Leben Marias nach der Himmelfahrt Jesu

Zwei Engel sitzen auf einer Wolke, zwischen ihnen ist eine Sonne mit Strahlen

Maria Mutter der Kirche

Teil 2:

Das Leben Mariens nach der Himmelfahrt Jesu

Unterdessen gewann der Glaube nicht nur in Jerusalem, sondern auch auf dem Lande von Judäa, in Samaria und Galiläa immer mehr Ausdehnung; die Verfolgung, welcher der hl. Stephanus zum Opfer fiel (im Jahre 35), vertrieb mehrere Jünger aus der Stadt, diese brachten das Evangelium in andere Gegenden. Ungefähr drei Jahre nach dem Tode des hl. Stephanus kam der bekehrte Paulus nach Jerusalem und hatte wahrscheinlich das Glück, die Mutter Gottes kennen zu lernen. Mit der Bekehrung des Hauptmanns Kornelius nahm das Christentum auch Einkehr in das Heidentum (im Jahre 40). Die mächtige Stadt Antiochia öffnete ihm die Tore. Über diesen Erfolg ergrimmt, holten die Juden wiederholt zu Schlägen gegen die Apostel aus, zogen sie vor Gericht, kerkerten sie ein und ließen sie geißeln. Die Apostel aber bleiben, einige apostolische Ausflüge abgerechnet, in der Stadt oder in Palästina, unermüdlich und unerschrocken in ihrer apostolischen Arbeit bis zur großen Verfolgung unter König Herodes Agrippa (im Jahre 42), welcher Jakobus den Älteren hinrichten und Petrus in den Kerker legen ließ, aus dem er durch den Engel wunderbar gerettet wurde. Die Mutter Jesu hatte somit reichlich Anlass, sich zu freuen und Gott Dank zu sagen für die herrlichen Erfolge des Evangeliums, welche dem Heiland so große Ehren brachten, während die Verfolgungen und Leiden der jungen Kirche, der Apostel und Gläubigen ihr Gelegenheit boten, zu trösten und zu ermuntern.

So lebte sie als Mutter das ganze Leben der Kirche mit, wie sie das Leben ihres Sohnes in Arbeit, Freud` und Leid mitgemacht hatte.

Es ist lieblich zu lesen, wie das große mittelalterliche Marienleben die Witwenzeit der Mutter Gottes beschreibt. Maria ist der Mittelpunkt im Kreise der Apostel und der Jünger Leitstab. Sie wird von de Aposteln als „Vroue“ angesehen und als Herrin. Sie gibt ihnen Urlaub zur Missionsfahrt, nachdem sie ihr versprochen, in der letzten Stunde wieder bei ihr sein zu wollen. Weinend schieden sie von der geliebten Frau. Sie führt hinfürder ein gottgefälliges Leben, und jeder, der mit ihr in Beziehung kommt, neigt sich unter ihrem mächtigen Einfluss der christlichen Lehre zu. Sie arbeitet in ihres Sohnes Geist; von ihren Lippen kommen bloß Worte des Trostes, und ihre Hände tun gute Werke und Wundertaten. Ihre Nahrung gibt sie den Armen, während sie vom Himmelsbrot lebt, das ihr der Engel bringt. Viel geht sie zur Kirche. Dann schreitet sie würdig dahin, das Haupt, mit einem Tuch bedeckt, leise geneigt, wie eine rechte Witwe. Ihren Tag hat sie in sieben Tagzeiten zerlegt. Nach Mitternacht betet sie die Matutin, bei Tagesanbruch liest sie einen Psalter und ruft sich die Leidensgeschichte ihres Sohnes recht lebendig ins Gedächtnis. Zur Prim denkt sie seiner Herrlichkeit. Nach der Terz und und Sext verrichtet sie Arbeit, die „vroulich“ war und „ziemelich“; dann ruht sie eine Weile aus und greift zur Schrift. Nachdem sie die Non gesprochen, empfängt sie das himmlische Brot, für das sie alsbald dankt. Dann folgt angestrengte Arbeit für die Kirche und die Armen. Nach der Vesper und Komplet tut sie noch Fürbitte für die Christenheit und die Toten.

Ihre Tracht ist ganz einfach; ihr Rock von ungefärbter Wolle, ihr Mantel ist ein tuchartiger Umhang, ein „geistlicher“ Mantel. Das Haar bindet Maria nicht auf. Immer trägt sie Zöpfe, das Zeichen ewiger Jungfrauschaft, läßt sie aber bescheiden vom Mantel verdecken. Über das Haupt legt sie einen Schleier, das eine Ende ist um den Hals geschlungen, das andere fällt ab. Auch einen Blick in ihr Heim dürfen wir tun. Die Kammer ist einfach. Ein Spanbett mit weißen Linnen und Wangenkissen, ein Bet- und Arbeitsstuhl ist die ganze Einrichtung, und das kleine Fenster ist mit einem Tuch verhängt. Aber welches Glück, welcher Glanz wohnt zwischen diesen vier Pfählen! Hier hält sie ihre freudenvolle Andacht. Besuche empfängt sie nicht. Nur junge, eben bekehrte Eiferer des Glaubens, wie Saulus und den Bischof Ignatius, die sie vorher in Briefen inständig gebeten, nimmt sie auf. Wenn aber einmal ein fremder durch das Fensterlein blickt, dann sieht er das Innere in hellem Glanz strahlen und Maria glücklich in der Gemeinschaft der Engel. –
aus: Moritz Meschler SJ, Unsere Liebe Frau, Ihr tugendliches Leben und seliges Sterben, 1913, S. 169 – S. 172

Teil 1: Maria die Mutter der Kirche

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