Katholische und nichtkatholische Literatur
Was deutsche Klassiker wie Goethe, Schiller und Lessing über Religion sagen
Wir stoßen da
1. auf die deutschen Klassiker, an der Spitze Goethe, Schiller und Lessing. Es ist bekannt, wie diese Klassiker vielfach überaus verherrlicht werden. Kultusminister Dr. Falk pries sie als Lehrer „echt christlicher nationaler und humaner Bildung“. So sehr wir nun manche poetische Leistungen jener Männer schätzen, so scheint uns doch, eine so allseitige Anerkennung können wir Katholiken ihnen nicht zollen. Uns Katholiken ist das Christentum die Religion des Kreuzes. Wer das Kreuz verachtet, der ist uns kein Lehrer „echt christlicher Bildung“. Nun schreibt aber Goethe: „Das leidige Martyrholz, das Widerwärtigste unter der Sonne, sollte kein vernünftiger Mensch auszugraben und aufzupflanzen bemüht sein. Das war ein Geschäft für eine bigotte Kaiserin-Mutter (die hl. Helena), wir sollten uns schämen, ihre Schleppe zu tragen.“ Poetisch zeichnet Goethe, der Lehrer „echt christlicher Bildung“, diese seine Stellung zum Christentum in folgenden Versen:
„Vieles kann ich ertragen. Die meisten beschwerlichen Dinge
Duld` ich mit ruhigem Mut, wie es ein Gott mir gebeut.
Wenige sind mir jedoch wie Gift und Schlange zuwider:
Viere: Rauch des Tabaks, Wanzen und Knoblauch und Kreuz.“
Goethe über die katholische Religion
Insbesondere über unsere katholische Religion schreibt Goethe: „Es ist gar viel Dummes in den Satzungen der Kirche. Aber sie will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen. Sie hat ihnen auch die Bibel lange genug vorenthalten, so lange als irgend möglich.“ Über den Klerus fällt Goethe das Urteil: „Alle Geistlichen, die nicht wahre Rationalisten sind, betrügen sich selbst oder andere.“ Lavatern gegenüber nennt sich Goethe einen „dezidierten Nichtchristen“. Welch` ein Wüstling auf sittlichem gebiet dieser Mann war, davon können erzählen: Fabrikmädchen, Kellnerinnen, Schauspielerinnen, Pfarrerstöchter, adelige Fräulein usw. Dem entsprechend gehören Obszönitäten keineswegs zu den Seltenheiten in Goethe`s Werken. Das gilt auch von seiner hervorragendsten Schöpfung, dem „Faust“. Wir erinnern nur an das wüste Zwiegespräch zwischen Mephistopheles und Martha.
Schiller über das Christentum
Mit dem Christentum stand auch Schiller vielfach auf gespanntem Fuß. Er schreibt:
„Welche Religion ich bekenne. Keine von allen,
Die du mir nennst. Und warum keine? Aus Religion“ (!)
In den „Göttern Griechenlands“ klagt er über den christlichen Monotheismus:
„Einen zu bereichern unter allen,
Musste diese Götterwelt vergehen.“
Daneben verherrlicht er im „Tell“ den Meuchelmord, gerät mit den christlichen Anschauungen überKeuschheit verschiedentlich in Konflikt und springt, z. B. im „Abfall der Niederlande“ und in der Geschichte des dreißigjährigen Krieges“ entsetzlich mit der Wahrheit um zum Nachteil des Katholizismus. Über sein Jugendwerk, „die Räuber“, mit seinen Frivolitäten wollen wir schweigen. –
aus: L. v. Hammerstein, Sonn- und Festtags-Lesungen, 1898, S. 564 – 565
Schiller`s geschmackloses Theaterstück Johanna von Orleans
Hingegen, was wird auf unsern Theatern aufgeführt und in allen Stücken gepredigt? Gerade das, was die ärgste Verweichlichung des Menschen ist, die Geschlechtsliebe. Diese ewige Buhlerei auf den Brettern, diese unaufhörliche Brunst zu allen Jahreszeiten (ich rede hier nicht einmal von rohsinnlicher Ausartung) ist das nämliche für Charakter und Lebenstüchtigkeit des Menschen, was die Gehirn-Erweichung für seine Intelligenz ist. Und davon ist unsere Generation so infiziert, daß Schiller, ich weiß nicht aus eigenem Geschmack oder um dem Publikum schmackhaft zu werden, seinen Tell mit einer ganz gemeinen Liebesgeschichte verunreinigte, und die Jungfrau von Orleans, diese wunderbar edle Gestalt der Geschichte, verschönern will, indem er sie als ein verbuhltes Weibsbild enden läßt.
Diese Wendung ist ohnedies ein psychologischer Unsinn oder ditto Dummheit, indem es rein unmöglich ist, daß eine reine Jungfrau, die in höchster religiöser Begeisterung und in der mächtigen Aufregung für die Rettung des Vaterlandes glüht und flammt, auf erste Sicht hin geschwind in einen Engländer sich verliebt; das verlieben braucht eine gewisse Leerheit der Seele und etwas Müßiggang zum gedeihen. Selbst während unserem Revolutiönchen haben die zarten Verhältnisse Not gelitten, weil Stärkeres die Gemüter aufgestürmt hatte. Herr Schiller hat aber auch historisch die Jungfrau von Orleans verfälscht, indem aktenmäßig nachgewiesen ist, daß sie selbst nie Blut vergoss und in ihrer Sendung solches auch nicht lag; auf dem Theater wird aber das Blutvergießen als ihr Geschäft dargestellt und das Unterlassen als ihre Sünde. Der Dichter mag einen historischen Stoff dichterisch verschönern; wenn er aber das schlechtere Gegenteil von der geschichtlichen Wahrheit daraus macht, dann dichtet er nicht mehr, sondern er lügt. – Bekanntlich gibt es gewisse Tiere und gewisse Menschen, welche das Fleisch lieber essen, wenn es schon einen Hautgout hat und mürb ist. Desgleichen scheint auch dem feinen Stadtvolk das verliebte Fräulein von Orleans, von Schiller appretiert, besser zuzusagen, als die reine kräftige Seeler einer virago, die wahre Johanna von Arc. –
aus: Alban Stolz, Spanisches für die gebildete Welt, 1898, S. 184 – S. 185
Lessing über das Christentum
Lessing äußert sich über das Christentum gegen den Juden Mendelssohn: „Sie allein dürfen und können in dieser Sache so sprechen und schreiben und sind daher unendlich glücklicher als andere ehrliche Leute, die den Umsturz des abscheulichsten Gebäudes von Unsinn nicht anders, als unter dem Vorwand, es neu zu unterbauen, befördern können.“ In seinem bekanntesten Werk, dem „Nathan der Weise“, stellt er Gott dar als einen verkindeten Vater, der eine echte und zwei falsche Religionen den Menschen geschenkt, aber nicht gesorgt hat, daß man die echte Religion als solche erkennen kann. Lessing selbst über den Nathan:
„Es kann wohl sein, daß mein Nathan im ganzen wenig Wirkung tun würde, wenn er auf das Theater käme, welches wohl nie geschehen wird. Genug, wenn er sich mit Interesse nur liest und unter tausend Lesern nur einer daraus an de Evidenz und Allgemeinheit seiner Religion zweifeln lernt.“
Was daraus für Katholiken folgt
Wie sollen nun wir Katholiken uns zu diesen Klassikern stellen? Ohne das Schöne zu verkennen, welches sie bieten, müssen wir jedenfalls die äußerste Vorsicht in ihrer Benutzung anwenden, um nicht mit dem Honig auch das Gift in uns aufzunehmen. Besonders gilt das für die heranwachsende Jugend. Es verpflichtet uns hierzu nicht bloß die Natur der Sache, sondern auch der ausdrückliche Wille der Kirche, welche alle glaubensfeindlichen und unsittlichen Bücher verbietet, auch wenn dieselben nicht ausdrücklich auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt sind. Daher bleibt auch für jenen, der in der Lektüre solcher Bücher keine Gefahr für sich persönlich erblickt, diese Lektüre dennoch im allgemeinen verboten. –
aus: L.v. Hammerstein, Sonn- und Festtags-Lesungen, S. 565 – S. 566
siehe auch den Beitrag: Das Glück ungläubiger Koryphäen