Die Auflehnung gegen die Statthalter Jesu Christi
Papst Gregor XII und die Beendigung des Schismas
Unter diesem Papst stieg die Verwirrung in der Kirche aufs höchste, indem sogar drei Päpste auftraten und sich gegenseitig befehdeten und die Gläubigen nicht mehr wussten, an wen sie sich zu halten hätten. Es war wohl die verhängnisvollste Periode der Kirche. Nach dem Tode des Papstes Innozenz VII. wollten die Kardinäle nicht die Wahl aufschieben, um die Beseitigung des Schismas zu erleichtern. Auch der König von Frankreich forderte sie durch ein Schreiben dazu auf.
Jedoch aus Furcht vor einer Empörung des römischen Volkes wählten sie, noch bevor das Schreiben des französischen Königs ankam, am 30. November 1406 den Kardinal Angelo Corrario, der sich den Namen Gregor XII. beilegte. Er stammte aus einem alten venezianischen Adelsgeschlecht, wurde als Bischof von Castelli von Bonifaz IX. zum lateinischen Patriarchen von Konstantinopel, von Innozenz VII. zum Kardinal erhoben.
Allgemein als ein tugendhafter Mann geschildert, stand er bei seiner Wahl bereits im Alter von 70 Jahren, groß und mager, ein mit Haut und Knochen bekleideter Greis, wie ihn ein Biograph nennt. Noch vor der Wahl verpflichtete sich jeder der Kardinäle eidlich, die päpstliche Würde, wenn die Wahl ihn falle, sofort niederzulegen, wenn der Gegenpapst dasselbe tun würde. Kaum auf den päpstlichen Stuhl erhoben, erneuerte Gregor den abgelegten Eid. Diese Erklärung gab er auch dem Gegenpapst Benedikt XIII. ab und lud ihn zu einer Zusammenkunft ein.
Als man bezüglich Savona einig war, wurde Gregor gewarnt, da allenthalben die Meinung verbreitet war, Benedikt beabsichtige, Gregor in seine Gewalt zu bekommen. Als die Kardinäle über das Haupt des Papstes hinweg sich mit den Kardinälen von Avignon zu verständigen suchten, ernannte Gregor vier neue Kardinäle. Das goss nun Öl ins Feuer. Die alten Kardinäle wollten die neuen nicht anerkennen und appellierten an ein allgemeines Konzil.
Die französischen Kardinäle vereinigten sich mit denen Gregors XII.
Die französischen Kardinäle, welche mit Benedikt längst unzufrieden waren, verließen diesen und vereinigten sich mit denen Gregors zu Pisa. Dahin schrieben die Kardinäle beider Päpste gemeinsam auf den 15. März 1409 ein allgemeines Konzil aus und luden die beiden Päpste wie auch alle Fürsten und Bischöfe zur Teilnahme ein. Weder Gregor XII. noch Benedikt XIII. ging auf diese Forderung ein. Beide waren vielmehr entschlossen, eigene Kirchen-Versammlungen, jeder mit seinen Anhängern, abzuhalten. Benedikt berief eine solche nach Perpignan in Frankreich. Als aber die Mehrzahl der anwesenden Prälaten dessen Abdankung forderte, ging er nicht darauf ein, und die ganze Beratung verlief im Sande. Ebenso resultatlos war das Konzil, welches Gregor in Cividale zu Friaul abhielt.
In Pisa hatte sich infolge der Einladung der 23 Kardinäle beider Päpste eine Versammlung von Bischöfen, Äbten, Professoren und fürstlichen Gesandten eingefunden. Obschon König Ruprecht gegen die Rechtmäßigkeit des Konzils die begründetsten Einwendungen erhob und verlangte, man möge im Einverständnis mit Gregor Ort und Zeit für ein allgemeines Konzil bestimmen, erklärte sich doch die Versammlung als ein allgemeines Konzil und sprach die Absetzung beider Päpste aus.
Wahl des Papstes Alexander V.
Hierauf wurde der Kardinal Peter Philargo aus Kandia gewählt und nahm den Namen Alexander V. an. Zu den zwei Päpsten kam also noch ein dritter und die Christenheit war noch mehr zerrissen als früher, während Hus in Böhmen seine Irrlehre weiter verbreitete und immer mehr begeisterte Anhänger fand und in Deutschland selbst drei Kronprätendenten gegenüber standen: Wenzel, der 1400 abgesetzt, dagegen protestierte, Sigismund von Ungarn, für den ein Teil der deutschen Fürsten war, und Markgraf Jobst von Mähren, für den ein anderer Teil eintrat.
Wahl des Papstes Johann XXIII.
Als nach zehn Monaten Alexander V. mit Tod abging, wurde an dessen Statt der Kardinal Balthasar Cossa gewählt, der sich den Namen Johann XXIII. beilegte. Er war der Sohn des Grafen Johann von Troja und von Bonifaz IX. zum Kardinal ernannt worden. Mehr Soldat und Weltmann als Geistlicher, stand er in üblem Ruf. Durch Bestechung der Wähler hatte er die Wahl seines Vorgängers durchgesetzt, da er für sich noch nicht die Zeit gekommen erachtete. Durch dasselbe Mittel brachte er nun seine Wahl zustande, die bei allen Gutgesinnten, welche von seinem Leben wussten, Ärgernis erregte.
Da Sigismund 1410 in den Besitz der deutschen Krone gelangt war, schickte dieser Gesandte an Cossa, um sich mit ihm über den Ort zu verständigen, wo das in Pisa angekündigte Konzil zur endlichen Beilegung des Schismas und zur Reform der Kirche abgehalten werden sollte. Um Sigismund, dessen Hilfe er eben gegen den König von Neapel benötigte, zu gewinnen, überließ Cossa ihm die Bestimmung des Ortes. Als Konstanz ausersehen wurde, war Cossa damit nicht einverstanden, jedoch musste er jetzt wider Willen zustimmen und die Eröffnung des Konzils in Konstanz auf den 1. November 1414 ausschreiben. Dahin lud Sigismund unter Verheißung sicheren Geleites auch Gregor XII. und Benedikt XIII. ein. Das Konzil wurde am 5. November feierlich eröffnet…
Drei Aufgaben hatte das Konzilium zu lösen: Beseitigung des Schismas, Unterdrückung des Irrglaubens, Reform der Kirche.
Papst Gregor XII. entsagt der päpstlichen Würde
Was die erste Aufgabe betrifft, so zeigte sich der wahre Papst Gregor XII. ehrlich und edel. Er ließ durch seine Gesandten dem Konzil erklären, er entsage gerne der päpstlichen Würde, wenn die Gegner dasselbe täten…
Edel und würdevoll hatte sich Gregor benommen und sich dadurch als den rechten Papst bewiesen. Im Bewusstsein seines Rechtes hatte er das Konzilium ohne seine Autorisation nicht als legitim anerkannt und ebenso wenig anerkannte er den Grundsatz, dass das Konzil über dem Papst stehe und ohne ihn Rechtskraft besitze; ein Körper ohne Haupt ist nur ein Rumpf; damit jedoch von seiner Seite der Vereinigung kein Hindernis in den Weg gelegt werde, ließ Gregor in der 14. Sitzung am 4. Juli 1415 durch seinen Gesandten eine Bulle verkünden, durch die er das Konzil eröffnete und autorisierte, um seine Abdankung entgegen zu nehmen.
Die Berufungsbulle durch Gregor XII.
Durch diese Berufungsbulle wurde das Konzilium erst gesetzmäßig. Und da sich die Versammlung von Gregor XII. berufen ließ und diese Berufung annahm, anerkannte es ihn zugleich als legitimen Papst. Ist aber Gregor XII. der rechtmäßige Papst, so sind es auch seine Vorgänger: Innozenz VII., Bonifaz IX. und Urban VI. gewesen, …
Als der Gesandte Malatesta hierauf in derselben Sitzung die Abdankungs-Urkunde Gregors vorlas, herrschte große Freude unter den Anwesenden über diese hochherzige Tat und das Konzilium verordnete, dass Angelo Corrario die Würde eines Kardinals-Bischofes behalten und den ersten Rang nach dem Papst einnehmen sollte. Auch wurden seine Kardinäle unter die übrigen aufgenommen.
Als Gregor XII. vernahm, dass seine Verzichtleistung angenommen worden sei, zog er in Gegenwart der um ihn versammelten Bischöfe und Geistlichen die päpstlichen Gewänder aus und brachte in einem sehr unterwürfigen Schreiben seinen Dank gegen die auf dem Konzil versammelten Väter zum Ausdruck. Zwei Jahre später starb er zu Recanati, am 2. Oktober 1417 eines heiligmäßigen Todes. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, III. Band, 1907, S. 486 – S. 489
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Bildquellen
- Gregorio_Incaelum_Relato_(San_Gregorio_Magno)_-_Studiolo_di_Federico_da_Montefeltro: wikimedia