Selige Anna Garcias Karmelitin

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

7. Juni

Die selige Anna Garcias Karmelitin

Die gottselige Jungfrau Anna Garcias wurde in Spanien nahe bei Ubalda in Altkastilien im Jahre 1549 von gottesfürchtigen und tugendhaften Eltern geboren. Von diesen frühzeitig zur Andacht und Besuchung des öffentlichen Gottesdienstes liebevoll ermuntert und angehalten, äußerte sie von zartester Kindheit an einen solch schönen, religiösen Sinn „daß sie die Freude ihrer Eltern war.

Ihr Vater, der mit mehreren Kindern gesegnet war, und dem es recht nahe am Herzen lag, seinen Kindern schon im zartesten Alter die Grundwahrheiten der Religion und Tugend einprägen zu lassen, hielt einen Geistlichen im Hause, der seinen Kindern Unterricht in der Religion, dabei auch im Lesen und Schreiben erteilte. Wie fromm überhaupt die Erziehung unserer gottseligen Anna und ihrer Geschwister war, erhellt schon daher, weil eine ihrer Schwestern einst sagte: „Jetzt würde ich gerade zum Himmel fahren, wenn ich stürbe; denn wenn die Kinder älter werden, fangen sie auch schon zu sündigen an“. Anna, die dabei gegenwärtig war, fühlte sich unwillkürlich sehr betroffen, sah in die Höhe, erblickte den Himmel offen, und den Herrn in großer Kraft und Herrlichkeit erscheinen. Von diesem Augenblicke an, vergaß sie auch nie mehr der Gegenwart Gottes, und hatte eine große Furcht, Ihn durch irgend eine freiwillige Sünde zu beleidigen.

Damals hatte sie noch nicht das siebente Jahr ihres Lebens erreicht, und darf es uns demnach auffallend erscheinen, wenn sie an dem Tage, wo sie sieben Jahre alt wurde, bitterlich zu weinen anfing und es beklagte, nicht früher gestorben zu sein weil sie jetzt fähig wäre zu sündigen, und dadurch Gott zu beleidigen? Darf es uns ferner auffallend erscheinen, wenn sie von der Liebe zu Jesus sich schon damals so eingenommen fühlte, daß sie in all ihrem Tun und Lassen nur von Ihm gesehen zu werden verlangte, auch nur, Ihm zu gefallen sich bestrebte?
Worin anders lag der Grund von allen diesen, in unsern Tagen so seltenen Erscheinungen, als weil Gottesfurcht und reine Liebe zu Gott, ihr mit der Muttermilch gleichsam eingeflößt worden waren, und weil man ihr schon im zartesten Alter die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes richtig geschildert und tief eingeprägt hatte, heilig sein und heilig denken, reden und handeln zu müssen, weil auch der heilig sei, der sie berufen habe, und weil Gott, so wie er nur das Gute wolle, das Böse aber verabscheue, also. auch nur das Gute belohnen könne, das Böse aber bestrafen müsse?

Und wie gut war es doch für unsere gottselige Anna, daß ein guter Samen der Religion ihr schon frühzeitig ins kindliche Herz gelegt worden war! Denn das harte Schicksal betraf sie, daß ihre Eltern eher starben, als sie herangebildet war, und da Geschwister selten gegeneinander jene zärtliche Liebe fühlen, die sie doch in ihrem Innersten nähren sollten, so musste sich auch unsere gottselige Anna gefallen lassen, von ihren Geschwistern zum Hüten ihrer Schafe angehalten zu werden. Dieses Geschäft fiel ihr anfänglich so schwer, daß sie es zuweilen gar nicht ertragen zu können glaubte; nur der Gedanke, sie wolle es Gott zu Liebe tun, ermutigte sie zum Ausharren, und je länger sie dieses Geschäft zu besorgen hatte, desto weniger klagte sie über lange Weile, denn sie betete viel, und oft, und übte sich dann in Betrachtung göttlicher Dinge.

Als endlich unsere gottselige Anna erwachsen war, und das Alter erreicht hatte, wo sie sich verehelichen konnte, wollten sie ihre Geschwister in der Tat verehelichen. Ihre Gedanken aber, und noch mehr ihr frommes Herz waren weit davon entfernt. Immer wich sie aus, so oft man davon neuerdings sprach; als man aber eines Tages ernsthafter als je in sie gedrungen war, sich zu verehelichen, erklärte sie mit Freundlichkeit, doch zugleich mit allem Ernste: „Wohl, wenn ich einen Jüngling finde, der fromm und tugendhaft ist, der nicht sündigt, der sehr bescheiden und dabei ausgezeichnet schön ist, der überdies mit mir immer in steter Keuschheit leben, und mich in den Übungen der Gottseligkeit nicht hindern will, den will ich heiraten.“

Ein solcher junger Mann zeigte sich ihr nicht, ihre Geschwister konnten ihr um so weniger einen solchen vorführen, sie blieb also ledig, und hütete noch einige Zeit die Schafe. Bald darauf aber entdeckte sie ihren Geschwistern, sie fühle sich berufen, in dem Kloster zu Abula ihr übriges Leben Gott zu weihen. Ihre Geschwister waren lange dagegen, doch: willigten sie endlich ein, und Anna wurde in dieses erste Kloster der heiligen Theresia nach schweren Prüfungen als Laienschwester aufgenommen.
Anna war heiter und in Gott vergnügt, aber eine harte Versuchung sollte sie nun bestehen. Sie, die ſso gerne, und unter so viele Tröstungen bisher gebetet hatte, fühlte plötzlich eine solche Dürre und Verlassenheit, daß sie sich nicht zu helfen, nicht zu raten wußte, weil dieser Zustand ein ganzes Jahr durch währte, doch blieb sie gelassen, sie betete immer fort, und opferte sich Gott oft, eingedenk der Worte: Betet ohne Unterlaß, klopfet an, verharret im Gebete, so werdet ihr von Gott alles erhalten, um was ihr nur immer zu Ihm flehen werdet. Sie bot sich indes zum Dienste der Kranken an, und, nachdem ihr Anerbieten gut geheißen worden war, wurde sie während 14 Jahren die Leidensgefährtin der heiligen Theresia selbst, die öfters von ihr sagte:
„Ich habe den Namen, sie die Taten einer Heiligen“. Bemerkenswert ist auch, daß die heilige Theresia in ihren Armen starb.
Nicht immer bediente Anna dankbare Mitschwestern, aber sie ließ sich weder durch erfahrnen Undank noch durch Lästerungen je im Guten oder im Dienste des Nächsten abhalten; weil sie alles aus Liebe zu Gott tat, dem sie in allem diente. Nachdem endlich die gottselige Anna lange als Laienschwester gedient hatte, wurde sie nach Paris in ein Kloster ihres Ordens berufen, wo man sie anhielt, den schwarzen Schleier zu nehmen, und wo sie bald darauf Vorsteherin des Klosters werden musste.

In demselben Amt wurde sie nach drei Jahren nach Tours, hierauf nah Pontoisi, dann wieder nach Paris, und zuletzt im Jahre 1611 nah Anthorf in den Niederlanden versetzt. Allen diesen Wechselungen unterwarf sich Anna mit dem vollkommensten Gehorsam, und wo sie Vorsteherin des Klosters war, da lebte auch der Geist der heiligen Theresia, gleichsam von neuem wieder auf. Immer tat sie selbst, was sie ihre Schwestern lehrte:
„Fürchtet keine Mühe, (sprach sie oft:) noch Beschwerde; denn die Menschen der Welt leiden mehr bei Vollbringung des eigenen Willens, als ein Gottseliger bei Verleugnung desselben. Wer dabei nicht anders wünscht, als sich dem Wohlgefallen Gottes zu unterwerfen, und sich um Gotteswillen auch das (lästernde) Urteil eines andern gefallen läßt, der kann sagen: „Ich lebe, doch nicht mehr ich; Christus lebt in mir.“ Wenn du Christum in der Wahrheit liebst, musst du mit Ihm dich ans Kreuz schlagen, dich selbst ganz verleugnen, dich von allen zeitlichen Dingen abwenden, deinen Eigenwillen fallen lassen, und Ihn für den König, Bräutigam und Herrn deines Herzens erkennen.“

Diese und ähnliche salbungsvolle Worte mussten notwendiger Weise tiefen Eindruck auf den Geist aller jener ihrer Mitschwestern machen, die aus reinen Absichten dem Kloster zugeeilt waren, um darin Gott auf eine vorzügliche Art zu dienen.
Anna sollte indessen auch den Schmerzenskelch ausschlürfen, und während der zwei letztern Jahre ihres Lebens hatte sie schwere Krankheiten auszustehen. Aber geduldige Ertragung aller dieser Krankheiten, und der damit verbundenen Schmerzen zeichneten die gottselige Dulderin auch in diesem Punkte aus. Öfters schon hatte sie sich nach Auflösung gesehnt, um mit Jesu verbunden zu werden, den sie von Kindestagen an und ihr ganzes Leben hindurch so sehr, so herzlich, so anhaltend geliebt hatte. Ihr flehentliches Verlangen wurde endlich erhört, und auferbaulichst starb sie des Todes der Heiligen Gottes im Jahre 1626, am 29. August.

O wie gut ist es doch für den Menschen, wenn sein Nacken schon frühzeitig unter das süße Joch des Evangeliums Jesu gebeugt worden ist! Geschieht dieses mit Bescheidenheit, Sanftmut und Liebe, so erscheint auch dem Menschen die Religion als eine wahre Freundin und Trösterin in allen, selbst in den traurigsten Verhältnissen des Lebens. Möchten Eltern so sorgfältig bedacht sein für den frühen Unterricht ihrer Kinder in der Religion, wie es der Vater der gottseligen Jungfrau Anna Garcias war! Möchte aber auch dieser Unterricht so salbungsvoll und belehrend erteilt werden, wie es hier der Fall war! Schwer fiel unsrer gottseligen Anna das Geschäft, welches ihr von ihren Geschwistern nach dem frühzeitigen Tode ihrer Eltern übertragen worden war, aber sie unterzog sich demselben aus Liebe zu Gott, und so machte sie sich auch der göttlichen Tröstungen fähig und würdig.

Möchten doch auch wir unsre Geschäfte stets mehr aus Liebe zu Gott, als aus Liebe zu den Menschen anfangen, fortsetzen und vollenden! Möchten wir dabei mehr Gott als den Menschen zu gefallen suchen! Gewiß, dann würden auch wir die Tröstungen Gottes erfahren, und unser Geist würde sich mit wichtigeren Gegenständen beschäftigen, so zwar: daß wir nie Zeit fänden, kleinmütige Klagen zu führen.

Die gottselige Anna, erfuhr sie auch Undank und Lästerungen, ließ sich dadurch nie im Guten, oder im Dienste des Nächsten abhalten sie erinnerte sich der Worte und Ermahnung Jesu: „Ich aber sage euch: liebet eure Feinde, tut denen Gutes, die euch hassen, und bittet für die, welche euch verfolgen und verleumden; damit ihr Kinder euers Vaters seid, der im Himmel ist; … denn, wenn ihr diejenigen liebet, die euch lieben, was werdet ihr für eine Belohnung haben? Tun das nicht auch die Publikanen? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßet, was tut ihr mehr? tun dieses nicht auch die Heiden? Darum sollet ihr vollkommen sein, gleichwie auch euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ (Matth. 5, 44 u. ff.)
Tun wir nun dasselbe, damit auch wir Kinder unsers Vaters seien, der im Himmel ist. –
aus: Lothar Franz Marr, Kurze Lebensgeschichte heiliger Landleute und Hirten, 1824, S. 28-34

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