Wir kämpfen gegen den Antichrist
Bischof Hilarius an den Kaiser Constantius
„Dir, Constantius! Rufe ich zu, was ich einem Nero gesagt hätte, und was ein Decius und ein Maximian von mir gehört hätten: Du kämpfest wider Gott, du wütest gegen die Kirche, du verfolgst die Heiligen, du hassest die Prediger Christi, du vernichtest die Religion, du bist ein Tyrann, nicht mehr bloß in menschlichen, sondern in göttlichen Dingen. Das sage ich dir, weil du dich daran, wie sie, beteiligst, und weil du es mit ihnen gemein hast; nun aber höre auch, was dir eigentümlich ist. Du stellst Glaubenslehren auf, du, der du gegen den Glauben lebst. Du bist in der Gottseligkeit unwissend, und lehrst die Gottseligkeit. Du verschenkst die Bistümer an deine Anhänger, und setztest Böse an die Stelle der Guten. Du wirfst die Priester in die Gefängnisse; du bietest deine Kriegsheere auf, um die Kirche in Furcht zu setzen; du berufst Synoden, du zwingst die gläubigen Abendländer zur Gottlosigkeit, sperrst sie in einer Stadt ein, schreckst sie mit Drohungen, schwächst sie durch Hunger, reibst sie durch Kälte auf, und verführst sie durch Verstellung. Unter den Morgenländern nährst du, ein Ränkeschmied, die Spaltungen, verlockst die Geschmeidigen, ermunterst die Gönner; du bist ein Verwüster des Althergebrachten, bist ein gottloser Neuerer; alle Grausamkeiten weißt du so zu verüben, daß du dem Hasse wegen glorreicher Hinrichtungen ausweichst; du übertriffst durch einen neuen und unerhörten Triumph den Teufel an Schlauheit, und weißt deine Verfolgungen so einzurichten, daß kein Martyrium möglich ist.“ (Contra Constantium Libr. Unus n. 7.)
„Hättest du doch, allmächtiger Gott, Schöpfer aller Wesen, Vater unseres Einen Herrn Jesu Christi, mir und meinem Zeitalter die Gnade erwiesen, daß ich mein Bekenntnis für dich und für deinen Eingeborenen in den Zeiten eines Nero und eines Decius hätte ablegen können! Ich hätte durch die Barmherzigkeit unseres Herrn und Gottes, deines Sohnes Jesu Christi, in der Liebe des heiligen Geistes die Folter nicht gefürchtet, da ich gewußt, daß Isaias in Stücke geschnitten worden; hätte vor dem Feuer keine Angst gehabt, da ich mich erinnert, daß die hebräischen Jünglinge in demselben Loblieder gesungen; hätte Kreuz und Beinbrechung nicht gescheut, da ich daran gedacht, daß der Schächer in das Paradies versetzt worden; hätte vor den Tiefen des Meeres und vor den verschlingenden Wogen des pontischen Meeres nicht gezittert, da du mich durch Jonas und Paulus gelehrt, daß für die Gläubigen auch im Meer das Leben zu finden sei. Denn dann wäre es für mich ein Kampf gegen deine ausgemachten Feinde gewesen, welche zu deiner Verleugnung mit Strafen, mit Schwert und Feuer genötigt hätten; und es würde zum Zeugnis für dich nicht mehr erforderlich gewesen, als unser Leben zu lassen. Wir hätten offen und mit Vertrauen gegen die Verleugner, gegen die Peiniger, gegen die Würger gekämpft; und deine Völker, erkennend, daß die Religion verfolgt werde, würden uns als ihren Führern zur Ablegung des Bekenntnisses das öffentliche Geleite gegeben haben. Nun aber kämpfen wir gegen einen hinterlistigen Verfolger, gegen einen schmeichelnden Feind, gegen den Antichrist Constantius, der nicht die Rücken geißelt, sondern dem Bauch schmeichelt; nicht ächtet, um leben zu lassen, sondern bereichert, um zu morden; nicht in den Kerker wirft, wodurch die Freiheit gewahrt würde, sondern innerhalb des Palastes ehrt, um zu knechten; nicht die Seiten zerfleischt, sondern das Herz entführt; nicht das Haupt mit dem Schwert abschlägt, sondern die Seele mit Gold tötet; nicht öffentlich mit dem Feuer droht, sondern im Geheimen die Hölle anzündet. Er läßt sich in keinen Wettstreit ein, damit er nicht besiegt werde; sondern er schmeichelt, um zu herrschen. Er bekennt Christum, um ihn zu leugnen; er strebt nach der Einigkeit, damit kein Friede sei; er unterdrückt die Ketzereien, damit es keine Christen mehr gebe; er ehrt die Priester, damit keine Bischöfe mehr seien; er baut die Dächer der Kirchen, um den Glauben zu zerstören.“ (Contra Constantium Libr. Unus n. 4. 5.)
Dasselbe Schauspiel dem Wesen nach, nur verschieden in den Personen und Formen, wird in dieser Welt bald da, bald dort, jetzt ruhiger, dann stürmischer, immerfort aufgeführt. –
aus: Georg Patiss SJ, Paulus in seinen apostolischen Tugenden, 1881, S. 29 – S. 31