Pius XI.: Lux Veritatis
Maria ist Mutter Gottes
Schlussteil des Rundschreibens Papst Pius XI. v. 25. Dezember 1931
Rundschreiben zur XV. Zentenarfeier des Konzils von Ephesus (AAS XXIII (1931)
Auszüge
Maria ist Mutter Gottes
471… Aus der katholischen Lehre folgt notwendig jenes Dogma von der göttlichen Mutterschaft, die wir von der seligen Jungfrau aussagen. Und zwar sagen wir dies – wie der heilige Cyrillus uns ermahnt – „nicht deswegen aus, weil die Natur des Logos oder seine Gottheit das Prinzip ihrer Entstehung aus der heiligen Jungfrau nahm, sondern weil aus ihr jener heilige, von einer geistigen Seele vervollkommnete Leib stammt, mit dem hypostatisch der Logos verbunden ist und der gemäß dem Fleische geboren wird“.
Wenn nämlich der Sohn der seligsten Jungfrau Gott ist, so verdient sicherlich und mit vollem Recht jene, die ihn gebar, Mutter Gottes genannt zu werden; wenn Jesus Christus nur eine und zwar eine göttliche Person ist, so muss Maria zweifellos nicht bloß als Mutter des Menschen Christus, sondern als Gottesgebärerin, als Theotokos von allen angesprochen werden. In diesem Sinn wird sie von ihrer Verwandten Elisabeth als „Mutter meines Herrn“ (Luk. 1,43) begrüßt; so sagt der Märtyrer Ignatius von ihr, dass sie Gott gezeugt habe; Tertullian bezeugt, dass aus ihr Gott geboren sei, und wir alle verehren sie als die erhabene Mutter Gottes, der der ewige Gott die Fülle der Gnaden verlieh und sie zu solcher Würde erhob.
Niemand kann anderseits diese aus der frühesten Zeit der Kirche überlieferte Wahrheit zurückweisen (und diese göttliche Mutterschaft deswegen leugnen), weil die selige Jungfrau zwar für Jesus Christus den Leib bereitet, nicht aber das Wort des himmlischen Vaters gezeugt habe; schon Cyrillus hat damals darauf die richtige und einleuchtende Antwort gegeben: Wenn nämlich alle Frauen, in deren Schoß unser irdisches Sein Gestalt empfängt, in Wahrheit Mütter genannt werden und es auch sind, obwohl die menschliche Seele nicht von ihnen erschaffen wird, so hat auch Maria von der einen Person ihres Sohnes her die göttliche Mutterschaft erlangt.
473 Aus diesem Dogma von der Gottesmutterschaft strömt nun wie aus einem verborgenen Brunnquell die einzigartige Gnade Mariens und ihre Würde, die nach Gott die höchste ist. Ja, der Aquinate schreibt sogar die herrlichen Worte: „Weil die selige Jungfrau die Mutter Gottes ist, so hat sie eine gewisse unendliche Würde von dem unendlichen Gut her, das Gott ist.“ Cornelius a Lapide erklärt und erläutert dies näher hin, wenn er sagt: „Die selige Jungfrau ist die Mutter Gottes; also ist sie bei weitem erhabener als alle Engel, selbst als die Seraphim und Cherubim. Mutter Gottes ist sie, also ist sie ganz rein und heilig, und zwar so sehr, dass man sich, wenn man von Gott absieht, eine größere Reinheit überhaupt nicht denken kann: Mutter Gottes ist sie; alle Privilegien in der Gnadenordnung also, die damals einem Heiligen zuteil wurden, erhielt sie vor allen.“
Die heilige Familie als Vorbild
479 Es ist eine besondere Fügung, dass gerade Uns beschieden ist, diese Fünfzehnhundertjahrfeier zu begehen, die Wir die Würde und Heiligkeit einer keuschen Ehe gegen die vielfältigen Irrtümer und Trugbilder in Schutz genommen haben (Pius XI., Enzyklika Casti connubii), die Wir feierlich für die heiligen Rechte der Katholischen Kirche auf dem Gebiete der Jugenderziehung eingetreten sind und Uns ausführlich über Methode und Grundsätze geäußert haben (Pius XI., Enzykika Divini illius Magistri). Das erhabene Vorbild für diese Vorschriften, die wir über Ehe und Jugenderziehung gegeben haben, liefert uns wiederum die Gnade der Gottesmutterschaft und die Heilige Familie von Nazareth, die ja für alle ein Vorbild sein soll. Schon Unser Vorgänger Leo XIII. wies darauf hin, „wie die Familienväter in Joseph ein leuchtendes Vorbild väterlicher Fürsorge und Wachsamkeit haben, wie die Mütter in der jungfräulichen Gottesmutter ein erhabenes Idealbild der Liebe, der Bescheidenheit, der Unterwürfigkeit und vollendeten Treue, wie anderseits die Kinder in Jesus, der seinen Eltern untertan war, ein göttliches Muster des Gehorsams haben, das sie bewundern, verehren und nachahmen sollen.“ (Leo XIII., Apostolisches Schreiben Neminem fugit)
Maria, Vorbild aller Mütter
480 So ist es denn durchaus zeitgemäß, dass besonders in unseren Tagen jene Mütter zu Maria aufblicken, die der Kinder und des ehelichen Bandes überdrüssig geworden sind, sich ihren übernommenen Verpflichtungen entziehen oder sie gar verletzen. Sie mögen allen Ernstes bedenken, zu welcher Würde das verantwortungsvolle Amt einer Mutter erhoben wurde. So dürfen wir wohl hoffen, dass unter dem Segen der himmlischen Königin die Mütter wieder jene heilige Ehrfurcht vor dem großen Sakrament der Ehe lernen, das so sehr entehrt wird, und dass sie sich in heilsamer Weise bewogen fühlen, nach Kräften das herrliche Lob ihrer Tugenden auch für sich zu erwerben.
Wenn das Gesagte zutrifft und wenn besonders die häusliche Gemeinschaft, welche die festeste Grundlage des ganzen menschlichen Zusammenlebens ist, zu diesem erhabensten Vorbild der Heiligkeit zurückgeführt wird, so werden wir zweifellos diese beängstigende Gefahr beschwören und der ganzen Notlage Herr werden können. –
aus: Anton Rohrbasser, Heilslehre der Kirche, Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., 1953, S. 279 – S. 285
Die gesamte Enzyklika „Lux veritatis“ ist hier zu finden: Maria Mutter Gottes und unsere Mutter