Betrachtung über die heilige Trauer

Aphorismen aus dem Tagebuch des P. Rinn SJ

II. Heilige Trauer

„Selig sind die Trauernden, sie sollen getröstet werden.“ (Matth. 5, 5.

Willkommenes, trostreiches Wort! trifft mich heute auch gerade in Betrübnis an. Aber meine gegenwärtige Trübsinnigkeit ist wohl nicht eine solche, welche von dem Herrn selig gesprochen wird; – will also darüber mit Anrufung des hl. Geistes nachdenken, welche jene so selige Trauer sei, und wie ich denn doch auch solche trübe Stimmungen, wie meine gegenwärtige, heiligen und verdienstlich machen kann. „Die gottgemäße Trauer bewirkt Sinnesänderung zu unwandelbarem Heil, die Trauer der Welt aber bewirkt Tod.“ (2. Kor. 7, 10.
Es gibt also eine Betrübnis zum Heil und eine zum Verderben. –

Eine heilige Trauer ist:

1. Der Schmerz über seine begangenen Sünden.

2. Jene Trauer, welche entsteht, wenn man darüber nachdenkt, – daß man immer noch in Gefahr ist, Gott zu beleidigen und zu verlieren. Confige timore tuo carnes meas! – „Durchbohre mit deiner Furcht mein Fleisch.“ Ps. 118, 120.

3. In Betrachtung des Verderbens, in welchem ein so großer Teil der Menschen befangen ist.

4. Mitleiden aus heiliger Liebe mit den Schmerzen unserer Nebenmenschen.

5. Sehnsucht nach dem himmlischen Vaterland, aus diesem Tal der Zähren, und nach dem Anschauen und Genuss Gottes.

Blicke auf mich, o Jesu. Wie du auf Petrus geblickt hast. – Amen. „Meine Seele wollte sich nicht trösten lassen; ich dachte an Gott und empfand Freude.“ Ps. 76, 3. u. 4.

Suche immer deine Sünden vor Augen zu haben, und bewahre stets eine heilige Trauer über sie; dabei aber vertraue auf die Barmherzigkeit Gottes durch Jesus Christus. Diese Trauer und diese Freude sei dein gewöhnlicher Gemütszustand, sei der Grundton des Liedes, das du Gott singen willst in deinem Leben. –
aus: Friedrich Rinn SJ, Die ewigen Wahrheiten der geistlichen Übungen des heiligen Ignatius von Loyola, 1878, 1. Bd., S. 54 – S. 55

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