Unsere Pflichten gegen den heiligen Geist
Wenden wir uns nun der Schuldigkeit zu, die wir namentlich in diesen Tagen des Pfingstfestes gegen den Heiligen Geist haben. Auch da läßt uns das Glaubensbekenntnis nicht im ungewissen. Es sind auch hier nur wenige, aber inhaltschwere Worte, die ziemlich alles enthalten. Es sagt uns ja vor allem: „Ich glaube an den Heiligen Geist“; dann heißt es weiter, der Heilige Geist werde mit dem Vater und Sohn gleichmäßig „angebetet und verherrlicht“. Das ist in der Tat die ganze Verehrung des Heiligen Geistes, und wir haben nur nötig, das einzelne heraus zu heben und zu beleuchten.
Vor allem müssen wir die heilige Pfingstzeit benutzen, um uns in der Verehrung und Andacht zum Heiligen Geist zu erneuern. Diese Verehrung und Andacht ist uns nicht freigestellt wie im allgemeinen die zu den Heiligen. Der Heilige Geist ist Gott, ist unser Gott, so gut wie der Vater und Sohn. Alles, was sie uns sind und was wir ihnen zu verdanken haben, das ist uns der Heilige Geist, und dasselbe haben wir auch ihm zu verdanken. Seine Verehrung gehört zum Wesen des christlichen Lebens, und ohne sie können wir nicht selig werden. Wir müssen an den Heiligen Geist glauben, auf ihn hoffen, ihn lieben und anbeten. Dieser Pflicht tun wir nun sicher Genüge durch das gewöhnliche christliche Leben. Aber wenn auch unser ganzes Leben in einer besondern und mehr als gewöhnlichen Andacht zu ihm aufging, wozu wir zwar nicht verpflichtet sind, so wäre das nicht zu viel, sondern ganz billig und gerechtfertigt. Er ist unser Gott, unser höchstes Gut, und das größte Gebot: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen, aus deinem ganzen Gemüte und all deinen Kräften“, geht geradewegs und, man könnte sagen, in besonderer Weise auf ihn, da er die Person der Güte und Liebe ist. Ein anderer Grund, ihn besonders zu ehren, ist der, daß der Heilige Geist, oft wenigstens, von den Gläubigen leider nur zu sehr übersehen wird, während er doch stets an uns denkt, uns mit seinen Wohltaten überhäuft und mitten in unserem Herzen wohnt.
Im besonderen nun haben wir bezüglich der Verehrung des Heiligen Geistes uns vor etwas zu hüten und dann etwas zu tun. Hüten müssen wir uns, den Heiligen Geist, wie die Heilige Schrift warnt, in uns auszulöschen (1. Thess. 5, 19) und zu betrüben (Eph. 4, 30). Völlig ausgelöscht in uns wird der Heilige Geist durch jede schwere Sünde, besonders durch die Sünden gegen den Heiligen Geist: die Vermessenheit, Verhärtung, Verzweiflung und den Neid; betrübt wird er in uns durch jede freiwillige läßliche Sünde. Die Beleidigung, die in der Sünde liegt, geht eigentlich gegen jede Person in der Gottheit; sie erhält aber eine eigentlich gegen jede Person in der Gottheit; sie erhält aber eine eigene Gegensätzlichkeit gegen den Heiligen Geist wegen der besondern Einwohnung des Heiligen Geistes in der begnadeten Seele, durch die wir in eigentümlicher Weise Tempel des Heiligen Geistes werden (1. Kor. 6, 19), er aber süßer Gast unserer Seele, unser Lehrmeister und Führer wird. Zu üben und zu beobachten aber haben wir verschiedene Andachtsübungen, die wir nicht weit zu suchen brauchen. Verehrt wird der Heilige Geist ausdrücklich bei jedem Kreuzzeichen, bei jedem „Ehre sei dem Vater“, bei jedem Abbeten des Glaubens-Bekenntnisses. Wir brauchen da nur auch an die Worte zu denken, die wir sprechen, und wir verehren den Heiligen Geist wirklich wie oft im Tage! Es gibt auch eigene Gebete und Hymnen zum Heiligen Geist, wie das Veni Creator, Veni Sancte Spitirus, durch die wir ihn ehren können. Gelegenheit, ihn anzurufen, bietet uns jedes Sakrament, das wir empfangen wollen, jede Versuchung, die über uns kommt, jede wichtige Entscheidung, die wir zu treffen haben, jede Handlung von Bedeutung, die wir angreifen wollen, jede Ausübung unserer Standes- und Amtspflicht; denn der Heilige Geist durchdringt das ganze geistliche Leben, und jedes Amt und jede Obliegenheit bringt uns in eine besondere Beziehung zu ihm. Gewöhnen wir uns endlich nach und nach an, auch auf die Einsprechungen des Heiligen Geistes zu achten, sie zu ehren und nach Kräften zu befolgen. Das ist die beste, nützlichste und ehrenvollste Verehrung des Heiligen Geistes. Deshalb ist er uns gegeben, deshalb wohnt er in uns, um uns durch seine Leitung und Führung in das „gute Land“ zu bringen.
Ehren und lieben wir den Heiligen Geist, wie unsere heilige Kirche es tut. Mit welch heiligem Ernst hat sie alle Verächter und Verwüster der Ehre des Heiligen Geistes verurteilt! Wie wir sie nicht müde, jeden Tag und jede Stunde ihn zu ehren, anzurufen und zu verherrlichen! Keine heilige Handlung, nichts Wichtiges unternimmt sie, ohne sich vorher an ihn zu wenden. Unaufhörlich schallt der feierliche Hymnus Veni Creator Spiritus. Alles in der Kirche muss der Heilige Geist segnen, geben und mitteilen, und ohne ihn geschieht nichts. Sie folgt darin bloß dem Beispiel ihres göttlichen Stifters, unserem Herrn und Heiland. In keinem Herzen wurde der Heilige Geist so ohne Unterlass angebetet und geliebt wie in dem Herzen des Gottmenschen. Er schreibt dem heiligen Geist alles zu, was er der menschlichen Natur nach an herrlichen Gaben empfangen hat (Luk. 4, 18; Is. 11, 2); er läßt sich von ihm leiten (Luk. 3, 22; Matth. 4, 1); seine Wunder (Matth. 12, 28) und sein großes Opfer der Erlösung vollzieht er im Heiligen Geist; niemand hat die Gottheit und göttliche Wirksamkeit des heiligen Geistes so feierlich bezeugt wie der Heiland (Joh. Kap. 14ff), und keiner Sünde verkündet er ein so sicheres Verderben wie der Sünde gegen den Heiligen Geist (Matth. 12, 32); seine ganze Kirche, sein ganzes Erlösungs-Verdienst legt er in die Hand des Heiligen Geistes; Erhaltung, Leitung, Verteidigung seines Reiches vertraut er ihm an, alles vollführt er im Heiligen Geist. Ja, im letzten Augenblick seines irdischen Lebens, in der herrlichen Abschiedsrede an seine Jünger und an uns alle, wo so viele Aufträge zu eröffnen, so viele Geheimnisse zu offenbaren, so viele Tröstungen zu spenden waren, in seinem letzten Gebet für die Kirche, überall ist das letzte Wort des Herrn der Heilige Geist. Was will uns das anderes sagen, als wie wichtig für uns der Heilige Geist und die Andacht zu ihm ist und wie wir durch diese seinem letzten Herzenswunsch entsprechen? –
Wo endlich im Himmel und auf Erden könnten wir sein, ohne auf den Heiligen Geist hingewiesen und angewiesen zu werden? In der Welt! Die ganze irdische Schöpfung ist das Reich seiner Herrschaft, alles erfüllt, durchdringt und segnet er, alles leitet er zum Ziel. In der Kirche! Er ist der Regent der Kirche, ihr tiefstes Geheimnis, der Urgrund ihrer Einheit, Heiligkeit und ihres Wirkens. Vom Grundstein bis zum krönenden Kreuz ist sie das Werk und die Wohnung des Heiligen Geistes, in deren Zelten uns so wohl ist und in deren Überfluss wir schwelgen. Was wären wir ohne die Kirche? Und was unsere Aussicht und Hoffnung ohne sie und ohne den Heiligen Geist? Endlich der Himmel! Der Heilige Geist ist es, der uns zum Himmel leitet, ja er ist der Himmel, und seine süße Umarmung der Friede und die Freude des Himmels. Der Heilige Geist ist Gott. Er ist uns Gnade, Kirche, Himmel und alles geworden. Ihm sei Anbetung, Lob und Liebe an jedem Ort seiner Herrschaft in alle Ewigkeit (Ps. 102, 22). –
aus: Moritz Meschler SJ, Aus dem katholischen Kirchenjahr, Erster Band 1919, S. 423 – S. 426
siehe auch die Beitragsreihe von F. X. Coulin: Betrachtungen zum Heiligen Geist