und große Übel, ja mehr und größere Übel, als wir wissen, umgeben uns hienieden. Wie werden wir sie alle bestehen? Wer wird uns retten aus den Händen so vieler Feinde? Sicher niemand als Gott. Da können wir wohl sagen: Wäre nicht der Herr, hinunter spülen würden uns die Fluten; durch einen Strom ginge unsere Seele, einen Strom unwiderstehlicher Wasser (Ps. 123, 1 u 4f). Gott setzt aber mit seiner Hilfe ein durch Maria, wenigstens durch niemand kräftiger, umfänglicher und nachhaltiger als durch sie.

Umfang und Macht des Schutzes Mariä

Der Umfang und Inbegriff der Übel, die uns unsere Stammmutter, die erste Eva, übermacht hat, ist nicht größer und ausgebreiteter als das Reich der Macht und Güte Mariä, die uns Gott zur zweiten Eva, zur zweiten Stammmutter gegeben, und zwar in der Absicht, um alles gutzumachen, was jene an uns verbrochen hat.

Wenn die Herrschaft der zeitlichen Übel allgemein ist, so daß niemand sich ihnen entziehen kann, so ist auch die Hilfe der Gottesmutter eine allgemeine. Sie erstreckt sich nicht bloß auf die großen Ordnungen der menschlichen Gesellschaft und der Christenheit als solcher, sondern auf jeden einzelnen; sie umfaßt nicht bloß einzelne Übel, sondern sie allesamt, so viele ihrer die arme Menschheit drücken und schädigen können. Dies liegt im Plane der göttlichen Vorsehung und des Willens Gottes. Wie der Apostel von Christus, de zweiten Adam, sagt, es würden alle in ihm wieder gehoben, gleichwie alle im ersten Adam gefallen sind (1. Kor. 15, 22), so soll Maria als zweite Eva den Spuren des Fluches, welche die erste auf der Erde zurück ließ, nachgehen und sie durch ihre Hilfe in Segen und Glück verwandeln. Sie soll die geistige Mutter aller Menschen sein. Das ist ihre Stellung und Aufgabe.

Die Erde und die Kirche ist also ihr Familienhaus. Die Mutter aber ist überall. Wie Christus überall schaltet und waltet im allgemeinen und im besonderen, so auch Maria infolge ihrer Stellung als Hausmutter der Christenheit. In der Familie ist die Mutter alles, der Mittelpunkt der heimischen Freude, des Trostes und die gemeinsame Hilfe des Heims; die Dienstboten, die Kinder und selbst der Vater suchen und finden Hilfe bei der Hausmutter; nichts gibt es, was ihre Sorge und Hilfe nicht liebend umfaßt. So ist es auch in der Kirche. Überall finden wir Maria und alles findet sich bei ihr ein, was des Schutzes, der Hilfe und des Trostes bedarf. Und für alles reicht ihre Macht und Güte aus. Alles macht sie auch dieser Güte dienstbar, ihren Namen, ihre Bilder, die Geheimnisse, die Tugenden und Verdienste ihres Lebens, die Andachten, alles an ihr und von ihr ist gnadenmächtig und Hilfe wirkend. Das bringen so schlagend und rührend die Gnaden-Wallfahrts-Stätten zur Anschauung in den Händen, den Füßen, den Krücken, den Herzen und den hundert andern Erinnerungs-Zeichen, welche die Dankbarkeit für gewordene Hilfe dort aufgehängt hat. Diese Stätten sind, möchte man sagen, die Kinderstuben der Christenheit, wo eine überaus gütige Hausmutter Mittel hat für alle Schäden des Leibes und auch der Seele. Wer bekehrt mehr Sünder als Maria? Wer hilft mächtiger in jeder Not? Wer tröstet mütterlicher in jeder Bedrängnis?

Maria ist wirklich der ausgestreckte Arm der Macht Gottes, der von einem Ende der Erde zum andern reicht; sie ist das Auge der göttlichen Barmherzigkeit, das alles Unglück entdeckt; sie ist der milde Finger Gottes, der jedes Leid begütigend heilt und tröstet; sie ist die „Mutter der Barmherzigkeit“. Aus ihren gesegneten Händen fließen ungezählte Gnaden und himmlische Tröstungen unserer trüben Erde zu, um das Elend der armen, verbannten Kinder Evas zu lindern. Wie erquickender Sonnenschein dringt ihre Mutterliebe in die öden Hütten der Armut, der Not und der Verzweiflung. Sie ist die „Trösterin der Betrübten“, das „Heil der Kranken“ und der Schutz der Sterbenden. Und wer, der auf die dunklen Pfade der Sünde verirrt, vertrauensvoll zu ihr um Hilfe rief, hätte solche nicht erfahren zu seinem unsäglichen Trost? –
aus: Moritz Meschler SJ, Aus dem katholischen Kirchenjahr, Erster Band 1919, S. 352 – S. 355

Tags: Maria

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