Zweck und Beweggründe der Fußwaschung

Das Leben und Leiden und der Tod am Kreuz, das kostbarste Blut Jesu am Kreuz vergossen; Jesus hängt, halb nackt und mit einer Dornenkrone "geschmückt", mit ausgebreiteten Armen am Kreuz, geschunden durch die Marter der Geißelung und der Wunden, und verspottet

Das Leben und Leiden und der Tod Jesu

Welchen Zweck die Fußwaschung hatte

Die Fußwaschung. – Zweiter Teil des Abendmahles

Joh. 13,1. Vor dem Festtag der Ostern, da Jesus wußte, daß seine Stunde gekommen sei, um aus dieser Welt zum Vater zu gehen, und er die Seinigen, die in dieser Welt waren, lieb hatte, so liebte er sie bis ans Ende. – 2. Und nach gehaltenem Abendmahl, als schon der Teufel, dem Judas Iskariot, Simons Sohn, ins Herz gegeben hatte ihn zu verraten, – 3. und obwohl er wußte, daß der Vater ihm alles in die Hände gegeben habe, daß er von Gott ausgegangen sei und zu Gott zurück kehre: – 4. stand er vom Mahle auf, legte seine Kleider ab, nahm ein leinenes Tuch und umgürtete sich damit. – 5. Dann goß er Wasser in ein Becken und fing an, die Füße seiner Jünger zu waschen und mit dem leinenen Tuch abzutrocknen, womit er umgürtet war. – 6. Da kam er zu Simon Petrus. Petrus aber sprach zu ihm: „Herr, du willst mir die Füße waschen?“ – 7. Jesus antwortete und sprach zu ihm: „Was ich tue, verstehst du jetzt nicht; du wirst es aber nachher verstehen.“ – 8. Petrus sprach zu ihm: „Du sollst mir die Füße in Ewigkeit nicht waschen!“ Jesus antwortete ihm: „Wenn ich dich nicht wasche, so hast du keinen Teil mit mir!“ – 9. Simon Petrus sagte zu ihm: „Herr, nicht allein meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt.“ – 10. Jesus sprach zu ihm: „Wer gewaschen ist, bedarf nicht mehr, als daß er die Füße wasche, so ist er ganz rein. Auch ihr seid rein, aber nicht alle.“ 11. Denn er wußte, wer der wäre, der ihn verraten würde; darum sagte er „Ihr seid nicht alle rein.“ …

siehe auch: Luk. 22,24-30

Die Fußwaschung, diese außerordentliche Handlung beim Abendmahl, hatte einen doppelten Zweck.

Zweck der Fußwaschung

Zuerst sollte die Fußwaschung eine kräftige Antwort sein auf den Streit um den Vorrang bei den Aposteln. Er will sie Demut und Liebe lehren, und deshalb unterweist er sie noch einmal über den Charakter des kirchlichen Vorsteheramtes. Der Zweck der kirchlichen Amtsführung ist nicht Selbstherrschaft und Tyrannei, die Befriedigung der Selbstsucht und Herrschsucht, sondern das Wohl der Untertanen und des Volkes. Deshalb ist die Betätigung und Ausübung des kirchlichen Regimentes „dienen“, und zwar nicht aus Huld, Herablassung und Wohlwollen, wie bei den „gnädigen“ Kaisern, sondern aus Pflicht. Also liebende Demut und demütige Liebe (Luk. 22,25-27), das ist es, was der Heiland allen seinen Aposteln beibringen wollte.

Der zweite Zweck war sicher ein mystischer, d.h. Erteilung von Reinheit, Gleichförmigkeit mit Christus, um dem Apostelamt mit Würde und Ausdauer vorzustehen, vielleicht auch eine nähere Vorbereitung der Apostel auf den Empfang des heiligsten Altarssakramentes durch Reinheit und Glauben, wie der Heiland selbst geheimnisvoll andeutet (Joh. 13,7 u. 8 u. 20). Diese Reinheit, nicht bloß von schwereren Sünden, sondern die vollkommene Reinheit, das Freisein von kleineren Vergehen (Joh. 13,10) wird trefflich versinnbildet durch Fußwaschung, welche nur geringen Staub entfernt, während der übrige Leib durch ein Bad schon gereinigt ist. Diese Reinheit nun, für die Gemeinschaft mit Christus und für das Apostelamt (Joh. 13,8) so notwendig, deutet der Herr durch das Waschen der Füße der Apostel nicht bloß an, sondern erteilt sie auch durch die Wirkung der inneren Gnade vermittelst seines überwältigenden Beispiels. In der Tat musste dieses Beispiel in den Herzen der Jünger Reinheit, Demut und Liebe erwecken, welche ja auch die beste Vorbereitung auf den Empfang der Eucharistie waren.

Art und Weise, wie der Heiland diesen Zweck zu erreichen sucht.

Es scheint dem Heiland sehr am Herzen gelegen zu haben, den Aposteln diese Lehre tief einzuprägen. Das sieht man aus der Art und Weise, wie er es tut.
Erstens sehr auffällig, wie er es noch nie getan. Schon zweimal hatte er den Aposteln diese Lehre vorgetragen (Matt. 18,2f; 20,25f), aber nie mit so viel Nachdruck und Ernst.
Zweitens tut der Heiland dieses noch in den letzten Augenblicken vor seinem Tod (Joh. 13, 1 u.2). Es gehört diese Lehre gleichsam zu seinem Testament.
Drittens gibt der Heiland den Aposteln diese Lehre durch Wort und Tat, indem er ihnen erst die Füße wusch und nachher die Zeremonie in dem obigen Sinn erklärte, also auf alle mögliche Art und Weise.

Beweggründe, die zur Befolgung dieser Lehre für uns in dem Geheimnis liegen.

Wie notwendig diese Lehre ist, zeigt eben das Benehmen der Apostel, die selbst unter diesen Umständen über den Vorrang in Streit gerieten (Luk. 22,24). Ein Stück selbstherrlicher Eigensucht ist in jedem von uns. Aber der Heiland gibt uns mächtige Beweggründe, sie zu überwinden und demütige Liebe und liebende Demut uns anzuzeigen.

Der erste Beweggrund ist das Beispiel des Heilandes, das uns einigermaßen klar wird, wenn wir vor allem erwägen, wer er ist. Es wird dieses sehr nachdrücklich betont in den Worten des hl. Johannes, der Heiland habe dieses getan in vollem Bewußtsein, daß der Vater ihm alles in die Hände gegeben, und daß er von Gott ausgegangen sei und zu Gott hingehe (Joh. 13,3), also im vollen Besitz und Bewußtsein der gottmenschlichen Herrlichkeit. Er selbst nennt sich später „Meister und Herr“, und betont diese Eigenschaften gegenüber den Jüngern. (ebd. 13,13 u. 14) und fügt hinzu, der Diener sei nicht größer als der Herr, und der Gesandte nicht mehr als derjenige, der ihn sendet (Joh. 13,15 u. 16; Luk. 22,26 u. 27). Wer kann sich auch mit ihm vergleichen, und doch erweist er persönlich diesen Dienst der Liebe und Demut! Und wem? Seinen Aposteln und Dienern. Und worin besteht dieser Dienst? Daß er ihnen die Füße wäscht (Joh. 13, 4 u. 5), also das Niedrigste und Gemeinste, was sonst den Sklaven zufiel, vollzieht. Wozu sollten wir denn nicht bereit sein gegenüber unseren Mitmenschen? Was dürfen wir unter unserer Würde halten? Der hl. Petrus setzt die Bedeutung dieses Beweggrundes in das wahre Licht, wenn er sagt, in Ewigkeit werde er nicht zugeben, daß der Herr ihm die Füße wasche (ebd., 13, 6 u. 8)

Der zweite Beweggrund ist der ausdrückliche Wunsch des Heilandes. Deshalb, sagt er, habe er uns das Beispiel gegeben, daß wir es ihm nachtun (ebd., 13 u.15).

Der dritte Beweggrund ist die Belohnung, die der Herr für diese Demut und Liebe verspricht. Freude und Seligkeit verheißt er (ebd., 13,17). Wie glücklich wären auch die Menschen, Fürsten und Untertanen, wenn dieser Geist unter ihnen herrschte! Im Gegenteil, sagt der Heiland, werde derjenige keinen Teil haben an ihn, an seinem Geist, seinem Charakter, seiner Glorie, der sich nicht verstehen kann zum Lehrstück dieser Zeremonie, sei es die nötige Reinheit des Herzens, sei es Liebe und Demut gegen den Nächsten (ebd., 13,8). Der Heiland macht auch aufmerksam auf die Belohnung im Himmel. Da hört das Dienen und das Opfern auf, und an dessen Stelle treten Ruhe, Überfluss, Herrschaft und Auszeichnung in der Macht und Herrlichkeit (Luk. 13,28-30), ja hienieden schon Ehre und Hochachtung; denn wer den Sendboten Jesu aufnimmt, nimmt Jesus auf, und wer Jesus aufnimmt, nimmt Gott selber auf, der ihn gesandt hat (Joh. 13,20).

Die Zeremonie der Fußwaschung in der Kirche

Das ist die große und wichtige Lehre, welche der Heiland uns allen gibt mit der Fußwaschung: Liebe und Demut, liebende Demut und demütige Liebe. Beides zusammen muss es sein. Demut ohne Liebe ist heller, aber kalter Mondschein, Liebe ohne Demut nichts als Strohfeuer oder im Grunde Selbstsucht. Beides zusammen ist der Charakter des christlichen und kirchlichen Regimentes. Das war auch stets der Charakter der Kirche, der Heiligen, und der Hirten nach dem Herzen Jesu. Deshalb läßt die Kirche die Zeremonie der Fußwaschung an jedem Gründonnerstag von den kirchlichen Prälaten wiederholen und nennt sie mandatum. Mit dem Gründonnerstag aber soll das mandatum nicht aufhören. Jede Betätigung des kirchlichen Regimentes ist ein mandatum und sollte mit den Gesinnungen des fußwaschenden Jesus, mit den Gesinnungen der Demut und Liebe, vollzogen werden. Wie steht es also mit der demütigen Liebe und der liebenden Demut? Wie glücklich wäre der, welcher eine Reliquie dieser Fußwaschung besäße, etwa das Waschbecken oder einen Teil des Linnentuches, mit dem der Herr sich geschürzt und den Aposteln die Füße gewaschen! Eine Reliquie des Geheimnisses der Fußwaschung ist jede Gelegenheit, die sich uns darbietet, Liebe und Demut am Nächsten zu üben. –
aus: Moritz Meschler SJ, Das Leben unseres Herrn Jesu Christi des Sohnes Gottes in Betrachtungen Zweiter Band, 1912, S. 240 – S. 245

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