Vitus Modestus Crescentia Märtyrer

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

15. Juni

Die heiligen Vitus, Modestus und Crescentia, Märtyrer

Die nicht ganz zuverlässigen Akten dieser drei heiligen, welche in der lateinischen Kirche und vorzüglich in Deutschland eine große Berühmtheit und hohe Verehrung erlangt haben, berichten im Wesentlichen Folgendes:
Zur Zeit des Kaisers Diokletian lebten in Sizilien die frommen christlichen Eheleute Modestus und Crescentia. Der reiche Senator Hylas, der nichts von ihrem Christentum wußte, wählte die Crescentia zur Amme und Erzieherin seines Söhnleins Vitus (in Deutschland Veit, in Italien Guido gesprochen). Sie nahm die Wahl an, ließ mit Zustimmung des gatten Modestus das Kind taufen, und beide gelobten, den Knaben im wahren Glauben mit Treue und Sorgfalt zu erziehen. Crescentia kniete mit heiliger Mutterliebe an der Wiege des Säuglings, dankte Gott in seinem Namen für die heilige taufe und flehte um Erhaltung der ihm eingegossenen Tugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe und Vermehrung derselben. Und sobald der kleine Vitus seine Händlein falten konnte, lehrte sie ihn beten, erzählte ihm warm und innig von Jesus Christus, von der Güte Gottes, von der Schönheit des Himmels, von der Hässlichkeit der Sünde und den Schrecknissen der Höllenstrafen.

Diese Lehren, befruchtet vom guten Beispiel des stillen Friedens und der heiligen Gottesfurcht, wovon das Tun und Lassen des Modestus und der Crescentia beseelt war, gediehen vortrefflich im geheiligten Herzen des Kindes, das zu einem geistvollen, engelgleichen Knaben empor wuchs. Als Vitus wieder unter die Leitung seines Vaters kam, war dieser ganz entzückt vor Freude über das Glück, daß sein Sohn so tadellos brav, folgsam und bescheiden sei und so schöne Eigenschaften des Geistes und Herzens an den Tag lege; wußte aber noch nicht, daß er Christ sei. Erst als Vitus zwölf Jahre zählte und an Blinden, Stummen, Kranken und Besessenen Wunder wirkte mittels des heiligen Kreuzzeichens, ahnte der Vater das Geheimnis und erhielt auch vom Sohn das offene Geständnis, daß nur der Gott der Christen der wahre Gott sei, und er an denselben allein glaube; aber mit keiner Silbe verriet er dem Vater, wann, wo oder wie er den Gott der Christen kennen und lieben gelernt habe.

Hylas, von Schmerz und Zorn gepeinigt, stürmte mit Liebkosungen, Versprechungen, Tränen und Drohungen auf des Sohnes Herz ein, daß er mit ihm den unsterblichen Göttern opfere; doch Vitus blieb standhaft und wehrte die Angriffe ab mit der Versicherung: „O Vater, wüßtest du, wie herrlich und gütig der Gott der Christen ist, du würdest sogleich Den anbeten, der Himmel und Erde erschaffen hat und seine Diener mit unaussprechlicher Seligkeit belohnt!“ Über diese Worte des „abergläubischen Sohnes“ sehr erbittert, vollzog Hylas seine Drohungen mit scharfer, blutiger Peitsche; Vitus lobte und pries Gott für diese Schläge. Der ratlose Vater klagte sein Unglück seinem Freund, dem Präfekten Valerian, und bat ihn, den Knaben vor sich kommen zu lassen und ihn durch sein kaiserliches Ansehen zu erschüttern; vor dem Ernst des Gerichtes werde der kindische Trotz schon erweichen. Allein Vitus bewies sich vor dem Richter so furchtlos, verteidigte seinen Glauben gegen alle Einwendungen so tapfer, daß Valerian nur noch in der rohen Gewalt ein Mittel zu finden hoffte, diesen sonderbaren Knaben zu zwingen, den Göttern zu opfern. Er befahl, die gesetzliche Geißelung mit ganzer Strenge an ihm zu vollziehen, und schickte das halbtote Kind dem Vater zurück mit der Versicherung, die amtliche Geißel werde ihm für immer das böse Christenblut ausgetrieben und die Ehrfurcht vor den Göttern in die tiefen Wunden eingeimpft haben. Vitus ward wunderbar schnell von seinen Wunden geheilt, dankte Gott voll Freude für die Gnade, daß er gewürdigt worden, für den gekreuzigten Jesus öffentlich zu leiden, und ehrte den Vater mit der sorglichsten Aufmerksamkeit und ehrerbietigsten Kindesliebe.

Inzwischen wurden die diokletianischen Gesetze wider das Christentum verkündet, welche jeden Verächter der Götter (Christ) und jeden Begünstiger derselben mit der Märtyrertod bedrohten. Hylas wollte, ums eine Staatsfreundlichkeit zu bezeugen und seine Familie vor der gefährlichen Anklage des Christenschutzes zu sichern, den eigenen Sohn selbst dem Gericht überliefern; aber die göttliche Vorsehung entriß ihm das unschuldige Opfer seines Wahnsinnes. Modestus und Crescentia, welche wahrscheinlich wegen der Niedrigkeit ihres Standes und wegen der Zurückgezogenheit ihrer Lebensweise unbeachtet blieben, fanden Mittel, den glaubensstarken Zögling, das Kind ihrer Sorgen und Gebete, der drohenden Gefahr zu entreißen: sie holten heimlich den teuren Vitus aus dem elterlichen Hause, dem er der Bestimmung des Vaters gemäß nicht mehr angehörte, schifften mit ihm auf einem kleinen Fahrzeug nach dem unteren Italien und landeten glücklich an der Küste von Lukanien in der jetzigen Provinz Principato.

Nur kurze Zeit blieben sie hier unbekannt; der Prinz des Kaisers wurde damals von einem bösen Geist geplagt, welcher erklärte, nur dem Vitus werde er weichen, und zugleich den Ort anzeigte, wo derselbe sich aufhalte. Unverzüglich berief Diokletian den Vitus mit den Pflegeeltern nach Rom und bat den Jüngling um die Befreiung seines Sohnes. Vitus legte dem Prinzen die Hand auf, bezeichnete ihn mit dem heiligen Kreuz und befahl im Namen Jesu Christi dem Satan zu weichen. Unter schrecklichen Lästerungen gegen Vitus fuhr der böse Geist aus, und der Prinz war gesund. Voll Freude sprach der Kaiser: „Dir und deinen Eltern schenke ich meine ganze Huld, ihr sollt an Allem Überfluss haben; kommt, wir wollen den Göttern für diese Wohltat ein Dankopfer darbringen.“ Vitus erwiderte freimütig: „Wir bedürfen deiner Schätze nicht, wir sind reich genug im Besitz der Gnade unseres Herrn, der uns das Himmelreich geben wird, wir können und werden deinen Göttern niemals opfern.“ Diese Erklärung beleidigte den Stolz des Kaisers, und er erschrak nicht wenig, daß der Retter seines Prinzen ein verhaßter Christ sein solle, vergaß gänzlich der empfangenen Wohltat und sprach höhnisch: „Ich will doch sehen, ob euer Gott mächtig genug ist, euch den Zähnen meiner Löwen zu entreißen.“

Ohne Verzug wurden Modestus, Crescentia und Vitus auf die Arena geführt, drei Löwen stürzten brüllend auf sie los, Vitus machte das heilige Kreuz, und die Bestien legten sich sanft und schmeichelnd zu ihren Füßen. Diokletian donnerte: „Das ist Zauberei“ und befahl die drei Bekenner, in geschmolzenes Blei zu werfen; sie blieben unversehrt, lobten und preisen Gott. Knirschend vor Zorn befahl der Kaiser: „Spannt sie auf die Folter zu Tode.“ Während der Marter fährt plötzlich ein schreckliches Ungewitter daher, die Donner rollen, die Blitze zucken, der Erdboden zittert; Angst erfaßt die Richter und Zuschauer, Alle fliehen davon: die christliche Matrone Florentina benützt diesen Augenblick, trägt die Leichen der drei heiligen Märtyrer schnell hinweg und bestattet sie mit Ehren.

Im Jahre 836 kamen die Reliquien des hl. Vitus in das Kloster Corvey an der Weser, von wo aus sich seine Verehrung über Deutschland verbreitete; viele Orte in Bayern und Österreich nannten sich „St. Veit“. Der hl. Veit gehört zu den vierzehn Nothelfern und ist der Patron gegen die Fallsucht und die „heilige Krankheit“ – den sogenannten Veitstanz. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 457 – S. 559

Tags: Heilige

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