Heiligenkalender
21. Juni
Heiliger Aloysius von Gonzaga aus der Gesellschaft Jesu
Der engelgleiche Jüngling Aloysius wurde auf dem Schloß Castiglione in Italien den 5. März im Jahre 1568 geboren. Der Vater Ferdinand von Gonzaga war Marquis von Castiglione in der Lombardei. Als dessen Gemahlin Martha Tanna Santena ein Gelübde getan hatte, sich mit ihrem Kind zu Loreto der Mutter Gottes aufzuopfern, brachte sie den Aloysius glücklich zur Welt. Sobald dieser nur ein wenig gehen konnte, wurde er von seiner erlauchten Mutter zu aller Andacht, der sie aus vollem Herzen ergeben war, angeleitet. Als er kaum fünf Jahre alt war, traf man ihn schon oft kniend in einem Winkel des Hauses betend an. In demselben Alter geschah es, daß er zu Casale, wo er auf Befehl seines Vaters Ferdinand der Soldaten-Musterung zusah, einem Soldaten heimlich aus der Tasche ein wenig Pulver entwendete und eine Kanone losbrannte. Er kam dabei in Lebensgefahr, da er von den zurück prallenden Rädern leicht hätte beschädigt werden können. Damals lernte er auch durch öfteren Umgang mit den Soldaten einige unehrbare Worte, welche er nachher wiederholte, ohne zu wissen, was sie bedeuteten. Als ihn aber sein Hofmeister auf das Sündhafte derselben aufmerksam gemacht hatte, fühlte er große Reue, und sie kamen nie mehr über seine Lippen. Diese zwei Fehler waren die größten seines ganzen Lebens, die er, so lange er lebte, in seiner englischen Unschuld beweinte. Im siebten Jahre wendete er sein Herz ganz von der Liebe alles Zeitlichen und zu Gott allein. Er nannte dieses Jahr das Jahr seiner Bekehrung und bekannte in der Folge, daß er damals Gott den Herrn von Herzen über alles zu lieben angefangen habe, wie ein jeder Mensch nach erreichtem vollkommenen Gebrauch seiner Vernunft tun soll.
Im achten Jahre schickte ihn sein Vater samt dem jüngeren Bruder und einem Hofmeister nach Florenz an den Hof des Großherzogs von Toscana. Sein unschuldiges Leben, welches er daselbst wie in seinem väterlichen Hause führte, erwarb ihm den Namen eines Engels. In dieser Stadt verrichtete der heilige Aloysius seine erste heilige Beichte, aber mit solcher herzlichen Reue, daß er vor Heftigkeit derselben, als er in den Beichtstuhl kam, in Ohnmacht zu Boden sank. Von Florenz kam er nach Mantua und von da wieder nach Castiglione. Der berühmte heilige Kardinal und Erzbischof Karl Borromäus lernte bei der Durchreise Aloysius kennen, bewunderte die ihm von Gott verliehenen besonderen Gaben, bereitete ihn zur ersten heiligen Kommunion vor und spendete sie ihm selbst. Wie eifrig der heilige Aloysius sich dazu vorbereitete, mit welcher Andacht er die göttliche Speise empfing, und welche Gefühle der Liebe und des inneren Friedens sein Herz erfüllten, können sich nur jene vorstellen, die Jesus mit gleicher Unschuld lieben. Von jener Zeit an nahm man an dem Heiligen eine englische Andacht und Ehrerbietung gegen das heiligste Altarsakrament wahr. So oft er dasselbe in der Folge empfing, pflegte er sich drei Tage auf das eifrigste vorzubereiten und ebenso viele brachte er mit demütiger Danksagung zu. Nach einigen Jahren wurde Aloysius nach Madrid an den spanischen Hof geschickt, wo er dem ältesten Prinzen Jakob als Edelknabe zur Seite lebte. Da trug sich unter anderem zu, daß dieser Prinz bei dem Fenster stand, und weil der Wind sehr rauh und ungestüm ihm ins Gesicht wehte, in diese Worte ausbrach: „Wind, ich gebiete dir, daß du aufhörest, mir so lästig zu sein.“ Aloysius aber sprach sehr weise: „Durchlauchtester Herr! Sie können zwar den Menschen gebieten, und diese müssen gehorchen; aber den Elementen zu befehlen, hat sich Gott allein vorbehalten, und ihm müssen auch die höchsten Monarchen der Welt untertänig sein.“ Wegen dieser so christlichen und weisen Rede liebte und schätzte der König den heiligen Jüngling ungemein.
Nachdem Aloysius das fünfzehnte Jahr erreicht hatte, ging er sehr ernstlich mit Gott und seinem Gewissen zu Rate, welchen Stand er nun erwählen sollte. Schon zu Florenz hatte er den Entschluss gefaßt, die Welt zu verlassen; aber noch war er mit sich selbst nicht einig, in welchem Stand er Gott dienen sollte. Nach langem, innigem Gebet zog es ihn zur Gesellschaft Jesu; dieser Orden war damals erst gegründet und noch voll der Glut des ersten Eifers. Derselbe bot ihm auch vor allen die beste Gelegenheit, um für das Heil der Seelen zu arbeiten und als Missionar unter den Ungläubigen die Märtyrerkrone zu gewinnen. An dem Fest der Himmelfahrt Mariä bekam er von dem Himmel die vollkommene Versicherung, daß diese Neigung von Gott sei; denn nach dem andächtigsten Empfang der heiligen Kommunion war es ihm, als hörte er diese ausdrücklichen Worte der seligsten Jungfrau Maria: „Begib dich in die Gesellschaft meines Sohnes und offenbare dieses deinem Beichtvater.“ Aloysius, voll Freude, entdeckte sogleich seinem Beichtvater, dann seiner Mutter und endlich seinem Vater den Willen Gottes und seinen Beruf. Die Mutter willigte gerne ein, sein Vater aber verweigerte ihm drei Jahre hindurch seine Einwilligung und unterließ nichts, was nur zu erdenken war, um Aloysius von seinem Vorhaben abzuwenden. Allein er blieb fest bei dem gefaßten Entschluss, der Stimme Gottes zu gehorchen. Merkwürdig ist es, was er jenen antwortete, die ihn durch Vorstellung zeitlicher Ehren, Freuden und Güter von dem geistlichen Stande abzuhalten suchten. „Was nützt das zum ewigen Leben?“ sprach er auf solche Vorstellungen, und zeigte damit an, daß man bei der Wahl und dem Antritt eines Standes vor allem auf das letzte Ziel und Ende seiner Erschaffung Bedacht nehmen müsse: Gott dienen und selig werden. Zwei Ursachen bewogen endlich auch den Vater, seine Einwilligung zu geben. Er sah durch eine Ritze der Türe, wie der unschuldige Jüngling sich bis auf das Blut geißelte, als der Vater ihm eine abschlägige Antwort gegeben hatte. Auch sagte ihm Aloysius einst in das Angesicht: „Gott ruft mich. Ich muss Gott gehorchen. Sie, mein lieber Vater, widersetzen sich Gott selbst, wenn sie sich länger meinem Berufe widersetzen.“
Auf diese Worte willigte sein Vater ein, obwohl mit weinenden Augen. Aloysius dankte nun Gott dem Herrn, trat seinem jüngeren Bruder zu Mantua das Recht auf das Herzogtum mit größten Freuden ab, reiste nach Rom und bat fußfällig den P. General Claudius Aquiviva, in die Gesellschaft Jesu aufgenommen zu werden. Dieser nahm ihn sogleich auf. Der heilige Jüngling trat in das Noviziat, als er im 18. Jahre seines Alters war. Das priesterliche Brevier bezeugt, daß man ihn schon in den Probejahren für ein Beispiel in allen Tugenden angesehen habe. Mit all sein Tun und Lassen war während der kurzen Zeit seines Lebens ein Ausfluss seiner innigsten Jesusliebe in den Tugenden der Demut, der Andacht, des Gehorsams, der Nächstenliebe usf.
Im Jahre 1591 entstand zu Rom eine pestartige Krankheit, woran viele starben. Der heilige Aloysius bat um die Erlaubnis, den mit der Pest Behafteten beistehen zu dürfen. Man erteilte sie ihm. Tag und Nacht pflegte er sie. Er sammelte das Brot und andere Speisen für dieselben, machte ihnen die Betten, reichte ihnen die Arznei und Nahrung, trug auch manche, welche von der Pest schon angegriffen waren und auf der Straße lagen, in das Spital. Mit einem Wort, er unterließ nichts, was die christliche Liebe in dergleichen Umständen erfordern konnte. Endlich wurde er selbst von dem Übel ergriffen und musste zu Bett liegen. Am achten Tage ging die Krankheit in ein Fieber über, woran er drei Monate lang zu leiden hatte. Diese ganze Zeit brachte er auf das heiligste mit Betrachtung des Leidens Christi zu, mit gottseligen Anmutungen, mit geistlichem Gespräch und Lesung geistlicher Bücher. Niemals hörte man ein ungeduldiges Wort aus seinem Munde. Die bitteren Tränke oder Pillen, die man ihm reichte, nahm er langsam, damit er seinen Geschmack länger abtöten konnte. Man begehrte von ihm, er solle ein Gelübde tun, um die Verlängerung seines Lebens zu erhalten; er antwortete aber: „Es ist besser, aufgelöst zu werden.“ Als man ihm den herannahenden Tod, der ihm schon zuvor von Gott geoffenbart war, ankündigte, frohlockte er vor Freuden und begehrte, man möge mit ihm den ambrosianischen Lobgesang (Te Deum) anstimmen, und sprach mit David: „Ich habe mich erfreut in dem, was mir gesagt worden: Wir werden eingehen in das Haus des Herrn.“ Mehreren, die zu ihm kamen, rief er zu: „Wir gehen, wir gehen mit Freuden.“ und da man ihn fragte: „Wohin? antwortete er: „In den Himmel, in den Himmel.“ In den letzten drei Tagen hielt er fast beständig das Kruzifixbild an sein Herz gedrückt und den Rosenkranz um seinen Arm geschlungen. Bisweilen aber blickte er seinen gekreuzigten Heiland auf das andächtigste an, wobei Tränen der Liebe und Reue aus seinen Augen flossen. Er verlangte einst, von einer Seite zur andern gewendet zu werden; da man ihn aber an das harte Kreuz Christi erinnerte, sah er dessen Bild an und blieb ruhig. Kurz vor seinem Ende entblößte er das Haupt mit den Worten: „Christus ist nicht mit bedecktem Haupte gestorben.“ Endlich gab er an dem achten Tage des Fronleichnamsfestes (Oktav), wie er vorher gesagt, seine unschuldige, mit so vielen Tugenden geschmückte Seele in die Hände ihres Schöpfers, das Kruzifix, den Rosenkranz und die geweihte Kerze in den Händen. Seine letzten Worte waren die heiligsten Namen Jesus und Maria. Dieser glückselige Tod ereignete sich im Jahre 1591 den 21. Juni im 24. Jahre seines Alters und im sechsten seines Ordenslebens. Papst Benedikt XIII., der im Jahre 1726 den sel. Aloysius heilig sprach, nannte ihn ein Vorbild der Unschuld und Keuschheit und stellte ihn als Schutzpatron der Jugend auf. Der große Bellarmin, sein Beichtvater, bezeugte, Gott habe diesem heiligen Jüngling ganz besondere und fast unerhörte Gnaden mitgeteilt. Er hatte die vier niederen Weihen empfangen.
Am 4. April im Jahre 1600 hörte man die heilige Magdalena von Pazzis in einer Verzückung sagen: „Wie groß ist die Herrlichkeit des Aloysius, weil er Jesus so innig geliebt hat! Welch ein Schmerz war es für ihn, dich, o mein Gott, nicht so lieben zu können, als er es wünschte! Aus Liebe zu Jesus bewahrte er die Keuschheit unbefleckt. In dieser Absicht lebte er immer in größter Mäßigkeit und wachte über seine Sinne so streng, daß er die Augen niederschlug, wenn er in einer Gasse ging, und daß er die Königin von Spanien, vor der er fast dritthalb Jahre täglich erscheinen musste, doch aus den Gesichtszügen nicht erkannte.“ – aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 465-468