Konzil von Trient: Lehre über das Opfer der Messe
Zweiundzwanzigste Sitzung, welche ist die sechste unter Papst Pius IV.,
gefeiert am 17. September 1562
Die hochheilige allgemeine und allumfassende Versammlung zu Trient, im heiligen Geist rechtmäßig versammelt, unter Vorsitz derselben Abgeordneten des des apostolischen Stuhles lehrt und erklärt, damit der alte, unbedingt geltende und allerseits vollkommene Glaube, und die Lehre über das große Geheimnis der Eucharistie in der heiligen katholischen Kirche erhalten und in seiner Reinheit nach Entfernung der Irrtümer und Ketzereien bewahrt werde, bezüglich derselben, in wie ferne sie das wahrhafte und einzige Opfer ist, und beschließt, belehrt durch die Erleuchtung des heiligen Geistes, daß Folgendes den gläubigen Völkern verkündet werde.
Kap. 1. Von der Einsetzung des allerheiligsten Messopfers.
Weil im alten Bund nach dem Zeugnis des Apostels Paulus wegen Unzulänglichkeit des Levitischen Priestertums keine Vollkommenheit war, so musste auf Veranstalten Gottes, des Vaters der Erbarmungen, ein anderer Priester nach Ordnung Melchisedechs auftreten, unser Herr Jesus Christus, damit dieser vermöge, alle Heiligungs-Bedürftigen vollkommen zu machen und zur Vollendung zu führen. Dieser unser Herr und Gott also, obgleich er ein einzig mal sich selber auf dem Altar des Kreuzes mit Eintritt des Todes Gott dem Vater darbringen wollte, damit er dort selbst die ewige Erlösung vollziehe, hat, weil doch durch den Tod sein Priestertum nicht erlöschen sollte, beim letzten Abendmahl, in welcher Nacht er überantwortet wurde, auf daß er seiner geliebten Braut, der Kirche, ein sichtbares Opfer, wie es die Natur der Menschenerheischt, hinterlasse: ein Opfer, wodurch jenes blutige ein einzig mal am Kreuz zu vollziehende darstellt, und das Gedenken an dasselbe bis an das Ende der Weltzeit erhalten, und dessen heilbringende Wirkung zur Vergebung der von uns täglich begangenen Sünden angeeignet werde, sich selber als den auf ewig eingesetzten Priester nach Ordnung Melchisedechs erklärt, und seinen Leib und Blut unter den Gestalten des Brotes und Weines dem Vater dargebracht, und den Aposteln, die er damals zu Priestern des neuen Bundes einsetzte, unter dem Zeichen der erwähnten Gegenstände zum Genuss dargereicht, und dieselben sowie ihren Nachfolgern im Priestertum dar zu bringen befohlen mit den Worten: „Dieses tut zu meinem Angedenken“, wie die katholische Kirche allzeit erkannt und gelehrt hat. Denn nach der Feier des alten Osterlammes, welches alle Söhne Israels zum Angedenken an den Auszug aus Ägypten schlachteten, setzte er sich selber als das neue von der Kirche durch die Priester unter sichtbaren Zeichen zu opfernde Osterlamm ein zum Angedenken seines Hinscheidens aus dieser Welt zum Vater, als er durch die Vergießung seines Blutes uns erlöste und aus der Gewalt der Finsternisse entriß und in sein Reich hinüber führte. Und dieses also ist jenes reine Opfer, welches durch keine Unwürdigkeit oder Bosheit der Darbringenden befleckt werden kann; von welchem der Herr durch Malachias vorher gesagt, daß es seinem Namen, welcher groß werden soll unter den Völkern, an jeglichem Ort rein dargebracht werde, und auf welches nicht undeutlich der Apostel Paulus hinweist im Schreiben an die Korinther, da er sagt, daß die, welche durch Teilnahme am Tische der bösen geister befleckt sind, nicht Teil nehmen können am Tisch des Herrn, indem er beide Male unter dem Tisch den Altar versteht. Endlich ist es dasselbe, welches in der Zeit des Naturzustandes und des Gesetzes durch mannigfache Formen von Opfern vorgebildet wurde, welches nämlich alle durch dieselben angedeuteten Güter, als die Vollendung und Vervollkommnung ihrer aller, in sich schließt.
Kap. 2. Das Opfer der Messe ist Sühnopfer sowohl für die Lebenden als für die Verstorbenen.
Und weil in diesem göttlichen Opfer, welches in der Messe vollbracht wird, eben derselbe Christus enthalten ist und unblutiger Weise geopfert wird, welcher sich selber auf dem Altar des Kreuzes ein einzig mal blutiger Weise aufgeopfert hat, so lehrt die heilige Versammlung, daß dieses Opfer wahrhaft ein Sühnopfer sei, und durch dasselbe bewirkt werde, wenn wir mit aufrichtigem Herzen und rechtem Glauben, mit Ehrfurcht und Andacht, zerknirscht und reumütig zu Gott hintreten, daß wir Erbarmen erlangen und Gnade finden, wenn Hilfe Not tut. Durch dieses Opfer nämlich versöhnt, verleiht der Herr Gnade und die Gabe der Buße, und erläßt Vergehen und Sünden, seien sie auch och so groß. Denn es ist ein und dieselbe Opfergabe, derselbe jetzt durch den Dienst der Priester sich Opfernde, welcher damals sich selbst am Kreuz geopfert hat, indem nur die Weise der Darbringung verschieden ist. Werden nun, wohl verstanden, die Früchte jenes blutigen Opfers durch dieses unblutige in reichem Maße angeeignet, so wird nicht im Entferntesten jenem durch dieses auf irgend eine Weise Eintrag getan. Deshalb wird es nach Überlieferung der Apostel nicht nur für die Sünden, Strafen, Genugtuungen und andere Bedürfnisse der lebenden Gläubigen mit Recht dargebracht, sondern auch für die in Christus Verstorbenen, welche noch nicht völlig gereinigt sind.
Kap. 3. Von der Messe zu Ehren der Heiligen.
Obgleich nun die Kirche den Brauch hat, zuweilen einige Messen zu Ehre und Gedächtnis der Heiligen zu feiern, so lehrt sie doch, daß nicht diesen das Opfer dargebracht werde, sondern Gott allein, der dieselben gekrönt hat. Darum pflegt auch nicht der Priester zu sagen: „Dir, Petrus oder Paulus bringe ich das Opfer dar“, sondern er dankt Gott für die Siege derselben, und fleht um ihre Fürsprache, damit dieselben, deren Gedächtnis wir auf Erden begehen, sich würdigen, für uns im Himmel fürzubitten.
Kap. 4. Vom Kanon der Messe.
Und weil es sich ziemt, daß das Heilige heilig verwaltet werde, und dieses das heiligste aller Opfer ist, so hat die katholische Kirche, damit dasselbe mit Würde und Ehrfurcht dargebracht und aufgenommen werde, vor vielen Jahrhundertenden heiligen Kanon festgesetzt, welcher so von allem Irrtum rein ist, daß nichts in demselben sich befindet, was nicht ganz deutlich eine bestimmte Heiligkeit und Frömmigkeit erkennen läßt, und die Gemüter der Darbringenden zu Gott empor richtet. Derselbe besteht nämlich teils aus den eigenen Worten des Herrn, teils aus Überlieferungen der Apostel und auch aus frommen Anordnungen heiliger Päpste.
Kap. 5. Von den Zeremonien und Gebräuchen der Messe.
Da nun die Natur der Menschen derartig ist, daß sie nicht leicht ohne äußere Hilfsmittel zur Betrachtung göttlicher Dinge sich zu erschwingen vermag, so hat deshalb die fromme Mutter, die Kirche, gewisse Gebräuche eingeführt, daß nämlich in der Messe Einiges mit leiser, Anderes mit lauterer Stimme gesprochen werde; ebenso setzte sie nach apostolischer Anordnung und Überlieferung Zeremonien fest, wie geheimnisreiche Segnungen, Lichter, Rauchwerk, Gewänder und vieles andere der Art, wodurch sowohl die Erhabenheit dieses so großen Opfers hervor gehoben wird, als auch die Gemüter der Gläubigen durch diese sichtbaren Zeichen der Gottesverehrung und Frömmigkeit zur Betrachtung der so erhabenen Dinge, welche in diesem Opfer verborgen sind, angeregt werden.
Kap. 6. Von der Messe, in welcher der Priester allein kommuniziert.
Kap. 7. Von der Beimischung des Wassers zum Wein bei Darbringung des Kelches.
Kap. 8. Die Messe soll nicht in der Landessprache gefeiert werden. Die Geheimnisse derselben mögen dem Volk erklärt werden.
Obgleich die Messe viel Belehrendes für das gläubige Volk enthält, so erschien es doch den Vätern nicht so sachdienlich, daß sie allenthalben in der Landessprache gefeiert werde. Damit nun nicht, wenn allerwärts der alte und von der heiligen römischen Kirche, der Mutter und Lehrerin aller Kirchen, bestätigte Ritus in jeglicher Kirche beibehalten wird, die Schafe Christi hungern, und die Kleinen nicht um Brot bitten und Niemand sei, der es ihnen breche, so befiehlt die heilige Versammlung den Pfarrern und allen, welche Seelsorge ausüben, daß sie öfters unter der Feier der Messe entweder selber oder durch Andere, Einiges von dem, was in der Messe gelesen wird, auslegen und unter anderem irgend ein Geheimnis dieses so heiligen Opfers erklären, besonders an den Sonntagen und Festen.
Kap. 9. Vorwort zu den folgenden Kanones.
Weil aber gegen diesen im hochheiligen Evangelium, in den Überlieferungen der Apostel und in der Lehre der heiligen Väter gegründeten Glauben in dieser Zeit viele Irrtümer verbreitet wurden, und von Vielen Vielerlei gelehrt und gestritten wird, so hat die heilige Versammlung, nach vielen ernstlichen reiflich über diese Gegenstände gepflogenen Verhandlungen mit einmütiger Zustimmung Alles, beschlossen, zu verwerfen und auszuscheiden aus der heiligen Kirche durch folgende beigefügten Canones, was diesem ganz reinem Glauben und der heiligen Lehre entgegen ist.
Über das Opfer der Messe
Canon 1. Wenn Jemand sagt, in der Messe werde Gott nicht ein wahres und eigentliches Opfer dargebracht, oder geopfert werden, sei nichts anderes, als daß uns Christus zum Genuss gereicht werde: der sei ausgeschlossen.
Can. 2. Wenn Jemand sagt, daß Christus durch die Worte: „Dieses tut zu meinem Andenken“, die Apostel nicht zu Priestern eingesetzt habe, oder nicht angeordnet habe, daß sie und die übrigen Priester seinen Leib und Blut darbringen: der sei ausgeschlossen.
Can. 3. Wenn Jemand sagt, das Messopfer sei nur für Lob und Danksagung, oder eine einfache Erinnerung an das am Kreuz vollzogene Opfer, nicht aber ein Sühnopfer; oder es nütze nur dem, der es genießt, und es brauche nicht für Lebende und Verstorbene, für Sünden, Strafen, genugtuungen und andere Anliegen dargebracht zu werden: der sei ausgeschlossen.
Can. 4. Wenn Jemand sagt, daß dem heiligsten am Kreuz vollbrachten Opfer Christi, durch das Messopfer eine Lästerung zugefügt werde, oder jenem durch dieses Eintrag geschehe: der sei ausgeschlossen.
Can. 5. Wenn Jemand sagt, es sei Betrug, Messen zu feiern zu Ehren der Heiligen und um deren Fürbitte bei Gott zu erlangen, wie die Kirche beabsichtigt: der sei ausgeschlossen.
Can. 6. Wenn Jemand sagt, daß der Canon der Messe Irrtümer enthalte, und deshalb abzuschaffen sei: der sei ausgeschlossen.
Can. 7. Wenn Jemand sagt, die Zeremonien, Gewänder und äußeren Zeichen, deren sich die katholische Kirche bei der Feier der Messe bedient, seien mehr Anreiz zur Gottlosigkeit als Erweise der Frömmigkeit: der sei ausgeschlossen.
Can. 8. Wenn Jemand sagt, daß die Messen, bei welchen der Priester allein sakramental kommuniziert, unerlaubt und deshalb abzuschaffen seien: der sei ausgeschlossen.
Can. 9. Wenn Jemand sagt, der Ritus der römischen Kirche, nach welchem ein Teil des Caonons und die Konsekrations-Worte mit leiser Stimme gesprochen, sei zu verwerfen; oder es dürfe die Messe nur in der Landessprache gefeiert werden; oder es sei kein Wasser bei Darbringung des Kelches dem Wein beizumischen, weil es gegen die Einsetzung Christi sei: der sei ausgeschlossen.
aus: Beschlüsse und Glaubensregeln des hocheiligen allgemeinen Concils zu Trient unter den Päpsten Paul III., Julius III. und Pius IV., 1865, S. 108 – S. 113