Die Glaubensquellen des Lehramtes (1)

Die Glaubensquellen des Lehramtes: Der heilige Geist als Taube

Die Gabe des Heiligen Pfingstfestes

Die Glaubensquellen des Lehramtes – die zwei Hauptvollmachten

Erster Teil der Reihe zum Stichwort Kirchliches Lehramt

Die kirchliche Hierarchie ist (…) in einem besondern Sinne des Wortes das Werk des Heiligen Geistes. Wir müssen dies nun im einzelnen verfolgen, indem wir auf die verschiedenen Amtstätigkeiten dieser Hierarchie eingehen.

Die Aufgabe der kirchlichen Hierarchie

ist nämlich, die Menschen zum ewigen Heile zu führen. Dies setzt aber mehrfache Gewalt voraus, die sich indessen auf zwei Hauptvollmachten zurückführen lässt, nämlich auf die Weihe- und auf die Regierungsgewalt. Die erste besteht in der Vollmacht, die Menschen im Gottesdienste bei Gott zu vertreten und ihnen durch Spendung der heiligen Sakramente die notwendigen Heilsgnaden zu vermitteln; die zweite in der Gewalt, sie durch Lehre und Gesetz auf dem Wege des Heiles zu leiten. Diese ist gegeben durch die rechtmäßige Sendung, jene ist an das Priestertum als solches gebunden.

Betrachten wir zuerst die Regierungsgewalt oder das Hirtenamt, dessen erste Betätigung die Verkündigung des Glaubens ist.

Der Glaube ist das erste, was Gott zur Seligkeit verlangt. „Wer zu Gott herantritt, muss glauben, daß er ist, und daß er Belohner ist allen denen, die ihn suchen“, und „ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen“ (Hebr. 11, 6). So wie Erkenntnis, Verstand und Vernunft die erste Forderung für das natürliche Leben sind, so der der Glaube für das Übernatürliche. Um Gott übernatürlich zu besitzen, muss der Mensch Gott übernatürlich kennen. Das geschieht durch den Glauben. Es ist somit der Glaube die erste Bedingung des Heiles, die erste und notwendigste Huldigung des Menschen an Gott und das Fundament unseres ganzen Verhältnisses zu Gott.

Deshalb ist es die erste und wichtigste Aufgabe der Kirche, den Glauben zu lehren und den Menschen zur Unterwürfigkeit des Verstandes unter den Glauben zu vermögen (2. Kor. 10, 5). Wie der Heiland selber, vom Vater gesendet, der Urheber und Vollender des Glaubens ist (Hebr. 12, 2), so teilte er auch der Kirche die Gewalt mit, in seinem Auftrage seine Lehre zu verkünden. Diese göttliche Gewalt, den Glauben zu lehren, nennen wir das Lehramt der Kirche. Wir wollen nun sehen, in welch inniger Beziehung der Heilige Geist zu dieser Gewalt steht, bezüglich

1. der Quelle, aus welcher das Lehramt den Glauben schöpft,

2. bezüglich der Träger dieser Gewalt, und

3. bezüglich der verschiedenen Betätigungen, durch welche die Kirche das Lehramt ausübt.

1. Der Glaube

ist der Inbegriff der von Gott geoffenbarten Wahrheiten, die wir auf das Wort Gottes hin, und weil er es sagt, unerschütterlich für wahr halten müssen. Der Gegenstand des Glaubens ist als solcher also nicht etwas Selbsterfundenes und Selbstentdecktes, sondern etwas Gegebenes. Nie kann der Mensch aus sich selbst Gott, wie er in sich ist und in seinen übernatürlichen Beziehungen zum Menschen erkennen. Gott muss also selbst herabsteigen und sich huldvoll offenbaren (Röm. 10, 20).

Das nun hat er getan. Er hat gesprochen und eine bestimmte Summe von Wahrheiten und Tatsachen von sich geoffenbart, im Alten Testamente durch die Uroffenbarung und durch die Propheten, im Neuen Bunde durch den Heiland. Der Glaubensschatz ist geschlossen und besiegelt mit dem Wirken und Lehren des Heilandes und seiner Apostel und ruht in der Überlieferung und in der Heiligen Schrift. Sie enthalten den gesamten Glaubensinhalt und sind die Quelle, aus welcher die Kirche bei der Verkündigung des Glaubens die Wahrheiten schöpft. Sehen wir nun, in welcher Beziehung der Heilige Geist zu den zwei Glaubensquellen steht.

Die Heilige Schrift als Glaubensquelle

Unter der Heiligen Schrift verstehen wir die kanonischen Bücher des Alten und des Neuen Testamentes. Was wir von ihnen vor allem zu glauben haben, ist, dass sie inspirierte, göttliche Schriften sind. Unter dieser Inspiration versteht man gewöhnlich, dass Gott in der Absicht, durch den Schriftsteller seine göttlichen Gedanken mitzuteilen, denselben zum Schreiben anregt, ihn während der Abfassung des Werkes leitet und vor Irrtum bewahrt, so dass nichts Falsches und Unrichtiges unterlaufen kann, sondern dasjenige zum Ausdruck kommt, was Gott als sein Wort an den Menschen gerichtet wissen will.

Die Bücher sind somit göttlichen Ursprungs, wahrhaft, wie der hl. Augustinus sagt, ein Brief, eine Urkunde Gottes an die Menschen. Dies war schon die Überzeugung und der Glaube des Alten Bundes und nicht weniger auch die unserer Kirche. Wem wird nun aber diese Inspiration zugeschrieben? Dem Heiligen Geist. Von ihm heißt es ja, er habe durch die Propheten gesprochen. Das Konzil von Trient und das Vatikanische Konzil sagen ausdrücklich und wiederholt, Gott sei der Urheber der heiligen Bücher, der Heilige Geist habe sie diktiert. Dieselbe Ausdrucksweise finden wir bei den heiligen Vätern…

Die Überlieferung als Glaubensquelle

Die zweite Glaubensquelle ist die Überlieferung. Unter Überlieferung versteht man sowohl die Summe und den Inbegriff göttlicher Lehren und Anordnungen, die in der Schrift entweder gar nicht oder nur unvollständig enthalten sind, als auch die Art und Weise, wie uns die Wahrheiten vermittelt werden, nämlich nicht auf dem Wege der Schrift, sondern der mündlichen, lebendigen Mitteilung. Diese Überlieferung wird bewahrt und vermittelt durch das unfehlbare Lehramt der Kirche und ist das Gesetz, nach dem über den wahren Sinn der dunklen Schriftworte entschieden wird. –

Diese Glaubensquelle ist insofern höher und wichtiger, weil sie zuerst da war, um den Glauben zu offenbaren und zu erhalten, die Heilige Schrift kam erst später; ferner, weil sie mehr enthält als die Heilige Schrift, die nicht Zeugnis gibt vom gesamten Glaubensinhalt, z. B. über sich selbst, welche Bücher inspiriert seien oder nicht; drittens, weil die Überlieferung allein den Sinn der Heiligen Schrift zuverlässig lehrt; die Heilige Schrift ist oft sehr dunkel, erklärt sich nicht selbst und ist deshalb manch falschen Deutungen ausgesetzt. Die Überlieferung kommt nicht von der Schrift her und hängt nicht von ihr ab, wohl aber die Heilige Schrift von der Überlieferung, weil jene nicht bestehen kann ohne diese.

Wer bewirkt nun dieses stets lebendige Bewusstsein des Glaubensinhaltes in der Kirche? Das ist wieder der Heilige Geist. Das ist sein Amt, und deshalb ist er vom Heilande der Kirche gegeben. „Er wird bei euch bleiben und in euch sein, er wird euch alle Wahrheit lehren und euch alles eingeben.“ (Joh. 14, 16, 17, 26; 16, 13) Mit diesen Worten ist klar gesagt, dass Er, welcher die Apostel belehrt und in alle Wahrheit eingeführt, ist jetzt noch in der Kirche. Diese Verbindung des Heiligen Geistes mit der Kirche ist das große Geheimnis, das der Kirche zu Grunde liegt. –
aus: Moritz Meschler SJ, Die Gabe des heiligen Pfingstfestes, Betrachtungen über den Heiligen Geist, 1905, S. 99 – S. 103

siehe auch den Beitrag auf katholischglauben.online: Der Glaube ist Fundament der Kirche

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