Das Zeichen des Bundes mit Noe

Der Regenbogen als Zeichen des Bundes Gottes mit Noe; der Regenbogen am Strand des Meeres als Halbkreis spiegelt sich im Wasser und wird dadurch zu einem vollen Kreis

Das Zeichen des Bundes – Der Regenbogen ein gespannter Bogen ohne Pfeil

Gott sprach nun zu Noe: „Gehe aus der Arche, du und dein Weib, deine Söhne und die Weiber deiner Söhne mit dir. Alle lebenden Wesen, welche bei dir sind, von allem Fleisch, sowohl von den vögeln, als von dem Vieh, und allem, was auf der Erde kriecht, führe mit dir heraus; und gehet hin über die Erde; wachset und mehret euch auf ihr.“ Nun ging Noe heraus, und mit ihm die Seinigen, im ganzen „acht Seelen“ (1); desgleichen alle Tiere. (2)

Mit welchen Gefühlen Noe, nachdem er ein volles Jahr zwischen Himmel und Erde, zwischen Leben und Tod geschwebt, auf die schrecklich verwüstete Erde, den schauerlich einsamen Leichenacker so vieler Geschöpfe, heraus getreten sein werde, läßt sich denken. Es waren die Gefühle des innigsten Dankes für die wunderbare Rettung, sowie das heiße Verlangen, sich den allmächtigen Herrn für immer gnädig zu erhalten. In dieser Gesinnung „baute er dem Herrn einen Altar und opferte auf demselben Brandopfer von allen reinen Tieren und Vögeln.“ (3) Der Herr hatte Wohlgefallen an Noes Opfer, weil es, wie alle alttestamentlichen Opfer, ein Vorbild des unendlich kostbaren Opfers des verheißenen Erlösers war, und sprach: „Nicht will ich fürder der Erde fluchen um der Menschen willen; denn Sinn und Gedanken des Menschen sind zum Bösen geneigt von seiner Jugend an; nicht also will ich fürder schlagen alles Lebende, wie ich getan. Alle Tage, solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Nacht und Tag.“ (4) Darauf segnete Gott den Noe und seine Söhne und sprach zu ihnen: „Wachset und mehret euch und erfüllt die Erde. Furcht und Schrecken vor euch sei über alle Tiere der Erde und über alle Vögel des Himmels, samt allem, was sich regt auf Erden. Alle Fische des Meeres, in eure Hand sind sie gegeben. Und alles, was sich regt und lebt, sei euch zur Speise; wie das grüne Kraut übergebe ich euch alles. Nur Fleisch mit seinem Blut sollt ihr nicht essen. Denn euer Blut will ich von allen Tieren fordern; und von der Hand des Menschen, von der Hand des Mannes, seines Bruders, will ich des Menschen Leben fordern. Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch vergossen werden; denn nach Gottes Ebenbild ist der Mensch erschaffen.“ (5)

Zur bleibenden Bürgschaft dieses Gnadenbundes und insbesondere der Verheißung, fürder nicht mehr durch eine Flut die Erde zu verwüsten, bestimmte Gott ein ebenso großartiges als liebliches Zeichen. Er sprach: Dies ist das Zeichen meines Bundes, den ich errichte zwischen mir und euch und für alle lebenden Wesen, die bei euch sind, auf alle Geschlechter: meinen Bogen setze ich in die Wolken. Und wenn ich mit Wolken den Himmel umziehen werde, wird euch mein Bogen in den Wolken erscheinen, und ich will gedenken meines Bundes mit euch und mit allen lebenden Wesen, und es soll hinfür keine Flut mehr kommen, alles Fleisch zu vertilgen. Der Bogen wird in den Wolken sein, und ich werde ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken, der geschlossen ist zwischen Gott und jedem lebenden Wesen unter allem Fleisch, so auf Erden ist.“ (6)

Die Fassung dieser nachdrücklichen Verheißung ist anthropomorphistisch, d. h. der menschlichen Fassungskraft entsprechend ist von Gott in menschlichen Ausdrücken die Rede. Das ist am häufigsten und stärksten gerade in solchen Abschnitten der Fall, in denen der höchste Gottesname Vorherrschaft und der vollkommenste Gottesbegriff unleugbar ist (Jahve = Der Seiende) – ein Beweis, daß die Ausdrucksweise nicht in Gottes unwürdiger Weise verstanden werden darf. Nicht Gott erinnert sich, wie der hl. Chrysostomus bemerkt, beim Anblick des Regenbogens, an seine Verheißung, aber er spricht so, damit wir daran erinnert und zum Vertrauen ermuntert werden. Die liebliche Erscheinung des Regenbogens, der selbst Zeuge am Himmel genannt wird (7), ist ein Zeichen und Unterpfand der göttlichen Huld und Gnade. (8) Der Regenbogen, sagen die heiligen Väter, ist ein gespannter Bogen, aber ohne Pfeil. Er soll uns schrecken durch Erinnerung an das Strafgericht der göttlichen Gerechtigkeit, aber nur, damit wir den Pfeilen der göttlichen Rache entgehen. Durch seine Farben erfreut er; so auch die göttliche Barmherzigkeit durch ihre Gaben und Gnaden. Insbesondere ist er ein Zeichen des Friedens zwischen Gott und den Menschen, darum vorzüglich ein Symbol des Erlösers, der uns diesen Frieden gebracht hat. (9) Wenn Jesus, die Sonne der Gerechtigkeit, eine Seele wie Wolken von der Erde erhoben und mit den sanft träufelnden Wassern seiner Gnade erfüllt hat und dann mit den Strahlen seines Lichtes und seiner Liebe hinein leuchtet (10), so erglänzt in ihr alsbald die lieblichste Mannigfaltigkeit der Tugenden als Bestätigung des heiligen Bundes und als Unterpfand des herrlichsten Friedens und ewiger Seligkeit.

Anmerkungen:

(1) 1. Petr. 3, 30.
(2) Gn. 8, 15-19.
(3) V. 20.
(4) V. 21f.
(5) 9, 1-6. Es handelt sich nicht um die erstmalige Erlaubnis des Fleischgenusses, wie oft angenommen wird. Der Nachdruck liegt auf der Ausnahme, die hier gemacht wird: excepto quod, ausgenommen, daß ihr nicht Fleisch mit seinem Blut esset. Damit ist vielleicht die (noch in Abessinien vorkommende) barbarische Sitte gemeint, aus lebenden Tieren heraus geschnittenes Fleisch zu essen, jedenfalls aber der im späteren Gesetz so verpönte Genuss von Blut und mit Blut gefüllten oder von Blut nicht gereinigten Fleischstücken ausgeschlossen. Der Grund dieses Gebotes ist im Hebräischen: „nur Fleisch mit seiner Seele, mit dem Blut, sollt ihr nicht essen“, genügend angegeben. Das Blut ist als Sitz des Lebens gedacht. Herr alles Lebens aber ist Gott allein. In der Ausgießung des Blutes soll also Gott als Herr des Lebens anerkannt und der Mensch an seine Sündhaftigkeit, durch er das Leben verwirkt hat, erinnert werden. Daher gehört die Vergießung des Blutes durch die Schlachtung und die Sprengung des Blutes durch den Priester zum Wesen des alttestamentlichen Opfers (Lv. 4, 7). in der christlichen Kirche ist das Verbot des Blutgenusses auf dem Apostelkonzil um der Juden willen aufrecht erhalten (Apg. 15, 29) und von der kirchlichen und weltlichen Gesetzgebung im Morgenland beibehalten worden; im Abendland hat es nach dem Aufhören des Unterschiedes zwischen Juden- und Heidenchristen seine Bedeutung und Verbindlichkeit allmählich verloren. Vgl. Aug., Contra Faustum 32, 13.
(6) V. 12-17; vgl. Sir. 43, 12f; Is. 54, 9.
(7) Ps. 88, 38.
(8) Wir haben bereits oben die Meinung erwähnt, der Regenbogen sei erst nach der Sündflut infolge der damit verbundenen physikalischen Veränderungen und der göttlichen Verheißung am Himmel erschienen. Wahrscheinlicher jedoch und von den meisten katholischen Exegeten älterer und neuerer Zeit angenommen ist die Erklärung, wonach Gott eine schon existierende Naturerscheinung zum sichtbaren Zeichen seines Bundes wählte, ähnlich wie er später auch andere Dinge zu Erinnerungs- und Gnadenzeichen erhoben hat. Gerade der Regenbogen aber als Sieg der Sonne über das dunkle, wasserschwere Gewölk ist ein treffliches Sinnbild der göttlichen Gnade und Huld nach göttlichem Zorn. Die Vorstellung von einem „Kriegsbogen“ liegt der biblischen Darstellung offenbar fern; eher könnte die Vorstellung von der „Himmelsbrücke“, als welche der Regenbogen in den Sagen der Völker erscheint, damit in Verbindung gebracht werden. Mit den „astralen Motiven“, die Jeremias (ATAO 247) zusammen gesucht hat, hat die Bibel nichts zu tun.
(9) Lk. 2, 14.
(10) 2. Kor. 4, 6. –
aus: Schuster/Holzammer, Handbuch der Biblischen Geschichte, Bd. I, Altes Testament, 1910, S. 228 – S. 231

Bildquellen

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