Heiligenkalender
4. März
Der heilige Kasimir Schutzpatron der Polen
Die gottselige Maria Dionysia aus dem Orden der Heimsuchung hatte ein besonderes Mitleid für die Fürsten und ermahnte die Leute, wo sie konnte, für dieselben zu beten. „Ach“, seufzte sie, „die Hochgeborenen und Reichen sind nicht von gewöhnlichem Elend umgeben: sie gehen zur Hölle, ohne daran zu denken, weil ihre Treppe dorthin von Gold und Porphyr ist; sie nehmen sich keine Zeit, daran zu denken, daß sie bald sehr klein sein werden. Die Gewohnheit, Andern zu befehlen, flößt ihnen ein solches Selbstvertrauen ein, daß sie dahin leben, als ob Gott, der Himmel und die Engel ebenso unter ihrer Botmäßigkeit ständen, wie die Erde und die Menschen. Wie werden sie enttäuscht werden, wenn sie plötzlich entdecken, daß sie die Sklaven des Teufels gewesen sind und – nun für immer sein sollen!“
Sie feierte die Feste der heiligen Fürsten und Fürstinnen mit vorzüglicher Andacht und sagte: „Nichts sollte die Christen mehr demütigen und zugleich ermutigen, als die heroische Heiligkeit der Großen, welche in Mitte irdischer Ehren demütig blieben und sich vor ihrer Ansteckung zu bewehren wußten.“
Solche Bewunderung verdient Kasimir, ein Sohn des Königs Kasimir III. von Polen und der Elisabeth von Österreich, zu Krakau 1458 geboren, von dreizehn Geschwistern der dritte. Schon von der sehr frommen Mutter zu inniger Liebe gegen Jesus und Maria angeleitet, kam er unter die Obsorge des vortrefflichen Priesters Dlugloß, welcher das seltene Geschick besaß, den Geist und das Gemüt der Zöglinge harmonisch zu entwickeln und ihnen eine tief religiöse Weihe zu geben. Der kleine, geistreiche Casimir hing mit ganzem Vertrauen an ihm, nahm schon in der ersten Blüte der Jugend, die sonst so gerne den Schmetterlingen nachläuft, ein ernstes, sinnendes Wesen an und hielt sich ferne von der eitlen Pracht und Weichlichkeit des Hofes eben so, wie von erniedrigenden Gemeinheiten und jedem Schatten einer Sünde; er trug ein einfaches, reinliches Kleid, hatte die größte Freude am Gebet und Gottesdienst und schlief neben dem fürstlichen Flaumbett auf dem harten Boden, um desto früher zum Gebet zu erwachen. Wollte der Lehrer ihm für seinen Fleiß eine Freude machen, so erlaubte er ihm, eine Stunde länger in der Kirche vor dem Allerheiligsten zu knien. Dabei betrachtete er – wunderbar von der Gnade erleuchtet – unter vielen Tränen das Leiden Jesu und die Schmerzen Mariä. Um in herzlicher Liebe und Dankbarkeit auch mitleiden zu können, trug er auf bloßem Leibe ein hartes Bußkleid, fastete mit erfinderischer Strenge, hielt seine Sinne in scharfer Zucht und gelobte beständige Keuschheit. Ein besonderes Vergnügen machte es ihm, den Armen eigenhändig die Almosen auszuteilen. Einige Hofherren meinten, es sei wider die königliche Würde eines Prinzen, daß er selbst unter die Bettler trete. Er antwortete sanft: „Ich bin noch lange kein König, wie Jesus der Sohn Gottes; dieser stieg vom Himmelsthron zu uns elenden Menschen herab und entäußerte sich von allem, um uns reich zu machen; Er sagte, wer den Armen diene, der diene Ihm, und ich verlange keine größere Ehre, als Jesu zu dienen.“
Kasimir zählte dreizehn Jahre, als die Ungarn ihren König Mathias verjagten und ihm die Krone anboten. Der Vater befahl ihm die Annahme der selben und schickte ihn mit 20000 Mann nach Ungarn. Inzwischen hatte Mathias die Mißvergnügten durch Geschenke wieder versöhnt und marschierte mit einem mächtigen Heer dem Kasimir entgegen. Dieser, ohnehin nicht begierig nach weltlichen Ehren und irdischen Kronen, kehrte auf die Kunde, daß auch Papst Sixtus IV. sich für den entthronten König erklärt habe, voll Freuden heim, um in der geliebten Zurückgezogenheit nur frommen Übungen und Werken der Liebe obzuliegen.
Als bald danach die Ungarn zum zweiten Mal ihn einluden, ihren Thron zu besteigen, weigerte er sich standhaft, ihr König zu werden. Dafür arbeitete er mit kluger Emsigkeit für die Wohlfahrt der heiligen Kirche und erwirkte von seinem Vater ein Gesetz, demzufolge die ruthenische Sekte die den Katholiken mit roher Gewalt entrissenen Kirchen zurück geben musste, keine neue Tempel aufbauen, noch alte baufällige wieder herstellen durfte. Wegen seiner Mildtätigkeit ehrte ihn das Volk mit den schönen Beinamen: „Vater der Armen, Vormund der Waisen, Tröster der Bedrängten, Verteidiger der Unterdrückten“. Wo menschliche Hilfe unzureichend war betete er inbrünstig viele Stunden in der Nacht vor den geschlossenen Kirchentüren auf den Steinen kniend zum allmächtigen und allbarmherzigen Gott.
Im Alter von 24 Jahren wurde der hoffnungsvolle Prinz gefährlich krank… Der göttliche Liebhaber der keuschen Seelen erfüllte bald seinen Wunsch und offenbarte ihm den Tag seines Scheidens. Kasimir bereitete sich bestens zur himmlischen Hochzeit vor. Sterbend faßte er das Bild des Gekreuzigten mit zitternder Hand, küßte zum letzten Mal seine Wunden mit bleichem Mund und – vereinigte sich auf ewig mit dem einzig Geliebten am heutigen Tage 1484, etwas über 25 Jahre alt. Durch seine Fürbitte geschahen viele Wunder, weshalb ihn Papst Leo X. 1522 den Heiligen beizählte.
Sein Leib wurde, nachdem er 120 Jahre in einem feuchten Gewölbe der Kirche gelegen, feierlich erhoben, ganz unversehrt in den noch frischen Kleidern gefunden und dann in einer prachtvollen Marmorkapelle zur Verehrung ausgesetzt. Der heilige Casimir ist der Schutzpatron der Polen und das vollkommene Muster der Keuschheit für alle Jünglinge und Jungfrauen. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 164 – S. 165
siehe auch das Marienlied des heiligen Kasimir