Die Gabe des Heiligen Pfingstfestes
Das Kirchliche Lehramt
Meschler SJ Die Tätigkeiten des Lehramtes – den Glauben predigen und verteidigen
Dritter Teil der Reihe zum Stichwort Kirchliches Lehramt
3. Erwägen wir jetzt noch die Tätigkeiten, welche der Heilige Geist durch das kirchliche Lehramt bezüglich des Glaubens ausübt. Die erste und wichtigste Betätigung ist:
den Glauben stets vortragen, predigen und so durch das Zeugnis von demselben die ganze Welt erleuchten.
Das war, wie wir gesehen, der eigentliche Auftrag des Heilandes an die Apostel: „Ihr werdet mir Zeugnis ablegen in Jerusalem und in ganz Judäa.“ (Apg. 1, 8) „Wir sind Zeugen von allem, was Jesus getan.“ (Apg. 10, 39) Dieses Ziel haben alle Betätigungen des Lehramtes, sei es, dass die Heilige Schrift erklärt wird oder die Überlieferung, wie sie sich in den Aussprüchen der Konzilien und Päpste festgesetzt und entwickelt hat. Und das ist auch das erste und notwendigste.
Was der Mensch vor allem braucht, ist Wahrheit. Sie ist das Leben seines Geistes, und solange sie in der Welt ist, wird sie leuchten und Frucht bringen. Das ist nun die Tätigkeit des Heiligen Geistes in den Aposteln und deren Nachfolgern, „deren Stimme in alle Welt gedrungen“ (Ps. 18, 5). Vom Heiligen Geist sagt der Heiland: „Er wird Zeugnis ablegen von mir (Joh. 15, 26)… er wird die Welt überweisen über Sünde, über Gerechtigkeit und über Gericht.“ (Joh. 16, 8)
Die zweite Betätigung ist die Verteidigung des Glaubens:
„Es muss Ketzereien geben“ (1. Kor. 11, 19), das ist unserer Kirche prophezeit. Eben weil die Kirche eine Gesellschaft im Glauben und zur Verbreitung des Glaubens ist, sucht der Feind dieses Fundament der Kirche zu überwältigen. Das Werkzeug sind die Ketzereien, die Verdrehungen und Fälschungen des Glaubens, die von Zeit zu Zeit entstehen. Was tut nun der Heilige Geist? Er verteidigt das Vermächtnis des Glaubens, indem er das kirchliche Lehramt, die Zeugen des Glaubens, zu Gericht sitzen und den Urteilsspruch fällen lässt. Ist dieser gefallen, dann ist die Ketzerei gerichtet und getroffen von dem Schwerte des Geistes (Eph. 6, 17). Mit einem Worte trifft es und trennt von dem belebenden Leibe der Kirche. –
Nebenbei erweckt der Heilige Geist gelehrte und erleuchtete Männer in der Kirche, welche das Urteil der Kirche begründen, indem sie nachweisen, wie unberechtigt und in sich unhaltbar der Angriff war, im Gegenteil wie begründet der Ausspruch der Kirche in der Offenbarung und in der Vernunft selbst ist. Diese Tätigkeit des Heiligen Geistes hat die Kirche mit einer unabsehbaren Reihe der gelehrtesten Geisteswerke bereichert, welche die Möglichkeit, Wahrscheinlichkeit, Nützlichkeit und Notwendigkeit und die Tatsache der göttlichen Offenbarung dartun.
Man sehe sich die Werke der Verteidiger des Christentums an von Justinus bis auf die heutige Zeit! Sind das nicht Riesenmauern, die der Heilige Geist aufgeführt gegen den Unglauben, Irrglauben, gegen den Wahnwitz stolzer Geister? Das ist wahrhaftig die hundertfache Kriegswehr der Starken, die an dem Turm unserer Kirche hängt und glänzt (Hl. 4, 4)
Die dritte Betätigung des Heiligen Geistes in Bezug auf den Glauben ist:
dessen wissenschaftliche Behandlung und Entfaltung. Den ersten Anlass dazu gaben die ununterbrochenen Anfeindungen des Glaubens durch die Irrgläubigen und Ungläubigen. Den ersten Anlass dazu gaben die ununterbrochenen Anfeindungen des Glaubens durch die Irrgläubigen und Ungläubigen. Die Kirche wurde so genötigt, ihre Glaubenssätze nach allen Seiten hin in genaue und bestimmte Ausdrücke zu fassen.
So sind die neunzehn allgemeinen Konzilien eine fortwährende Tätigkeit des Heiligen Geistes, die Wahrheiten des Glaubens genauer und vollständiger zu bestimmen und zu erklären. Man vergleiche nur beispielsweise, wie sich über die Geheimnisse der heiligsten Dreifaltigkeit und der Menschwerdung das Apostolische, das Nizänische und das Athanasianische Glaubensbekenntnis aussprechen. Welch reiche Entfaltung der Lehre tritt uns da entgegen! –
Über diese einfache, genauere Fassung der Glaubenslehren hinaus bereichert ferner der Heilige Geist die Kirche mit einer wahren Glaubens-Wissenschaft, indem er sie nicht bloß anregt, die Begriffe der Glaubenswahrheiten genau festzusetzen, sondern sie auch in bestimmter Methode zu lehren, sie vernunftgemäß zu ordnen und in gegenseitigen Zusammenhang zu bringen, das eine aus dem andern abzuleiten, das eine durch das andere zu bestärken, scheinbare Widersprüche aufzuheben, gläubig nach den Gründen zu forschen und alles durch das Licht der Vernunft, soweit es möglich ist, aufzuhellen, zu durchdringen und zu verklären. Es ist diese kirchliche Wissenschaft, die Schöpfung der Geistesarbeit der erleuchtetsten Geister und der gelehrten Schulen seit dem 11. Jahrhundert.
Und so steht nun diese kirchliche Wissenschaft da als eine wundervolle Schöpfung, als die edelste Anstrengung des menschlichen Verstandes, großartig sowohl wegen der Schriftwerke, welche ihre Bausteine bilden, als wegen der Kräfte, welche sie zusammengefügt, mächtig und unüberwindlich durch ihre Einheit, Fügung, durch ihre Harmonie, durch ihr Leben und ihre Bewegung. Nichts widersteht der Methode, der Form und dem Verfahren dieser Wissenschaft. Solange dieses Bollwerk aufrecht steht, ist es dem Zweifel, dem Irrtum und Unglauben nicht möglich, die katholische Wahrheit zu bewältigen; selbst die natürlichen Wahrheiten sind durch dasselbe für immer geschützt und weitergefördert.
Durch diese Wissenschaft ist die Kirche wahrhaft Meisterin aller Wahrheit und Lehrerin aller Wissenschaften. Alle zieht sie zu ihrem Dienste heran, alle pflegt sie und alle erhebt sie, indem sie dieselben verwendet zum Dienste Gottes und der Seelen.
Auch in diesem Sinne führt der Heilige Geist seine Kirche in alle Wahrheit ein und beweist seine stete Gegenwart durch einen immerwährenden Fortschritt. Keine der abgefallenen Kirchen kann so einen Fortschritt aufweisen. Die Ketzereien haben nicht bloß keinen Fortschritt zu verzeichnen, sondern fallen nach und nach in Unfolgerichtigkeit, in das Gegenteil dessen, was sie behauptet, und geben sich selber auf. Fortschritt in der Glaubenswissenschaft ist bloß bei der katholischen Kirche.
Überhaupt bedenken wir nur, welche Wohltat es ist, sich im Besitze des wahren Glaubens zu befinden, was für ein Glück, ein Kind der katholischen Kirche zu sein und in derselben so unter der persönlichen Leitung des Heiligen Geistes zu stehen! Solange wir die Stimme der Kirche hören, dürfen wir ohne Furcht und Bangigkeit sein, vom Wege des Heiles abzugehen. Und das ist ja das Erste und Wichtigste.
Und was nützte uns auch alles andere? Halten wir im Geiste einmal Rundschau auf den Ländern der Erde? Wie viele Völker sitzen noch im Schatten des Unglaubens, kein Strahl der Offenbarung hat ihnen noch geleuchtet! Von wie vielen Ländern, denen einst die Wohltat des Glaubens zuteil geworden, ist die Leuchte der Kirche wieder genommen, und nichts als der leere Name und der Schein des Christentums ist geblieben!
Siehe dich doch um im eigenen Vaterlande und in deiner nächsten Umgebung. Wie nahe an dir ist nicht der unselige Riss der Glaubensspaltung vorbeigefahren und hat Brüder von der lebendigen Verbindung mit der wahren Kirche losgerissen und sie allen Drangsalen und allen Stürmen der Leidenschaften des Irrtums preisgegeben! Wem hast du es zu verdanken, dass du gerade in diesem Lande, zu diesen Zeiten, von diesen Eltern geboren und erzogen worden bist? Allein der Güte und Liebe des Heiligen Geistes. Er hat sein Auge auf dich geworfen, er hat dir sein Herz zugewendet, und in dieser Liebe hat er dir das Kostbarste geschenkt, nämlich das Glück, die Ehre und den Vorteil, ein Kind der katholischen Kirche zu sein.
Die einzelnen Textteile:
1. die Quelle, aus welcher das Lehramt den Glauben schöpft,
3. die verschiedenen Betätigungen.
aus: Moritz Meschler SJ, Die Gabe des heiligen Pfingstfestes, Betrachtungen über den Heiligen Geist, 1905, S. 105 – S. 108, S. 111
siehe auch den Beitrag auf katholischglauben.online: Einheit nur im katholischen Glauben
Bildquellen
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