Unterricht für den Sonntag Invocabit

Der Osterkreis: Ein Band mit Ornamenten: In der Mitte das Lamm Gottes mit der Siegesfahne

Unterricht für den ersten Sonntag in der Fasten, „Invocabit“ (*) genannt

Um den Zweck der Fasten – Umänderung unseres Sinnes und Wandels zu würdiger Vorbereitung auf das Fest der Auferstehung – zu erreichen, stellt uns heute die Kirche Jesum, den Versuchten und Überwinder, zum Muster und auch zur Aufmunterung dar, Ihm im Kampf gegen alles Böse nachzufolgen, und flößt uns daher im Eingang der heiligen Messe Vertrauen auf den Sieg ein mit den Worten des Psalmisten: „Er ruft zu Mir, und Ich erhöre ihn; Ich reiße ihn heraus und bringe ihn zu Ehren. Mit langem Leben will Ich ihn sättigen.“ (Ps. 90, 15 u. 16) – „Wer unter des Allerhöchsten Schutz wohnt, weilt unter dem Schirm Gottes im Himmel.“ (Ps. 90, 1) – Ehre sei dem Vater etc.

Gebet der Kirche.
O Gott! Der Du deine Kirche durch die jährliche Haltung der vierzigtägigen Fasten reinigst, verleihe deinem Volk, daß was es von Dir durch Enthaltsamkeit zu erlangen sich bemüht, durch seine guten Werke sichtbar werde. Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Lesung aus dem zweiten Brief des hl. Apostels Paulus an die Korinther. Kap. 6, Vers 1-6.

Brüder! Wir ermahnen euch, daß ihr die Gnade Gottes nicht fruchtlos empfanget. Denn Er spricht: Zur gnadenreichen Zeit erhör` Ich dich, und am tage des Heiles helf` Ich dir. Siehe, jetzt ist die gnadenreiche Zeit; siehe, jetzt ist der Tag des Heiles! Niemand geben wir irgend einen Anstoß, damit unser Amt nicht gelästert werde, sondern in allen Dingen erweisen wir uns als Diener Gottes durch große Geduld in Trübsalen, in Nöten, in Ängsten, bei Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhr, in Mühen, in Nachtwachen, in Fasten, durch Keuschheit, mit Weisheit, mit Langmut, mit Freundlichkeit, mit der Gabe der hl. Geistes, mit ungeheuchelter Liebe, mit dem Wort der Wahrheit, mit der (Wunder-)Kraft Gottes, durch die Waffen eines gerechten Lebens zur Verteidigung nach allen Seiten, bei Ehre und Schmach, bei gutem Ruf und bösen Nachreden, als Verführer betrachtet und doch wahrhafte (Apostel), als unbekannt und doch bekannt, wie sterbend, und siehe, wir leben, als gezüchtigt und doch nicht getötet, wie betrübt und doch immer freudig, wie arm und doch viele bereichernd, wie nichts habend und doch alles besitzend.

Was ist unter der „gnadenreichen Zeit“ zu verstehen?

1) Die Zeit von der Menschwerdung Christi bis zum Gerichtstag, während welcher dem Menschengeschlecht alle Gnade und Wahrheit, alle Erlösung in Jesus Christus zu teil wird.

2) Die Lebenszeit eines jeden Menschen. Solange du noch lebst, kannst du noch gerettet werden.

3) Insbesondere die heilige Fastenzeit, in der Gott uns ruft und auch mehr Gnade gibt, als sonst.

4) Endlich jene Tage und Stunden, in denen Gott eine Seele auf besondere Weise zur Buße antreibt, durch heilsame Furcht oder süße Aufmunterung.
O daß du den Tag deines Heiles erkennst und dich nicht verhärtest!

Übung.
Betrachte das Beispiel des hl. Paulus und folge ihm in seiner Lebensweise nach. Aber fange sogleich an, es ist hohe Zeit! „Jetzt“ ist der Tag des Heiles! Bete:

O Jesus! Gibt, daß ich mit deiner Gnade allzeit recht mitwirke und die Zeit, die Du mir zur Erlangung der ewigen Seligkeit gegeben hast, wohl anwende. Amen.

Evangelium nach dem hl. Matthäus. Kap. 4, Vers 1-11.

Zur selben Zeit ward Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit Er von dem Teufel versucht würde. Und als Er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, darnach hungerte Ihn. Und es trat der Versucher zu Ihm und sprach: Bist Du Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brot werden: Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Nicht vom Brot allein lebt der Mensch, sondern von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kommt. Da nahm Ihn der Teufel mit sich in die heilige Stadt und stellte Ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu Ihm: Bist Du Gottes Sohn, so stürze Dich hinab; denn es steht geschrieben: Er hat seinen Engeln Deinetwegen befohlen, und sie sollen Dich auf den Händen tragen, damit Du nicht etwa deinen Fuß an einen Stein stoßest. Jesus aber sprach zu ihm: Es steht wieder geschrieben: Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen! Abermals nahm Ihn der Teufel auf einen sehr hohen Berg und zeigte Ihm alle Königreiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sprach zu Ihm: Dies alles will ich Dir geben, wenn Du nieder fällst und mich anbetest. Da sprach Jesus zu Ihm: Weiche, Satan! Denn es steht geschrieben: Den Herrn, deinen Gott, sollst anbeten und Ihm allein dienen! Alsdann verließ Ihn der Teufel, und siehe, die Engel traten hinzu und dienten Ihm.

Warum begab sich Jesus in die Wüste?

Uns zum Beispiel, daß auch wir, besonders in der heiligen Fastenzeit, uns so viel wie möglich in die Einsamkeit zurückziehen und unsere frei Zeit zum Gebet, zur Betrachtung, zur Erforschung unseres Gewissens anwenden sollen.

Warum fastete Jesus vierzig Tage und vierzig Nächte?

Um sich, wie einst Moses und die Propheten, auf sein öffentliches Lehramt vorzubereiten, und um uns das Beispiel des Fastens zu geben. Darum sagt der hl. Märtyrer Ignatius: „Verachte nicht die vierzigtätige Fasten; denn sie enthält das Muster des Wandels unseres Herrn.“

Warum wollte Jesus dreimal vom Teufel versucht werden?

Aus Liebe zu uns, um uns in den Versuchungen zu trösten, und um uns durch sein eigenes Beispiel zu lehren, wie wir die Versuchungen überwinden sollen. Es ist wichtig, diese Kunst des Kämpfens zu verstehen, darum folgt hier ein Unterricht über die Versuchungen. (siehe den Beitrag: Unterricht über die Versuchungen)

(*) Wie dieser Sonntag, so werden auch alle andern Sonntage der Fasten nach dem ersten Wort des Eingangs der heiligen Messe benannt.
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 145 – S. 147

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