Heiligenkalender
29.Mai
Der selige Andreas von Chio, Märtyrer
Der selige Andreas, ein unüberwindlicher Held des Glaubens durch Hilfe der Königin aller Märtyrer, ward auf der Insel und in der Stadt Chios geboren. Von seiner Kindheit an hatte er sich der Gottesmutter geweiht, die ihn auch wie eine Mutter liebte und schützte. Einmal litt er an einem heftigen Fieber. Mit kindlichem Vertrauen flehte er zu seiner Patronin, die ihn alsbald von seinem Übel heilte. Zum Dank gelobte er ihr immer währende Jungfräulichkeit. –
Da er ein eifriger Christ war, wurde er aus Hass bei dem Sultan angeklagt, daß er, obschon er Mohammedaner geworden und beschnitten sei, wieder zum Christentum sich gewendet habe. Andreas war aber niemals Mohammedaner gewesen und als man ihn untersuchte, fand es sich, daß er nicht beschnitten sei. Dessen ungeachtet wurde er zum Tode verurteilt, da er sich standhaft weigerte, den christlichen Glauben abzuschwören. Er wurde nach Konstantinopel abgeführt, um dort den Feinden Jesu zu zeigen, was ein durch Gottes Gnade gestärkter Held des Glaubens vermöge. Neun Tage nacheinander wurde er auf verschiedene Weise mit ausgesuchter Grausamkeit gemartert.
Am ersten Tag wurde er mit Ruten und Geißeln gepeitscht, so daß er im Anfang ob der Marter erzitterte. Kaum aber hatte er die Arme ruhig über seine Brust zusammen legend, die Worte ausgesprochen: „Heilige Maria, stehe mir bei“, fühlte er sich plötzlich so gestärkt, daß er bis zum Untergang der Sonne mit geschlossenen Füßen an demselben Ort und in derselben Stellung verblieb. Am folgenden Tag wurde er mit eisernen Nägeln zerrissen; am dritten Tag wurden alle seine Glieder ausgerenkt, am vierten Tag wurden seine Schultern zerfleischt, am fünften Tag wurden die Hinterteile seines Körpers weg geschnitten, am sechsten Tag wurden seine Schenkel entfleischt. Kurz bis zum neunten Tag machte man alle seine Gebeine an alle Teilen des Leibes fleischlos. Bei jeder dieser Marter rief er laut: „Heilige Maria, stehe mir bei!“ und jedesmal fand er sich wunderbar gestärkt und getröstet.
Am 29. Mai des Jahres 1465, dem folgenden Tag nach seiner Marter, heilte ihn Maria von allen seinen schrecklichen Wunden, und da er standhaft im Bekenntnis seines heiligen Glaubens verblieb, wurde er enthauptet. Sein Leib, den man wilden Tieren vorwarf, blieb von diesen unberührt.
Zwölf Besessene fanden ihn auf und begruben ihn, worauf sie augenblicklich die Gesundheit erhielten. Als man nach einigen Monaten sein Grab öffnete, fand man seinen Leib ebenso frisch und wohlbehalten, als wenn er noch am Leben und voll Gesundheit wäre. (St. Petrus Canisius de B.M.V.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 1307 – Sp. 1308