Heiligenkalender
27. März
Der heilige Johannes, Einsiedler in Ägypten
Johannes, der Einsiedler in Ägypten wurde in der Stadt Lycopolis, nördlich von der Thebais in Ägypten, 305 geboren und trieb von Jugend auf Handarbeit, führte aber dabei einen gottesfürchtigen Lebenswandel. Niemals ging er zur Arbeit, als nach verrichtetem Gebet. Niemals sah man ihn, auch bei überhäufter und schwerer Arbeit, im mindesten ungeduldig oder verdrossen; nach Vollendung derselben brachte er abends eine ziemlich lange Zeit im Gebet zu. Die Gesellschaft der Ausgelassenen floh er sorgfältigst und achtete es nicht, daß er deswegen mehrmals ausgelacht und verspottet wurde. (Möchten doch alle diesem Beispiel folgen!) Um den Gefahren der Welt zu entgehen, widmete er sich endlich fünf Jahre dem Klosterleben, und übte sich mittels des unbedingten Gehorsams besonders in der Demut.
Nach fünfjährigem Aufenthalt ging er mit Erlaubnis seines Obern im 25. Lebensjahr auf einen hohen Berg und erbaute sich da eine Einsiedelei, vermauerte auch den Eingang und ließ nur ein Fenster frei. Dort lebte er in wunderbarer Strenge bis in sein 90. Jahr. Als Speise nahm er nur abends nach Sonnenuntergang einige Baumfrüchte zu sich. Diese Weise zu fasten setzte er bis an sein Ende fort. Keiner Weibsperson gestattete er jemals den Zugang. Den männlichen Personen, die ihn besuchten, gab er die heilsamsten Unterweisungen und wußte sie nach der Beschaffenheit eines jeden einzurichten, da ihm Gott der Herr drei besondere Gaben verliehen hatte, nämlich: das Innerste des Herzens zu erkennen; die Gabe, Wunder zu wirken; und die Gabe, künftige Dinge vorher zu sagen. Kaiser Theodosius I. der Große selbst erkannte in ihm einen wahren Propheten; denn Johannes hatte ihm vorher gesagt, daß er die zwei Tyrannen Maximus und Eugenius überwinden, aber bald darauf sterben würde.
Obwohl dieser heilige Eremit von Gott mit so hohen Gnaden ausgezeichnet war und lange Zeit ein so strenges und heiliges Leben geführt hatte, so lebte er dennoch allzeit in Furcht, er möchte noch fallen und zu Grunde gehen; und er ermahnte auch andere, daß sie diese Furcht haben und sich selbst nicht zuviel zutrauen sollten; denn er sagte: „Ich habe viele gesehen, welche auf dem Gipfel der Frömmigkeit zu stehen schienen, aber dennoch in der Folge schändlich gefallen sind.“ Daher vermied er sorgfältig alle Gefahr zu sündigen, demütigte sich unter die Hand Gottes und bat täglich herzlichst um den göttlichen Beistand. Diese Furcht war die Hauptursache, warum er nicht nur keine Ansprache, sondern sogar kein Anschauen des andern Geschlechts duldete. Johannes starb betend im Jahre 394.
Beherzigung
Zur Nachfolge beherzige folgende Lehren des heiligen Einsiedlers Johannes in Ägypten: „Vernachlässige nicht, mit den Eingebungen der Gnade mitzuwirken, und enthalte sich jeder Lüge, wenn auch Gutes daraus entstehen sollte. Folgt den Tugend-Beispielen nach, die euch eure Väter zurück gelassen haben; setzt aber nie ein Vertrauen auf eure Tugenden; denn die Vollkommensten können fallen. Keiner überhebe sich des Guten wegen, das er getan hat, sondern bleibe immer demütig. Seht zu, ob ihr der Anhänglichkeit an die Welt wirklich abgestorben seid, ob keine Eigenliebe in euer Herz einschleiche! Wir müssen durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen. Die Seele wird durch Krankheiten und andere Leiden gereinigt. Wir müssen hier eine kurze Zeit die Ruhe verschmähen, um zur ewigen Ruhe zu gelangen. Ringt aber nach der Ruhe des Herzens durch Ergebung in den Willen Gottes. Nie sollen wir den Mut verlieren, oder der Verzweiflung uns in die arme werfen; denn jenen, welche die Hoffnung nicht verlassen, wird Gottes Barmherzigkeit nicht entzogen.“ –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 236 – S. 237; S. 238