Von der Heiligkeit des Priesters

Von der Bestimmung des Priesters: Er steht in der heiligen Messe vor dem Hochaltar

Von der Heiligkeit des Priesters und seiner Vollkommenheit

Vortrag während der geistlichen Übungen für Priester (v. A. M. von Liguori)

Drittes Kapitel.

1. So groß die Würde des Priesters ist, eben so groß sind aber auch die damit verbundenen Verpflichtungen. Die Priester steigen zu einer hohen Würde empor, und deshalb müssen sie von großer Tugend gestützt werden; denn sonst würde ihrer statt der Verdienste dereinst strenge Strafe warten, sagt der heilige Laurentius Justinian. (De inst. prael. c. 11.) Der heilige Peter Chrysologus pflegte zu sagen (sacerdotes honorati, dicam autem onerati): Die Priester stehen zwar in Ehren, aber sie haben auch eine große Bürde auf sich, worüber sie dereinst große Rechenschaft ablegen müssen. Der Priester, sagt der heilige Hieronymus, wird nicht um seiner hohen Würde willen selig, sondern nur dann, wenn er Werke übt, die seiner Würde entsprechen.

Der Priester ist zu größerer Vollkommenheit verpflichtet

2. Ein jeder Christ muss vollkommen und heilig sein, denn ein jeder Christ bekennt, dass er einem heiligen Gott diene. Das, sagt der heilige Leo, heißt ein Christ sein, dass man das Bild des irdischen Menschen ablegt, und eine himmlische Gestalt annimmt. (Serm. 24. de pass.) Darum sprach Jesus Christus selbst: „Ihr alle sollt vollkommen sein, wie auch euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ (Matth. 5, 48.) Aber der Priester muss in ganz anderer Weise heilig sein, als die Weltleute. —

Der Priester, sagt der heilige Ambrosius (Epist. 6. ad Iren.), darf nichts mit der Menge gemein haben, und der Heilige fügt hinzu, wie der Priester größere Gnade von Gott empfange, so müsse auch sein Wandel an Heiligkeit den der Weltleute weit übertreffen. (Lib. 3. ep. 25.)

Der heilige Isidor lehrt, wie der Himmel von der Erde verschieden ist, so muss auch das Leben eines Priesters von dem eines frommen Laien unterschieden sein. (Lib. 2. epist. 205.) Der heilige Thomas tut den Ausspruch, dass jeder, der einen Stand erwählt hat, auch verpflichtet ist, dasjenige zu beobachten, was sich für seinen Stand geziemt. Überdies bemerkt der heilige Augustin, wer den geistlichen Stand ergreife, der nehme auch die Verpflichtung auf sich, heiligmäßig zu leben. Er verpflichtet sich, sagt er, zu zwei Dingen, zum geistlichen Stand und zur Heiligkeit. (Serm. 83. de divers.)

Und Cassiodor schreibt: Der geistliche Stand ist ein himmlisches Leben. Der Priester ist zu größerer Vollkommenheit verpflichtet, als alle andern, liest man im Thomas von Kempen, weil sein Stand erhabener ist, als jeder andere Stand. Salvian fügt noch hinzu, dass Gott den Laien die Vollkommenheit anempfehle, den Priestern aber gebiete. (Lib. 2. de eccl. cath.)

3. Die Priester im alten Bunde trugen an ihrer Stirn die Worte geschrieben: „Gott geheiligt,“ damit sie stets der Heiligkeit eingedenk seien, zu der sie verpflichtet waren; auch mussten alle Opfer, welche von Priestern dargebracht wurden, vom Feuer gänzlich verzehrt werden. Und warum das? Zum Zeichen der Heiligkeit des Priesters, der sich ganz Gott geweiht hat, sagt Theodoret. (Qu. 3. in Levit.)

Der Priester, sagt der heilige Ambrosius, muss, wenn er auf würdige Weise opfert, sich vorerst selbst ganz Gott zum Opfer darbringen (De Abel c. 6.) Und Hesychius sagt, er müsse ein vollkommenes Brandopfer sein, und zwar, indem er von früher Jugend an mit vollkommener Weisheit beginne, und am Ende des Lebens mit derselben Weisheit aufhöre. Deshalb sprach Gott zu den Priestern im alten Bund: „Ich habe euch gesondert von den übrigen Völkern, auf dass ihr Mein seid.“ (Lev. 20,26.)

Aber noch weit dringender verlangt der Herr im neuen Bund, dass die Priester nicht auf zeitliche Geschäfte, nein, dass sie allein darauf bedacht seien, Gott, dem sie sich geweiht haben, zu gefallen: „Kein Streiter Gottes verwickelt sich in weltliche Geschäfte, damit er Dem gefalle, dem er sich ergeben hat.“ (2. Tim. 2, 4.) Und deshalb verlangt die heilige Kirche, dass der Kleriker, sowie er das Heiligtum betritt und die Tonsur empfängt, schon beteuere, dass er von jetzt an nur Gott dem Herrn angehören wolle: „Der Herr ist der Erbteil meines Kelches; Du bist es, der mir zurück gibt mein Erbe.“

Der heilige Hieronymus sagt, dass schon das Kleid, schon der Stand von den Geistlichen ein heiliges Leben verlange. (Ep. 58.) So muss also der Priester nicht nur fern von Sünde und Laster sein, sondern er muss sich auch immerfort Gewalt antun, zur Vollkommenheit zu gelangen, und zwar zu jener Vollkommenheit, die der Mensch hier auf Erden nur immer erlangen kann; denn es ist schon Vollkommenheit nach dem Ausspruch des heiligen Bernhard, wenn man sich fortwährend bemüht, zur Vollkommenheit zu gelangen.

Der Priester muss wie der Bischof untadelhaft sein

4. Der heilige Bernhard musste weinen, als er betrachtete, wie so viele sich beeilen, die heiligen Weihen zu empfangen, ohne zu erwägen, welche Heiligkeit von ihnen gefordert wird, wenn sie zu so hoher Würde emporsteigen wollen. Wo sind jene, fragt der heilige Ambrosius, die da zagen können, der Herr ist mein Anteil, und nicht die sinnliche Lust, nicht Reichtum, nicht Eitelkeit. Der heilige, Johannes schreibt in der geheimen Offenbarung (1, 6.): „Er machte uns zu einem Königreich, und zu Priestern, Gott und Seinem Vater.“

Menochius und Tirinus erklären das Wort Königreich, indem sie sagen, dass die Priester das Reich Gottes sind, weil Gott in ihnen hier auf Erden durch die Gnade, in jener Welt aber durch die Glorie herrscht; und dies deshalb, weil die Priester dazu eingesetzt und geweiht sind, die Laster zu unterjochen. Der heilige Gregor (Pastor p. I. c. 10.) sagt, ein Priester müsse allen Leidenschaften abgestorben sein, um ein ganz göttliches Leben zu führen.

Das gegenwärtige Priestertum ist ganz dasselbe, das Jesus Christus von Seinem himmlischen Vater empfangen hat: „Ich habe die Herrlichkeit, welche Du Mir gegeben, auch ihnen gegeben.“ (Joh. 17, 22.) Wenn also der Priester, sagt der heilige Chrysostomus, Jesum Christum vorstellt, so muss er auch so rein sein, dass er es verdiente, mitten unter den Engeln im Himmel zu stehen.

5. Der heilige Paulus verlangt, dass der Priester so beschaffen sei, dass ihn kein Tadel treffen könne: „Es muss aber der Bischof untadelhaſt sein.“ (1. Tim. 3, 2.) Dass aber hier unter den Bischöfen die Priester mit einbegrifſen sind, geht daraus hervor, dass der Heilige sogleich zu den Diakonen übergeht: „Desgleichen sollen auch die Diakonen züchtig sein“, — ohne die Priester zu nennen.

So haben es auch die heiligen Augustin und Chrysostomus verstanden und der Letztere sagt ausdrücklich: Was er von den Bischöfen sagt, das kommt auch den Priestern zu. Das Wort untadelhaft, sagt der heilige Hieronymus, umfasst aber den Besitz aller Tugenden, und Cornelius a Lapide bemerkt in seiner Auslegung dieses Textes: Der Priester muss nicht nur ohne Laster sein, sondern auch geschmückt mit allen Tugenden.

Wer nicht heilig ist, soll das Heilige auch nicht berühren

6. Elf Jahrhunderte hindurch wurde ein jeder vom geistlichen Stand ausgeschlossen, der nach seiner Taufe eine einzige Todsünde begangen hatte, wie man dies aus dem Konzil von Nicäa ersieht (Can. 10.), so wie aus dem von Toledo (Can. 30.), von Elvira (Can. 76.) und von Carthago. (Can. ?.) Und wenn jemand nach empfangener Weihe in eine Todsünde zurückgefallen war, so wurde er für immer abgesetzt, und in ein Kloster eingeschlossen, wie man dies aus mehreren Canonen ersieht, (Dist. 88, vom 8—88 can.) und als Grund davon wird im sechsten Canon angegeben: Wer nicht heilig ist, soll das Heilige auch nicht berühren. Nur die untadelhaft sind, verteidigt die heilige Kirche.

Und im 44. Canon des Konzil von Carthago (sess. 22.) heißt es: Die Geistlichen, deren Anteil der Herr ist, sollen von allem Umgang mit der Welt getrennt leben. Aber noch wichtiger ist die Verordnung des Konzil von Trient: Es geziemt sich, den zum Anteil des Herrn berufenen Geistlichen, ihr Leben und ihre Sitten so einzurichten, dass sie in Kleidung, Gebärden, Gang, Rede und allen andern Dingen nichts als Ernstes und von Religion Erfülltes an den Tag legen. (Sess. 22. de reform. c. 1.)

Der Priester, sagt der heilige Chrysostomus (Homil. 10.), soll ein unbeflecktes, heiliges Leben führen, damit alle auf ihn, wie auf einen leuchtenden Tugendspiegel blicken können. Denn deshalb hat uns der Herr auserwählt, damit wir gleichwie Leuchten und Lehrer für die Übrigen seien, und wie Engel auf Erden wandeln.

Das Wort Kleriker bedeutet nach dem heiligen Hieronymus einen Mann, der Gott zu seinem Anteil erwählt hat; und deshalb sagt der heilige Augustin, muss ein Kleriker vor allem seinen Namen erklären, und sich bestreben, der zu sein, der er genannt wird (Ps. 66. ) Und wenn Gott sein Anteil ist, fügt der heilige Ambrosius hinzu, so muss er auch für nichts Sorge tragen, als allein für Gott. (Lib. 2. de fuga sacc. c. 2.)

Der Priester ist von Gott bestellt zur Ehre Gottes

7. Der Priester ist ein Diener Gottes, der für zwei sehr erhabene und ehrenvolle Beschäftigungen bestellt ist; nämlich: dass er Ihn ehre, sowohl durch Opfer, als auch durch Heiligung der Seelen. „Jeder Hohepriester aus den Menschen genommen, wird für die Menschen bestellt, in ihren Angelegenheiten bei Gott, damit er darbringe Gaben.“ (Hebr. 5, 1.) Über diese Worte bemerkt der heilige Thomas: Ein jeder Priester ist vom Herrn erwählt, und in die Welt gesetzt, nicht damit er Ehre oder irdische Güter erlange, nicht damit er Vergnügungen genieße, oder seine Familie befördere, sondern — damit er ganz allein die Ehre Gottes zu befördern trachte.

Er ist bestellt in den Angelegenheiten bei Gott und deshalb heißt der Priester ein Mann Gottes (1. Timoth. 6, 11.), das heißt, ein Mann, der nicht mehr der Welt, der nicht mehr seinen Verwandten, nein, der allein Gott angehört, und der nichts anderes tut, als Gott allein, „Das ist das Geschlecht, das nach ihm verlangt“ (Ps. 23, 6.); das Geschlecht derer, die nur Gott suchen.

Gleichwie Gott im Himmel einige Engel bestimmt hat, die ohne Unterlass an Seinem Thron verweilen, so hat er auch auf Erden unter den Menschen die Priester dazu bestellt, Seine Herrlichkeit zu vermehren. Deshalb spricht der Herr zu ihnen: „Ich habe euch gesondert von den übrigen Völkern, auf daß ihr Mein seid.“ (Levit. 20.) Darum sagt der heilige Chrysostomus Homil. (10. in c. 1. Tim.) hat uns der Herr auserwählt, damit wir wie Engel unter den Menschen auf Erden wandeln. — Gott selbst sagt: „Ich will geheiligt werden in denen, die sich Mir nahen“ (Levit. c. 10.), das heißt, durch die Heiligkeit meiner Priester wird man meine eigene Heiligkeit erkennen.

8. Der heilige Thomas lehrt, es werde von den Priestern eine größere innere Heiligkeit erfordert, als von bloßen Ordensleuten, und dies um der erhabenen Beschäftigungen willen, zu denen die Priester verwendet werden; besonders da sie das heilige Messopfer darbringen, wo sie Christo dem Herrn Selbst dienen. Deshalb fügt der Heilige hinzu (2. 2. q. 184. a. 8.) versündigt sich unter gleichen Umständen ein geweihter Kleriker schwerer, wenn er etwas wider die Heiligkeit seines Standes tut, als ein Ordensmann, der keine heilige Weihe hat. Berühmt ist auch der Ausspruch des heiligen Augustin: Der beste Ordensmann ist noch nicht ein guter Priester. Sonach kann man einen Priester auch nicht gut nennen, wenn er nicht an Frömmigkeit einen guten Ordensmann übertrifft.

Der Priester gehört allein Gott

9. Der heilige Ambrosius sagt: Ein wahrer Diener des Altars ist für Gott und nicht für sich selbst geboren, das heißt, der Priester muss auf seine Bequemlichkeiten, auf seinen Vorteil, auf seine Vergnügungen verzichten; er muss immer eingedenk sein, daß von dem Tage an, da er die heiligen Weihen empfangen, er nicht mehr sich, sondern allein Gott angehört, und daß er auf nichts anderes bedacht sein darf, als auf das, was zur Ehre Gottes gereicht.

Der Herr hat eine besondere Aufmerksamkeit auf die Reinheit und Heiligkeit der Priester, auf dass sie frei von allen Fehlern Ihm Opfer darbringen: „Er sitzt schmelzend und reinigend das Silber, und reinigt die Söhne Levi’s und läutert sie wie Gold und Silber, daß sie dem Herrn Opfer bringen in Gerechtigkeit.“ (Malach. 3, 3.) „Sie (die Priester) sollen heilig sein ihrem Gott, und seinen Namen nicht entweihen, denn sie opfern die Opfer des Herrn und das Brot ihres Gottes, und darum sollen sie heilig sein.“ (Levit. 21, 6.)

Wenn nun aber schon die Priester im alten Bund heilig sein mussten, bloß weil sie Gott Rauchwerk und Schaubrote opferten, die doch nur ein Vorbild des Altarssakramentes waren, um wie viel mehr müssen dann die Priester des neuen Bundes heilig sein, die das unbefleckte Lamm, den Sohn Gottes selbst, dem Herrn opfern! Nicht Kälber oder Rauchwerk, sagt Estius, gleichwie die Priester im alten Bund, bringen wir zum Opfer dar, sondern den Leib Christi selbst, der am Altar des Kreuzes gehangen hat.

Darum wird von uns eine Heiligkeit gefordert, die in der Reinigkeit des Herzens besteht, und wer ohne diese den Altar betritt, der betritt ihn unrein. Deshalb ruft denn auch Bellarmin aus: Wehe uns Unglückseligen, uns ist das höchste Amt zugeteilt, und wir sind doch so weit entfernt von jenem Eifer, welchen Gott von den Priestern im alten Bund verlangte, die doch gegen uns nur ein Schatten waren.(In Ps. 31.)

10. Sogar von jenen, die im alten Bund die heiligen Gefäße trugen, verlangte der Herr Reinheit von aller Makel: „Reinigt euch, die ihr des Herrn Gefäße tragt.“ (Is. 22, 11.) Aber ach! um wie viel reiner müssen die Priester des neuen Bundes sein, welche den Leib Jesu Christi in ihren Händen und in ihren Herzen tragen. (Patr. Blas. ep. 123. ad Rich.) Wer nicht nur goldene Gefäße in seinen Händen hält, sagt der heilige Augustin, sondern jene, in denen der Tod des Herrn begangen wird, der muss rein sein. Die allerseligste Jungfrau Maria musste heilig und rein von aller Makel sein, weil sie das fleischgewordene Wort in ihrem Schoße tragen, und weil sie demselben eine Mutter sein sollte.

Erscheint es aber da nicht notwendig, fragt der heilige Johannes Chrysostomus, dass jene Hand des Priesters von Heiligkeit heller erglänze als die Sonne, die da das Fleisch eines Gottmenschen berührt, so wie jener Mund, der erfüllt wird vom himmlischen Feuer, und jene Zunge, die gerötet wird von dem Blut Jesu Christi. (Hom. 6. ad pop. Ant.)

Der Priester vertritt am Altar die Stelle Jesu Christi; er muss also zum heiligen Messopfer hinzutreten, sagt der heilige Laurentius Justinian, gleichwie Jesus Christus, indem er sich, so weit dies möglich ist, die Heiligkeit und Reinheit Jesu aneignet. Welche Vollkommenheit fordert nicht ein Beichtvater von einer Klosterfrau, damit er derselben täglich die heilige Kommunion gestatten könne; aber warum sollte man nicht von den Priestern, die alle Morgen die heilige Kommunion empfangen, dieselbe Vollkommenheit fordern dürfen?

Der Priester muss das heilige Messopfer mit größtmöglichster Reinigkeit des Gewissens darbringen

11. Wir müssen notwendig bekennen, sagt der Kirchenrat von Trient, dass kein anderes Werk von den Gläubigen so sehr als ein heiliges und göttliches behandelt werden müsse, als dieses furchtbare Geheimnis, nämlich die Feier des heiligen Messopfers. (Sess. 22. Decr. de observ. fest.)

Deshalb, heißt es weiter, muss der Priester alle mögliche Sorge tragen, das heilige Messopfer mit größtmöglichster Reinigkeit des Gewissens darzubringen. Es erhellt also zur Genüge, dass alle Mühe und aller Fleiß darauf verwendet werden muss, es so viel immer möglich mit der größten inneren Reinheit des Herzens zu verrichten. Ach, welch` ein Gräuel! ruft der heilige Augustin aus, vernehmen zu müssen, wie jene Zunge, welche den Sohn Gottes vom Himmel auf die Erde herabruft, gegen Gott redet; sehen zu müssen, wie jene Hände, die in das Blut Jesu getaucht wurden, mit Sündenblut besudelt werden.

Wer in ein Laster verstrickt ist, soll nicht zu den Weihen zugelassen werden

12. Wenn Gott schon von jenen, die Ihm Tiere oder Brot zum Opfer darbrachten, eine solche Reinheit verlangte, dass Er zu opfern verbot, wenn sie irgend einen Fehler an sich hätten: „Wer einen Leibesfehler hat — soll die Opfergaben nicht darbringen“ (Lev. 21, 17.), welch eine weit größere Heiligkeit, sagt Bellarmin, wird alsdann wohl von jenen Priestern gefordert werden, welche dem Herrn Seinen eingebornen Sohn, das göttliche Lamm, zum Opfer darbringen. Unter dem Wort Fehler, sagt der heilige Thomas, versteht man jedes Laster.

Wer, sagt er, in was immer für ein Laster verstrickt ist, soll nicht zur heiligen Weihe zugelassen werden. (Suppl. q. 36. a. 1.) Im alten Bund war es den Blinden, den Lahmen, den Aussätzigen verboten, Opfer darzubringen: „Er nahe sich nicht zu Seinem Dienst, wenn er blind ist, oder lahm — wenn er höckerig ist.“ (Lev. 21.)

Die heiligen Väter verstehen diese Mängel auf geistige Weise und sagen, dass derjenige unwürdig sei, das heilige Messopfer darzubringen, der da blind ist, das heißt, der göttlichen Erleuchtung seine Augen verschließt; der da lahm ist, nämlich jener träge Priester, der keinen Fortgang auf den Wegen Gottes macht, und der immer in denselben Fehlern dahinlebt, ohne das Gebet zu üben, ohne Versammlung des Geistes; dass unwürdig sei, wer sich nicht aufrecht erheben kann, wer mit seinen Neigungen immer zur Erde niedergebeugt ist, wer in Anhänglichkeit an Besitz, an eitle Ehren und an die Vergnügungen dieser Welt dahinlebt.

Endlich, sagen sie, sei auch noch der Aussätzige unwürdig, denn darunter versteht man den Wollüstigen, der sich stets mit sinnlicher Lust besudelt, „gleich dem Schwein, das sich immer wieder im Kot wälzt.“ (2. Petr. 2, 22.) Kurz, derjenige ist unwürdig, sich dem Altar zu nähern, welcher nicht heilig ist; denn durch seine Makeln würde er das Heiligtum des Herrn besudeln: „Er nahe nicht zum Altar, weil er einen Leibesfehler hat, und Mein Heiligtum nicht verunreinigen soll.“ (Lev. 21, 23.)

Der Priester muss als Mittler zwischen Gott und den Sündern schuldlos sein

13. Der Priester muss aber auch deswegen heilig sein, weil er das Amt eines Ausspenders der heiligen Sakramente ausübt: „Er muss als Haushalter Gottes schuldlos sein“ (Tit. 17.), und weil er ein Mittler ist zwischen Gott und den Sündern.

In der Mitte zwischen Gott und der menschlichen Natur, sagt der heilige Johannes Chrysostomus, steht der Priester, indem er uns die Wohltaten Gottes mitteilt, und zugleich Ihm unsere Bitten vorträgt; er versöhnt den über uns erzürnten Herrn, und entreißt uns Seinen strafenden Händen. (Homil. 5. in Joann.) Durch die Priester teilt Gott Seine Gnaden den Gläubigen in den heiligen Sakramenten mit; durch die Priester mahnt Er uns in der heiligen Taufe zu Seinen Kindern und rettet uns vom Verderben: „Wenn jemand nicht neugeboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ (Joh. 3.)

Mittels der Priester heilt der Herr die Kranken, erweckt sogar die Toten wiederum zum Leben der Gnade, indem der Priester nämlich die Sünder durch das Sakrament der Buße wiederum mit Gott aussöhnt. Durch die Priester nährt der Herr die Seelen und bewahrt ihnen das Leben der Gnade, indem sie das allerheiligste Sakrament des Altars den Gläubigen reichen: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben.“ (Joh. 6, 54.) Durch die Priester gibt der Herr mittels des Sakramentes der letzten Ölung den Kranken Kraft, die letzten Versuchungen der Hölle zu besiegen.

Kurz, sagt der heilige Johannes Chrysostomus, ohne Priester können wir unser Heil nicht wirken. (Lib. 4. de Sacerd. c. 4.) Der heilige Prosper nennt die Priester die Entscheider des göttlichen Willens; der heilige Chrysostomus nennt sie die Mauern der Kirche; der heilige Ambrosius das Feldlager der Heiligkeit; der heilige Gregorius von Nazianz die Grundfesten der Welt und die Säulen des Glaubens.

Darum muss der Priester, nach der Meinung des heiligen Hieronymus, die Sündenlast der ganzen Welt mit der Kraft seiner Heiligkeit tragen. Ach, welch ein furchtbares Gewicht! „Der Priester soll für ihn (d. h. für den Sünder) und seine Sünde bitten vor dem Herrn, und seine Sünde wird ihm vergeben werden.“ (Lev. 19, 22.) Deshalb verpflichtet die heilige Kirche alle Priester, jeden Tag das Brevier zu beten, und wenigstens mehrmals im Jahr die heilige Messe zu lesen. Ja, sagt der heilige Ambrosius, die Priester müssen Tag und Nacht für das ihnen anvertraute Volk beten.

Der Priester muss heiliger sein als das ganze Volk, weil er für das Volk beten muss

14. Damit aber der Priester für andere Gnaden von Gott erlange, muss er selber zuerst heilig sein. Diejenigen, sagt der heilige Thomas, welche Mittler zwischen Gott und dem Volk sind, müssen leuchten mit einem guten Gewissen vor Gott, und mit einem guten Ruf vor den Menschen. (Suppl. qu. 36.) Dagegen würde, wie der heilige Gregor sich ausdrückt, jener Mittler ein Tollkühner sein, der es wagen wollte, seinem Fürsten entgegenzutreten, um Verzeihung für die Aufrührer zu erlangen, wenn er sich desselben Verbrechens schuldig wüsste. Welche Verwegenheit ist es doch, sagt der Heilige, dass ich bei Gott die Stelle eines Vermittlers vertrete, während ich doch erkenne, dass ich um meines Wandels willen nicht zu Seinen Vertrauten gezählt werde. (Pastor. p. 1.)

Wer andere vertreten will, der muss selbst gerne von den Fürsten gesehen werden; denn ist er ihm verhasst, so wird er den Fürsten nur noch mehr zum Zorn reizen. Sonach muss der Priester, wie der heilige Augustin sagt, wenn er für andere bittet, solche Verdienste vor Gott erlangt haben, dass er ihnen erwirken kann, was sie aus Mangel an Verdienst nicht zu erhalten vermögen.

Der Papst Hormisdas sagt auch: (Can. Non negamus Dist. 61.) Der Priester muss heiliger sein, als das ganze Volk, weil er für das Volk beten muss. Aber ach! Ruft klagend der heilige Bernhard aus, die Welt ist voll von Priestern, aber selten nur findet man einen wahren Mittler, denn nur wenige Priester sind des Mittleramtes würdig.

Da der heilige Augustin von schlechten Priestern redet, sagt er, dem Herrn sei das Bellen der Hunde wohlgefälliger, als das Gebet solcher Geistlichen. P. Marchese erzählt, dass eine Dienerin Gottes aus dem Orden der Dominikanerinnen eines Tages den Herrn bat, um der Verdienste der Priester willen, dem Volke doch gnädig zu sein. Gott aber habe ihr geantwortet, dass die Priester durch ihre Sünden Ihn vielmehr erzürnten, als besänftigten.

Priester müssen Vorbilder aller Tugenden sein

15. Ferner müssen die Priester aber auch deshalb heilig sein, weil sie von Gott in die Welt gesetzt sind als Vorbilder aller Tugenden. Der heilige Chrysostomus nennt sie die Lehrer der Frömmigkeit; der heilige Hieronymus die Erlöser der Welt; der heilige Prosper die Pforten zur ewigen Stadt für alle Völker; der heilige Peter Chrysologus die Vorbilder der Tugenden. Es ist notwendig, sagt der heilige Isidor, dass wer das Volk auf dem Weg der Tugend anweisen will, selbst heilig und untadelhaft sei.

Es ziemt sich, schreibt der Papst Hormisdas, (Epist. 25.) das derjenige untadelhaft sei, der andern vorgesetzt ist, um sie zu bessern. Der heilige Dionysius (Hier. eccl. c. 18.) tut jenen berühmten Ausspruch: Niemand soll es wagen, im Dienst Gottes ein Führer der andern sein zu wollen, der nicht in allem, so viel es einem Menschen möglich ist, Gott ähnlich geworden ist.

Der heilige Gregorius (Hom. 12. in evang.) sagt, dass die Predigten jener Priester, die keinen guten Wandel führen, eher Verachtung als Segen zur Folge haben; ja, fügt der heilige Thomas hinzu, alle geistlichen Verrichtungen eines Solchen werden gering geachtet. Der heilige Gregor von Nazianz sagt: Der Priester muss zuvor selbst gereinigt sein, ehe er andere reinigt. Zuerst muss er selbst sich Gott nähern, dann erst kann er andere zu Gott führen; zuerst muss er sich selbst heiligen, dann erst kann er andere heiligen; zuerst muss er selbst eine Leuchte sein, ehe er andere erleuchten kann.

16. Jene Hand, sagt der heilige Gregorius, (Past. p. 1. c. 9.) welche andere vom Unrat reinigen will, muss selbst davon frei sein; und an einer andern Stelle sagt er, dass eine Fackel, die nicht brenne, auch nicht zu zünden vermöge. In Bezug hierauf sagt der heilige Bernhard, dass es für den, der selbst nicht liebt, eine barbarische Sprache sei, von Liebe reden zu müssen. Die Priester sind in der Welt als eben so viele Spiegel aufgestellt, in denen die Weltleute sich spiegeln sollen: „Zum Schauspiel sind wir geworden der Welt, den Engeln und den Menschen.“ (1. Kor. 4, 9.)

Deshalb sagt das Konzil von Trient, da von den Priestern die Rede ist: Auf sie, wie auf einen Spiegel, richten die Übrigen ihre Augen, um von ihnen abzunehmen, was sie tun sollen. (Sess. 22. de reform. c. 1.) Auch der Abt Philippus sagte, die Priester seien auserwählt von Gott, um das Volk zu verteidigen; dazu genüge ihnen aber nicht nur ihre Würde, sondern es werde dazu auch noch Heiligkeit der Sitten erfordert.

Zur Ausübung der priesterlichen Verrichtungen reicht eine gewöhnliche Frömmigkeit nicht aus

17. In Erwägung alles dessen, was wir bisher gesagt, behauptet nun der englische Lehrer, dass zur Ausübung der priesterlichen Verrichtungen eine gewöhnliche Frömmigkeit nicht hinreicht, sondern, dass eine ganz vorzügliche Frömmigkeit erfordert werde, (Suppl. q. 35. a. 1.) und an einer andern Stelle sagt er: (In 4. sent. dist. 24. qu. 3. a. 1.) Diejenigen, welche zur Feier der göttlichen Geheimnisse verwendet werden, müssen in der Tugend vollkommen sein.

Und noch anderswo (2. 2. q. 184. art. 6.) fügt er hinzu: Um würdig dieses Amt auszuüben, wird eine innerliche Vollkommenheit erfordert. Die Priester müssen also heilig sein, damit sie nicht etwa jenem Gott, Dessen Diener sie sind, zur Unehre gereichen: „Sie sollen heilig sein, ihren Gott und seinen Namen nicht entweihen.“ (Lev. 21,6.) Wenn man sähe, daß der Minister eines Königs jauchzend durch die Straßen zöge, Schenken besuchte, sich mit dem großen Haufen ganz gemein machte und unehrerbietig von seinem König spräche, welche Achtung würde man da wohl für den König selbst hegen?

Schlechte Priester sind Ursache, daß auf Jesus Christus selbst, dessen Diener sie sind, Schmach fällt. Der heilige Johannes Chrysostomus sagt: Was für einen Gott haben doch nur jene, die Solches tun? So könnten die Heiden von solchen Priestern sagen, — denn würde Er sie wohl dulden, wenn Er nicht in ihre Werke einwilligte? Wie können wir auch nur glauben, dass dieser Gott, der uns von solchen Priestern versündigt wird, der wahre Gott sei; denn wenn Er dies wäre, könnte Er da wohl, indem Er doch ihren bösen Wandel sieht, denselben dulden, ohne sich ihrer Laster teilhaftig zu machen?

18. Deshalb hat uns der heilige Paulus ermahnt: „In allen Dingen erweisen wir uns als Diener Gottes.“ (2. Kor. 6, 4.) Man muss an uns erkennen, sagt er, da er von den Priestern redet, dass wir wahre Diener Gottes sind, und er fährt fort: Durch große Geduld, indem wir geduldig Armut, Krankheit und Verfolgung ertragen: In Nachtwachen, in Fasten, indem wir wachsam sind in allem, was die Ehre Gottes anbelangt, so wie in der Abtötung unserer Sinne.

Durch Keuschheit, mit Weisheit, mit Freundlichkeit, mit ungeheuchelter Liebe, indem wir die Reinigkeit des Leibes bewahren, und darauf bedacht sind, unsern Geist auszubilden, um den Seelen zu helfen, indem wir die Sanftmut und die wahre Nächstenliebe üben: Gleichwie betrübt und doch immer freudig, indem wir betrübt erscheinen, weil wir alle Freuden dieser Welt meiden, aber dennoch jenen Frieden genießen, dessen die Kinder Gottes teilhaftig werden: wie nichts habend, und doch alles besitzend; arm an zeitlichen Gütern, aber reich in Gott, denn wer Gott besitzt, der besitzt alles.

Auf solche Weise müssen die Priester leben; kurz: sie müssen heilig sein, weil sie die Diener eines heiligen Gottes sind: „Seid heilig, weil Ich heilig bin.“ (Lev. 11, 44.) Sie müssen bereitwillig sein, ihr Leben für die Seelen hinzugeben, denn sie sind Diener Jesu Christi, der gekommen ist, um für Seine Schäflein zu sterben, wie Er selbst uns gesagt hat: „Ich bin der gute Hirt; der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe.“ (Joh. 10, 11.)

Endlich müssen sie aus allen Kräften darauf bedacht sein, in allen Menschen das heilige Feuer der göttlichen Liebe zu entzünden; denn sie sind die Diener des fleischgewordenen Wortes, das gerade deshalb in die Welt gekommen ist, wie Jesus Selbst es uns sagt: „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu senden, und was will Ich anders, als dass es brenne.“ (Luk. 12, 49.)

Der Priester darf nicht nach den Grundsätzen der Welt leben

19. Der König David bat den Herrn inständig, Er wolle doch zum Heil der ganzen Welt bewirken, dass die Priester mit Gerechtigkeit angetan seien: „Lass Deine Priester antun Gerechtigkeit.“ (Ps. 131, 9.) Die Gerechtigkeit schließt aber alle Tugenden in sich. Es muss also ein Priester mit dem Glauben bekleidet sein, indem er nach der Lehre des Glaubens, und nicht nach den Grundsätzen der Welt lebt. Die Welt lehrt, man müsse sich mit Geld und Gut bereichern, Ehre suchen, alle nur möglichen Vergnügungen mitmachen — der Glaube dagegen preist die Armen selig, und lehrt, dass man Verachtung geduldig ertragen, sich selbst verleugnen und Leiden lieben müsse.

Auch muss der Priester sich mit heiliger Hoffnung bekleiden, indem er alles nicht etwa von den Geschöpfen, sondern allein von Gott hofft. Er muss sich mit Demut bekleiden, indem er sich aller Strafe, aller Verachtung würdig hält. Er muss sich mit Sanftmut bekleiden, indem er sanft gegen alle ist, besonders gegen jene, die wider ihn aufgebracht sind, so wie gegen ungebildete, rohe Menschen.

Endlich muss sich der Priester auch noch mit heiliger Liebe Gottes und des Nächsten bekleiden, mit der Liebe Gottes, indem er ganz mit Gott vereinigt lebt, und mittels des Gebetes Sorge trägt, dass sein Herz ein Altar sei, auf welchem immer das Feuer der heiligen Liebe brennt; und mit Nächstenliebe, indem er das Wort des Apostels befolgt: „So zieht nun an, als Gottes Auserwählte, o Geliebte, herzliches Erbarmen.“ Er trage also Sorge, allen Menschen in aller geistlichen und zeitlichen Not, so gut er kann, zu Hilfe zu kommen; ich sage allen Menschen, selbst den Undankbaren, selbst seinen Verfolgern.

Kein Amt ist mühsamer und gefährlicher als das Priesteramt

20. Der heilige Augustin (Ep. 22. alias 148.) sagt: Nichts ist in diesem Leben beglückender und den Menschen ersprießlicher, als das Amt des Priesters; aber auch nichts ist vor Gott beschwerlicher und für den Menschen gefahrvoller.

Es ist ein großes Glück, eine große Gnade für einen Menschen, Priester zu sein; die Gewalt zu besiegen, das ewige Wort vom Himmel in seine Hände herab zu ziehen; die Seelen von der Sünde und von der Hölle zu befreien; ein Statthalter Jesu Christi, das Licht der Welt, ein Mittler zwischen Gott und den Menschen zu sein; größer und edler als alle Monarchen dieser Welt geworden zu sein, eine Macht zu besitzen, die jene der Engel weit übertrifft; kurz: zu einem Gott auf Erden gemacht zu sein, wie dies der heilige Clemens von den Priestern sagte. Gewiss, nichts ist seliger!

Dagegen aber gibt es auch kein Amt, das mühsamer und gefährlicher wäre, als das des Priesters. Denn, wenn Jesus Christus in die Hände des Priesters herabkommt, um seine Speise zu werden, so muss derjenige, der solch einer Gnade gewürdigt wird, auch reiner sein, als das lauterste Wasser, wie dies eines Tages dem heiligen Franziskus gezeigt ward. Wer ein Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, der muss auch vor Gott frei von aller Schuld erscheinen.

Wer ein Stellvertreter Jesu Christi ist, der muss Ihm auch in Seinem Wandel gleichen; wer ein Licht der Welt ist, der muss auch hell von Tugenden erglänzen; kurz, wer Priester ist, der muss auch heilig sein; denn entspricht er seinem Stande nicht, so wird seine Rechenschaft, wie der heilige Gregorius bemerkt, nur um so größer sein, je mehr Gnaden er von Gott empfangen hat. (Homil. 9. in evang.) Der heilige Bernhard sagt, das Amt eines Priesters sei ein himmlisches Amt und der Priester ein Engel des Herrn geworden, und deshalb, fügt er hinzu, wird er auch, gleichwie ein Engel, entweder auserwählt oder verworfen werden.

Der Priester, sagt der heilige Ambrosius, (Lib. 3. ep. 25. ) muss selbst von den kleinsten Sünden frei sein, und er darf keine mittelmäßige Tugend besitzen, die sich nur von schweren Lastern enthalte, sondern er muss auch die kleinsten Fehler fliehen.

Ein Priester, wenn er nicht heilig ist, läuft Gefahr, verloren zu gehen

21. Daher kommt es, dass der Priester, wenn er nicht heilig ist, in großer Gefahr schwebt, ewig verloren zu gehen. Aber was tun manche Priester, ja, sagen wir lieber, was tun fast alle, um sich zu heiligen? Sie lesen die heilige Messe, sie beten das Brevier, und das ist Alles! Ohne betrachtendes Gebet, ohne Abtötung, ohne Versammlung des Geistes leben sie dahin. Es ist genug, sagen sie, wenn ich nur selig werde. —

Nein, sagt der heilige Augustin, (Serm. 169.) es ist nicht genug; sobald du sagst, es ist genug, wirst du gewiss zu Grunde gehen. Damit der Priester heilig sei, muss er von allem abgeschält leben; von den Unterhaltungen der Welt, von eitler Ehre, und von allzu großer Neigung zu seinen Verwandten. Wenn aber die Verwandten sehen, daß er nicht darauf bedacht ist, sie empor zu bringen, sondern dass er nur auf Gott denkt, dann werden sie zu ihm sagen: Warum hast du uns das getan?

Er aber muss ihnen dann antworten, wie der Knabe Jesus, als Seine Mutter Ihn im Tempel wiedergefunden: „Warum habt ihr Mich gesucht? Wusstet ihr nicht, daß Ich in Dem sein muss, was Meines Vaters ist.“ (Luk. 2, 49.) Auf solche Weise muss auch der Priester seinen Eltern antworten: Habt ihr es nicht selbst gewünscht, dass ich Priester werde; wusstet ihr denn aber nicht, dass der Priester nur auf Gott denken soll? Seht, ich will nur darauf bedacht sein, Gott zu gefallen. –
aus: Alphons Maria von Liguori, Der Priester in der Einsamkeit, 1856, S. 28 – S. 45

siehe dazu auch den Beitrag: Pius XI.: Die erforderliche Heiligkeit des Priesters – Auszug aus dem Rundschreiben „Ad catholoci sacerdotii“ v. 20. Dezember 1935

sowie den Beitrag: Pius XII.: Die Heiligkeit des Priesterlebens – Apostolische Ermahnung von Papst Pius XII. vom 23. September 1950

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