Pfingstfest Maria die Mutter der Kirche

Maria als Himmelskönigin, mit einer Krone auf ihrem Haupt, sitzt auf einer Wolke, auf ihrem Schoß sitzt das Jesuskind, das mit einem Kreuzstab die Schlange sticht, während der Fuß der Muttergottes auf die Schlange tritt; ums sie herum ist ein Stern mit vielen weiteren Sternchen; unter ihr ist eine Weltkugel, auf der die Schlange sich windet sowie der Halbmond unter ihren Füßen

Maria, die Muttergottes, sitzt erhöht auf einem Stuhl im Abendmahlssaal, umringt von den Aposteln und anderen Jüngern; sie schauen alle nach oben, da von dort der Heilige Geist zu ihnen kommt

Maria die Mutter der Kirche

Auf dem Wege nach dem Ölberg hatten die Jünger den Heiland gefragt, ob jetzt das Reich Gottes anheben werde. Bezüglich des Zeitpunktes gibt ihnen der Heiland keine Antwort, sondern hieß sie bloß in der Stadt bleiben, um den Heiligen Geist zu erwarten. Dieses Reich Gottes war die Kirche. Christus hatte sie gegründet und eingerichtet, sie aber in Leben und Tätigkeit zu setzen, diese wichtige Aufgabe überließ er dem Heiligen Geist. Er sollte damit der Welt seine Gottheit und seine Beziehung zur Kirche als Regent offenbaren. So wurde die ganz heilige Dreifaltigkeit und deren Anteilnahme an dem Werk der Erlösung kund getan. Der Vater gibt uns den Sohn, der Sohn und der Vater den Heiligen Geist, und der Heilige Geist gibt uns in der Kirche sich selbst, alles, was Christus zu unserem Heil gewonnen.

Die Apostel also blieben in Jerusalem, vereint mit Maria, der Mutter Jesu, mit den Jüngern und Frauen harrten sie einmütig aus in demütigem und eifrigem Gebet um die Herabkunft des Heiligen Geistes. Am neunten Tage endlich, morgens gegen die neunte Stunde gab sich um das Abendmahlshaus, wo die Jünger versammelt waren, ein Brausen und Tosen wie das einer Windsbraut kund, und zugleich steigen Feuerflammen in Gestalt feuriger Zungen herab und ließen sich zu Häupten jedes der Versammelten nieder. Das war der Heilige Geist, der gekommen war. Sofort traten die Apostel und in ihnen die Kirche in die Öffentlichkeit vor das Volk, das zusammen geströmt war. Die herrlichen Gewalten und Gnadengaben, welche in der Kirche geschlummert hatten, fingen an zu wirken in der plötzlichen Bekehrung von Tausenden und durcheilten auf den Fittichen des Heiligen Geistes in kurzer Zeit die Erde und erneuerten das Antlitz der ganzen Welt.

Auch auf Maria war der Heilige Geist herabgestiegen. Wie niemand anders unter den Versammelten hatte sie sich mit größtem Eifer auf die Ankunft des Heiligen Geistes vorbereitet, wie kein anderer hatte sie ihn in höchster Fülle empfangen, wie niemand sollte sie auch den Heiligen Geist an andere mitteilen. Es war das Kommen des Heiligen Geistes für sie wieder eine neue, ganz besondere Gnadenzeit. Die Apostel rüstete der Heilige Geist aus mit allen Gnaden und Gaben zur Belehrung, Regierung und Ausbreitung der Kirche. Bei Maria legte er seine Gnadenfülle zuerst und zumeist auf persönliche innere Heiligung an, dann zu einer besondern, außerordentlichen Wirksamkeit im Innern der Kirche, vermittelst einer Fülle von Ganden gaben, die dieser entsprechen und dienen sollten. Nicht umsonst wird Maria von der Schrift als „Mutter Jesu“ unter den Anwesenden im Abendmahlssaal angeführt. Die Gegenwart der Mutter Gottes unter der Christengemeinde ist höchst bezeichnend und vorbildlich für ihre Beziehung zur Kirche und ihrer Wirksamkeit in derselben, solange sie noch lebend hier verweilte.

Der Heiland hatte einen wirklichen, wahren und einen mystischen Leib, dieser mystische Leib ist die Kirche. Beide gehören zusammen und machen den ganzen Christus aus. Wie nun Maria in Wirklichkeit die Mutter Jesu ist, so auch dem Geiste nach die Mutter der Kirche. Das Herabkommen des Heiligen Geistes ist die Geburtsstunde der Kirche, insofern sie damals öffentlich auftrat und zu wirken begann, deshalb steht Maria da als Mutter der Kirche, so wie sie an der Krippe als Mutter des Heilandes stand. Das ist also die Aufgabe der Mutter Gottes, zeitlebens Mutter der Kirche zu sein.

Entsprechend dieser Aufgabe wird der Aufenthaltsort der Mutter Jesu wohl Jerusalem gewesen sein, wenigstens solange die Apostel nicht aus der Stadt vertrieben wurden. Jerusalem war ja die Geburtsstätte, gleichsam die Wiege der Kirche, der Mittelpunkt der Einheit durch die Gegenwart und das Wirken der Apostel. Nach einigen stand ihre Wohnung im Tale Josaphat, wo jetzt ihr Grab sein soll, nach andern auf dem Berge Sion, unmittelbar vor dem Abendmahlssaal, wo heutzutage ein Grundstück: More – Schlaf genannt, zu hoher Berühmtheit geworden ist.

Über ihr heiliges Wirken in der ersten Christengemeinde sagt die Schrift und auch die Überlieferung nichts Näheres und Bestimmtes. Es wird eben das stille, wenig auffallende, tief gehende Wirken einer Mutter gewesen sein, das die Kinder mehr empfinden als gewahren. Sicher sind es die unbeschreibliche Bescheidenheit und Demut der Gottesmutter, die uns um die Kenntnis vieler erbauender, anmutender Züge gebracht haben, die aber nicht weniger beredt zu uns sprechen eben durch diese wichtige und notwendige Lehre und Empfehlung der Demut. Darin gibt sie sich als die Mutter desjenigen kund, der vor allem der Lehrmeister der Demut war. Unbeschreiblich wohltuend muss schon die Gegenwart, der Umgang, der Anblick und das vollendete Tugendbeispiel dieses gottbegnadeten Wesens gewesen sein! Wie lieblich ist es, Maria zu denken als Verehrerin des heiligsten Altarsakramentes, das ein lebendiges Spiegelbild des Erdenleidens und Glorienlebens ihres Sohnes ist und ihr für die Trennung von ihrem Jesus wirklichen und reichen Ersatz brachte (Apg. 2,42 u. 46). Die Eucharistie wurde ja schon damals bei den Zusammenkünften der Gemeinde, in jener gebräuchlichen Art, wie der Heiland sie eingesetzt, gefeiert. Wie unendlich viel Erbauung ging für alle, die sie besuchten, von ihren Gesprächen und Unterhaltungen aus. Ohne Zweifel bleibt sie, wie einst zur Zeit des öffentlichen Wandels ihres göttlichen Sohnes, die Lehrmeisterin der heiligen Frauen, die sich besonders dem Heiland angeschlossen hatten. Das Beispiel ihrer Jungfräulichkeit und ihres Eifers in allen guten Werken konnte nicht ohne vielfältige Frucht für die Frauenwelt bleiben. Es mochten ihr auch nicht selten Neubekehrte zugeführt worden sein, um aus ihrem Munde von den Worten und Taten und Geheimnissen ihres Sohnes zu vernehmen. Wer vermochte auch anziehender die Herzen für die Liebe zu ihrem Sohn gewinnen? Gab es einen liebenswürdigeren Katecheten als Maria, die Mutter Jesu?

Maria steht wohl geschmückt erhöht in der Mitte, während Petrus die Neugetauften, die vor und auf der Treppe stehen, der Muttergottes vorstellt

Ein christlich-katholisches Herz findet auch keinen Anstoß in dem Gedanken, daß selbst die Träger der Hierarchie, die Apostel, die Jünger, die Mutter des Herrn um Rat und Trost angingen in der schwierigen Aufgabe, die Kirche zu leiten, zumal so bald Anfeindungen und Verfolgungen über die Christen losbrachen. Maria maßte sich keine leitende Stellung an. Der Heilige Geist war da und erleuchtete die Apostel. Sie war aber der Sitz der Weisheit, die Mutter des guten Rates, und auch durch sie konnte der Heilige Geist Weisung und Trost vermitteln, und ohne Zweifel hat er es auch getan. Sicher war die Gegenwart der Mutter Gottes in Jerusalem nicht ohne Einfluß auf die künftigen Evangelisten, die uns das Leben des Heilandes schriftlich überliefert haben. Es ist kaum zu zweifeln, daß alle Maria persönlich kannten. Matthäus, Markus und Johannes sicher. Lukas wahrscheinlich. Er kam wenige Jahre nach dem Tode des Herrn von Antiochia nach Jerusalem. Gewiß nicht ohne Grund betont Lukas zweimal, daß Maria alle Vorgänge der Jugendgeschichte des Heilandes in ihrem Herzen bewahrte. Damit bezeichnet er ohne Zweifel die Quelle, aus welcher er die Kenntnis der Ankunft Jesu in diese Welt schöpfte. Also auch den Heiland in den Evangelien, hauptsächlich den leiblichen Bericht der Jugendgeschichte Jesu, verdanken wir der Mutter Gottes selbst, von deren Lippen sie Lukas geschöpft hat. Wo waren auch diese heiligen Erinnerungen sicherer und getreuer aufgehoben als im Herzen der Mutter? Mögen nicht auch die tiefen, mystischen Worte des Theologen Johannes und die ergreifenden Worte seiner Innerlichkeit und überfließenden Liebe Nachklänge aus den jahrelangen Unterhaltungen mit der Gottesmutter sein? Ist da nicht alles getragen von dem Geist dieses gottbegnadeten Wesens? –
aus: Moritz Meschler SJ, Unsere Liebe Frau, Ihr tugendliches Leben und seliges Sterben, 1913, S. 164 – S. 169

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