Das Kreuz und der Halbmond
Das Pontifikat von Papst Paul V. (regierte 1605 bis 1621)
Er war am 17. September des Jahres 1552 in Rom geboren. (1) Seine fromme Mutter verstand es, dem Knaben schon in zarter Jugend eine große Gottesfurcht, eine zärtliche Liebe zu der Mutter Gottes und eine besondere Neigung zum jungfräulichen Leben einzuflößen. Nachdem er in Rom seine Studien vollendet hatte, leistete er der Kirche viele gute Dienste. Papst Klemens VIII. schickte ihn als Gesandter nach Spanien. Dort erwarb er sich die Achtung der königlichen Familie und löste seine Aufgaben so gut, daß er bei seiner Rückkehr nach Rom im Jahre 1596 zuerst mit dem Bistum Jesi und dann mit der Kardinalswürde belohnt wurde. Ferner erhielt er die einflussreiche Stelle eines päpstlichen Vikars für Rom.
Den päpstlichen Thron bestieg er am 16. Mai des Jahres 1605. Paul war ein großer Gelehrter. Als früherer Advokat zeichnete sich der Papst besonders durch große Geschäftsgewandtheit aus. Dabei blieb er stets mild und edelmütig. Doch zeigte er auch großen, entschiedenen Ernst, wenn es notwendig war. Er sprach wenig und hielt streng an den rechten des päpstlichen Stuhles fest. Paul betrachtete sich als Wächter Europas; deswegen wendete er seine Blicke sogleich gegen Osten, wo die Türken sich bereits von ihrer Niederlage unter dem heiligen Papst Pius V. erholt hatten. Aber das Bemühen des heiligen Vaters, im Jahre 1618 einen allgemeinen Bund der Christenheit gegen die Türken zustande zu bringen, war vergeblich.
Dafür half er dem deutschen Kaiser Rudolf II. die aufrührerischen Protestanten in Ungarn zur Ruhe zu bringen, welche sich auf Seite der Feinde des christlichen Namens neigten. Dann ordnete er in Rom öffentliche Gebete an und nahm zu Fuß an den Bittgängen teil. (2)
In England war unter seinem Vorgänger die grausame Königin Elisabeth gestorben. (siehe den Beitrag: Katholikenverfolgung in England) Ihr Nachfolger wurde Jakob I., ein Sohn der katholischen Königin Maria Stuart. Es winkte eine kleine Hoffnung, England für die katholische Kirche wieder zu gewinnen. Deswegen schickte der heilige Vater alsbald die Jesuiten dahin. Leider verwirklichten sich die gehegten Erwartungen nicht; denn dem jungen König schmeichelte es, oberster Fürst und Papst zugleich zu sein. Das Land blieb darum der katholischen Kirche für immer entfremdet. (3)
Auch die neu entdeckten Länder empfanden die wohltätige Tätigkeit des Papstes. Missionare gingen in alle Weltteile und wurden vom heiligen Vater reichlich mit Geld versehen. Missionare gingen auch in die Türkei zu den Maroniten am Libanon, welche sich wieder mit Rom aussöhnten. Sogar er Patriarch von Babylon kehrte zur Mutterkirche zurück. (4) So waren die Millionen, welche Papst Paul den Missionen widmete, nicht vergebens verwendet.
In Italien musste der heilige Vater einen langen Kampf mit der mächtigen Republik Venedig bestehen. Diese hatte nämlich zwei geistliche eingekerkert und kirchenfeindliche Gesetze aufgestellt, wodurch die Gründung von neuen Klöstern, Erbauung von Kirchen und Einführung neuer Orden sehr erschwert wurde. Der Papst verlangte die Freilassung der beiden Geistlichen und die Aufhebung jener Gesetze. Als dies verweigert wurde, sprach der heilige Vater im Jahre 1606 den Bann über Venedig aus.
Die Protestanten verteilten unterdessen eifrig ihre Bibeln und schürten den Hass gegen den Papst. Während der König von Spanien dem Papst Hilfe anbot, suchte König Heinrich IV. von Frankreich den Frieden zu vermitteln, was ihm schließlich auch gelang. Die Geistlichen wurden frei gelassen und die kirchenfeindlichen Gesetze aufgehoben.
In gleicher Weise war der heilige Vater für Rom selbst besorgt. Unter ihm wurde die Peterskirche vollendet, viele andere Kirchen verschönert und die vatikanische Büchersammlung vermehrt.
Papst Paul wendete seine Liebe besonders den Findelkindern zu. Man sagt, daß er für Arme und Pilger alljährlich ein und eine halbe Million Taler verausgabt hat. Wer nach einem vollkommenen Leben strebte, fand im Papst eine mächtige Stütze. Paul erhob die Genossenschaft der Salesianerinnen im Jahre 1618 zu einem eigenen Orden, der sich neben der Krankenpflege auch der Erziehung von Mädchen annehmen sollte. Papst Paul rechnete es sich zur besonderen Freude an, den heiligen Karl Borromäus und die heilige Franziska Romana heilig sprechen zu können.
So lebte und wirkte dieser Papst bis zum 28. Januar des Jahres 1621. An diesem Tage las er in der Frühe noch die heilige Messe. Abends fühlte er sich unwohl, empfing sogleich die heiligen Sterbesakramente und verschied im neunundsechzigsten Jahr seines Lebens mit den Worten: „Ich verlange aufgelöst zu sein, um mit Christus zu leben.“ –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 650 – S. 652
(1) Paul V. hieß vor seiner Wahl Kamillus Borghese. Er stammte aus einer angesehenen Familie von Siena, die sich durch berühmte Krieger und Juristen ausgezeichnet hatte. 1552 in Rom geboren, betrat er zuerst die juristische Laufbahn und bekleidete verschiedene Ämter, die er sehr gewissenhaft verwaltete.
Wie er selbst sich durch eine tiefe Frömmigkeit und ein musterhaftes Leben auszeichnete, lag es ihm auch am Herzen, allenthalben die Religion zu heben. Er richtete sein Hauptaugenmerk auf die Verbesserung des Klerus und ermahnte die Bischöfe, die Bestimmungen des Trienter Konzils genau in Ausführung zu bringen. Mit allem Eifer war er bemüht, den Religionsunterricht bei Kindern und Erwachsenen zu fördern und stiftete die Erzbruderschaft zur Abhaltung der Christenlehre.
(2) Er suchte den Zwist im Hause Habsburg unter Rudolf II. und Matthias zu begleichen und unterstützte beide im Kampf gegen die Türken und Protestanten. Als unter Matthias der verhängnisvolle Dreißigjährige Krieg ausbrach, war es ihm angelegentlich darum zu tun, die katholischen Mächte zu vereinigen; leider gelang es ihm nicht.
(3) In England war Königin Elisabeth, welche die Katholiken so sehr verfolgt hatte, in trostloser Verzweiflung i. J. 1603 gestorben. Ihr folgte Jakob I. (1603 bis 1615), der Sohn der unglücklichen Maria Stuart. Die Katholiken hofften von ihm Milderung des furchtbaren Druckes, unter dem sie seufzten. Leider waren ihre Hoffnungen vergeblich. Jakob besaß nichts von dem Edelsinn seiner Mutter. Frühzeitig war er ihr entrissen und in der protestantischen Religion erzogen worden. Um dem Vorwurf, er neige zu sehr zu den Katholiken, zu entgehen, verschärfte er noch die Strafgesetze gegen dieselben. Diese Grausamkeit brachte katholische Edelleute dahin, daß sie sich gegen das Leben des Königs verschworen.
Sie mieteten einen Keller im Parlamentsgebäude und ließen Pulver dorthin bringen. Am 5. November 1605 sollte bei Eröffnung des Parlamentes dasselbe in die Luft gesprengt werden. Sie Sache kam jedoch auf und die Katholiken wurden noch schlimmer verfolgt als bisher. Bei diesen traurigen Verhältnissen konnte der Papst nichts anderes tun, als daß er überall zum inständigen Gebet für die englischen Katholiken aufforderte.
(4) In Persien erhielten die Christen freie Religionsübung, der Patriarch der Nestorianer von Babylon kehrte zur Einheit zurück. Armenien erkannte den Bischof von Rom als das Oberhaupt der Kirche an. Unter ihm erfochten die Katholiken in Böhmen den Sieg auf dem Weißen Berg 1620, den Paul mit einer Dankprozession in Rom feierte. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, III. Band, 1907, S. 568 – S. 569