Unsere Liebe Frau zu Haindling in Bayern

Eine Prozession christgläubiger Katholiken zu einem Gnadenort der Muttergottes Maria

Gnadenorte der hohen Himmelskönigin Maria

Unsere Liebe Frau, die Gottesmutter Maria, sitzt, umringt von vielen Heiligen, in der Mitte, ihren Sohn Jesus auf dem Schoß, eine Lilie in der linken Hand; unter ihr ist das Häuschen zu sehen, daß von Engeln zum Gnadenort Loreto getragen wird

Unsere Liebe Frau von Haindling in Niederbayern

In den blühenden Gefilden Altbayerns, ¼ Stunde südöstlich von Geiselhöring, erblickt auf einer anmutigen Höhe das Auge des Wanderers den Wallfahrtsort Haindling. Die Liebe der Kinder Mariens zu ihrer erhabenen Mutter ist alt – älter, als unserer von falschen Meinungen verdorbene Zeit zu glauben geneigt ist; davon spricht Haindling mit den beredtesten Worten. Dieser Wallfahrtsort U. L. Frau weist einen beinahe tausend jährigen Bestand lang! Welche lange Zeit! Wie viele Reiche sanken in Trümmer, wie viele Ideen, welche die Welt bewegten, verschlangen die Jahrhunderte samt ihren Entdeckern und Trägern – aber, hingeworfen zu den Füßen Mariens, beteten gläubige und fromme Katholiken in dem Gotteshaus zu Haindling in den frühen Zeiten – und beten noch daselbst. Den Beweis für das hohe Alter des marianischen Gnadenortes Haindling liefert das Gnadenbild selbst.

Die fromme Einfalt und der Geschmack des neunten Jahrhunderts leiteten die Hand des Meisters, der das wunderbare Bild aus Holz geschnitzt. Das Angesicht Mariens ist sichtbar und nicht halb eingebunden nach der Manier späterer Jahrhunderte. Ein holder Zauber ist über dasselbe ausgegossen, der den Sünder bewegt, den Gerechten fesselt und Beide bis in die Seele zu rühren im Stande ist. Auf der rechten Hand trägt sie das göttliche Kind mit dem Zepter. Das Haupt ist mit einer von Holz verfertigten, oben zugespitzten Krone bedeckt; so war es die Weise des frommen Altertums. Die Kleidung besteht aus einem Mantel und Überrock und einem zwischen Beiden herab laufenden Gürtel; Alles in Holz gearbeitet. Das göttliche Kind trägt die Weltkugel in der linken Hand, die rechte scheint zu segnen.

Die spätere Zeit, welche die fromme Einfalt verlor und die Leere des Herzens gewöhnlich mit sinnlosen Zierraten und grellen Farben verdecken wollte, übermalte auch das heilige Bild zu Haindling öfters und bedeckte es mit prunkenden Kleidern; der hochselige Bischof Ernest, Graf von Wartburg, jedoch entfernte allen Flitter und ließ nichts gelten, als die natürlichen Reize und den einfachen Glanz des Altertums; bloß über die hölzernen Kronen brachte er goldene an und gab sowohl der Mutter als dem Kind Zepter von eben dem Metall in die Hand. An das mit Silber überzogene Fußgestell aber befestigte er eine silberne Platte mit den wenigen Worten: „Albert Ernest, Graf von Wartburg, Bischof von Laodizäa und Weihbischof von Regensburg, schmückte dieses wunderbare Bildnis der allerseligsten Jungfrau im Jahre 1715. Es muss noch gesagt werden, daß das Bild ein Original des neunten Jahrhunderts ist; denn kein zweites in derselben Manier kann aufgewiesen werden. Alt ist demnach Mariens Bild zu Haindling – und schön geschnitzt, wie man es heut zu Tage noch sieht, lockte es eine Menge Andächtiger in seine Nähe.

Natürlich faßte die ursprüngliche Kapelle, in welcher sich das wunderbare Bild befand, die frommen Waller nicht mehr; bis zum Jahr 1439 wurde sie fünfmal erneuert und machte sodann im genannten Jahre einer Kirche Platz. Aber, obgleich vor etwa hundert Jahren an die Rückseite dieser die herrliche Kreuzkapelle angebracht worden, so fand doch Abt Wolfgang Mohr den Raum zu enge; er ließ 1719 die im Jahre 1439 gebaute Kirche wiederum abtragen und begann den Bau der jetzigen prachtvollen Frauenkirche, welche 1721 vollendet wurde. Sie ist 114′ lang und 60′ breit. Den Hauptaltar weihte Ernest Graf von Wartenburg und Weihbischof von Regensburg zur Ehre Mariä Himmelfahrt. Am Ende des hohen Chores befinden sich zwei Seitenaltäre: der rechte ist der allerheiligsten Dreifaltigkeit gewidmet und in dessen vergoldetem Tabernakel thront das wundertätige Bild; der andere ist dem heiligen Sebastian geweiht. Im hohen Schiff befinden sich 6 Seitenkapellen und im Presbyterium zwei Oratorien, welche durch ihre Symmetrie und durch die Harmonie der bunt gefärbten, reich vergoldeten Baldachine sogleich in die Augen fallen. Zu dem schönen Marientempel führen drei Pforten. Die mittlere und Hauptpforte verewigt durch einen herrlichen Stein das Andenken an den Bauherrn und die Bauzeit, sowie das Wappen des Weihbischofs und das des Abtes Wolfgang Mohr mit den reichsstiftischen Insignien der fürstlichen Abtei St. Emmeram.

Das ist die Geschichte des Wallfahrtsortes und seines Marientempels. Den Bau des letzteren führte der Maurermeister in Geiselhöring, Johann Pfätischer; Franz Reinthaler, Zimmermeister in Hanspach und dessen Palier Christoph Walperstäter verfertigten den künstlichen Dachstuhl. Anselm von Godin, Prediger und Pfarrer zu Skt. Emmeram, entwarf die Malereien und Anton Merz von Straubing führte sie aus. J. Lehner von Geiselhöring aber stellte den hohen und majestätischen Choraltar und die Nebenaltäre mit mühsamer, künstlich eingelegter Arbeit her. Die Aufsicht über den ganzen Bau ward dem eifrigen Probstrichter Michael Niederhuber übertragen. 1722, am zweiten Sonntag nach Ostern, weihte Langwert von Simmern, Weihbischof von Regensburg, das marianische Gotteshaus feierlich ein. Gegenwärtig ist, wie früher, der Zudrang der Wallfahrer nach dem Wallfahrtsort Haindling ein sehr großer. Die Mehrzahl des Volkes denkt noch katholisch und eilt gerne an jene Orte, wo eifrige Priester seiner warten, um es in seinen Leiden zu stärken und zu trösten, wo es sich Rat holen kann, wo es eine Mutter findet, welche mächtig genug ist, in schweren Nöten zu helfen, und auch gütig genug, um zu wollen! –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Zweiter Teil, 1869, Sp. 2657 – Sp. 2659

Tags: Maria

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