Johannes XXII und Ludwig der Bayer

Der Papst trägt das Kreuz Christi, von Christus glorreich empfangen; es zeigt das Leiden der Päpste und zugleich der Kirche

Der Kampf Papst Johannes XXII. gegen Ludwig den Bayern

Das Pontifikat dieses Papstes war stürmisch bewegt durch den Kampf gegen Ludwig den Bayern und durch die Erhebung der Spiritualen. Hatte einst Innozenz III. bei der ersten Doppelwahl in Deutschland sich auf Grund des besseren Rechts für Otto IV. gegen Philipp, der im Bann lag, entschieden, so wollte jetzt Johannes XXII. bei der dritten, wie einst Urban IV. bei der zweiten Doppelwahl, nur dann eine Entscheidung geben, wenn beide Gewählte, Ludwig der Bayer und Friedrich von Österreich, ihm die Entscheidung überließen; allein dies geschah nicht.

Ludwig der Bayer gegen Papst Johannes XXII.

Nach der Gefangennahme Friedrichs des Schönen behauptete Ludwig, er allein sei rechtmäßiger König, griff in die Verhältnisse Italiens ein und unterstützte die vom Papst als Häretiker gebannten und bekämpften Visconti in Mailand. Das Reichsvikariat in Italien aber übten die Päpste schon seit dem sog. Interregnum; Johannes XXII. hatte dasselbe 1317 in Ausführung einer Bulle Klemens V. dem König Robert von Neapel übertragen und hatte 1322 und 1324 alle exkommuniziert, welche ohne päpstliche Genehmigung ein Vikariat in Italien übernehmen würden. Auf die Bannesandrohung vom 8. Oktober 1323 antwortete Ludwig mit der Bitte um Verlängerung der gestellten Frist von drei Monaten und, noch ehe die Gesandtschaft vor den Papst kam, mit der Nürnberger Appellation an ein Konzil (18. Dezember 1323). Da erfolgte nach Ablauf der gewährten Frist die Exkommunikation unter Androhung der Entsetzung von allen Rechten und Ansprüchen bei weiterer Halsstarrigkeit (21. März 1324).

Ludwig ließ sich dadurch nicht bewegen, sondern ging auf der eingeschlagenen Bahn immer weiter; seine Verbindung mit den abtrünnigen Minoriten, mit Marsilius von Padua und Johannes de Janduno sein Eindringen in Italien, die von ihm vorgenommene Absetzung des Papstes und Erhebung eines Gegenpapstes Petrus von Corbaria (Nicolaus V.) in Rom April 1328, die Verbrennung des Papstes in effigie als Strohpuppe in Pisa und Amelia, seine Krönung zum Kaiser durch Sciarra Colonna und Deputierte des römischen Volkes waren unerhörte Schritte, die eine Regierung zur Ehre und zum Segen der Kirche ausschlossen und ihn, selbst wenn er rechtmäßig gewählt worden wäre, des Thrones unwürdig gemacht hätten.

Der Papst erneuerte daher den Bann in aller Schärfe, sprach das Interdikt über alle Plätze aus, wo Ludwig weile, ließ das Kreuz gegen ihn predigen und ordnete endlich ein Kirchengebet an, um den Frieden für die Kirche Gottes zu erflehen (die herrliche Bulle ist datiert vom 20. Juni 1328). Mit beiden Schwertern kämpfte der Papst gegen Ludwig und ließ ihm nichts als den Namen ille Bavarus; allein seine Absicht war nicht, einen Gegner zu vernichten, sondern einen Verirrten auf den rechten Weg zurückzuführen.

Der Sieg des Papstes

In diesem Kampf verlieh Gott dem Papst den Sieg; Ludwig musste als Flüchtling Rom und Italien verlassen, sein ‚Papst‘ unterwarf sich, den Strick um den Hals, in Avignon (6. September 1330) und ‚der Siegesadler umschwebte den Palast des Papstes‘. Die Rekonziliations-Verhandlungen, welche Ludwig gleich nach seiner Rückkehr aus Italien beginnen ließ, scheiterten zunächst an Ludwigs Weigerung, auf den Kaiserthron zu verzichten, und an der Unentschiedenheit, womit er den endlich ausgesprochenen Verzicht wieder zurücknahm (Juli 1334). Sein Rücktritt aber galt dem Papst als conditio sine qua non; nur gegen die Niederlegung einer Würde, welche ihm ohnehin nicht unzweifelhaft zukam, sollte er die Rekonziliation erlangen. Die Abdankung sollte eben die Buße für schwere Vergehen sein, wie auch Gregor VII. einst sterbend die Kardinäle verpflichtet hatte, Heinrich IV. nur, wenn er die Kaiserkrone niederlege, die Absolution zu erteilen.

Dabei hielt der Papst die Anschauung aufrecht, daß, seitdem Friedrich der Schöne sich mit Ludwig in Verträge eingelassen hatte (1325 und 1326), das Reich vakant sei; er verlangte beharrlich eine freie Neuwahl durch die Kurfürsten, kraft deren ein anderer Kaiser in alle Rechte Heinrichs VII. eintreten sollte. Daher war Johannes der von einigen deutschen Fürsten aufgestellten Kandidatur Karls IV. von Frankreich wohlgeneigt (1325), allein die wieder von deutschen Fürsten zu Gunsten Karls vorgeschlagene provisio imperii wollte er nicht ausführen, obwohl ihm das volle Verfügungsrecht über das Imperium zustand. Ausdrücklich aber verwahrte er sich gegen den Vorwurf, als wolle er die Rechte der Kurfürsten schädigen. Demnach ist die viel verbreitete Anschauung falsch, als habe Johannes XXII. eine Entscheidung im Thronstreite nicht geben wollen, um das Reich zu schädigen oder um es an Frankreich zu bringen oder um in Italien im Trüben fischen zu können. Ebenso hinfällig ist die Ansicht, der Papst hätte sich von (französischen und neapolitanischen) Einflüssen in seinem Verfahren gegen Ludwig bestimmen lassen; Ludwigs Befürchtung, es möchten Könige und Fürsten gegen ihn beim Papst wirken, weist Johannes selbst als grundlos zurück, da nur die Gerechtigkeit ihn leite.

Der Grund zum Vorgehen gegen Ludwig war für den Papst der nämliche in Deutschland, wie in Italien; aber die Art und Weise des Vorgehens musste je nach seiner Stellung zu beiden Ländern verschieden sein. In Italien setzte er Ludwigs Handlungen seine päpstliche Souveränität entgegen und ließ ihn durch seinen Legaten Bertrand de Pojet mit Waffengewalt bekämpfen, ja er forderte selbst die deutschen Bischöfe und Fürsten auf, ihm daselbst gegen Ludwig zu Hilfe zu kommen (1322); Ludwigs Reichshandlungen in Deutschland aber erklärte er für ungültig und forderte die Fürsten und das Volk auf, ihn zu verlassen. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 6, 1889, Sp. 1586 – Sp. 1588

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