Heiligenkalender
31. März
Der heilige Guido Abt von Pomposa
Der heilige Abt Guido wurde auf dem Landgut Casamare unweit der Stadt Ravenna in Italien um das Jahr 970 geboren und von seinen adeligen und frommen Eltern in der Furcht Gottes erzogen. Nachdem er längere Zeit sich den Studien gewidmet hatte, verließ er heimlich die Eltern und kam als ein armer Pilger nach Rom. Von da aus wollte er in das heilige Land mit dem Vorsatz, daselbst verbleiben und in freiwilliger Armut Gott zu dienen. Gott aber trieb ihn durch eine Erscheinung im Schlaf an, nach Ravenna heim zu kehren und den Einsiedler Martin auf der Insel unweit vom Kloster Pomposa aufzusuchen und sich seiner Leitung zu übergeben. Guido gehorchte und kehrte um; zu Rom empfing er die vier niederen heiligen Weihen und ward dann Martins Schüler. Drei Jahre blieb er bei ihm. Martin hatte eine ungemeine Freude an dem Eifer und Gehorsam seines Jüngers und schickte ihn nach Verlauf von drei Jahren in das Kloster Pomposa.
Guido zeigte sich in dem Kloster, wie vorher in der Einsamkeit, als ein vollkommenes Beispiel aller Tugenden; deshalb ward er auch nach einigen Jahren zum Abt dieses Kloster erwählt. 48 Jahre verwaltete Guido dieses Amt zur Erbauung aller durch Wort und Beispiel. Er hatte die Freude, seinen eigenen Vater und Bruder in die Zahl seiner geistlichen Söhne aufzunehmen; und so groß wurde deren Zahl, daß er sich genötigt sah, da Kloster zu erweitern. In Widerwärtigkeiten sah man ihn niemals kleinmütig niemals verwirrt. Er hatte sich selbst eine genaue Tagesordnung festgesetzt, nach welcher er jedem Geschäft seine gewisse Zeit bestimmte, besonders dem Gebet, der Betrachtung und anderen geistlichen Übungen. Im Essen und Trinken war er die Mäßigkeit selbst, so daß man mit allem Recht sagen konnte, er habe ein immer währendes Fasten beobachtet. Niemals bemerkte man an ihm die mindeste Übertretung einer Regel. Für die Ehre Gottes bezeigte er einen unermüdlichen Eifer. Das Seelenheil seiner Untergebenen suchte er auf alle mögliche Weise zu befördern; daher bat er auch den heiligen Petrus Damiani, in sein Kloster zu kommen und mit seinen geistreichen Ermahnungen alle zum Streben nach der Vollkommenheit aufzumuntern.
Kurz vor seinem Ende, welches ihm von Gott geoffenbart wurde, begab er sich in eine Einöde, damit er, von allen Geschäften abgesondert, sich zum Tode vorbereiten könnte. Als jedoch der deutsche König Heinrich III. im Jahre 1046 nach Rom reiste, um vom Papst zum römischen Kaiser gekrönt zu werden, verlangte er den heiligen Abt, von dessen Heiligkeit er vieles vernommen hatte, bei sich zu haben, damit er sich dessen Rates bei wichtigen Staatsgeschäften bedienen könnte. Der heilige Abt muss dem Kaiser willfahren, sagte aber seinen Religiosen voraus, daß er sie nicht mehr sehen würde, was denn auch erfüllt wurde. Zu Borgo San Donnino erkrankte er den 30. März 1046 und gab schon am folgenden Tag voll Freude seine Seele in die Hände seines Schöpfers zurück. Der 31. März ist auch sein Verehrungstag. Seine Mitgefährten wollten den heiligen Leib in das Kloster zurück führen; als sie ihn aber nach Parma brachten, und ein Blinder durch dessen Fürbitte sein Gesicht wieder erhielt, ließen die Bewohner von Parma den heiligen Leib nicht mehr fort führen, sondern trugen denselben in ihre Kirche, wo Gott der Herr fast täglich die herrlichsten Wunder auf Anrufung seines getreuen Dieners wirkte. Die Mitbrüder des heiligen Guido beklagten sich bei dem Kaiser wegen dieser Gewalttat der Einwohner von Parma. Der Kaiser ließ nun ihnen den heiligen Leib wieder hinweg nehmen und nach Verona überbringen. Nach geschehener Kaiserkrönung nahm er denselben mit sich und brachte ihn nach Speyer. Daselbst wurde er mit großer Feierlichkeit in die Stiftskirche übertragen, die den heiligen Johannes dem Evangelisten geweiht war, von nun an aber St. Guidokirche benannt wurde.
Beherzigung
Der heilige Guido hat sich selbst eine Tagesordnung gemacht und für jede Verrichtung des Tages eine bestimmte Zeit festgesetzt. Dazu hat ihn die beständige Erinnerung an das Gericht Gottes bewogen, wo wir über den Gebrauch der Zeit strenge Rechenschaft geben müssen. Von der Benützung der Zeit hängt unsere ewige Seligkeit ab. Mache dir also auch eine Tagesordnung, bestimme die Zeit zum Gebet, zur Arbeit, zur Ruhe. Befolge auch die Tagesordnung, die du dir gemacht hast, wie der heilige Guido, um einst vor dem göttlichen Richter bestehen zu können. Der heilige Bernhard sagt: „Das Blut in den Adern will mir gerinnen, aus Schrecken und Unwillen, wenn ich Christen sagen höre: „Kommt, laßt uns dies oder jenes tun, um die langweilige Zeit zu vertreiben!“
Daß von der Benützung der Zeit eines jeden Tages unser ewiges Heil abhängt, lehrte Jesus selbst. Er weinte über Jerusalem und sprach: „Daß doch auch du erkannt hättest, und zwar an diesem deinem Tage, was dir zum Frieden (Heil) dient!“ Nach diesen Worten kündete er den Einwohnern Jerusalems die bald kommende Strafe an, weil sie die Zeit der Gnade nicht benützten. (Luk. 19, 41-45)
Kannst du aber, christliche Seele! Über die Einteilung der Zeit nicht selbst verfügen, weil du unter dem Gehorsam stehst, mag dies in welchem Stande immer sein; o freue dich deshalb und sei getrost. Denn wenn du gewissenhaft Folge leistest, hast du doppeltes Verdienst und die beste Tagesordnung, um die Zeit auf die Gott wohl gefälligste Weise anzuwenden. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 238 – S. 240